TE UVS Wien 1997/03/20 02/14/51/96

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Veröffentlicht am 20.03.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Findeis über die Beschwerden des Herrn Bülent Y 1) vom 6.2.1996,

2) und 3) vom 16.4.1996 gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Hinderung bei Amtshandlungen bei der Magistratsabteilung 62, 1) am 28.12.1995,

2) am 7.3.1996 und 3) am 8.3.1996 im Auftrag ausländischer Parteien als Dolmetscher mitzuwirken) und über die in den Beschwerden enthaltenen Anträge auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung, entschieden:

Gemäß § 67c Abs 4 AVG werden die Beschwerden als unzulässig zurückgewiesen. Auch die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung werden als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Inneres) gemäß § 79a AVG und § 1 Z 3 Aufwandersatzverordnung UVS, die mit S 565,-- bestimmten Kosten für Vorlageaufwand zu 1) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

1. Der Beschwerdeführer begehrte mit seinen an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gerichteten Beschwerden vom 6.2.1996 und 16.4.1996 die kostenpflichtige Feststellung, er sei dadurch in verfassungsgesetzlich gewährleisteten und einfachgesetzlichen Rechten verletzt worden, daß Beamte der Magistratsabteilung 62 ihn

1) am 28.12.1995 sowie 2) am 7.3.1996 und 3) am 8.3.1996 durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt daran hinderten bei Amtshandlungen ausländischer Parteien als Dolmetscher mitzuwirken. Er begehrte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und stellte den Antrag der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zum Sachverhalt führte er aus, daß er sich an den jeweiligen Tagen bei der Magistratsabteilung 62 in Wien, F-Platz eingefunden habe, um im Auftrag der jeweiligen Partei bei einer Amtshandlung bezüglich ihres Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz - wie schon oftmals zuvor - mitzuwirken. Ad 1): Während der Einvernahme einer Partei am 28.12.1995, sei die Amtshandlung abgebrochen worden und dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, er sei in diesem Amt nicht als Übersetzer zugelassen, dürfe daher nicht übersetzen und sei zum Verlassen des Raumes aufgefordert worden. Als die Partei, die ihn als Dolmetscher beauftragt und bezahlt habe, auf seine Dolmetschtätigkeit bestanden habe, seien die Partei und der Beschwerdeführer aufgefordert worden, den Raum zu verlassen. Der Partei sei aufgetragen worden, mit einem anderen Dolmetscher zu erscheinen. Der Beschwerdeführer habe, um weitere Unannehmlichkeiten für die Partei zu vermeiden, keinen Widerstand geleistet, aber darauf gedrängt eine Begründung für diese Vorgangsweise zu erhalten. Diverse Beamte hätten unterschiedliche Gründe angeführt. Der Inhalt des Aktenvermerkes, der unter die abgebrochende Niederschrift gesetzt worden sei, sei dem Beschwerdeführer - obgleich sowohl er als auch die Partei eine Kopie der Niederschrift begehrt hätten - nicht zur Kenntnis gebracht worden.

Ad 2): Als der Beschwerdeführer am 7.3.1996 mit einer Partei ins Referat 1 eingetreten sei, habe ihm die Beamtin Inka P mitgeteilt, daß sie ihn aufgrund einer Weisung nicht als Dolmetscher akzeptieren dürfe. Er sei aufgefordert worden den Raum zu verlassen. Der Beschwerdeführer habe auf der niederschriftlichen Feststellung dieses Vorganges bestanden, um der Partei und sich weitere Unnannehmlichkeiten zu ersparen habe er, ohne Widerstand zu leisten, mit der Partei den Raum verlassen.

Ad 3): Am darauffolgenden Tag, der Beschwerdeführer sei mit einer Partei noch im Warteraum gesessen, habe ihm die Beamtin H mitgeteilt, daß er leider nicht übersetzten dürfe. Wieder, um für die Partei und für sich weitere Unannehmlichkeiten zu vermeiden, habe der Beschwerdeführer abermals keinen Widerstand geleistet.

2. Der Landeshauptmann von Wien als belangte Behörde legte zu 1) die Administrativakten vor und erstatte dazu eine Gegenschrift, worin beantragt wurde die Beschwerde zu verwerfen. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 10.4.1996 machte die Behörde Vorlagenaufwand geltend.

3. Der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer begab sich am 28.12.1995 sowie am 7.3.1996 und 8.3.1996 zur belangten Behörde um im Auftrag der jeweiligen Partei bei einer Amtshandlung bezüglich ihres Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz mitzuwirken.

Ad 1): Während der Einvernahme am 28.12.1995 eines dieser Antragsteller, die mit Hilfe des Beschwerdeführers als von der Partei mitgebrachter Dolmetscher durchgeführt wurde, forderte der Leiter der Amtshandlung den Beschwerdeführer - nachdem der Beamte dem Beschwerdeführer mitgeteilt hatte, daß dieser nicht (mehr) dolmetschen dürfe - auf, sich aus dem Amtsraum zu entfernen, trug dem Antragsteller auf, einen anderen (gerichtlich beeideten) Dolmetscher beizubringen und unterbrach die Einvernahme. Die an den Beschwerdeführer gerichtete Aufforderung sich zu entfernen war nicht mit der Ankündigung einer (unverzüglichen) Maßnahme für den Fall der Nichtbefolgung verbunden. Der Beschwerdeführer entsprach der Aufforderung - wie er selbst angibt - ohne Widerstand zu leisten, um für den Antragsteller Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Ad 2): Am 7.3.1996 wurde der Beschwerdeführer beim gemeinsamen Eintreten mit einem (anderen) Antragsteller ins Referat 1 von einer Magistratsbeamtin, nachdem sie ihm mitteilte, daß er nicht als von der Partei mitgebrachter Dolmetscher fungieren dürfe, aufgefordert, sich zu entfernen. Auch diese Aufforderung erging ohne Ankündigung einer (unverzüglichen) Maßnahme bei Nichtbefolgung. Der Beschwerdeführer entsprach ohne Widerstand dieser Aufforderung, nachdem seinem Begehren, diesen Vorgang niederschriftlich festzuhalten, Rechnung getragen wurde. Ad 3): Am darauffolgenden Tag erhielt der Beschwerdeführer, als er sich gemeinsam mit einem Antragsteller noch im Warteraum der belangten Behörde befand, von einer anderen Beamtin die Mitteilung, daß er nicht übersetzen dürfe. Der Beschwerdeführer verließ, ohne daß es zu einer Aufforderung seitens eines Beamten gekommen wäre, wieder um für die Partei und für sich weitere Unannehmlichkeiten zu vermeiden, den Warteraum.

