TE UVS Wien 1997/10/08 02/26/61/95

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fridl über die Beschwerde des Herrn Dipl-Ing Georg T vom 13.10.1995 wegen 1) § 88 iVm § 35 SPG, 2) Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, § 67c AVG, 3) § 88 iVm § 40 SPG, 4) § 88 iVm § 39 SPG, 5) Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, § 67c AVG, 6) § 89 SPG iVm § 5 Abs 1 RLV, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, entschieden:

I. Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf § 35 SPG iVm Artikel 8 MRK und § 1 DSG (Pkt 1. der Beschwerde), § 40 SPG iVm Art 8 EMRK (Pkt 3. der Beschwerde) und § 39 SPG iVm Art 3 und 8 EMRK (Pkt 4. der Beschwerde) stützt, gemäß § 67 c Abs 4 AVG, ferner, soweit sie Voreingenommenheit und Diskriminierung durch die Kommentierung von Druckwerken mit den Worten "Pfui, eklig, graußlich" durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Pkt 6. der Beschwerde) behauptet, gemäß § 89 Abs 4 SPG iVm § 67 c Abs 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Insofern in der Beschwerde in der Zurückbehaltung des Führer- und Zulassungsscheins des Beschwerdeführers eine Verletzung des Artikel 5 StGG, Artikel 1 1.Zusatzprotokoll zur EMRK (Pkt 2. der Beschwerde), eine rechtswidrige Wegweisung und in dieser eine Verletzung des Art 4 StGG, Art 2 und 4. Zusatzprotkoll zu EMRK (Pkt 5. der Beschwerde), und durch den Ausspruch "Dreh's Licht ab" eine Diskriminierung des Beschwerdeführers (Pkt 6. der Beschwerde) behauptet wird, wird sie gemäß § 67 c Abs 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Gemäß § 79a AVG hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Kosten in Höhe von S 6.865,-- (Sechstausendachthundertfünfundsechzig) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als festgestellt wird, daß die am 1.9.1995 um ca 23.15 Uhr im Marktamt des N von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an den Beschwerdeführer gestellte Frage, ob dieser schon daran gedacht habe, sich wegen seiner Neigung in ärztliche Behandlung zu begeben, geeignet ist, als Dikriminierung der sexuellen Orientierung empfunden zu werden. Diese Äußerung eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes wird daher gemäß § 5 Abs 1 RLV iVm § 89 Abs 4 SPG und § 67c Abs 4 AVG für rechtswidrig erklärt. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von S 18.950,-- binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Text

Begründung:

I. Der Beschwerdeführer brachte durch seinen rechtsfreundlich ausgewiesenen Vertreter am 13.10.1995, eingelangt beim unabhängigen Verwaltungssenat am 13.10.1995, Beschwerde ein, die wie folgt begründet ist:

"A. Sachverhalt:

Der Bf saß am 01.09.1995, etwa 22.15 Uhr, mit zwei jungen Männern in seinem PKW mit dem Kennzeichen W-68, den er gegenüber der Station K-gasse der U-Bahn-Linie U4 neben dem Marktamt des N abgestellt hatte. Die drei Personen unterhielten sich miteinander. Plötzlich erschienen zwei uniformierte Sicherheitswachebeamte der belangten Behörde (Dienstnummer: 4: im folgenden A; Dienstnummer 6: im folgenden B genannt).

A verlangte vom Bf die Übergabe des Führerscheines und des Zulassungsscheines mit der Bemerkung "Routinekontrolle". Der Bf stieg aus seinem Fahrzeug und übergab A die verlangten Dokumente.

A sichtete diese und teilte anschließend dem Bf mit, er würde jetzt eine Personenkontrolle bei ihm durchführen. Auf die Frage des Bf nach dem Grund der Maßnahme erhielt dieser die Antwort, daß freitags, samstags und sonntags Abend in dieser Gegend mit Suchtgift gehandelt werde.

Der Bf ließ im Glauben an die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Durchsuchung durch die bewaffneten Organe der mit dem Gewaltmonopol ausgestatteten Staatsmacht die Personenkontrolle über sich ergehen. Sie brachte keine verdächtigen Gegenstände zu Tage.

Anschließend forderten die Sicherheitswachebeamten die beiden jungen Männer auf, aus dem Fahrzeug zu steigen und sich auszuweisen. Nachdem die jungen Männer dieser Aufforderung nachgekommen waren, führten die Sicherheitswachebeamten auch bei diesen eine Personendurchsuchung durch. Auch diese Durchsuchung brachte keine gefährlichen Gegenstände zu Tage.

Im Anschluß an die Personendurchsuchung begann A, das Fahrzeug des Bf zu durchsuchen: Handschuhfach, Innenraum, zuletzt den Kofferraum und den darin liegenden Aktenkoffer des Bf. Auf dem Rücksitz des Fahrzeuges entdeckte A ein Säckchen mit 2 Fotobänden (Natureboys, Photos by Stephan von Houten, Janssen Verlag, Berlin; Boyphoto No 4, Free Spirits, Fotos von David Francis, Janssen Verlag, Berlin; beide Auslieferung: Herder) und 1 Text-/Bildband (River Phoenix, Ein kurzes Leben, Brian J Robb, Schirmer/Mosel). Nach kurzem Blättern kommentierte A den Fund eines der Fotobände erregt mit den Worten: Pfui, grauslich, eklig, ...". Der Bf erwähnte, daß die Fotobände Geburtstagsgeschenke für einen Freund seien. A öffnete auch noch den verschlossenen Text-/Bildband.

Von da an zeigte A eine verächtliche und haßerfüllte Haltung. Er wandte sich mit dem Fotoband zu seinem Kollegen, zeigte diesem den Band und heischte um Zustimmung zu seinem "Pfui, grauslich, eklig, ...". Eine Zustimmung des Sicherheitswachebeamten B war jedoch nicht erkennbar.

Danach durchsuchte A den Kofferraum und den dort befindlichen Aktenkoffer des Bf.

Er fand dort Kopien von Reisedokumenten von Bekannten des Bf vor und fragte den Bf, wozu er diese Kopien hätte. "Zur Sicherheit, falls die Originale verloren gehen", sagte dieser. Er erklärte, daß die Kopien anläßlich gemeinsamer Reisen angefertigt worden waren. A fand in dem Koffer auch eine Packung mit 30 Stück Gewadal-Tabletten und fragte den Bf wozu er diese brauche. Dieser antwortete: "Ich leide an Kopfschmerzen".

Anschließend fand A einige Fotoausarbeitungen, nämlich 2 komplette Filme, die der Bf für einen Bekannten ausarbeiten ließ sowie 7 Kuverts mit Nachbestellungen zu je 1 bis 3 Bildern von eigenen Filmen des Bf.

A öffnete selbst ein Säckchen (Inhalt: ein ganzer Film des Bekannten des Bf), betrachtete die Bilder im Licht eines Handscheinwerfers und entdeckte Nacktaufnahmen (siehe unten). Da die Handhabung des Handscheinwerfers und das Öffnen eines Säckchens gemeinsam umständlich waren, weil die Säckchen alle mit dem Preisaufkleber noch originalverschlossen waren, forderte A den Bf auf, die anderen Säckchen zu öffnen. Der Bf kam dieser Aufforderung nach und öffnete die restlichen Säckchen - eines nach dem anderen - und zeigte A die Bilder, bis der Bf bei dem Säckchen anlangte, das A selbst schon geöffnet hatte. Der Bf sagte zu A:

"Das haben Sie selbst schon geöffnet!". A nickte und nahm dies zur Kenntnis.

