TE UVS Steiermark 2003/07/11 30.16-36/2003

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Veröffentlicht am 11.07.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn G M, vertreten durch Mag. G M, Rechtsanwalt in M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 19.02.2003, GZ.: 15.1 1422/2002, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 18.03.2002, 16.30 Uhr, im Ortsgebiet R, Gemeindegebiet R, Bezirk M, das Probefahrtkennzeichen R J M, K überlassen, obwohl es sich um keine Probefahrt gehandelt habe. Das genannte Kennzeichen sei auf dem LKW der Marke Steyr 791 montiert und das Fahrzeug von der genannten Person zum Tatzeitpunkt am Tatort verwendet worden, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs 1 KFG verwendet werden dürfen.

Wegen Verletzung des § 45 Abs 4 zweiter Satz KFG wurde über ihn daher gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von ?

72,--, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Stunden verhängt. Ferner wurden gemäß § 64 Abs 2 VStG ? 7,20 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und in dieser einerseits ausgeführt, dass es sich sehr wohl um eine Probefahrt handelte. Das Fahrzeug sei kurz zuvor gekauft worden und mussten einige Sachen repariert werden. Der Bruder sollte Baumaterialien von der Firma W abholen. Andererseits wurde ausgeführt, dass der Tatvorwurf nicht ausreichend konkretisiert sei, da als Tatzeitpunkt jener der Anhaltung, aber nicht jener auf den sich der Sachverhalt beziehe, vorgeworfen werde. Die Überlassung des Fahrzeuges sei nämlich zu einem viel früheren Zeitpunkt erfolgt. Es werde daher der Antrag gestellt das Verfahren einzustellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neues Straferkenntnisses an die Behörde I. Instanz zurückzuverweisen.

Auf Grund dieses Vorbringens fand am 18.06.2003 eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung statt, in deren Rahmen der Berufungswerber als Partei einvernommen wurde.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Auf der Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Strafbehörde I. Instanz in Verbindung mit dem Ergebnis der Berufungsverhandlung vom 18.06.2003 werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen: Der Berufungswerber betreibt in K eine KFZ-Werkstätte mit angeschlossenem Handel und ein Erdbewegungsunternehmen. Seitens der Bezirkshauptmannschaft M wurde ihm gültig ab 15.07.1996 das Probefahrtkennzeichen zugewiesen. Anhand der in der Berufungsverhandlung vorgelegten Rechnung der Firma L in Verbindung mit den diesbezüglichen Angaben des Berufungswerbers gilt als erwiesen, dass dieser am 28.01.2002 von der angeführten Firma einen gebrauchten LKW Steyr 791 gekauft und in der Folge in seinen Betrieb verbracht hat. Da der gekaufte LKW keine Begutachtunsplakette hatte und bei der Überstellungsfahrt Mängel an der Kupplung festgestellt wurden, führte der Berufungswerber in seinem Betrieb die erforderlichen Reparatur- bzw Servicearbeiten durch, welche am 18.03.2002 soweit beendet waren, als mit dem Fahrzeug problemlos wieder auf öffentlichen Straßen gefahren werden konnte. Weil im Betrieb des Berufungswerbers zu diesem Zeitpunkt diverse Bauarbeiten im Gange waren, eine weitere Lieferung diverser Baumaterialien durch die Firma W war für den 18.03.2002 vorgesehen, kam der Bruder des Berufungswerbers dessen Wunsch nach mit dem zuvor fertig gestellten LKW im Rahmen einer Probefahrt die zu liefernden Gegenstände in Feistritz abzuholen, was auch geschehen ist. Der Bruder des Berufungswerbers, Herr R J M, holte deshalb mit dem eingangs erwähnten LKW, der das ebenfalls bereits zitierte Probefahrtkennzeichen führte, verschiedene Baumaterialien ab und kam es bei der Rückfahrt zur Kontrolle des von ihm gelenkten LKW durch Beamte des Gendarmerieposten S. Im Zuge der diesbezüglichen Fahrzeug- und Lenkerkontrolle gab der Lenker an, dass er auftrags seines Bruders diesen Transport durchgeführt hat, obwohl er ihn auf die Rechtswidrigkeit desselben hingewiesen hätte. Der Berufungswerber erklärte mit dieser Verantwortung konfrontiert im Rahmen der Berufungsverhandlung diese nachvollziehbar mit der Tatsache, dass sein Bruder durch mehrfache Gespräche mit ihm seine Ansicht, wonach man im Rahmen eines Gewerbebetriebes Probefahrten durchführen könne, der Ansicht gewesen sei, dass das Transportieren von Baumaterialien zu privaten Zwecken für sich allein betrachtet offenbar unzulässig sei, was er indirekt mit seiner Verantwortung den Anzeigenlegern gegenüber zum Ausdruck bringen wollte. Diese Feststellungen stützen sich auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, den dabei zur Einsicht vorgelegten Beweisurkunden wie Kaufvertrag des LKW Steyr sowie Lieferschein der Firma W, insbesondere jedoch auch der Verantwortung des Berufungswerbers, derzufolge vom Vorliegen einer (zulässigen) Probefahrt auszugehen war. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Unter Probefahrten im Sinne des § 45 Abs 1 KFG sind ua Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen, zu verstehen.

