TE UVS Tirol 2003/08/07 2003/25/093-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung der L. B. I. Pub GmbH, M.-T.-Straße, 6020 Innsbruck, vertreten durch Herrn Dr. T. S., Rechtsanwalt in Innsbruck, vom 26.6.2003 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 23.5.2003, III-2309-2003/RR/T, betreffend Stilllegung der gesamten Musikanlage nach § 360 Abs 4 GewO 1994, gemäß § 66 Abs Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, wie folgt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

Mit dem bekämpften Bescheid wurde gemäß § 360 Abs 4 Gewerbeordnung 1994 die gesamte Musikanlage der Betriebsanlage ?L.? I. Pub im Anwesen M.-T.-Straße in Innsbruck stillgelegt, indem die Signalwege zu sämtlichen Lautsprechern unterbrochen wurden. Weiters wurden die Signaleingänge der Lautsprecher, sofern sich sämtliche dieser Eingänge an den Außenseiten der Lautsprechergehäuse befinden, verplombt. Andernfalls wurden sämtliche Signalausgänge zu den Lautsprechern verplombt.

 

Dagegen richtet sich die zulässige und fristgerechte Berufung der L. B. I. Pub GmbH, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wird, dass der angefochtene Bescheid ohne vorheriges Gewähren von Parteiengehör erlassen worden sei. Wenn dies erfolgt wäre, wäre hervorgekommen, dass unmittelbar nach der Betriebsüberprüfung vom 16.5.2003 die Berufungswerberin mit Dipl.Ing. Q. als technischen Sachverständigen Kontakt aufgenommen habe und dieser mittlerweile zweckmäßige Lärmschutzmessungen inn- und außerhalb des gegenständlichen Lokales durchführte. Dipl.Ing. Dr. Q. habe der erstinstanzlichen Behörde auch fernmündlich mitgeteilt, dass er die erforderlichen Plombierungen veranlassen werde. Die materiellen Voraussetzungen für ein Vorgehen gemäß § 360 Abs 4 GewO seien nicht vorliegend, da eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn oder eine Gesundheitsgefährdung derselben nicht vorliege und sich auch konkret aus den Feststellungen in der Begründung nicht ergebe. Die Musikanlagen seien niemals über die behördlich genehmigten Ausmaße hinaus betrieben worden. Die Anwendung des § 360 Abs 4 GewO sei auch deshalb unzulässig, weil der Bescheid eine Vollstreckungsverfügung darstelle, welche durch das VVG 1991 nicht gedeckt sei. Die Bestimmung des § 12 VVG könne schon rechtssystematisch die Bestimmung des § 360 Abs 4 GewO als lex specialis behandeln. Schließlich stelle die Stilllegung der gesamten Musikanlage im Betrieb der Berufungswerberin eine absolut unangemessene Maßnahme dar. Die Behörde hätte mit einer Aufforderung gemäß § 360 Abs 1 GewO vorgehen können und müssen. Es werde der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Aufhebung des bekämpften Bescheides gestellt.

 

Im Bericht des gewerbetechnischen Amtssachverständigen des Stadtmagistrates Innsbruck vom 23.7.2003 wurde mitgeteilt, dass an diesem Tag die Einstellung und anschließende Verplombung der Pegelbegrenzer der Musikanlagen in der gegenständlichen Betriebsanlage von einem Mitarbeiter des technischen Büros Q. in Zusammenarbeit mit einem Mitarbeiter der Firma V. durchgeführt wurde. Der gewerbetechnische Sachverständige überprüfte daraufhin die Betriebsanlage und stellte dabei Folgendes fest:

 

Kellergeschoß:

Die gesamte Musikanlage wurde entfernt und wird laut Aussage eines Mitarbeiters der Betriebsanlage auch nicht mehr installiert. Die großen Lautsprecherboxen wurden ebenfalls entfernt, die kleinen ?JBL?-Boxen waren zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins noch an der Decke montiert.

 

Erdgeschoß:

Die Musikanlage wurde mittels zweier Potentiometer (Limiter ist hier keiner vorhanden) auf 75 dB bei Rosa Rauschen eingestellt, anschließend wurden diese Potentiometer mittels Papierplomben der Firma Q. plombiert.