Die 2 Säckchen mit den kompletten Filmen enthielten etliche Nacktfotos von jungen Männern, die in P im Sommer dieses Jahres von einem Bekannten des Bf aufgenommen worden waren. Der Bekannte hat den Bf gebeten, diese Filme für ihn ausarbeiten zu lassen, weil er dies aus persönlichen Gründen in seinem Heimatland nicht tun mochte. Der Bf kannte den Inhalt der beiden ihm vom Bekannten übergebenen Filme bis zur beanstandenden Amtshandlung nicht. Der Bf teilte dies dem Sicherheitswachbeamten A auch sofort mit. Die restlichen Säckchen mit Nachbestellungen aus eigenen Filmen des Bf enthielten Urlaubsfotos des Bf.

Zu den Fotos aus den beiden kompletten Filmen des Bekannten des Bf äußerte sich A wieder sehr emotionell mit Worten wie zuvor ("Pfui, grauslich, eklig, ..."). Anschließend ging er ins Marktamt. Inzwischen traf ein dritter Sicherheitswachebeamter und eine Sicherheitswachebeamtin am Ort der Amtshandlung ein. Der Bf und die beiden jungen Männer setzten sich wieder in das Fahrzeug des Bf. Während dieser Zeit blieben stets Sicherheitswachebeamte in seiner Nähe. Selbst als er zwischenzeitlich die Toilette der U-Bahnstation K-gasse aufsuchte, begleitete ihn einer der Beamten. Nach einiger Zeit kam A wieder zurück und forderte von dem Bf die Säckchen mit den Fotos. Daraufhin begaben sich alle Beteiligten in das Marktamt. Der Bf blieb mit B und den beiden jungen Männern im ersten Raum zurück. A ging mit den Fotos in einen Nebenraum. Der Bf fragte B ob er telefonieren dürfe. B lehnte nicht ab, meinte jedoch der Bf müsse warten. Es kam dann nicht mehr zu dem Telefonat. A kam zweimal aus dem Nebenraum heraus, um die auf einem Bild abgebildete Person mit den beiden anwesenden jungen Männern zu vergleichen. Der Vergleich fiel negativ aus. Nach einiger Zeit kam A mit den Fotos endgültig aus dem Nebenzimmer und verlangte, der Bf solle den Aktenkoffer wieder aus dem Auto holen, der Bf kam dieser Aufforderung nach. A nahm dann die Daten der oben erwähnten Paßkopien auf, notierte die persönlichen Daten des Bf und informierte diesen darüber, daß 24 der Fotos gemäß §§ 143 ff StPO vorläufig sichergestellt würden. Alle beschlagnahmten Fotos stammen aus den Filmen des Bekannten des Bf. Dann fertigte er eine Niederschrift über die Person- und Fahrzeugdurchsuchung sowie die vorläufige Sicherstellung an und händigte dem Bf eine Kopie aus (Niederschrift liegt in Kopie bei). Als er mit dem Verfassen der Niederschrift fast fertig war, fragte A den Bf ob er schon daran gedacht hätte, sich wegen seiner Neigung in ärztliche Behandlung zu begeben. Der Bf, den diese Bemerkung sehr verletzte, antwortete daraufhin, ob A schon daran gedacht hätte, derartige Bemerkungen zu unterlassen. A händigte dem Bf die restlichen Fotos aus, dieser las sich die Niederschrift durch und unterschrieb. Erst jetzt erhielt der Bf seinen Führerschein und den Zulassungsschein zurück. Der Bf verließ gegen 23.30 Uhr das Marktamt.

Nach einiger Zeit kehrte er mit dem Beschwerdeführervertreter zurück, der A auf die verschiedenen Rechtswidrigkeiten hinwies. A entgegnete lediglich, der Beschwerdeführervertreter hätte da nichts zu sagen. Als sich der Beschwerdeführervertreter mit seinem Anwaltsausweis legitimierte, zeigte sich A merklich unwirsch und verwies den Bf und seinen Vertreter aus dem Marktamtsgebäude. Der Beschwerdeführervertreter wies darauf hin, daß A dazu keine Befugnis habe, das könne nur ein Vertreter des Marktamtes. A meinte daraufhin zu einem Dritten: "Geh, dreh's Licht ab!". Der Dritte kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Als ein Vertreter des Marktamtes nach Aufforderung von A den Bf und seinen Vertreter zum Verlassen des Marktamtes aufforderte, verließen diese das Gebäude.

B. Beschwerdepunkte

1. Rechtswidrige Identitätsfeststellung

Die Sicherheitswachebeamten begründeten die Identitätsfeststellung damit, daß am Ort der Amtshandlung mit Suchtgift gehandelt werde. Grund für die Amtshandlung waren sohin angeblich gefährliche Angriffe von unbekannten Personen. Das Motiv für die Amtshandlung lag daher in der Gefahrenabwehr, weshalb die rechtliche Grundlage im § 35 SPG zu suchen ist.

§ 35 SPG bestimmt:

"Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt, ...

2. wenn der dringende Verdacht besteht, daß sich an seinem Aufenthaltsort (a) mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen ereignen".

"Z 2 lit a des Abs 1 setzt den dringenden Verdacht voraus, daß sich mit beträchtlicher Strafe bedrohte Taten ereignen, als soeben geschehen und sich - abweichend von § 16 - im Stadium zwischen Versuchsbeginn und formeller Vollendung befinden. Daher genügt für sich allein weder der Verdacht, daß sich an diesem Ort früher einmal Straftaten ereignet haben, noch der allgemeine Erfahrungssatz, daß an Orten dieser Art erfahrunsgemäß immer wieder Straftaten begangen werden.

§ 35 Abs 1 Z 2 ermächtigt also nicht zu (allgemeinen) Razzien" (Fuchs-Funk-Szymansky, SPG 1991, § 35, Anm II., ebenso Hauer-Keplinger, Handbuch, 1993, § 35, Anm 15).

Ein dringender Verdacht (dh eine Wahrscheinlichkeit von zumindest 75 %) in diesem Sinne liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Motivation für die Amtshandlung war nicht ein konkreter (geschweige denn dringender) Verdacht konkreter Straftaten (wenn auch durch unbekannte Täter), sondern vielmehr der Erfahrungssatz, daß am Ort der Amtshandlung immer wieder Straftaten nach dem SGG begangen werden.

Die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Identitätsfeststellung waren daher nicht gegeben, zumal sich ein allfälliger dringender Verdacht konkreter Straftaten nach dem SGG auf Handel mit großen Mengen Suchtgiftes beziehen müßte, ist doch der Handel mit nicht großen Mengen sowie der einfache Besitz von Suchtgift (auch großer Mengen) nicht mit beträchtlicher Strafe bedroht (§ 16 SGG iVm § 17 SPG). Darüberhinaus stellt der Handel mit nicht großen Mengen sowie der einfache Besitz gar keinen gefährlichen Angriff im Sinne des SPG dar (§ 16 SPG iVm § 16 SGG).

Die Identitätsfeststellung war sohin rechtswidrig. Der Beschwerdeführer wurde in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gesetzmäßigkeit sicherheitspolizeilicher Maßnahmen (§ 87 SPG) und in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privatlebens (Artikel 8 EMRK), welches das Recht auf informationelle Selbstbestimmung enthält, und in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Datenschutz (§ 1 DSG) verletzt.

2. Zurückbehaltung des Führer- und des Zulassungsscheines

Der Bf hat dem Sicherheitswachebeamten A im Rahmen der verlangten Identitätsfeststellung seinen Führerschein und seinen Zulassungsschein übergeben.

