TE UVS Niederösterreich 2003/08/11 Senat-BL-02-1078

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Veröffentlicht am 11.08.2003
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis vom ** ** ****, Zl. 3-***-02, erkannte die Bezirkshauptmannschaft X den Berufungswerber schuldig, eine Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 2 Gewerbeordnung 1994 begangen zu haben.

 

Gemäß § 366 Abs 1 Z 2 Gewerbeordnung 1994 wurde eine Geldstrafe in der Höhe von ? 218,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

 

Gemäß § 64 Abs 2 VStG wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz mit ? 21,80 festgesetzt.

 

Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Bescheides lautet:

 

?Sie haben in Ihrer Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer der H**** H****** B**gesmbH, mit dem Sitz in **** H*******, L********** **, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Zeit: ** ** ****

Ort: **** H*******, Grundstück Nr *** und ***/*, EZ ****, KG H*******,

Tatbeschreibung:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom ** ** ****, 12-B-****/3, wurde der H*** H****** B**gesmbH die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Lagerplatzes für Baustoffe, eines Büros und einer Kleinwerkstätte, eines Werkzeug- und Gerätelagers und eines Flugdaches im Standort H*******, Grundstück Nr *** und ***/*, EZ ****, KG H*******, unter Vorschreibungen Auflagen (Punkte 1-3) erteilt.

 

Im Zuge einer gewerberechtlichen Überprüfung der Betriebsanlage am ** ** **** wurde von einem bautechnischen sowie einem maschinenbau-technischen Amtssachverständigen des NÖ Gebietsbauamtes festgestellt, dass die Betriebsanlage noch nicht plan- und beschreibungsgemäß fertiggestellt war.

 

Folgende Mängel wurde festgestellt:

1.

Die Montagegrube fehlt bei der zum Einfahrtstor gelegenen Seite die fix montierte Einstiegsleiter, außerdem ist die Montagegrube selbst augenscheinlich nicht flüssigkeitsdicht. bzw. konnte kein Attest vorgelegt werden, in dem die flüssigkeitsdichte Ausführung bestätigt wird.

2.

Weiters fehlt eine ständig wirksame Querdurchlüftung für die Garage.

3.

Die Zugangstüre zum Aufenthaltsraum weist lediglich eine Breite von 70 cm statt 90 cm auf.

4.

Auf dem Grundstück wurden im Freien 3 Stk a 33 kg Flüssiggasflaschen vorgefunden.

5.

Im Zuge der Überprüfung wurde weiters festgestellt, dass im Kellergeschoß ein ca 4m² großer Raum für die Lagerung von Ölfässern bzw Ölkanister verwendet wird. Es wurde festgestellt, dass der Raum keine ständige Belüftung aufweist, außerdem ist der Fußboden nicht mineralölbeständig und flüssigkeitsdicht ausgeführt.

 

Sie haben es daher als gewerberechtlichen Geschäftsführer der H*** H**** B**gesmbH zu verantworten, dass die H*** H***** B**gesmbH eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betreibt.?

 

Unabhängig auf das Vorbringen in der fristgerecht wegen Schuld und Strafe erhobenen Berufung einzugehen, wird festgestellt:

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

§ 44a Z 1 VStG beinhaltet das sogenannte ?Konkretisierungsgebot?.

 

Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

?Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat? bedeutet, dass im Spruch eines Straferkenntnisses, genauer in dessen Tatumschreibung, dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf zu machen ist, dass dieser rechtlich in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen widerlegen zu können, und muss er geschützt werden, wegen selbigen Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das Ausmaß der vom Gesetz gebotenen ?Konkretisierung? ist nicht isoliert zu betrachten und hängt vom einzelnen Tatbild und den Gegebenheiten des Falles ab.

 

Gemäß § 366 Abs 1 Z 2 Gewerbeordnung 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz leg cit mit einer Geldstrafe bis zu ? 3600,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74 leg cit) ohne erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Gemäß § 74 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtliche gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß § 74 Abs 2 leg cit dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, 1 das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmer/Innenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage in der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes geltend auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g leg cit angeführten Nutzungsrechte, 2 die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in einer anderen Weise zu belästigen, 3 die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, dem Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dingender benachbarten Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen, 4 die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder 5 eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird in Ansehung der Blankettstrafnorm des § 366 Abs 2 zweite Alternative Gewerbeordnung 1994 insoweit nicht § 44a Z 1 VStG gerecht, als dieser keine Anführung von Genehmigungstatbeständen, die Rückschlüsse auf die Genehmigungspflicht der als genehmigungspflichtig bezeichneten Betriebsanlage zuließen, beinhaltet.

 

Darüber hinaus wird bemerkt, dass nach § 80 Abs 1 leg cit die Genehmigung der Betriebsanlage nur erlischt, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen fünf Jahren nach der erteilten Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagezweckes wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagezwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird.

 

Im Hinblick auf den Umstand, dass aus dem Strafakt erster Instanz innerhalb der Frist des § 31 Abs 2 VStG (Verfolgungsverjährungsfrist) eine Verfolgungshandlung nicht zu ersehen ist, durch welche die angesprochenen Tatbestandsmerkmale im Hinblick auf die offenbar geahndete Übertretung Deckung finden, ist im Gegenstand Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb eine Bestrafung nicht mehr hätte erfolgen dürfen.

 

Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG entfallen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am
07.07.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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