TE UVS Tirol 2003/02/20 2002/14/209-1

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Veröffentlicht am 20.02.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Klaus Dollenz über die Berufung des U. G., vertreten durch Dr. Klaus S., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 07.10.2002, Zahl VK-4045-2002 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24 und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind Euro 43,60 zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t an diesem Sonntag innerhalb von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr Straßen mit öffentlichem Verkehr verbotenerweise befahren. Tatzeit: 20.01.2002 um 18.35 Uhr, Tatort: Kundl, A 12, Inntalautobahn, km 24,3 in Richtung Innsbruck, Fahrzeug: Sattelkraftfahrzeug, RO-XY/RO-XY. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 42 Abs 2 StVO verletzt iVm § 99 Abs 2a StVO und wurde über ihn gemäß § 99 Abs 2a StVO eine Geldstrafe in Höhe von Euro 218,00 (Ersatzarrest 72 Stunden) verhängt. Ferner wurde er zum Kostenersatz des Strafverfahrens verpflichtet.

 

Das Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber am 14.10. zu Hd. seines Vertreters zugestellt.

 

Innerhalb offener Frist wurde eine Berufung erhoben. In dieser ist ausgeführt, dass sich aus den Transportpapieren ergebe, dass der LKW mit ca. 2.500 Karton polnischem Gauda-Käse beladen war, wobei eine Transporttemperatur von plus 2 Grad ? plus 4 Grad C vorgeschrieben war.

 

Der Beschuldigte habe als angestellter Fahrer der Frächterei H. Transporte am Freitag bis spätestens um 15.00 Uhr die Ladung entgegenzunehmen und für die Anlieferung beim Empfänger innerhalb eines Tages, spätestens innerhalb 2 Tage zu sorgen gehabt. Diesbezüglich sei er von seinem Arbeitgeber instruiert und beauftragt worden. Da dem Frachtauftrag zu entnehmen sei, dass der Käse gekühlt zu transportieren sei, sohin eine Temperaturvorgabe gegeben gewesen sei, ergäbe sich, dass es sich beim Ladegut um ein leicht verderbliches Lebensmittelprodukt gehandelt habe. Dem stehe auch das offenbar durch die Kontrollbeamten bemerkte Haltbarkeitsdatum auf der Verpackung nicht entgegen. In diesem Zusammenhang mit der Temperaturvorgabe sei klar ersichtlich, dass das Haltbarkeitsdatum 30.04.2002 nur dann erreicht werden könne, wenn das Transportgut fortwährend im Bereich zwischen plus 2 Grad und plus 4 Grad C gekühlt gehalten werde. Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, dass bei Transporten von verderblichen Lebensmitteln unter allen Umständen die Kühlkette zwischen Hersteller und Endverbraucher nicht unterbrochen werden darf, da ansonsten das Haltbarkeitsdatum seine Relevanz verliere. Auf Grund seines Auftrages durch den Arbeitgeber und den Ladepapieren sei der Beschuldigte davon ausgegangen, dass es sich eben um eine leicht verderbliche Ware handle, sodass es subjektiv schon am Schuldvorwurf mangle. Nicht berücksichtigt wurde im angefochtenen Bescheid die Ausnahmevorschriften gegenüber § 42 StVO. Hierbei werde besonders auf die Bestimmungen für die Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel im grenzüberschreitenden Verkehr verwiesen, wie es im BGBl Nr 144/1978 und BGBl 82/1991 geregelt seien. Auf Grund dieser Ausnahmevorschriften, die die Umsetzung von EG-Richtlinien für den Rechtsbereich Österreich darstellen, sei auf Grund der geladenen verderblichen Lebensmittel die LKW-Fahrt zum angegebenen Zeitpunkt erlaubt.

 

Unterlassen habe die Erstbehörde auch den Antrag des Beschuldigten, zu seinem gesamten Vorbringen die Zeugin A. H., per Adresse H. Transporte einzuvernehmen. Dies stelle eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar, zumal diese Zeugin angeben könne, dass der Beschuldigte mit dem Hinweis auf die verderbliche Ware vom Arbeitgeber auf die gegenständliche Fahrt geschickt wurde. Auch das Ausmaß der Strafe sei überhöht. Es läge weder general- noch spezialpräventive Gründe vor, die eine Bestrafung des Beschuldigten notwendig machen. Es dürfe nicht übersehen werden, dass der Beschuldigte nicht aus eigenem Gutdünken mit dem LKW auf der Inntalautobahn gefahren sei, sondern als Angestellter einer Transportfirma von seinem Arbeitgeber hierzu einen Auftrag erhalten habe. Es dürfte wohl der Behörde bekannt sein, dass eine Verweigerung einer Fahrt im Frachtgewerbe mit der Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes verbunden sei. Auch aus diesem Grunde hätte es ausgereicht, statt über den Beschuldigten eine Geldstrafe zu verhängen, eine Ermahnung zu erteilen.