Der Sicherheitswachebeamte hat dem Bf die beiden Dokumente jedoch nicht nach Abschluß der Identitätsfeststellung zurückgegeben, sondern bis zum Ende der Amtshandlung, sohin etwa 75 Minuten zurückbehalten.

Der Zurückbehaltung ging kein Verwaltungsverfahren voraus, sie erging auch nicht in Vollstreckung eines Bescheides oder einer Gerichtsentscheidung, weshalb eine Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt, gegen die die Einbringung eines administrativen Rechtsmittels nicht in Frage kommt. Diese Maßnahme kann daher mit Beschwerde nach Artikel 129a Abs 1 Z 2 B-VG bekämpft werden (VSlg 6101, 8131, 8414).

Für die Zurückbehaltung der Dokumente des Bf nach Abschluß der Identitätsfestellung gibt es keine Rechtsgrundlage. Sie erfolgte gesetzeslos.

Der Bf wurde sohin in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Rückgabe des Führer- und Zulassungsscheines nach Abschluß der Identitätsfeststellung sowie in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Artikel 5 StGG, Artikel 1 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskommission) verletzt.

3. Rechtswidrige Personendurchsuchung

Die Motivation für die am Bf durchgeführte Personendurchsuchung lag in vermuteter Gegenabwehr und stützte sich auf § 40 SPG (vgl Niederschrift vom 01.09.1995).

§ 40 SPG bestimmt:

"(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ... ermächtigt, Menschen zu durchsuchen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, diese stünden mit einem gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gerichteten gefährlichen Angriff im Zusammenhang und hätten einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht ... (3) die den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in den Absätzen 1 und 2 eingeräumten Befugnisse gelten auch für das Öffnen und das Durchsuchen von Behältnissen (zB Koffer oder Taschen), die der Betroffene bei sich hat.

Die Personendurchsuchung setzt voraus, "daß bestimmte Tatsachen zur Annahme berechtigen, der zu Durchsuchende habe einen Gegenstand bei sich, von dem eine Gefahr ausgehe. Allgemeine Erfahrungssätze reichen nicht aus; der Verdacht muß konkret und in der Person des zu Durchsuchenden begründet sein" (Fuchs-Funk-Szymansky, SPG, 1991, § 40, Anm II., ebenso Hauer-Keplinger, Handbuch, 1993, § 40, Anm 8).

Bestimmte Tatsachen in diesem Sinne lagen im gegenständlichen Falle nicht vor. Den Bf traf kein konkreter Verdacht. Abgesehen davon, daß gegen den Bf gar kein Verdacht wegen einer strafbaren Handlung bestanden hatte, müßte sich ein konkreter Verdacht, der eine Personendurchsuchung rechtfertigen könnte, auch gar nicht auf "Suchtgifthandel" generell beziehen, sondern müßte vielmehr auf Handel mit großen Mengen Suchtgiftes gerichtet sein. Handel mit nicht großen Mengen sowie der einfache Besitz von Suchtgift (auch große Mengen) stellt keinen gefährlichen Angriff im Sinne des SPG dar (§ 16 SPG, vgl Hauer-Keplinger, Handbuch, 1993, § 16, Anm 26 f; Fuchs-Funk-Szymansky, aaO, § 16, Anm II.). Die Durchsuchung des Bf erfolgte sohin gesetzlos, wodurch dieser in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gesetzmäßigkeit sicherheitspolizeilicher Maßnahmen (§ 87 SPG) sowie in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privatlebens (Artikel 8 EMRK) verletzt worden ist. Durch sein Vorgehen reduzierte die belangte Behörde den Bf zum bloßen Objekt ihrer Amtshandlung ohne Rücksicht auf dessen Autonomie, Selbstbestimmung und Personsqualität, sohin ohne Rücksicht auf seine Menschenwürde. Der Bf wurde durch die rechtswidrige Personendurchsuchung daher auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit von erniedrigender und unmenschlicher Behandlung verletzt (Artikel 3 EMRK).

4. Rechtswidrige Fahrzeugdurchsuchung

Die Motivation für die Durchsuchung des Fahrzeuges des Bf lag in vermuteter Gefahrenabwehr und war auf § 39 SPG gestützt (vgl die Niederschrift vom 01.09.1995).

§ 39 SPG bestimmt:

"(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind

ermächtigt, ... Kraftfahrzeuge zu durchsuchen, soweit dies der

Suche ... 3. nach einer Sache dient, die für einen gefährlichen

Angriff bestimmt ist ...

(4) Behältnisse, die sich in Räumen befinden, dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter den Voraussetzungen ... des Abs 3 durchsuchen ...

(5) Bei Handhabung der Befugnisse der Abs 3 und 4 ist besonders darauf zu achen, daß Eingriffe in die Rechtssphäre der Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahren".

"Zur Abwehr eines gefährlichen Angriffe bestehen die Befugnisse des § 39 nur im engen zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung. Auch Sachen, die für einen gefährlichen Angriff bestimmt sind, dürfen nach Abs 3 Zif 3 nur gesucht werden, wenn sich dieser Angriff zumindest schon im letzten Vorbereitungsstadium befindet (§ 16 Abs 3) (Fuchs-Funk-Szymansky, aaO, § 39, Anm II., vgl auch Hauer-Keplinger, Handbuch, 1993, § 39, Anm 20).

Im gegenständlichen Fall gab es für das einschreitende Organ keinen guten Grund für die Annahme, daß sich im Fahrzeug des Bf Suchtgift befinde (vgl Fuchs-Funk-Szymansky aaO, § 16 IV). Allgemeine Erfahrungssätze, daß am Ort der Amtshandlung erfahrungsgemäß immer wieder Suchtgiftdelikte begangen werden, rechtfertigt die Fahrzeugdurchsuchung ebensowenig wie die Identitätsfeststellung und die Personsdurchsuchung (vgl oben 1. und 3.). Insbesondere sei auch in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß sich ein die Fahrzeugdurchsuchung rechtfertigender Verdacht auf Handel mit einer großen Menge Suchtgift beziehen müßte, stellen doch der Handel mit nicht großen Mengen sowie der einfache Besitz von Suchtgift (auch von großen Mengen) keine gefährlichen Angriff im Sinne des SPG dar (§ 16 SPG). Die Fahrzeugdurchsuchung erfolgte sohin gesetzlos, wodurch der Bf in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gesetzmäßigkeit sicherheitspolizeilicher Maßnahmen (§ 87 SPG) sowie in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privatlebens (Artikel 8 EMRK), zu dem auch ein Privat-PKW zählt, verletzt worden ist.

Mit seinem Vorgehen reduzierte die belangte Behörde den Bf zum bloßen Objekt seiner Amtshandlung ohne Rücksicht auf dessen Autonomie, Selbstbestimmung und Personsqualität, sohin ohne Rücksicht auf seine Menschenwürde. Der Bf wurde daher auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit von erniedrigender und unmenschlicher Behandlung verletzt (Artikel 3 EMRK).

5. Rechtswidrige Wegweisung

Der Wegweisung des Bf und seines Vertreters aus dem Marktamtsgebäude durch den Sicherheitswachebeamten A ging kein Verwaltungsverfahren voraus, sie erging auch nicht in Vollstreckung eines Bescheides oder einer Gerichtsentscheidung; der Sicherheitswachebeamte A drohte durch die Bemerkung "Geh, dreh's Licht ab!" für den Fall der Nichtbeachtung Zwang an. Es liegt daher eine Maßnahme unmittelbarerer Befehls- und Zwangsgewalt vor, gegen die die Einbringung eines administrativen Rechtsmittels nicht in Frage kommt. Diese Maßnahme kann daher mit Beschwerde nach Artikel 129a Abs 1 Zif 2 B-VG bekämpft werden. Für die Wegweisung des Bf und seines Vertreters aus dem Marktamt gibt es keine Rechtsgrundlage. Sie erfolgte gesetzeslos. Der Bf wurde sohin in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtwegweisung bei Fehlen von entsprechenden gesetzlichen Ermächtigungen für die Sicherheitsbehörde sowie in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit der Person (Art 4 StGG, Art 2 und 4. Zusatzprotokoll zu EMRK) verletzt.

