TE UVS Steiermark 2000/07/03 30.6-71/2000

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Veröffentlicht am 03.07.2000
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Spruch

Der Unabhaengige Verwaltungssenat fuer die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann ueber die Berufung des Herrn T P, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. E S G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Groebming, vom 7.4.2000, GZ.:

15.1 1999/3370, wie folgt entschieden:

Gemaeß Paragraph 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit Paragraph 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemaeß Paragraph 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautete wie folgt:

Jedermann darf, unbeschadet der Bestimmungen des Paragraphen 33 Abs 3 Forstgesetz, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. Eine darueber hinaus - gehende Benuetzung wie u.a. die Begehung eines Baches bzw Wasserfalles im Wald ist nur mit Zustimmung des Waldeigentuemers zulaessig. Sie haben am 18.9.1999 in der Zeit zwischen 11.30 Uhr und 14.00 Uhr unter der Leitung des Berg- und Canyoningfuehrers A S an einer Canyoningtour im Bereich des '-Wasserfalles' im Gemeindegebiet A, Bezirk L, teilgenommen. Sie haben somit Wald entgegen o.a. Bestimmung ohne Zustimmung des Waldeigentuemers - der Waldgenossenschaft A - betreten und sich dort aufgehalten. Hiedurch habe der Berufungswerber eine Uebertretung des Paragraphen 33 Abs 3 ForstG begangen und wurde hiefuer eine Geldstrafe in der Hoehe von S 500,-- (24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhaengt.

In seiner fristgerechten Berufung vom 26.4.2000 bestritt der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsuebertretung, wobei er unter anderem ausfuehrte, dass sich die Wandergruppe sich im gegenstaendlichen Gebiet ausschließlich zu Erholungszwecken aufgehalten habe. Auch sei am Eingang zum Wasserfall keine Beschilderung vorhanden gewesen, die darauf hingedeutet haette, dass eine Durchquerung des Wasserfalls verboten sei. Weiters seien entlang des Wasserfalles fix montierte Haken vorhanden gewesen, sodass die Gruppe mit Recht davon ausgegangen sei, dass eine Querung dieses Wasserfalles erlaubt sei. Weiters sei die Querung des Wasserfalles am ehesten mit Klettern zu vergleichen und sei Klettern im Sinne des Forstgesetzes erlaubt. Weiters sei dem Waldeigentuemer durch das Durchqueren eines Wasserfalls keinerlei Schaden entstanden und auch kein unzulaessiger Eingriff in die Substanz des Waldes erfolgt.

Der Unabhaengige Verwaltungssenat fuer die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:

Gemaeß Paragraph 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhaengigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behoerde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zustaendigkeit des Unabhaengigen Verwaltungssenates fuer die Steiermark fuer die Erlassung der gegenstaendlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primaere Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- uebersteigende Geldstrafe verhaengt wurde, war gemaeß Paragraph 51c VStG die Zustaendigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Da aufgrund der Aktenlage bereits feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemaeß Paragraph 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchfuehrung einer oeffentlichen, muendlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Entsprechend der Anzeige des Gendarmeriepostens H vom 19.9.1999 nahm Herr T P am 18.9.1999, in der Zeit zwischen 11.30 Uhr und 14.00 Uhr, unter der Leitung des Berg- und Canyoningfuehrers A S an einer Canyoningtour im Bereich des Wasserfalles, im Gemeindegebiet A, Bezirk L teil.

Im Genaueren erstattete am 18.9.1999, gegen 11.30 Uhr, der Obmann der Waldgenossenschaft A, F H, ueber den oben angefuehrten Sachverhalt telefonisch beim Gendarmerieposten die Anzeige. Er gab an, er sei soeben vom zustaendigen Jagdaufseher Herrn T telefonisch verstaendigt worden, dass eine Canyoninggruppe im Begriff sei, den am Forstbesitz der WG A abfließenden Wasserfall zu begehen. Die Aufforderung T dies zu unterlassen, haetten sie ignoriert. Da schon wiederholt unerlaubte Begehungen dieser Wasserweges durch Canyoninggruppen erfolgt seien, erstatte er in seiner Eigenschaft als Genossenschaftsobmann gegen die dieser Gruppe

angehoerenden Personen die Anzeige nach dem Forstgesetz. Die Gruppe wurde gegen 14.00 Uhr durch den erhebenden Beamten des Gendarmeriepostens am Fuß des Wasserfalles nach Beendigung ihrer Tour vollzaehlig angetroffen, auf ihr rechtswidriges Verhalten aufmerksam gemacht und zum Sachverhalt befragt.

Infolge wurde Herrn T P mit Strafverfuegung der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Groebming, vom 3.12.1999 eine Uebertretung des Paragraphen 33 Abs 3 ForstG zur Last gelegt. Der diesbezuegliche Tatvorwurf war vom Wortlaut her ident mit dem Spruch des in Berufung gezogenen Straferkenntnisses vom 7.4.2000.

In rechtlicher Hinsicht ist hiezu wie folgt auszufuehren:

Gemaeß Paragraph 33 Abs 1 ForstG darf jedermann,

unbeschadet der Bestimmungen der Abs 2 und 3 und des Paragraphen 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.

