TE UVS Wien 1997/06/13 02/43/47/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Fenzl über die mit 14.4.1997 datierte und am 15.4.1997 beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingelangten Beschwerde 1.) des mj Helmut H, vertreten durch die Kindesmutter Mag Rosemarie H, beide vertreten durch Rechtsanwalt und 2.) der Mag Rosemarie H, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen die Bundespolizeidirektion Wien und den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wie folgt entschieden:

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 4 AVG wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 4 AVG wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, als belangte Behörde richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für Inneres) gemäß § 79a AVG und § 1 Z 3 Aufwandersatzverordnung UVS, die mit S 565,-- bestimmten Kosten für Vorlageaufwand binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Beschwerdeführer erachten sich im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art 7 B-VG), im Recht auf persönliche Freiheit, im Recht auf Freizügigkeit der Person, im Recht auf Einhaltung der Verfahrensgarantien nach Art 6 EMRK sowie im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt. Diesem Beschwerdevorbringen legen die Beschwerdeführer nachstehenden Sachverhalt zu Grunde:

Die Kindesmutter des mj Helmut H sei die uneheliche obsorgeberechtigte Mutter des Kindes. Sie sei voll erziehungsfähig und weise ausgezeichnete pädagogische Qualifikationen auf. Der mj Helmut H sei am 28.2.1997 von seiner Mutter, welche ihn bis dahin durchgehend betreut habe, dadurch getrennt worden, daß die Mutter aus der Wohnung der Lebensgefährtin des Kindesgroßvaters väterlicherseits, Frau Edith M, gewiesen worden sei und sie an der Mitnahme des mj Kindes gehindert worden sei. Seit diesem Zeitpunkt sei der mj Helmut H im alleinigen Gewahrsam der Lebensgefährtin des Kindesgroßvaters.

Die Jugendwohlfahrtsbehörde habe es ohne die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter überprüft zu haben und ohne einen Hausbesuch in der Wohnung der Kindesmutter vorgenommen zu haben aus unverständlichen Gründen für gerechtfertigt, die Trennung von Mutter und Kind zu belassen. Außerdem stehe die Jugendwohlfahrtsbehörde ungerechtfertigter Weise auf dem Standpunkt, daß ein Alleinwohnen der Kindesmutter mit dem mj Kind nicht gerechtfertigt sei.

Anlaß für die Trennung von Kind und Kindesmutter sei die Ladung der Frau Edith M - der Lebensgefährtin des Kindesgroßvaters väterlicherseits - zu einer Aussage vor dem Bezirkspolizeikommissariat Liesing, während dessen die Kindesmutter mit dem Kind alleine in der Wohnung von Frau Edith M verblieben sei. Grund der Ladung sei eine Anzeige des Kindesvaters gewesen. Bei der Rückkehr von Frau M in ihre Wohnung sei diese wutentbrandt gewesen und habe die Kindesmutter beschuldigt, an der Anzeigenerhebung mitschuldig zu sein.

Daraufhin habe Frau M die Kindesmutter aus ihrer Wohnung gewiesen und ihr die Mitnahme des mj Kindes untersagt. Sie habe sie daran gehindert, ihr Kind zu bekleiden, weshalb es in Anbetracht der winterlichen Temperaturen nicht möglich gewesen sei, das mj Kind aus der Wohnung zu verbringen.

In weiterer Folge sei zu nachstehenden Behördenhandeln gekommen:

Die Kindesmutter habe sich an die Polizei im 23. Bezirk um Hilfe gewandt, worauf zwei Beamte mit ihr in die Wohnung zurückgekehrt seien. Daraufhin habe Frau M den Beamten gegenüber ihr Verhalten mit der ehemaligen psychiatischen Behandlung der Kindesmutter begründet, worauf die Beamten das Kind bis zur Intervention der Kindesmutter am Jugendamt bei Frau M in deren Wohnung überlassen hätten.

Am darauffolgenden Tag habe sich die Kindesmutter hilfesuchend an den zuständigen Sozialarbeiter des Bezirksjugendamtes 17./18. geandt, welcher die Möglichkeit eines "Mutter-Kind-Heimes" ins Gespräch gebracht habe, die Kindesmutter jedoch auf den darauffolgenden Montag vertröstet habe.

