TE UVS Burgenland 2005/01/19 084/06/04024

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Obrist über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt *** in ***, vom 02 11 2004, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 14 10 2004, Zl 300-2852-2004, wegen Bestrafung nach dem Führerscheingesetz (FSG), zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten Folgendes zur Last gelegt:

?Sie haben  am 26 7 2004 um 14 30 Uhr den Kkw Mercedes  mit dem Kennzeichen *** auf der B 62 im Gemeindegebiet von Deutschkreutz, Höhe Strkm 19,22, bei der Grenzkontrollstelle in Fahrtrichtung Ungarn auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt und dabei folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

I.

Sie haben das Kfz auf Grund einer von einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung (canadischer FS Nr *** vom 1 4 1999, ausgestellt vom Bundesstaat Ontario) gelenkt, obwohl seit der Begründung Ihres Hauptwohnsitzes in Österreich am 27 10 2000 mehr als sechs Monate verstrichen sind und Ihnen auch von der Behörde auf Grund eines Antrages keine Fristverlängerung um weitere sechs Monate gewährt worden ist.

II.

Sie haben das Kfz gelenkt, obwohl Ihnen Ihr zweiter can Führerschein Nr *** der Provinz Ontario vom 12 9 2000 wegen Beeinträchtigung durch Alkohol am 3 5 2004 gemäß § 39 Führerscheingesetz vorläufig abgenommen worden war.?

 

Zu Spruchpunkt I. wurde wegen Übertretung des § 37 Abs 1 iVm § 23 Abs 1 FSG eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Stunden) und zu Spruchpunkt II. wurde wegen Übertretung des § 37 Abs 1 und 3 Z 2 iVm § 39 FSG eine Geldstrafe von 363 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 182 Stunden) verhängt.

 

Der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung kommt aus folgendem

Grund Erfolg zu:

Die anzuwendenden Bestimmungen lauten:

 

§ 23 Abs 1 FSG:

?Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen von Anhängern auf Grund einer von einer Vertragspartei des Pariser Übereinkommens über den Verkehr von Kraftfahrzeugen, BGBl Nr 304/1930, des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr, BGBl Nr 222/1955, oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl Nr 289/1982, in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet ist zulässig, wenn seit dessen Begründung nicht mehr als sechs Monate verstrichen sind und der Besitzer der Lenkberechtigung das 18 Lebensjahr vollendet hat. Die Behörde hat auf Antrag diese Frist um weitere sechs Monate zu verlängern, wenn sich der Antragsteller nachweislich aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung nicht länger als ein Jahr in Österreich aufhalten wird. Diese Verlängerung ist zu widerrufen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Das Lenken von Kraftfahrzeugen nach Verstreichen der genannten Fristen stellt eine Übertretung nach § 37 Abs 1 dar.?

 

§ 27 Abs 1 FSG:

?Eine Lenkberechtigung erlischt:

1.

nach Ablauf einer Entziehungsdauer von mehr als 18 Monaten;

2.

durch Zeitablauf;

3.

durch Verzicht;

4.

100 Jahre nach Erteilung;

5.

durch Tod des Berechtigten.?

 

§ 37 Abs 1 erster Satz FSG:

?Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.?

 

§ 37 Abs 3 Z 2 FSG:

?Eine Mindeststrafe von 363 Euro ist zu verhängen für das Lenken

1.

[?],

2.

eines Kraftfahrzeuges, obwohl der Führerschein gemäß § 39 vorläufig abgenommen wurde oder

 3. [?].?

 

§ 39 Abs 1 und Abs 5 FSG:

?(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht haben einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, dass er insbesondere infolge Alkohol- oder Suchtmittelgenusses, Einnahme von Medikamenten oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein, den Mopedausweis oder gegebenenfalls beide Dokumente vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen. Weiters haben die Organe die genannten Dokumente vorläufig abzunehmen, wenn ein Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder mehr oder ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr festgestellt wurde oder der Lenker eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 lit b oder c StVO 1960 begangen hat, wenn der Lenker ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, in Betrieb genommen hat oder versucht hat, es in Betrieb zu nehmen, auch wenn anzunehmen ist, dass der Lenker in diesem Zustand kein Kraftfahrzeug mehr lenken oder in Betrieb nehmen wird. Außerdem haben diese Organe Personen, denen die Lenkberechtigung  mit Bescheid vollstreckbar entzogen wurde oder über die ein mit Bescheid vollstreckbares Lenkverbot verhängt wurde und die der Ablieferungsverpflichtung der Dokumente nicht nachgekommen sind, den Führerschein, den Mopedausweis  oder  gegebenenfalls  beide Dokumente abzunehmen. Ebenso können diese Organe bei mit technischen Hilfsmitteln festgestellten Geschwindigkeitsübertretungen, die mit einer Entziehung geahndet werden, den Führerschein vorläufig abnehmen. Bei der vorläufigen Abnahme ist eine Bescheinigung auszustellen, in der die Gründe für die Abnahme und eine Belehrung über die zur Wiedererlangung des Führerscheines oder Mopedausweises erforderlichen Schritte enthalten sind.