 

Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich, dass der Berufungswerber am 20.01.2002 um 18.35 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit 2.481 Kartons polnischen Gauda-Käse, Haltbarkeitsdatum 30.04.2002 mit dem Kennzeichen RO-XY und RO-XY auf der Inntalautobahn bei km 24,3 in Richtung Westen lenkte, obwohl gemäß § 42 Abs 2 StVO an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und an gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Sattelkraftfahrzeugen verboten ist, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht mehr als 7,5 t beträgt.

 

Nach Abs 3 leg cit sind vom Verbot nach Abs 2 Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh oder leicht verderblichen Lebensmitteln, der Getränkeversorgung in Ausflugsgebieten, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen, dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen, dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs, dem Einsatz von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Mullabfuhr oder dem Einsatz von Fahrzeugen einer Linienverkehrsunternehmens zur Aufrechterhaltung des regelmäßigen Linienverkehrs dienen, sowie unaufschiebbare Fahrt mit Lastkraftwagen des Bundesheers und mit selbst fahrenden landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen und Fahrten im Ortsgebiet an den letzten beiden Samstagen vor dem 24.12. Diese Ausnahme gelte jedoch nicht für die Beförderung von Großvieh auf Autobahnen.

 

Unter leicht verderblich werden solche Lebensmittel verstanden, die eine Genießbarkeit durch Verfaulen, Frieren, Austrocknen udgl leicht beeinträchtigt werden könne. Bei der Ausnahme von Wochenendfahrverbot für leicht verderbliche Lebensmittel komme es nicht auf die Beförderungsart sondern nur auf die Art des zu befördernden Gutes an. Es können demnach auch im Winter leicht verderbliche Lebensmittel im Kühlwagen transportiert werden.

 

Im Gegenstandsfall wurde polnischer Gauda-Käse transportiert, der bei einer Lagertemperatur von plus 2 Grad C bis plus 4 Grad C eine Mindesthaltbarkeit bis zum 30.04.2002 hatte, was darauf hinweist, dass der Gauda-Käse an sich eine längere Haltbarkeit aufweist, sodass nicht von einem leicht verderblichen Lebensmittel im Sinne des § 42 Abs 3 StVO ausgegangen werden kann. Die leicht verderblichen Lebensmittel erreichen nämlich bei einer (allgemein üblichen Transport- und Lagertemperatur) von plus 2 Grad C und plus 4 Grad C bei weitem nicht die Haltbarkeit wie der im gegenständlichen Fall transportierte Käse (mehr als 3 Monate) sondern von wenigen Tagen oder Wochen. Ungekühlt verderben leicht verderbliche Lebensmittel um so schneller, was bei länger haltbaren Lebensmitteln nicht der Fall ist, wie beispielsweise der transportierte Käse.

 

Der von der Erstbehörde erhobene Schuldvorwurf ist gerechtfertigt.

 

Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass von der Spedition R. an die Firma H. Transport der Ladeauftrag am 15.01.2002 um 09.56 Uhr erteilt wurde, wonach angegeben wurde, dass ein Ladetermin am Freitag, den 18.01.2002 bis 15.00 Uhr möglich ist. Als Anlieferungstermin wurde ein bis zwei Tage später vereinbart.

 

Wäre rechtzeitig geladen worden und rechtzeitig die Fahrt angetreten worden, so wäre es möglich gewesen, dass das österreichische Staatsgebiet am 19.01.2002 vor 15.00 Uhr zu passieren. Aus dem gegenständlichen Akt lässt sich entnehmen, dass der Berufungswerber am Sonntag, um 18.35 Uhr kontrolliert wurde. Hätte der Berufungswerber 24.00 Uhr abgewartet, so wäre es zu der vorgeworfenen Übertretung gar nicht gekommen. Zum Übertretungszeitpunkt war eine rechtzeitige Anlieferung ebenfalls nicht möglich und ist auch nicht zu erwarten, dass man gekühlte Lebensmittel auch am Sonntag anliefern kann. Es ist davon auszugehen, dass eine Anlieferung erst Montag möglich ist, sodass, wenn der Berufungswerber etwas zugewartet hätte, wäre es zur vorliegenden Übertretung gar nicht gekommen.

 

In Folge der vorhandenen im erstinstanzlichen Akt befindlichen Unterlagen hat es auch nicht die Einvernahme von Frau A. H. bedurft und war der Berufung daher nicht stattzugeben.

Schlagworte
polnischer, Gauda-Käse, Haltbarkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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