An besagtem Montag habe die Kindesmutter beim Bezirksjugendamt 17./18. vorgesprochen und um Herausgabe des Kindes gebeten. Dabei habe sie ihre Sorge um das Kindeswohl zum Ausdruck gebracht und bestehe zum derzeitigen Zeitpunkt ohne die mütterliche Sorgewaltung Gefahr, daß das Kind geschädigt werde. Die Kindesmutter habe seit dem 28.2.1997 das mj Kind nur einmal sehen können und sei das mj Kind zu diesem Zeitpunkt fiebrig heiß gewesen und habe krank ausgesehen.

Am 3.3.1997 habe der Sozialarbeiter der Kindesmutter erklärt, er wolle das Kind nicht in die alleinige Obsorge der Kindesmutter geben; die Kindesmutter sei diesbezüglich ohne Chancen. Daraufhin habe die Kindesmutter eine Einverständniserklärung bezüglich des Verbleibes des mj Kindes bei Frau M unterfertigt und sei diese Einverständniserklärung aus Sorge darüber unterfertigt worden, weil sich die Kindesmutter Sorgen machte, Frau M könne ihre Aggressionen durch Übergriffe auf das mj Kind ausleben. Die Einverständniserklärung sei jedoch unter zwei Bedingungen unterfertigt worden, welchen vom Bezirksjugendamt 17./18. nicht Rechnung getragen wurden. Zum Einen sollte das Einverständnis bis zur Entscheidung, welche in den "nächsten zwei Wochen" fallen sollte, gelten und sei eine solche Entscheidung innerhalb der darauffolgenden zwei Wochen nicht getroffen worden. Zum Anderen habe die Kindesmutter die Einverständniserklärung nur unter der Bedingung unterfertigt, daß zwei Mal wöchentlich ein Hausbesuch durch das Jugendamt durchgeführt werde. Auch diese Bedingung sei vom Bezirksjugendamt 17./18. nicht eingehalten worden, da nur einmal der Besuch eines Sozialarbeiters in der Wohnung von Frau M gewesen sei und dort als für in Ordnung gefunden habe. Bis dato befinde sich das mj Kind über behördliche Verfügung bei Frau Edith M. Ein Obsorgeentziehungsantrag durch das Bezirksjugendamt 17./18. sei eingeleitet worden.

Die Beschwerdelegitimation ergebe sich daraus, daß das mj Kind durch die Entziehung aus der Obsorge der Kindesmutter in seinen Rechten verletzt wurde, sowie daß die Kindesmutter durch die Wegnahme des Kindes in den obzitierten verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Hinsichtlich des Vorbringens, die Beschwerdeführer seien durch Akte der Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt:

Wie dem von der Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde vorgelegten Akt zu entnehmen ist, schritten die Sicherheitswachebeamten zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt als bloße Streitschlichtungsorgane ein. Hinsichtlich des Streites bezüglich des Verbleibes des mj Kindes wurden die Streitparteien auf die Zuständigkeit des Bezirksjugendamtes 17./18 verwiesen. Eine Maßnahme durch die einschreitenden Sicherheitswachebeamten wurde nicht gesetzt, weswegen die vorliegende Beschwerde wegen Nichtvorliegens verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zurückzuweisen war.

Hinsichtlich des Vorbringens, die Beschwerdeführer seien durch Akte des Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie als belangte Behörde durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt:

Seitens des Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie hat zum verfahrensgegenständlichen Sachverhalt kein Behördenhandeln, welches als Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu werten wäre, stattgefunden. Gemäß § 215 ABGB handelt der Jugendwohlfahrtsträger - im vorliegenden Fall der Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie - im Rahmen des Privatrechtes und unterliegen die sich damit ergebenden Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Jugendwohlfahrtsträger und den Verfahrensparteien der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Ebenso entscheiden diese für die Rechtsmäßigkeit des Einschreitens der Jugendwohlfahrtsbehörden.

Im Hinblick darauf handelte es sich bei dem Einschreiten des Bezirksjugendamtes 17./18. nicht um öffentlich rechtliche Maßnahmen, weshalb die bezughabende Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien als unzulässig zurückzuweisen war.

Kostenentscheidung:

Diese gründet sich auf § 79a AVG iVm § 1 Aufwandersatzverordnung UVS. Demnach war dem Kostenbegehren der belangten Behörde als obsiegender Partei im beantragten Ausmaß von S 565,-- für ihren Vorlageaufwand zu entsprechen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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