TE UVS Tirol 2005/12/01 2005/13/0983-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.12.2005
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung der Frau K. S., vertreten durch Dr. M. T. U., Rechtsanwältin in XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 07.03.2005, Zl VK-2148-2005, nach der am 01.12.2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit den §§ 24 und 51 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind im gegenständlichen Fall Euro 90,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 07.08.2004 um 20.48 Uhr

Tatort: B 179, km 42.635

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

 

Sie haben die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 64 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.?

 

Dadurch habe sie eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in Höhe von Euro 450,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt wurde.

 

In ihrer fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte die Berufungswerberin durch ihre ausgewiesene Rechtsvertreterin im Wesentlichen vor, dass sie ihren Fahrzeugschein vorgelegt habe, laut dem ihr PKW eine Bauarthöchstgeschwindigkeit von 155 km/h habe. Sie habe weiters darauf hingewiesen, dass zur Tatzeit am Tatort nicht die äußeren Bedingungen geherrscht hätten, unter denen ihr Fahrzeug die höchstmögliche Bauartgeschwindigkeit erreichen könne und habe sie zum Beweis dieses Vorbringens die Einholung eines meteorologischen Gutachtens über die im Messzeitpunkt auf der Messstrecke herrschenden Windverhältnisse sowie die Einholung eines Gutachtens über die örtlichen Gegebenheiten der Messstrecke (Steigungs- bzw. Neigungsprozente der Fahrbahn der Längs- und der Querrichtung) beantragt.

Die Behörde habe den Sachverhalt jedoch unrichtig und unvollständig ermittelt und wesentliche Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen.

Sie habe ihren Fahrzeugschein vorgelegt, laut dem ihr Pkw eine Bauarthöchstgeschwindigkeit von 155 km/h habe. Sie habe weiters darauf hingewiesen, dass zur Tatzeit am Tatort nicht, die äußeren, Bedingungen geherrscht hätten, unter denen ihr Fahrzeug die höchstmögliche Bauartgeschwindigkeit erreichen könne und habe sie zum Beweis dieses Vorbringens die Einholung eines meteorologischen Gutachtens über die im Messzeitpunkt auf der Messstrecke herrschenden Windverhältnisse sowie die Einholung eines Gutachtens über die örtlichen Gegebenheiten der Messstrecke (Steigungs- bzw Neigungsprozente der Fahrbahn in der Längs- und der Querrichtung) beantragt. Weiters habe sie die Vorlage der Verwendungsbestimmungen für das verwendete Lasermessgerät beantragt.

Die erstinstanzliche Behörde habe keinen dieser Beweise aufgenommen, sodass das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben sei.

 

Die Beschuldigte habe alles dargelegt, was ihrer Entlastung diene und habe konkrete Beweisanträge zur Untermauerung dieses Vorbringens gestellt. Die Behörde sei verpflichtet, den objektiven Tatbestand zu ermitteln. Bestreitet der Beschuldigte, den objektiven Tatbestand gesetzt zu haben, so treffe die Beweislast in dieser Hinsicht die Behörde.

Weiters habe sie die Vorlage der Verwendungsbestimmungen für das verwendete Lasermessgerät beantragt. Sie habe alles dargelegt, was ihrer Entlassung diene und habe konkrete Beweisanträge zur Untermauerung dieses Vorbringens gestellt. Die Behörde sei verpflichtet, den objektiven Tatbestand zu ermitteln. Weiters bestreite sie den objektiven Tatbestand gesetzt zu haben, so treffe die Beweislast in dieser Hinsicht die Behörde. Sie habe den Sachverhalt vollständig zu ermitteln und dabei auch die ihrer Entlastung dienenden Umstände zu erheben und zu diesem Zweck die von ihr angebotenen Beweise aufzunehmen. Zu einer Beweislastumkehr komme es erst dann, wenn der objektive Tatbestand feststehe, aber das Verschulden bestritten werde.

Im vorliegenden Fall stehe aber der objektive Tatbestand nicht fest bzw habe die erstinstanzliche Behörde ihn nicht nachgewiesen und sie den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt.