6. Voreingenommenheit und Diskriminierung

Die Richtlinien - Verordnung (RLV) ist im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz erlassen worden und bindet sohin das Verhalten der Sicherheitsorgane sowohl im Zuge der Sicherheitspolizei als auch im Dienste der Strafjustiz.

§ 5 Abs 1 RLV bestimmt unter der Überschrift "Achtung der Menschenwürde":

"Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken, oder als Diskriminierung aufgrund ... der sexuellen Orientierung empfunden zu werden".

Der Sicherheitswachebeamte A hat - wie im Sachverhalt geschildert - wiederholt durch Äußerungen und eine verächtliche und haßerfüllte Haltung zum Ausdruck bringendes Gesamtverhalten den Eindruck von Voreingenommenheit erweckt.

So hat er wiederholt die im Fahrzeug des Bf vorgefundenen - und im regulären Buchhandel erhältlichen und von Herder ausgelieferten - Bücher mit den Worten "Pfui, grauslich, eklig, ..." kommentiert. Bemerkenswert erscheint, daß A um Zustimmung zu seinen verächtlichen Äußerungen durch den Sicherheitswachebeamten B geheischt hatte, eine solche Zustimmung jedoch nicht erkennbar war.

Darüberhinaus hat der Sicherheitswachebeamte A den Bf gefragt, ob er schon daran gedacht hätte, sich wegen seiner Neigung in ärztliche Behandlung zu begeben. Diese Äußerung ist geeignet, als Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung empfunden zu werden. Der Bf hat sie auch als solche empfunden und fühlte sich in seiner Menschenwürde verletzt, weshalb er den Sicherheitswachebeamten aufforderte, künftig derartige Bemerkungen zu unterlassen.

Schließlich hat A den Hinweis des Beschwerdeführervertreters, daß er nicht befugt sei, den Bf und ihn aus dem Marktamt zu weisen, mit der verächtlichen Bemerkung "quittiert: "Geh, dreh's Licht ab!". Der Eindruck von Voreingenommenheit ist unverkennbar. Es ergehen daher die Anträge,

1. festzustellen, daß die Identitätsfeststellung, das Zurückbehalten des Führer- und Zulassungsscheines über das Ende der Identitätsfeststellung hinaus, die Personendurchsuchung des Bf die Durchsuchung des Fahrzeuges des Bf, die Wegweisung und die Erweckung des Eindrucks von Voreingenommenheit und Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung am 01.09.1995 allesamt rechtswidrig waren und der Bf durch diese Amtshandlungen in den in dieser Beschwerde geltend gemachten einfachgesetzlichen und verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden ist;

2.

eine mündliche Verhandlung anzuberaumen;

3.

den Bf zu dieser Verhandlung zu laden;

4.

den Akt Kr 930-W/95 der Bundespolizeidirektion Wien, Koat W, beizuschaffen;

 5. die beiden jungen Männer, die mit dem Bf in dessen PKW gesessen waren und deren Identität aus dem beigeschafften Akt Kr 930-W/95 der Bundespolizeidirektion Wien, Koat W, feststellbar sein wird, sowie den Beschwerdeführervertreter als Zeugen zu der mündlichen Verhandlung zu laden;

 6. offensichtlich der gerügten Verletzung der Richtlinienverordnung (oben 6.) gemäß § 89 Abs 1 SPG vorzugehen;

 7. den Bund zum Kostenersatz zu verhalten.

Ferner wurden Kosten in Höhe von S 50.148,02 verzeichnet. II. Die belangte Behörde erstattet am 28.11.1995 folgende

Gegenschrift:

"Die Bundespolizeidirektion Wien legt den von ihrem

Bezirkspolizeikommissariat W zu AT: KR 1175-W/95 geführten Verwaltungsakt in Ablichtung vor, gibt bekannt, daß das Original am 10.11.1995 der Staatsanwaltschaft Wien vorgelegt wurde und erstattet nachfolgende Gegenschrift

I. Sachverhalt:

Der Sachverhalt ergibt sich zunächst aus der im Akt enthaltenen

Anzeige vom 2.9.1995. Zu ergänzen ist: Als die einschreitenden SWB im Fahrzeug drei Personen wahrnahmen, sahen sie, daß der Beschwerdeführer (im nachfolgenden kurz: "BF") einem anderen Insassen einen Gegenstand reichte. Diesen konnte man unter Berücksichtigung der Lichtverhältnisse und der Distanz zu den Beobachtenden für in der üblichen Form verpacktes Suchtgift halten.

Weiters ist auszuführen, daß die Beamten nach Abschluß der Amtshandlung betreffend den BF wieder ihren Assistenzdienst für das Markamt aufnehmen wollten. Als sie das Marktamtsgebäude verlassen wollten, kamen der BF und ein weiterer Mann hinzu. Die Beamten wiesen darauf hin, daß sie ihren Außendienst wieder aufnehmen müßten und das Gespräch auch vor dem Marktamt stattfinden könne. In diesem Sinne war auch die in der Beschwerde angeführte Aufforderung, das Licht abzudrehen, zu verstehen. Dabei waren die Beamten nicht unwirsch. Der Begleiter des BF erregte sich darüber und wurde anschließend nochmals gebeten zusammen mit den Beamten das Marktamt zu verlassen. Nachdem der Begleiter des BF mit lauter Stimme seinen Unmut kundgetan hatte und die Beamten die beiden Personen aufgefordert hatten, sie nicht an der Ausübung ihres Dienstes zu hindern, sondern das Gebäude zu verlassen, entgegnete der BF eine solche Anweisung nur von einem Organ des Marktamtes entgegenzunehmen. Der Vertreter des Marktamtes wiederholte schließlich die zuvor von den SWB ausgesprochene Aufforderung.

Beweis: vorgelegter Verwaltungsakt

Zeugeneinvernahme von: RvI Johann W 14, Insp Robert A

beide zu laden pA Bundespolizeidirektion Wien,

Generalinspektorat der SW, S-ring, Wien

auszuforschendes Organ des Marktamtes

II. Rechtslage:

Der BF erachtet sich durch eine Identitätsfeststellung, durch das Zurückbehalten seines Führer- und Zulassungsscheines, durch eine Personendurchsuchung, durch eine Fahrzeugdurchsuchung und durch eine Wegweisung in seinen Rechten gemäß § 87 SPG, § 1 DSG, Art 3 und 8 MRK, Art 4 und 5 StGG, Art 1 des 1. Zusatzprotokolles zur MRK sowie Art 2 und 4. Zusatzprotokolles zur MRK verletzt.

 1. Gemäß § 35 Abs 1 Z 2 lit a SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt, wenn der dringende Verdacht besteht, daß sich an seinem Aufhalteort mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen ereignen.

