TE UVS Steiermark 1997/03/24 30.7-66/95

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Veröffentlicht am 24.03.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Herbert Thaller über die Berufung des Herrn Ing. B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L T, Sch-gasse 34/III,G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 25.04.1995, GZ.: 15.1 1994/8208, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde unter Punkt 2.) über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 10.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle 8 Tage Ersatzarrest verhängt, weil er es als verwaltungsstrafrechtlich Beauftragter der Fa. L-Bau GesmbH. & Co KG mit dem Sitz in W zu verantworten habe, daß auf der Wohnanlage in Graz, G-straße am 22.09.1994 der Stiegenlauf vom Erdgeschoß in den ersten Stock ohne provisorisches Geländer versehen war.

Der Berufungswerber habe dadurch § 39 Abs 5 erster Satz der Bauarbeiterschutzverordnung BGBl. Nr. 267/1954 übertreten. Die Tat sei durch die Anzeige des Arbeitsinspektorates erwiesen und sei das Verwaltungsstrafverfahren ohne Anhörung des Beschuldigten abgeschlossen worden, da der Beschuldigte am Ermittlungsverfahren nicht entsprechend mitgewirkt habe, zumal er lediglich eine Gegenbehauptung aufgestellt habe, ohne diese jedoch in irgendeiner Weise zu verifizieren.

Dagegen wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben und ausgeführt, daß die Sicherung der Stiege nach Durchführung der Ausschalarbeiten durch den Polier und die an der Baustelle Beschäftigten erfolgt sei, sodaß ein gegen den Berufungswerber gerichteter Vorwurf unbegründet sei. Es wurde der Antrag gestellt, das gegen den Berufungswerber anhängige Verwaltungsstrafverfahren allenfalls nach Aufnahme ergänzender Beweise gemäß § 45 VStG einzustellen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark beraumte eine öffentliche, mündliche Verhandlung an, in der neben dem Berufungswerber auch die Zeugen D, H, Ing. Z, K und Ing. M geladen und einvernommen wurden. Die Verhandlung erfolgte zeitgleich mit der Kammerverhandlung zu GZ: UVS 303.7-17/95, dies in Entsprechung der Bestimmung des § 51 e Abs 5 VStG. Aufgrunddessen ergibt sich folgender als erwiesen angenommener Sachverhalt:

Der Berufungswerber war verantwortlicher Beauftragter für das verwaltungsstrafgegenständliche Bauvorhaben, Wohnanlage Gstraße in Graz. Am 22.09.1994 wurde durch das Arbeitsinspektionsorgan, Ing. Reinhold Z eine Kontrolle dieser Baustelle vorgenommen und festgestellt, daß auf der Baustelle, Wohnanlage Graz, G-straße am 22.09.1994 der Stiegenlauf vom Erdgeschoß in den ersten Stock nicht durch ein provisorisches Geländer gesichert war. Ing. Z fertigte zwei Lichtbilder an, welche die auf der Unterseite eingeschalte Stiege zeigen. Diese ist nicht durch ein Geländer gesichert. Am gegenständlichen Bauvorhaben gab es insgesamt 7 Stiegenhäuser, und war das vom Arbeitsinspektor beanstandete Stiegenhaus dem Block 1, Stiege 4 a oder 4 b zuordenbar.

Dieser festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den einvernommenen Zeugen, insbesondere aus der Zeugenaussage des Ing. Wolfgang M, der als örtliche Bauaufsicht der Gemeinnützigen A Gesellschaft für Wohnungsbau und Siedlungswesen mbH" - GWS aufgrund der vom Arbeitsinspektorat angefertigten Fotos eindeutig erkennen konnte, daß das gegenständliche Stiegenhaus zum Block 1 mit den Hausnummern 4 bis 4 b zugehörig war. Dabei räumte Ing. M ein, daß der auf den Lichtbildern dokumentierte Stiegenaufgang entweder der des Hauses 4 a oder der des Hauses 4 b sein konnte.

Die Rechtsbeurteilung ergibt folgendes:

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses.

Die Anzeige des Arbeitsinspektorates lautete dahingehend, daß auf der Baustelle, Wohnanlage Graz, G-straße am 22.09.1994 der Stiegenlauf vom Erdgeschoß in den ersten Stock ohne provisorisches Geländer versehen war. Dieser Vorwurf wurde dem Beschuldigten anläßlich der Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde mit Schreiben vom 01.12.1994 bekanntgegeben. Wiederholt wurde derselbe Tatvorwurf im Ladungsbescheid vom 19.01.1995, woraufhin am 25.04.1995 das angefochtene Straferkenntnis erging. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist der Behörde bekanntgeworden, daß der auf dem Foto gezeigte und vom Arbeitsinspektorat beanstandete Stiegenlauf nicht der einzige auf dieser Baustelle war, sondern es gab 7 Stiegenhäuser. Ebenfalls aus dem Ermittlungsverfahren ist bekannt, daß selbst der die Bauaufsicht seitens der bauerrichtenden Wohnbaugenossenschaft auf der Baustelle tätige Ing. M die Zuordnung des auf dem Foto ersichtlichen Stiegenlaufes nicht vornehmen konnte, da er angegeben hatte, daß der abgelichtete Stiegenlauf sowohl dem Haus Nr. 4 a als auch 4 b zuordenbar sei. In Ermangelung einer eindeutigen Zuordnung des Stiegenlaufes und in Ermangelung einer die Zuordnung des Stiegenlaufes vornehmenden, zeitgerechten Verfolgungshandlung, welche alle Sachverhaltselemente umfassen muß, konnte auch durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren eine eindeutige Zuordnung des Stiegenlaufes nicht vorgenommen werden. Dies bedeutete, daß dem Beschuldigten die Tat in nicht so konkreter Weise vorgeworfen worden war, daß er sich ordnungsgemäß verantworten hätte können. Daraus folgt, daß es keine eindeutige alle Sachverhaltselemente umfassende Verfolgungshandlung gibt, welche innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist die Sphäre der Behörde verlassen hat.

Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. In Entsprechung dieser Bestimmung mußte daher der Unabhängige Verwaltungssenat das Verwaltungsstrafverfahren einstellen und den angefochtenen Bescheid diesbezüglich (im Punkt 2.) des Straferkenntnisses) beheben.

Schlagworte
Stiegenlauf Geländer Zuordnung Tatort Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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