Wenn ihr vorgeworfen werde, sie habe eine Geschwindigkeit von 164 km/h eingehalten und diese nachweise, dass ihr Fahrzeug eine Bauarthöchstgeschwindigkeit von 155 km/h habe, dann dürfe die Behörde nicht einfach behaupten, dass die angeführte Bauartgeschwindigkeit durch Änderungen erheblich erhöht werden könnte. Die durch den Fahrzeugschein nachgewiesene Bauarthöchstgeschwindigkeit könne ein Fahrzeug nur unter günstigen äußeren Bedingungen erreichen, nämlich bei Windstille und auf gerader waagrechter Fahrbahn. Diese günstigen Bedingungen hätten aber nicht vorgeherrscht. Die Fahrbahn am Tatort sei weder gerade noch waagrecht und sei es zur Tatzeit auch nicht windstill gewesen. Das Laserverkehrsgeschwindigkeitsmessgerät könne falsche Messwerte anzeigen, wenn nicht die Front- bzw Heckpartie des Fahrzeuges einwandfrei anvisiert werde. Derartige Fehler könne auch bei einem geschulten Straßenaufsichtsorgan nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden und erst recht nicht dann, wenn der Fahrzeugschein eine niedrigere Bauartgeschwindigkeit ausweise, als die vom Beamten gemessene Geschwindigkeit. Nicht zuletzt könne auch ein Fehler bei einer Eintragung der Geschwindigkeitsmessung in das Messprotokoll unterlaufen sein, zumal offenkundig Messung und Eintragung nur von einem Beamten durchgeführt und vom zweiten anwesenden Beamten nicht kontrolliert worden seien. Die Berufungswerberin habe nie eine Geschwindigkeitsübertretung eingeräumt.

Daher müsse die Behörde die Geschwindigkeitsüberschreitung nachweisen, was der Behörde im vorliegenden Fall aber nicht gelungen sei.

Abschließend wurde in diesem Rechtsmittel die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Aufgrund dieser Berufung wurde am 01.12.2005 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. In dieser wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme der Zeugen RI W. T. und BI P. P. Weiters wurde Einsicht genommen in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt sowie in den Akt der Berufungsbehörde. Die Berufungswerberin ist trotz ausgewiesener Ladung an ihre Rechtsvertreterin zur Verhandlung nicht erschienen.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht nachfolgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die Berufungswerberin hat am 07.08.2004 um 20.48 Uhr als Lenkerin des PKWs mit dem Kennzeichen XY auf der B 179 bei Strkm. 42,635 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 64 km/h (Messtoleranz bereits abgezogen) überschritten. Diese Geschwindigkeitsmessung wurde mit dem Lasermessgerät der Bauart LTI

20.20 TS-KM-E, Identifikationsnummer 004051, welches zuletzt am 24.03.2004 geeicht wurde. durchgeführt. Die gesetzliche Nacheichfrist läuft laut dem im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt befindlichen Eichschein am 31.12.2007 ab. Die Messdistanz hat 465 m betragen, die gemessene Geschwindigkeit 169 km/h. Aus dem Messprotokoll ergibt sich, dass das Fahrzeug der Berufungswerberin am 07.08.2004 um 20.48 Uhr gemessen wurde. Um

20.25 Uhr wurde das gegenständliche Lasermessgerät ordnungsgemäß kalibriert. Das gegenständliche Fahrzeug der Berufungswerberin wurde von RI W. T. vorne am Kennzeichen anvisiert. Dem Messbeamten RI W. T. war eine eindeutige Zuordnung der gemessenen Geschwindigkeit zum gemessenen Fahrzeug möglich. Es hat zum damaligen Zeitpunkt geringes Verkehrsaufkommen geherrscht. Probleme mit dem gegenständlichen Lasermessgerät hat es nie gegeben.

 

Die Berufungswerberin wurde auch vom Zeugen RI W. T. angehalten. Anlässlich dieser Anhaltung gab die Berufungswerberin an, dass ?sie nach dem Sport so schnell wie möglich nach Hause wolle. Aus diesem Grunde habe sie die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen.?

 

Zur Tatzeit herrschten keine besonderen Windverhältnisse vor, die Messstrecke und insbesondere Strkm. 42,635 auf der B 179 ist waagrecht. Zum Zeitpunkt der Messung war die Fahrbahn trocken.