An der Örtlichkeit, an welcher die Identitätsfeststellung des BF erfolgte, ereignen sich laufend - nicht nur beschränkt auf bestimmte Wochentage - gerichtlich strafbare Handlungen nach dem SGG. Es handelt sich dabei also nicht um einen Ort, an dem sich "früher einmal" oder "immer wieder" Straftaten ereignen. Vielmehr ist die Häufigkeit der Begehung einschlägiger Delikte nach höher anzusetzen. Die Umgebung der U-Bahnstation K-gasse ist in der Praxis als ständiger Umschlagplatz für Suchtgift bekannt, wobei sich die Täter nicht nur auf die Nachtstunden beschränken, sondern auch nicht davor zurückscheuen, am hellichten Tag offen mit Drogen zu handeln. Der Suchtgifthandel beschränkt sich dabei zum einen nicht auf kleine Mengen und findet zum anderen unabhängig von der Menge auch gewerbsmäßig statt. Unter diesem Gesichtspunkt lag - auch bezogen auf den Zeitpunkt des Einschreitens - ein dringender Verdacht der amtshandelnden SWB vor. Dieser richtete sich zunächst nicht gegen bestimmte Personen sondern gegen den konkreten Ort (vgl Hauer-Keplinger, Handbuch zum SPG, Eisenstadt 1993, Anm 12 zu § 35). Auch wenn § 35 Abs 1 Z 2 lit a SPG nicht zu allgemeinen Razzien ermächtigen sollte, gibt er den Sicherheitsorganen doch zumindest die Möglichkeit zu razziaähnlichem Vorgehen. Dies erhellt auch aus den Erläuterungen zu § 23 der Regierungsvorlage 1990, welcher weitgehend gleichlautend mit § 35 Abs 1 Z 2 lit a SPG war (vgl Hauer-Kepliner, Anm 11 zu § 35). Im übrigen heißt es in diesem Zusammenhang im Einführungserlaß des Bundesministers für Inneres vom 19.4.1993, Zl 94.762/15-GD/93, auf Seite 12:

"Zu § 35 Abs 1 Z 2 lit a:

Identitätsfeststellungen nach dieser Bestimmung sind (auch) dann zulässig, wenn bekannt ist, daß sich an einem bestimmten Ort früher einmal mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen ereignet haben und weiterhin ereignen; nicht notwendig ist hiefür ein Wissen, daß sich dort derzeit eine solche strafbare Handlung ereignet."

Es genügt sohin der dringende Verdacht, daß sich am Ort der Identitätsfeststellung abstrakt (typischerweise) solche Straftaten ereignen.

Die Beamten wurden in ihrem ursprünglichen Verdacht noch bestärkt, als sie die vermutete Übergabe von Suchtgift zwischen dem BF und einem weiteren Insassen des PKW beobachteten. Bei den zwei Begleitern des BF handelte es sich um Minderjährige, weshalb für die Beamten der Verdacht gemäß § 16 Abs 2 Z 1 SGG vertretbar war. Die Bestimmung droht Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren an und normiert sohin eine im Sinne des § 17 SPG mit beträchtlicher Strafe bedrohte gerichtlich strafbare Handlung. Der auf Seite 6.

 2. Absatz der Beschwerde angeführte Umstand, daß der Handel oder Besitz mit nicht großen Mengen keinen gefährlichen Angriff im Sinne des SPG darstelle, ist im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich.

Die Identitätsfeststellung beim BF, der sich mit zwei Minderjährigen in einem auf dem Marktgebiet abgestellten PKW befand, war sohin rechtmäßig. Sie ist von den in Art 8 Abs 2 MRG und § 1 Abs 2 DSG enthaltenen Gesetzesvorbehalten gedeckt. Die Bundespolizeidirektion Wien stellt daher den Antrag; die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

 2. Was die behauptete Zurückbehaltung von Dokumenten des BF betrifft, ist auszuführen, daß diese vor dem Ende der Amtshandlung retourniert wurden. Von einer Rückbehaltung kann daher schon aus diesem Grund nicht gesprochen werden. Im übrigen war auch der Wille des einschreitenden Beamten nicht auf eine Abnahme, Sicherstellung oder sonstige Einbehaltung der Dokumente gerichtet. War die Unterlassung der Rückstellung nicht vom Willen des amtshandelnden SWB umfaßt, so kann auch nicht davon die Rede sein, daß ein der belangten Behörde zurechenbares Handeln, dem normativer Charakter zukäme und das daher mit einer Maßnahmebeschwerde bekämpft werden könnte, vorgelegen sei (Siehe etwa VwGH 28.6.1995, Zl 04/01/0741, einen Bescheid des UVS Wien vom 2.2.1994, Zl UVS-02/32/00050/93 bestätigend). Hätte der BF die Rückgabe der Dokumente zu einem früheren Zeitpunkt verlangt, wären ihm seine Papiere sofort zurückgegeben worden. Die Bundespolizeidirektion Wien stellt daher den Antrag die Beschwerde in diesem Punkt als unzulässig zurückzuweisen.

 3. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind gemäß § 40 Abs 2 SPG ermächtigt, Menschen zu durchsuchen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, diese stünden mit einem gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gerichteten gefährlichen Angriff in Zusammenhang und hätten einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht.

Wie unter Punkt I. angeführt, beobachteten die Beamten den BF bei der Übergabe eines zunächst für Suchtgift gehaltenen Gegenstandes. Dieser konnte seiner Größe nach vertretbarerweise durchaus für eine große Menge Suchtgift im Sinne des § 12 SGG gehalten werden. Diese Bestimmung normiert einen gefährlichen Angriff (§ 16 Abs 2 Z 2 SPG gegen die Gesundheit. Um den zuerst übergebenen Gegenstand und allfälliges weiteres Suchtgift, mithin Dinge, von denen eine Gefahr für die Gesundheit ausging, aufzufinden, durften die SWB eine Personendurchsuchung gemäß der genannten Bestimmung durchführen. Da § 40 Abs 2 SPG in dem Gesetzesvorbehalt gemäß Art 8 Abs 2 MRG seine Deckung findet, war der BF auch nicht in seinen in Art 8 Abs 1 MRG normierten Rechten verletzt. Zur behaupteten Verletzung des Art 3 MRG ist anzumerken, daß nach der Judikatur des VfGH eine physische Zwangsmaßnahme nur dann gegen diese Bestimmung verstößt, wenn sie durch eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung des Betroffenen als Person gekennzeichnet ist. Als Beispiele wären gezielte Schläge mit dem Gummiknüppel auf den Kopf, absichtliche Fußtritte ins Gesicht, Ohrfeigen, ungerechtfertigtes Fesseln mit Handschellen oder grundloses schnelles Schieben und heftiges Stoßen zu nennen. Eine auf die Oberbekleidung beschränkte Personsdurchsuchung verletzt jedoch weder die Menschenwürde noch die Schicklichkeit und ist daher nicht geeignet, Art 3 MRG zu verletzen. Dies gilt selbst dann, wenn die Durchsuchung in der genannten Form, jedoch ohne Rechtsgrundlage erfolgt wäre. Die Bundespolizeidirektion Wien stellt daher den Antrag, die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

 4. § 39 Abs 3 Z 3 SPG ermächtigt die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ua, Kraftfahrzeuge zu durchsuchen, soweit dies der Suche nach einer Sache dient, die für einen gefährlichen Angriff bestimmt ist.

