TE UVS Steiermark 2005/09/19 43.19-15/2005

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Veröffentlicht am 19.09.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Eva Schermann über die Berufung der Ö, vertreten durch Dr. F U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 26.07.2005, GZ.: A4-18903/2004, wie folgt entschieden: Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Verfügung die Zufahrt vom N unverzüglich mittels Kette, Zaun oder Tor zu verschließen, zu entfallen hat. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

Text

Mit dem bekämpften Bescheid hat der Bürgermeister der Stadt Graz verfügt, dass die Betriebsanlage am Standort G, GSt. Nr. der KG G von der Fa. Ö unverzüglich geschlossen wird und die Zufahrt zum N unverzüglich mittels Kette, Zaun oder Tor verschlossen wird. Begründend wurde ausgeführt, dass mit Bescheid vom 18.08.2004 am Standort G, GSt. Nr. der KG G die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und Betrieb eines Zwischenlagers von Ziegel- und Betonaufbruch unter Vorschreibung diverser Auflagen erteilt worden sei. Dieser Genehmigungsbescheid sei mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates der Steiermark vom 14.06.2005 infolge Berufungserhebung behoben und der Antrag der Ö um gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und Betrieb eines Zwischenlagers für Ziegel- und Betonaufbruch, einschließlich Betrieb einer Prallmühle abgewiesen worden. Die Ö sei mit Schreiben vom 28.06.2005 gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 aufgefordert worden, die Betriebsanlage unverzüglich zu schließen, den Abtransport des gelagerten Materials über die östliche Zufahrt (Richtung M) durchzuführen und die Zufahrt vom N durch die Errichtung einer Absperrung mittels Tor oder Kette zu verschließen. Erhebungen hätten ergeben, dass insbesonders am 22.07.2005 der Aufforderung vom 28.06.2005 nicht nachgekommen worden sei. Die Zufahrt vom N sei nicht verschlossen worden und sei zum Zeitpunkt der Erhebung weiteres Material abgeladen worden und festgestellt worden, dass die Schütthügel ständig größer würden. Gegen diesen Bescheid an die Ö, rechtsfreundlich vertreten, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, dass das Verfahren mangelhaft geblieben sei, da die Berufungswerberin zu den Erhebungen des Baukontrollors  nicht beigezogen worden sei und demgemäß keine Stellungnahme abgeben hätte können. Überdies sei dem Berufungswerber lediglich die Genehmigung für die Errichtung eines Zwischenlagers für Ziegel- und Betonaufbruch nicht erteilt worden, tatsächlich habe die Berufungswerberin andere Materialien auf den Grundstücken deponiert, was nicht verboten sei. Eine sachliche Grundlage für die Anordnung auf Schließung der Betriebsanlage und Absperrung der Zufahrt vom N bestehe daher nicht. Überdies sei der Begriff der Betriebsanlage allgemein gehalten und die Anordnung der Schließung auf einem Standort nicht durchsetzbar und widerspreche dem Gesetz. Es sei auch nicht notwendig, die Zufahrt zu den Grundstücken mit Kette, Zaun oder Tor zu verschließen, zumal es dem Berufungswerber frei stehen müsse, zu den Grundstücken zuzufahren, ohne dass eine Absperrung errichtet werden müsse. Es wurde beantragt, den bekämpften Bescheid zu beheben, in eventu die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstinstanz zurückzuverweisen. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 66 Abs 4 AVG 1991 idgF hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall - Zurückverweisung wegen Mangelhaftigkeit - sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 idgF dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z4 lit g angeführten Nutzungsrechte, 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, 3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen, 4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder 5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, soferne nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist. § 360 Abs 1 GewO sieht sohin bei Bestehen des Verdachtes einer Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 1, 2 oder 3 bzw. nach § 367 Z 25 (soferne nicht bereits ein Verfahren gemäß § 78 Abs 2, § 79 c, § 83 Abs 3 anhängig