 

(5) Das Lenken von Kraftfahrzeugen, für die der Besitz einer Lenkberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines oder das Lenken von Motorfahrrädern, Invalidenkraftfahrzeugen oder vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Mopedausweises ist unzulässig.?

 

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ergibt sich aus der Anzeige des Gendarmeriepostens Deutschkreutz, dass sich der Berufungswerber anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle mit einem kanadischen Führerschein ausgewiesen habe. Er habe angegeben, seinen österreichischen Führerschein bereits vor Jahren verloren zu haben. Seinen zweiten kanadischen Führerschein habe man ihm im Mai 2004 abgenommen. Dies nahm die Bezirkshauptmannschaft zum Anlass, das einleitend zitierte Straferkenntnis zu erlassen.

 

Nachdem der Berufungswerber behauptete, einen österreichischen Führerschein besessen zu haben, wurde der diesbezügliche Akt der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf beigeschafft. Aus diesem jetzt zu Zl 2004*** protokollierten Akt ergibt sich, dass er im Jahr 1968 eine österreichische Lenkberechtigung für die Gruppe B erworben hat und ihm am 08 02 1968 der Führerschein ausgefolgt wurde. Weiters enthält der Akt eine Verlustanzeige betreffend den Führerschein aus dem Jahr 1970, welche  wieder  zurückgezogen  wurde, und  eine ebensolche Anzeige vom 06 08 2004. Nach dem dann im Akt erliegenden Antrag vom 07 09 2004 hat der Berufungswerber mit diesem Datum bei der Bezirkshauptmannschaft wegen des Verlustes des Führerscheines die Ausstellung eines Duplikates begehrt. Dieser Antrag ist aktenkundig noch unerledigt.

 

Ausgehend von diesem Sachverhalt, der sich aus den unbedenklichen Akten der Bezirkshauptmannschaft ergibt, hat der Berufungswerber also im Jahr 1968 in Österreich eine Lenkberechtigung für die Gruppe (jetzt: Klasse) B erworben. Irgendwelche Umstände, welche zum Erlöschen dieser Lenkberechtigung geführt hätten (vgl § 27 Abs 1 FSG), sind nicht hervorgekommen. Es ist demnach davon auszugehen, dass er zum Tatzeitpunkt im Besitz dieser Lenkberechtigung war. Daran ändert nichts, dass er den darüber ausgestellten Führerschein nicht mehr hatte. Ebenso führt der Umstand, dass er zuletzt im Besitz eines kanadischen Führerscheines war, nicht zum Verlust der österreichischen Lenkberechtigung. Dabei kann  dahin gestellt bleiben, ob Kanada infolge des Bestehens von Gegenseitigkeit (vgl § 9 Abs 1 Z 2 FSG-Durchführungs-Verordnung) bloß eine sog ?Umschreibung? der in Österreich erteilten Lenkberechtigung vorgenommen hat oder ob der Berufungswerber dort eine neue Lenkberechtigung erworben hat. Seine ihm in Österreich erteilte Lenkberechtigung ging dadurch mangels diesbezüglicher gesetzlicher Anordnung jedenfalls nicht verloren.

 

Für die dem Berufungswerber in Spruchpunkt I. zur Last gelegte Tat bedeutet dies, dass selbst unter Annahme, es sei ihm in Kanada eine weitere Lenkberechtigung erteilt worden aufgrund derer er jedoch in Österreich  nicht mehr berechtigt gewesen wäre, den PKW zu lenken, er dies im Tatzeitpunkt aufgrund der ihm im Inland erteilten Lenkberechtigung durfte. Er hätte also allenfalls die diesbezüglich geltenden allgemeinen Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers (vgl insbesondere § 14 Abs 1 Z 1 und Abs 3 FSG) einzuhalten gehabt und besteht hier kein Fall für die Anwendung der Sonderregelung des § 23 Abs 1 FSG betreffend ausländische Lenkberechtigungen.

 

Die dem Berufungswerber in Spruchpunkt II. vorgeworfene Übertretung ist nur denkbar, wenn ein Führerschein vorläufig abgenommen wird, welcher den Betreffenden ? so er ihm wiederausgefolgt wird ? infolge der zugrunde liegenden Lenkberechtigung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der entsprechenden Klasse berechtigt. Wird ein Dokument abgenommen, welches mangels entsprechender Lenkberechtigung von Vornherein keine derartige Berechtigung beinhaltet, ist der Tatvorwurf, der Beschuldigte habe das Fahrzeug trotz vorläufiger Abnahme des betreffenden Dokumentes gelenkt, nicht schlüssig. Im Anlassfall hätte der Beschuldigte ? auch wenn ihm der kanadische Führerschein wiederausgefolgt worden wäre ? den PKW zur Tatzeit aufgrund der ausländischen Lenkberechtigung nicht lenken dürfen (was ihm ja schließlich in Spruchpunkt I. vorgeworfen wurde).

 

Zu beiden Spruchpunkten war das Verfahren daher spruchgemäß einzustellen. Diese Entscheidung durfte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gefällt werden.

Schlagworte
Ausländische Lenkberechtigung, Erlöschen, vorläufige Abnahme des Führerscheines
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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