Eine Fahrzeugdurchsuchung war schon mit Rücksicht auf die unter Punkt 3. ausgeführten Gründe rechtmäßig. Dazu kam noch, daß auf der hinteren Sitzbank offen Zeitschriften herumlagen, die im Zusammenhalt mit der Anwesenheit der beiden unter 16 Jahren alten Jugendlichen im Fahrzeug den dringenden Verdacht gemäß § 208 StGB begründeten. Die Sicherheitsorgane waren daher auch ermächtigt, nach weiteren derartigen Sachen zu suchen, die für einen gefährlichen Angriff nach § 208 StGB bestimmt waren. Für die im Kofferraum aufgefundenen verschlossenen Fototaschen gilt dies gleichfalls. Was die behauptete Verletzung von Art 3 MRK im Zuge der Fahrzeugdurchsuchung betrifft, ist auf die oben (Punkt 3. aE) gemachten Ausführungen zu verweisen. Es ist im übrigen völlig denkunmöglich, daß die Durchsuchung eines Fahrzeuges für sich genommen eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung eines Betroffenen als Person darstellt. Die Bundespolizeidirektion Wien stellt daher den Antrag, die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

 5. Entgegen der Behauptung des BF ist eine Wegweisung durch unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt nicht erfolgt. Dies zeigt sich schon daran, daß dem BF wiederholt erklärt worden war, daß die Beamten ihren Außendienst fortsetzen hätten wollen, und daß sie ihn deshalb gebeten hatten, das Marktamtsgebäude zu verlassen. Allein in diesem Zusammenhang verlangte einer der SWB auch, daß das Licht im Gebäude ausgeschaltet werden solle. Selbst die abschließende Aufforderung durch die Beamten der belangten Behörde, das Gebäude jetzt endlich zu verlassen, war nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt - und schon gar nicht als Zwangsgewalt - zu werten. Wesentlich für einen derartigen verfahrensfreien Verwaltungsakt ist der Umstand, daß dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Davon kann hier nicht die Rede sein. Die Bitten bzw Aufforderungen der SWB stellten sich vielmehr als Ersuchen dar, das der BF durchaus auch unerfüllt lassen konnte, ohne dadurch Gefahr zu laufen, daß er deshalb unverzüglich (also "unmittelbar, dh jedenfalls ohne Dazwischentreten weiterer Verwaltungsakte, wie etwa der konkreten Androhung der sofortigen Festnahme, wenn der erteilte Befehl unbefolgt bliebe) mit physischem Zwang zur Herstellung des gewünschten Zustandes zu rechnen hätte (VfSlg 9922). Dabei sind auch die Begleitumstände zu berücksichtigen. So hatten die SWB wiederholt ersucht, das Gebäude zu verlassen, obwohl der BF sich beharrlich weigerte und sich sein Begleiter unwirsch zeigte. Auch zuletzt, als bereits die Voraussetzungen für eine Unfugabwehr im Sinne des § 3 Abs 1 Wr LandessicherheitsG oder eine Wegweisung im Sinne des § 81 Abs 2 Z 1 SPG vorlagen, nahmen die Beamten der belangten Behörde von einer zwangsweisen Entfernung des BF Abstand und überließen es dem Angehörigen des Marktamtes dem BF und seinem Begleiter in Ausübung des Hausrechtes das Verlassen des Amtes aufzutragen. Da sohin unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt nicht ausgeübt wurde, stellt die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag, die Beschwerde in diesem Punkt als unzulässig zurückzuweisen.

Ferner wurden Kosten für Schriftsatz- und Vorlageaufwand in Höhe von S 3.043,-- verzeichnet.

III. Am 16.1.1996, 24.5.1996, 19.9.1996 und 9.4.1997 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Von Parteienseite war der Beschwerdeführer (im folgenden: Bf) sowie sein rechtsfreundlicher Vertreter (im folgenden: BfV) anwesend. Die belangte Behörde war durch Oberkommissär Dr We und Major Wl vertreten. Einvernommen wurden der Bf und die Zeugen Dragan M, Stanko B, RvI Johann W, Insp Robert A, Ing Harald P, Hans-Jörg S und Dkfm DDr Gerhard G. Von der Bundespolizeidirektion Wien wurde der von ihrem Bezirkspolizeikommissariat W zu AZ KR 930/W/95 geführte Verwaltungsakt in Ablichtung, sowie 3 Kopien aus Kronen Zeitung, Kurier (beide vom 15.6.1996) und Bezirksjournal (Nr 10/1996) vorgelegt.

Vom BfV wurden drei Druckwerke, nämlich "Boyphoto Nr 4", "Natureboys", sowie "River Phoenix" vorgelegt, sowie 3 DIN A3 Blätter mit insgesamt 24 Fotos in Kopie, die nackte männliche Jugendliche darstellen, davon 7 mit erigierten Gliedern. Der Zeuge W legte fünf Polaroidfotos vom Marktamt N und dessen Umgebung beinhaltend Verkehrszeichen "Fahrverbot in beiden Richtungen" und "Einfahrt verboten" vor.

Vom BfV wurde eine Sachverhaltsmitteilung gemäß § 89 Abs 2 SPG vom 4.1.1996 vorgelegt. Der BfV beantragte die Entscheidung des UVS gemäß § 89 Abs 4 SPG.

IV. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Die Sicherheitswachebeamten W und A befanden sich am 1.9.1995 um ca 22.15 Uhr wegen Assistenzleistung im Zusammenhang mit einem am nächsten Tag stattfindenden Flohmarkt auf dem Weg zum Eingang des Marktamtes N, als ihnen das Fahrzeug des Bf auffiel, da dieses dort nicht abgestellt hätte sein dürfen. Beim Vorbeigehen sahen sie, daß in diesem Fahrzeug etwas Weißes in der Größe von 3 cm bis 10 cm "aufblitzte" und nach hinten gereicht wurde. Der Bf saß auf dem Fahrersitz, der Zeuge Dragan M auf dem Beifahrersitz und Stanko B auf dem Rücksitz.

Zumindest Stanko B rauchte. Da es regnete, waren die Scheiben sowohl innen beschlagen als wegen der Regentropfen auch von außen nur schlecht durchsichtig. Das Fahrzeug war innen nicht beleuchtet. Die beiden Beamten wußten, daß der Bereich K-gasse im Hinblick auf Suchtgift auffällig ist und daß sich obendrein der Andrang Süchtiger an Flohmarkttagen erheblich verstärkt. Sowohl aufgrund der Örtlichkeit als auch des Umstandes, daß der oben beschriebene Gegenstand im Fahrzeug übergeben wurde, entstand bei den Beamten der Verdacht des Handels mit einer größeren Menge Suchtgift. Der Zeuge W verlangte vom Bf die Fahrzeugpapiere und begründete dies mit einer Routinekontrolle. Gleichzeitig machte der Zeuge A einen Rundgang um das Fahrzeug und übernahm die Sicherung der Amtshandlung. W steckte sich die Papiere ein, nachdem er sie begutachtet hatte. Der Bf ersuchte ihn nicht, ihm die Dokumente zurückzugeben. Zum Übergeben der Papiere hatte der Bf das Fahrzeug verlassen. Es wurde zunächst bei ihm eine Personenkontrolle durchgeführt. Über Frage des Bf, was W suche, sagte dieser: "Suchtgift." Dann wurden auch die übrigen im Fahrzeug befindlichen weiteren Personen zur Ausweisleistung aufgefordert und perlustriert. Danach untersuchte W das Fahrzeug innen, wobei er mit dem Handschuhfach begann. In weiterer Folge fand er auf dem Rücksitz des Fahrzeuges drei Bücher, nämlich "Boyphoto Nr 4", "Natureboys", sowie "River Phoenix" in einer Papiertasche. Er zeigte sie seinem Kollegen und an diesen gewandt, kommentierte er die Bücher zumindest mit dem Wort "pfui." A äußerte sich nicht dazu. Da die Beamten davon ausgingen, daß sich im Kofferraum Suchtgift befinden könnte, wurden zuletzt dieser und der darin befindliche Aktenkoffer des Bf durchsucht. In diesem befanden sich Fotos, auf denen nackte, jüngere, männliche Personen abgebildet waren. Einige dieser Personen hatten erigierte Glieder. Suchtgift wurde nicht gefunden.