Gemaeß Paragraph 33 Abs 3 ForstG ist eine ueber Abs 1 hinausgehende Benuetzung, wie Lagern bei Dunkelheit, Zelten, Befahren oder Reiten, nur mit Zustimmung des Waldeigentuemers, hinsichtlich der Forststraßen mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulaessig. Das Abfahren mit Schiern im Wald ist im Bereich von Aufstiegshilfen nur auf markierten Pisten oder Schirouten gestattet. Schilanglaufen ohne Loipen ist unter Anwendung der noetigen Vorsicht gestattet; eine darueber hinaus gehende Benuetzung des Waldes, wie das Anlegen und die Benuetzung von Loipen, ist jedoch nur mit Zustimmung des Waldeigentuemers gestattet. Eine Zustimmung kann auf bestimmte Benuetzungsarten oder -zeiten eingeschraenkt werden. Sie gilt als erteilt, wenn die Zulaessigkeit der Benuetzung und deren Umfang im Sinne des Paragraphen 34 Abs 10 ForstG ersichtlich gemacht wurde.

Aus Paragraph 33 Abs 1 ForstG ergibt sich somit die grundsaetzliche Verpflichtung des Waldeigentuemers, die Benuetzung seines Waldes zu Erholungszwecken durch

jedermann zu dulden. Der hier eingeraeumte Rechtsanspruch deckt nur das Betreten zum Zwecke der Erholung des den Wald Betretenden. Hiebei unterscheidet der Gesetzgeber bei den der Erholung dienenden Benuetzungsarten zwischen solchen, die nach Paragraph 33 Abs 1 leg cit als unter die Begriffe betreten und aufhalten fallend ausgeuebt werden duerfen, und solchen, die einer Zustimmung des Waldeigentuemers oder Forststraßenerhalters beduerfen und deren Ausuebung ohne diese Zustimmung unter Verbot und Strafsanktion der Paragraphe 33 Abs 3 und Paragraph 174 Abs 4 lit a und b Z 1 leg cit faellt. Ueber Spaziergang oder Wandern hinaus sind zu ersteren auch Waldlauf, Schilauf gemaeß Abs 3, Zugang zu Bergtouren und, wie sich im Umkehrschluss zu Abs 3 ergibt, ein tagsueber im Wald Lagern (nicht Zelten) zu rechnen. Zu letzteren zaehlen die in Abs 3 genannten und aehnliche Benuetzungsarten, die sich in ihrer Art oder in der Intensitaet der Waldbeanspruchung von den als Betreten und Aufhalten zu qualifizierenden unterscheiden. Zu dem gegenstaendlichen Tatvorwurf der Teilnahme an einer Canyoningtour am 18.9.1999, in der Zeit zwischen ca. 11.30 Uhr und 14.00 Uhr, im Bereich des Wasserfalles im Gemeindegebiet A ist auszufuehren, dass es keine exakte gesetzliche Definition des Begriffes Canyoning gibt. Grundsaetzlich ist davon auszugehen, dass hiebei das Folgen von Wasserlaeufen bzw das Durchklettern von Schluchten und Wasserfaellen verstanden wird. Großteils wird hiebei sicherlich dem natuerlichen Verlauf des Wassers und somit dem Bachbett gefolgt werden, jedoch kann es sicherlich auch zu einer teilweisen Benutzung des sich am Rande des Bachbettes befindlichen Waldes kommen.

Das ausdrueckliche Verbot der Durchfuehrung einer Canyoningtour ist im Paragraph 33 Abs 3 ForstG nicht enthalten und beduerfte ein etwaig strafbarer Tatbestand einer Benutzung des Waldes ueber den sogenannten Erholungszweck hinaus, einer entsprechenden Konkretisierung dahingehend, wie weit Wald bei der konkreten Canyoningtour ueber den Erholungswert hinaus beansprucht bzw betreten wurde. So sind beispielsweise kommerzielle Veranstaltungen aber auch ein Durchwandern bzw - klettern in forstschaedlicher Art als zustimmungspflichtig zu verstehen.

Aus dem Akteninhalt ist jedoch eine solche exzessive Benutzung von Wald bzw eine Veranstaltung mit Eintrittsgeld oder Verkaufs- oder Werbeabsicht fuer die entscheidende Behoerde nicht erkennbar und mangelt es auch an einer entsprechenden Verfolgungshandlung im Sinne des Paragraphen 32 VStG aus der erkennbar ist, inwieweit Wald ueber den Erholungszweck hinaus benutzt wurde.

Ergaenzend sei erwaehnt, dass das Begehen eines Baches bzw Wasserfalles im Wald fuer sich allein weder eine Benuetzung ueber den Erholungszweck hinaus, noch einen Tatbestand des Paragraphen 33 Abs 3 ForstG erfuellen kann. Eine etwaige wasserrechtliche Uebertretung wurde dem Berufungswerber nicht zur Last gelegt.

Da somit aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht erkennbar ist, dass Wald aus anderen Gruenden, als zwecks Erholung betreten wurde, war unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Paragraphen 44a VStG die Einstellung zu verfuegen.

Schlagworte
Wald bentzen Canyoning Erholungszweck Zustimmung Waldeigentmer Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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