Mit dieser Sachverhaltsfeststellung folgt der Verwaltungssenat den Angaben des Beschwerdeführers in den Beschwerden vom 6.2.1996 und 16.4.1996 zu den einzelnen Vorgängen.

4. Rechtlich ergibt sich folgendes:

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt, diesem Akt, der gegen eine individuell bestimmte Person gerichtet sein muß, in irgendeiner Form eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann, sodaß es sich um einen Verwaltungsakt individuellen normativen Inhaltes handelt (vgl etwa VfSlg 7346, oder VwGH 17.2.1993, Zl 92/01/1113), der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre (VfSlg 8327; vgl auch zB VwSlg 9439 A oder Beschluß des VwGH vom 30.9.1986, Zlen 86/04/0144-0149).

Ein derartiger Eingriff liegt im allgemeinen nur dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es sind weder in der Aussage der Beamten der belangten Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer, es werde ihm nicht gestattet als (von den Parteien mitgebrachter) Dolmetscher bei den Einvernahmen der Antragsteller mitwirken, noch in der von den Beamten an den Beschwerdeführer gerichteten Aufforderung(en) (ad 1) und 2)) den Raum zu verlassen, gegen ihn gerichteten Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu erblicken, denn keine dieser an den Beschwerdeführer gerichteten Enuntiationen erfolgte unter Ankündigung einer (unverzüglichen) Maßnahme für den Fall der Nichtbefolgung. Diese Aufforderungen stellen sich - unter voller Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer geschilderten konkreten Begleitumstände - nur als "Einladung" dar, die der Beschwerdeführer nach eigenem Gutdünken unerfüllt lassen konnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, daß er deshalb unverzüglich ("unmittelbar") physischen Zwang unterworfen werde, um den gewünschten Zustand herzustellen.

Der Beschwerdeführer behauptete nicht einmal in seinem Beschwerdevorbringen, daß ihm die zwangsweise Entfernung aus dem Amtsraum (Warteraum) angedroht worden sei. Vielmehr geht aus seinen Ausführungen hervor, daß er sich jedesmal freiwillig entfernte, wenn auch das Motiv darin begründet sein mochte, sowohl sich als auch der jeweiligen Partei Unannehmlichkeiten zu ersparen.

Insofern der Beschwerdeführer während einer Vernehmung zum Verlassen des Ortes der Amtshandlung aufgefordert wurde (vgl 1)), kommt noch als weiteres Argument hinzu, daß es sich dabei nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe Beschluß vom 25. September 1972, B 124/72, der die Entfernung einer Person aus einem Amtsraum in Handhabung der Sitzungspolizei zum Inhalt hat) um eine das Verfahren jenes Antragstellers betreffende Verfahrensanordnung handelt, die nicht selbständig bekämpfbar ist. Eine solche Anordnung kann nur mit dem gegen den die Sache erledigenden Bescheid zulässigen Rechtsmittel bekämpft werden (siehe Ausführungen dazu im Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24.7.1996, GZ UVS-02/32/00053/96-3). Nur der Vollständigkeit halber ist noch anzuführen, daß ein Dolmetscher keinen Rechtsanspruch besitzt, seine Tätigkeit vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde auszuüben. Weder besteht ein Anspruch darauf, in eine bestimmte Dolmetscherliste aufgenommen zu werden, noch darauf, mit einer Partei vor der Behörde zu erscheinen und für sie übersetzen zu dürfen, weshalb der Beschwerdeführer mangels Teilnahmeberechtigung an einer wie vom Beschwerdeführer dargestellten Amtshandlung, gar nicht in seinen subjektiven Rechten (daher auch nicht im Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit) verletzt worden sein kann. In den vom Beschwerdeführer in Beschwerde gezogenen Äusserungen der Beamten der belangten Behörde (mündliche Mitteilungen an den Beschwerdeführer, es werde ihm nicht gestattet als - von den Parteien mitgebrachter - Dolmetscher bei den Einvernahmen der Antragsteller mitwirken und die an ihn ergangenen Aufforderungen, die Amtsräumlichkeiten zu verlassen) ist daher keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu sehen. Die Beschwerden waren sohin als unzulässig zurückzuweisen. Die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde waren als nicht im Gesetz begründet und somit als unzulässig zurückzuweisen.

5. Kostenentscheidung:

Diese gründet sich auf § 79a AVG iVm § 1 Aufwandersatzverordnung UVS. Demnach war dem Kostenbegehren der belangten Behörde als obsiegender Partei im beantragten Ausmaß von S 565,-- für ihren Vorlageaufwand zu entsprechen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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