 

1. Obergeschoß:

Der CD-Wechsler wurde vom Betreiber, Herrn K., demontiert und abtransportiert. Aus diesem Grund konnte die Limitierung auf 75 dB mittels Rosa Rauschen nicht durchgeführt werden. Der Limiter der Musikanlage wurde daher bis zur endgültigen Klärung, welche Komponenten schlussendlich zum Einsatz kommen sollen, über einen Minidisk Player auf 65 dB (wegen der unterschiedlichen Lautstärke von verschiedenen CD?s bzw Musikstücken) eingestellt und anschließend mittels Blei- und Papierplomben plombiert.

 

Außerdem befindet sich hier noch ein Sat-Receiver mit TV-Gerät, der Ton dieses TV-Gerätes wird ebenfalls über die vorhandenen Lautsprecherboxen limitiert wiedergegeben.

 

Die Bestätigung der durchgeführten Limitierung und Verplombung durch das technische Büro Q. wurde diesem Schreiben beigelegt.

 

Die Berufungsbehörde hat dazu wie folgt erwogen:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23.4.2003, Zl 2002/04/0112, eindeutig festgestellt, dass für alle Verwaltungsverfahren, die sich auf Betriebsanlagen beziehen, damit auch für einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 GewO 1994, die sich auf Betriebsanlagen beziehen, der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsbehörde ist.

 

Gemäß § 67d Abs 2 Z 1 AVG kann die Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat entfallen, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Die gegenständliche Betriebsanlage wurde mit Bescheiden des Bürgermeisters von Innsbruck vom 12.12.1996, 27.9.1999 und 16.10.2000 gewerbebehördlich genehmigt. Die Musikanlage wurde im Erdgeschoß und im Obergeschoß mit 75 dB (Bescheid vom 12.12.1996) und im Kellergeschoß mit 85 dB limitiert (Bescheid vom 16.10.2000). Bei einer Überprüfung am 16.5.2003 wurde festgestellt, dass die Musikanlage mit folgenden Lautstärken gespielt werden kann:

Obergeschoß: 85 ? 90 dB, Erdgeschoß: 80 dB und Kellergeschoß über 90 dB.

Damit konnte die Anlage in allen drei Geschoßen über dem erlaubten Schallpegel betrieben werden. Es wurde auch festgestellt, dass Teile der Musikanlage wegen einer konsenslosen Änderung als nicht genehmigt anzusehen sind.

 

Die Erstbehörde würdigte diesen Umstand rechtlich so, dass aufgrund der konsenslosen Änderung der Musikanlage als Teil der genehmigten Betriebsanlage schon eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn vorliege, ohne auf die nahe liegende Frage näher einzugehen, ob eine derartige Überschreitung des zulässigen Schalldruckpegels nicht auch eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn, insbesondere auf längere Dauer darstelle. Dieser Umstand sei ausreichend, um Maßnahmen gemäß § 360 Abs 4 GewO vorzuschreiben. Eine unzumutbare Belästigung liege aber bereits vor, zumal die in den Genehmigungsverfahren durchgeführten Ermittlungen gezeigt hätten, dass erst durch eine strikte Einhaltung der Obergrenze von 75 bzw 85 dB gewährleistet sei, dass der Betrieb der Musikanlagen zu keinen unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn führe.

 

Aus dem Bericht des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 23.7.2003 ergibt sich, dass bei den derzeit installierten Geräten eine Überschreitung der in der Betriebsanlagengenehmigung festgelegten maximalen Pegelwerte ausgeschlossen ist. Die Voraussetzungen für die Erlassung des bekämpften Bescheides gemäß § 360 Abs 4 GewO liegen damit seit der Einstellung und Plombierung der Pegelbegrenzer am 23.7.2003 nicht mehr vor und es ist auch zu erwarten, dass die Berechtigungsinhaberin in Hinkunft diese Grenzwerte einhalten wird. Sollten jedoch die zum Zeitpunkt der Messung am 23.7.2003 im 1. Obergeschoß demontierten Geräte wieder eingebaut werden, würde eine Veränderung der Anlage stattfinden und wäre eine neuerliche Limitierung erforderlich.

Schlagworte
Musikanlage, stillgelegt, Parteiengehör, Überschreitung, maximalen, Pegelwerte, ausgeschlossen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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