ist) - unabhängig von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens ein stufenweises Vorgehen vor. - Verfahrensanordnung nach Abs 1 erster Satz, - erforderlichenfalls Bescheid nach Abs 1 zweiter Satz. Die im § 360 Abs 1 GewO geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen mit Bescheid hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist, aufzufordern) gesetzt werden darf. Das Fehlen dieser Voraussetzung (Aufforderung im Sinne des Gesetzes) bewirkt, dass die Maßnahme, als mit dem Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses behaftet, unzulässig ist. Die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch jeweils notwendige Maßnahmen darf lediglich der contrarius actus zu jenen Zuwiderhandlungen sein, hinsichtlich der der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht (vgl. auch sinngemäß unter anderem VwGH 14.09.1977, 1/77; oder 24.08.1995, 95/04/0069). Die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes bedeutet die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt; also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage, die Schließung des gesamtem Betriebs, die Einhaltung einer Bescheidauflage. Der der Rechtsordnung entsprechende Zustand, nämlich Betrieb einer Betriebsanlage im Rahmen der erteilten Genehmigung, kann nur dadurch hergestellt werden, dass jenes Material, das in Überschreitung der Grenzen der der Betriebsanlage erteilten Betriebsanlagengenehmigung auf dem Areal lagert, aus der Betriebsanlage entfernt wird (siehe Grabler, Stolzlechner, Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, Springer Verlag, 2. Auflage, § 360, RZ 13). Im Gegenstande bedeutet dies, in Ermangelung des Vorliegens jeglicher gewerbebehördlicher Genehmigung für den konkreten Standort - was im Übrigen unbestritten blieb - , dass der Betrieb der Anlage insgesamt unzulässig ist und der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nur in der Einstellung dieses Betriebes liegen kann; das einzig adäquate Mittel zur Erreichung dieses Zieles ist aber die Schließung des gesamten Betriebes. Dies impliziert im Gegenstand auch die Beseitigung sämtlicher Lagerungen, obwohl dies im bekämpften Bescheid nicht mehr explizit angeführt ist. Das Berufungsvorbringen, eine Deponierung anderer Materialien vorgenommen zu haben, geht daher schon im Hinblick auf diese Ausführungen jedenfalls ins Leere. Überdies ist festzuhalten, dass für Maßnahmen nach § 360 Abs 1, wie vorne ausführlich dargelegt, der Verdacht des Betreibens einer gewerblichen Betriebsanlage ohne Vorliegen der gewerbebehördlichen Genehmigung ausreicht. Das Vorbringen, dass anlässlich der behördlichen Erhebungen ein Vertreter der Genehmigungswerberin nicht anwesend gewesen sei, ist sohin nicht geeignet einen Verfahrensmangel darzutun, da die behördliche Feststellung, dass am 21.07.2005 Bauschutt abgeladen wurde und die Schütthügel immer größer werden, nicht Voraussetzung und somit nicht entscheidend ist für die Verpflichtung der Behörde gemäß § 360 Abs 1 leg cit vorzugehen. Auch kann dem Vorbringen, dass der Begriff der Betriebsanlage allgemein gehalten sei und nicht ausgesprochen worden sei, welche Betriebsanlage exakt geschlossen werden sollte, nicht gefolgt werden. Der bekämpfte Bescheid spricht über einen konkreten Standort und einen konkreten Betreiber ab und legt durch Bezugnahme auf den zitierten Bescheid vom 18.08.2004 in der Begründung die Betriebsanlage mit hinreichender Klarheit fest. Am Standort liegt überdies keine gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung vor, weshalb auch eine Verwechslung nicht möglich ist. Der Berufung kommt jedoch im Hinblick auf die Verfügung die Zufahrt zum N unverzüglich mittels Kette, Zaun oder Tor zu verschließen, Berechtigung zu. Es handelt sich dabei um eine (überschießende) Maßnahme, die nicht erforderlich ist, zumal das Schließen des gesamten Betriebes jede gewerbliche Tätigkeit, egal über welche Zu- oder Abfahrt umfasst. Eine Zufahrt vom N ist daher rechtens nicht zulässig. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Betriebsschließung Verfügung Verhältnismäßigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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