Dann telefonierte W mit dem Journaldienst, außerdem wurde ein zweiter Funkstreifenwagen angefordert. Nach Schilderung des Sachverhaltes ordnete der Journaldienst die Anzeige auf freiem Fuß an. Danach wurden der Bf und die beiden anderen Fahrzeuginsassen aufgefordert, mit den Beamten ins Marktamt zu gehen. Die Jugendlichen wurden befragt und in der Folge entlassen. Der Bf blieb im Marktamt. Da aufgrund der Fotos der Verdacht eines gerichtlichen Tatbestandes, nämlich der sittlichen Gefährdung von Jugendlichen vorlag, wurden die Fotos nach § 143ff StPO sichergestellt. W fragte den Bf, ob er schon einmal daran gedacht habe, sich wegen seiner Neigung in ärztliche Behandlung zu begeben. Nachdem der Bf von der Anzeige verständigt worden war, bekam er seine Papiere zurück.

Nach der Amtshandlung traf der Bf seinen Vertreter in einem Lokal namens "Al" und er schilderte ihm den ganzen Verlauf sowie die Bemerkung zur ärztlichen Behandlungswürdigkeit. Von dort gingen der Bf und sein Vertreter gemeinsam zum Marktamt. Der BfV zeigte den noch dort befindlichen Beamten seinen Anwaltsausweis und brachte gegenüber W dessen Äußerung zur ärztlichen Behandlung zur Sprache. W äußerte sich dazu jedoch nur so weit, daß er auf einen Richter verwies. In weiterer Folge wurden der Bf und der BfV von ebenfalls dort befindlichen Marktamtsbeamten aufgefordert, das Gebäude zu verlassen.

Ob bzw wer vorher die Äußerung "dreh's Licht ab" machte, erscheint der erkennenden Behörde unmaßgeblich, so daß es sich erübrigt, dazu Feststellungen zu treffen.

In weiterer Folge wurde das Strafverfahren gegen den Bf zur Zahl 30 St 125 297/95 zurückgelegt.

V. Beweiswürdigung:

Obige Feststellungen gründen sich auf die Angaben des Bf und der einvernommenen Zeugen.

Festgestellt wird ferner, daß der Zeuge M den Verhandlungsleiter in einer Verhandlungspause um ein kurzes Gespräch bat und ihm folgendes mitteilte: Ein Polizist habe diesen Zeugen, dessen Freund und den Bf als "Schwuchtelbande" bezeichnet und der Zeuge lasse sich diesen Ausdruck nicht gefallen. Diese Äußerung des Polizisten fiel, während M auf das Ende der Einvernahme des Zeugen Stanko B durch den UVS wartete.

M war bei diesem Gespräch mit dem Verhandlungsleiter derart aufgebracht, daß kein Zweifel an der Richtigkeit seiner Mitteilung besteht. Es besteht auch kein Zweifel, daß diese Äußerung durch W getätigt worden war.

Die Angaben des Bf und Zeugen waren - was den äußeren Ablauf der in Prüfung gezogenen Amtshandlungen betrifft - weitgehend übereinstimmend und deckten sich auch mit der Beschwerdeschrift. Differierende Angaben gab es zu den Fragen, ob

1.)

ein (weißer) Gegenstand zurückgereicht wurde,

2.)

ob W die Worte "Pfui, eklig, grauslich" beim Betrachten der Bücher und der Fotos verwendete und

 3.) ob W den Bf gefragt hatte, ob dieser schon an eine ärztliche Behandlung gedacht habe.

Zu 1.): Diesbezüglich wird den übereinstimmenden Angaben der Beamten gefolgt. Diese hatten in der Verhandlung angedeutet, daß es sich beim übergebenen Gegenstand in Wahrheit lediglich um ein weißes Feuerzeug gehandelt haben dürfte. Auch B hatte angegeben, daß sie geraucht hätten und daß es sein könne, daß er seinem Freund Feuer gegeben hatte.

Zu 2.): Dem Bf wird aufgrund seiner Aussage und der der Zeugen M und B gefolgt, daß W zumindest das Wort "pfui" verwendete. Hinsichtlich der übrigen in der Beschwerde behaupteten Worte, nämlich "eklig" und "grauslich" differierten die Zeugenaussagen zu stark, um deren Verwendung mit der erforderlichen Sicherheit feststellen zu können.

A hatte nach den weitgehend übereinstimmenden Angaben des Bf und der beiden übrigen Fahrzeuginsassen auf die Kommentare Ws zu den Büchern nicht reagiert. Es erscheint daher als wahrscheinlich, daß dieser Beamte, der sich auf die Sicherung der Amtshandlung konzentrierte, den Äußerungen seines Kollegen keine Beachtung schenkte.

Zu 3.): Beim Zeugen W handelt es sich - wie sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Zeitungsausschnitten ergibt - um einen furchtlosen Polizisten, der sich mit besonders mutigen Einsätzen um die Bekämpfung der Drogenkriminalität verdient gemacht hat. Das unerschrockene Naturell dieses Zeugen dürfte es aber auch mit sich bringen, daß er sich auch dann kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es angebracht wäre. Dies zeigte sich besonders deutlich bei der oben wiedergegebenen Äußerung, die dieser Zeuge vor seiner Vernehmung zu einem anderen Zeugen machte. Die erkennende Behörde ist daher nicht nur überzeugt, daß W die im Fahrzeug vorgefundenen Bücher zumindest mit "pfui" kommentiert hatte, sondern auch, daß er den Bf danach gefragt hatte, ob dieser schon daran gedacht habe, sich einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen.

Dem steht auch die gegenteilige Aussage des Zeugen As nicht entgegen, der den Äußerungen Ws - wie bereits oben ausgeführt - keine Beachtung schenkte.

Im übrigen teilt die erkennende Behörde nicht die Auffassung der belangten Behörde, wonach das, was außerhalb der Verhandlung allenfalls für (behördliche) Ausführungen gemacht worden sein sollen, nicht relevant für das Beschwerdeverfahren sei, da nach § 46 AVG alles als Beweismittel in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Wenn ein Sicherheitswachebeamter - wenn auch (noch) nicht formell als Zeuge - selbst in einem Amtsgebäude des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht davor zurückschreckt, eine schwerst diskriminierende Äußerung abzugeben, bedarf es dazu keiner weiteren Erläuterungen.

VI. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes wurde erwogen:

Zu den Punkten 1, 3 und 4 der Beschwerde:

Der von den Beamten gesehene Gegenstand, der im Fahrzeug von vorne nach hinten gereicht worden war, konnte aufgrund seiner Größe, seine Farbe und des örtlichen Ambientes vertretbarerweise für eine größere Menge von in der üblichen Form verpacktem Suchtgift gehalten werden.

Für die erkennende Behörde besteht kein Zweifel, daß die Maßnahmen, die in den Punkten 1, 3 und 4 der Beschwerde gerügt sind, zunächst ausschließlich wegen des Verdachts des Handels von Suchtgift in einer größeren Menge gesetzt wurden und dieser Verdacht auch, nachdem Druckwerke und Fotos gefunden wurden, die bei den Sicherheitswachebeamten überdies den Verdacht von Sittlichkeitsdelikten entstehen ließen, aufrecht blieb. Diese Maßnahmen sind daher - was ihren Anlaß, nämlich Verdacht des Handels einer größeren Menge von Suchtgiftverdacht betrifft - als Einheit aufzufassen. Bei dieser Art des Verdachtes wäre es unzweckmäßig, etwa Personsdurchsuchungen durchzuführen, nicht aber die Untersuchung des von diesen Personen verwendeten Fahrzeuges. Es erscheint auch schlüssig und logisch, daß dann, wenn ein verdachterweckender Gegenstand nach hinten gereicht wird, der hinten befindliche Kofferraum untersucht wird.