Gemäß § 45 Abs 4 zweiter Satz KFG dürfen Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten geführt werden.

Im Anlassfall hat der Berufungswerber, dessen Kraftfahrzeugbetrieb das verfahrensgegenständliche Probefahrtkennzeichen seitens der zuständigen Behörde zu-gewiesen war und welches auf dem erwähnten LKW montiert war, diesen seinem Bruder überlassen, der damit eine Probefahrt im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen durchführte. Das Kennzeichen war auf einem LKW montiert, der vom Berufungswerber käuflich erworben und nach entsprechender, unmittelbar zuvor fertig gestellter Reparatur bzw einem durchgeführten Service in der Folge am 18.03.2002 auf öffentlichen Straßen verwendet wurde, um dessen Gebrauchs- und Leistungsfähigkeit feststellen zu können. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Fahrzeug im Rahmen dieser Probefahrt mit Baumaterialien beladen war, zumal die Durchführung einer Probefahrt respektive die Verwendung eines Kraftfahrzeuges in diesem Zusammenhang durchaus auch mit Ladung erfolgen kann, wenn es die Verkehrssicherheit zulässt und die Fahrt noch den Charakter einer Probefahrt hat (vgl. dazu den Allgemeinen Durchführungserlass des BMV zum KFG 1967). Schließlich ist noch der ordnunghalber darauf hinzuweisen, dass für die Feststellung der Funktionalität eines Fahrzeuges eine relativ kurze Fahrtstrecke genügt und die Tauglichkeit eines Fahrzeuges auf seine Eignung unter Zurücklegung einer relativ langen Strecke den Begriff der Probefahrt übersteigt (OGH 25.06.1987, 7Ob627/87; ZVR 1988/69). Im gegenständlichen Fall wurde das Fahrzeug nur einmalig dazu verwendet, um im Rahmen einer Probefahrt von der nur wenige Kilometer vom Betrieb des Berufungswerbers entfernten Firma W in F Baumaterial abzuholen und dabei dessen Gebrauchs- und Leistungsfähigkeit zu testen. Somit steht nach Ansicht der erkennenden Behörde fest, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, da die mehrfach angeführten Probefahrtkennzeichen im Rahmen einer Probefahrt geführt wurden, weshalb das Strafverfahren nach Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses im Sinne des gestellten Berufungsantrages gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden war. Es erübrigt sich damit aber auch ein näheres Eingehen auf das sonstige Berufungsvorbringen.

Schlagworte
Probefahrt Gebrauchs- und Leistungsfähigkeit Ladung Nebenzweck Fahrtstrecke
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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