Daß der Suchtgiftverdacht zunächst der einzige Grund für die Maßnahmen war, ergibt sich auch daraus, daß die Beamten ja nicht wissen konnten, daß sich im Fahrzeug Bücher und Fotos befanden, die den weiteren Verdacht auf Sittlichkeitsdelikte auslösen würden.

Angesichts der Größe des wahrgenommenen Gegenstandes, besteht auch kein Zweifel, daß die Beamten davon ausgehen durften, daß wenn Suchtgift verhandelt wurde, es sich um eine größere Menge handelte. Das Tatbestandselement des § 35 Abs 1 Z 2 lit a) SPG des dringenden Verdachts, daß sich mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen ereignen, war damit ebenfalls erfüllt.

Ferner durften angesichts der oben beschriebenen Gesamtsituation die beiden Beamten davon ausgehen, daß die durchsuchten Menschen einen "Gegenstand, von dem Gefahr ausgeht" bei sich haben (§ 40 Abs 2 SPG), bzw, daß sich im durchsuchten Kraftfahrzeug eine "Sache, von der ein gefährlicher Angriff ausgeht", befindet (§ 39 Abs 3 Z 3 iVm § 16 Abs 2 Z 2 SPG). Es handelte sich also bei diesen Amtshandlungen nicht um eine "allgemeine Razzia", wie die Beschwerde darzutun versucht.

Es erübrigt sich somit, auf das später entstandene und in der Anzeige schließlich allein konkretisierte Verdachtsmoment der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren im Sinne des § 208 StGB näher einzugehen.

Pkt 2 der Beschwerde:

Der Bf hatte nach seinen eigenen Angaben in der Verhandlung die Beamten nicht ersucht, ihm die Papiere vor Abschluß der Amtshandlung zurückzugeben. Es ist daher nicht erkennbar, worin der Bf, dem die Papiere am Ende der Amtshandlung schließlich ausgehändigt worden waren, beschwert sein soll. Im übrigen wird zur Frage des normativen Charakters auf die zutreffenden Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde verwiesen. Pkt 5. der Beschwerde (Wegweisung)

§ 38 SPG in der anzuwendenden Fassung lautet:

(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Unbeteiligte wegzuweisen, die durch ihre Anwesenheit am Vorfallsort oder in dessen unmittelbarer Umgebung die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht oder die nach einem gefährlichen Angriff gebotene Klärung der maßgeblichen Umstände behindern. Dies gilt auch für Unbeteiligte, die durch ihre Anwesenheit die Privatsphäre jener Menschen unzumutbar beeinträchtigen, die von dem Vorfall betroffen sind.

(2) Besteht an einem bestimmten Ort eine allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrerer Menschen oder für Eigentum oder Umwelt in großem Ausmaß, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, jedermann aus dem Gefahrenbereich zu weisen, solange die Sicherheitsbehörde nicht selbst gemäß § 36 Abs 2 einschreiten kann.

(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind außerdem ermächtigt, jedermann aus einem Gefahrenbereich zu weisen, dessen Leben und Gesundheit dadurch gefährdet sind, daß einem gefährlichen Angriff ein Ende gesetzt wird.

Der BfV führte in der Verhandlung zu Punkt 5 der Beschwerde aus, diese so zu verstehen, daß es keine gesetzliche Grundlage dafür gebe, da gemäß § 38 SPG lediglich Unbeteiligte weggewiesen werden dürften. Dieser Beschwerdepunkt werde daher auch auf §§ 87 und 88 SPG gestützt. Der BfV übersieht dabei, daß überhaupt nur dann eine Wegweisung in Betracht kommt, wenn ein "Vorfall" vorliegt, also entweder eine der in § 38 Abs 1 SPG genannten polizeilichen Tätigkeiten durchgeführt wird oder wenn es einen "Gefahrenbereich" gibt. Die bloße Kontaktnahme von Menschen mit Sicherheitswachebeamten außerhalb eines "Vorfalles" läßt daher schon begrifflich eine Wegweisung durch diese nicht zu. Im übrigen wird auch auf die zutreffenden Ausführungen in der Gegenschrift verwiesen, wonach kein Akt behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt worden war.

Zu Pkt 6:

6.1. Die Kommentierung von Druckwerken mit zumindest dem Wort "pfui" richtete sich nicht an den Bf, auch nicht an M oder B, sondern an A, der darauf keinerlei Reaktion zeigte. Schon deswegen ist eine Voreingenommenheit oder Diskriminierung konkret gegenüber dem Bf nicht feststellbar. Die Beschwerde war in diesem Punkt daher abzuweisen.

Dazu wird bemerkt, daß eine Kommentierung der im Kofferraum gefundenen Fotos zwar in der Sachverhaltsdarstellung - nicht aber in Pkt 6. der Beschwerdepunkte gerügt wurde. Es wird daher davon ausgegangen, daß Äußerungen des Beamten zu den vorgefundenen Fotos nicht in Beschwerde gezogen wurden.

6.2. § 5 Abs 1 RLV differenziert weder das in dieser Bestimmung normierte Verbot der Diskriminierung der sexuellen Orientierung noch gibt es davon Ausnahmen. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes trifft dieses (absolute) Diskriminierungsverbot daher selbst dann, wenn die sexuelle Orientierung eines Menschen nach den allgemein anerkannten Regeln der Medizin tatsächlich als pathologisch einzustufen wäre und/oder von der Rechtsordnung nicht geduldet würde. Umsomehr gilt dieses Verbot, wenn eine derartige Einstufung allein aufgrund der subjektiven Einschätzung des Organs getroffen wird. Die Frage, ob der Bf schon daran gedacht habe, sich einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen, implizierte, daß der Zeuge W den Bf wegen dessen sexueller Neigung als ärztlich behandlungsbedürftig ansah. Mit dieser Äußerung stufte W die sexuelle Orientierung des Bf also als pathologisch ein, was jedenfalls geeignet ist, als abwertend, somit als diskriminierend empfunden zu werden. Diese Äußerung war daher als rechtswidrig festzustellen.

6.3. Inwiefern eine Äußerung "Dreh's Licht ab" eine Voreingenommenheit oder Diskriminierung darstellen soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Beschwerde war in diesem Punkt daher zurückzuweisen.

VII. Kosten:

Die Parteienvertreter modifizierten in der Verhandlung ihre Kostenbegehren im Sinne der Novelle BGBl 885/95.

Zu Spruchpunkt I:

Der Kostenzuspruch an die belangte Behörde gründet sich auf § 79a AVG und die hiezu ergangene Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995 vom 22.12.1995). Demnach war der belangten Behörde als obsiegender Partei, entsprechend ihrem Antrag, Vorlageaufwand in der Höhe von S 565,--, Schriftsatzaufwand in der Höhe von S 2.800,-- und Verhandlungaufwand in der Höhe von S 3.500,--, in der Summe S 6.865,--, zuzusprechen.

Zu Spruchpunkt II:

Diese Kostenentscheidung stützt sich ebenfalls auf die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl 855/1995. Da der Bf in einem vom übrigen Beschwerdevorbringen trennbaren Beschwerdepunkt obsiegte, war ihm der pauschalierte Kostenersatz für Schriftsatzaufwand S 8.400,--, Verhandlungsaufwand S 10.400,-- und der Ersatz der Stempelgebühren im Ausmaß von S 150,- zuzusprechen. Daraus errechnet sich ein Ko

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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