 

Laut dem im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt befindlichen Zulassungsschein ergibt sich für das gegenständliche von der Berufungswerberin gelenkte Fahrzeug der Marke Renault eine Bauarthöchstgeschwindigkeit von 155 km/h.

 

Dem Sachverständigengutachten des Amtssachverständigen Ing. P. R. ist zu entnehmen, dass die gegenständliche mittels Laser gemessene Geschwindigkeit von 169 km/h bei dem gegenständlichen PKW mit dem Kennzeichen XY ohne technische Änderungen am Fahrzeug nicht möglich ist.

 

Diese Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen auf der Grundlage der einvernommenen Zeugen GI P. und RI T., welche beide einen guten und verlässlichen Eindruck anlässlich ihrer Einvernahme vor der Berufungsbehörde hinterließen in Verbindung mit der Anzeige des Gendarmeriepostens Reutte vom 10.08.2004, Zl A 1/0000002996/01/2004, des Messprotokolls, des Eichscheines, des Zulassungsscheines sowie durch Einsichtnahme in das Amtssachverständigengutachten von Ing. P.

R.

 

Zum Vorbringen der Berufungswerberin, aufgrund der Bauartgeschwindigkeit ihres Kraftfahrzeuges sei die gemessene Geschwindigkeit von 169 km/h nicht erreichbar, wird festgehalten, dass gemäß § 2 Ziff.37a KFG unter Bauartgeschwindigkeit die Geschwindigkeit zu verstehen ist, hinsichtlich der aufgrund der Bauart des Fahrzeuges dauernd gewährleistet ist, dass sie auf gerader, waagrechter Fahrbahn bei Windstille nicht überschritten werden kann. Der Amtssachverständige führte diesbezüglich in seinem Gutachten aus, dass beim gegenständlichen von der Berufungswerberin gelenkten Kraftfahrzeug die mittels Laser gemessene Geschwindigkeit von 169 km/h nicht ohne technische Änderungen am Fahrzeug möglich ist. Für die Berufungsbehörde ist das diesbezügliche Gutachten des Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar. Ein Vorbringen darüber, dass von der Berufungswerberin keine technische Änderung am Fahrzeug vorgenommen hat, lässt sich dem gesamten Aktinhalt nicht entnehmen. Hinsichtlich der Einvernahme der Berufungswerberin ist auszuführen, dass diese zur Berufungsverhandlung ordnungsgemäß geladen worden ist, zu dieser jedoch trotz ausgewiesener Ladung an ihre Rechtsvertreterin nicht erschienen ist, sodass sie sich dieses Beweismittels begeben hat. Die Berufungsbehörde legt daher die sich schlüssigen und widerspruchsfreien Zeugenaussagen der Meldungsleger auch der Feststellung zu Grunde, als dass die Berufungswerberin bei ihrer Anhaltung mit der Geschwindigkeitsübertretung konfrontiert wurde und zugegeben hat, dass sie nur ? nach dem Sport ? schnell nach Hause wollte. Aus diesem Grund habe sie die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen.

 

Das gegenständlich verwendete Lasermessgerät ist laut den verwendungsrechtlichen Bestimmungen für einen Entfernungsbereich von 500 m zugelassen. Es stellt auch ein Lasermessgerät wie es im gegenständlichen Fall verwendet wurde, grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit dar, ferner ist einem mit der Lasermessung betrauten Polizei- und Gendarmeriebeamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten. Somit geht die Berufungsbehörde zweifelsfrei davon aus, dass die Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt im genannten Bereich mit überhöhter Geschwindigkeit in gegenständlichen PKW lenkte. Mit dem Anträge auf Einholung eines Gutachtens über die Windverhältnisse, welche zum Tatzeitpunkt geherrscht haben sowie eines Gutachtens über die örtlichen Verhältnisse, ob die Fahrbahn steigt, ob die Fahrbahn eben ist, ob sie sich zur Seite neigt, waren abzuweisen. Zur Aufnahme derartiger Erkundungsbeweise ist die Berufungsbehörde nicht verpflichtet.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

 

Gemäß § 20 Abs 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt.

 

Für die Tatbestandmäßigkeit einer Übertretung des § 20 Abs 2 StVO kommt es laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Tatbestandsmäßigkeit nicht auf das Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit an.

 

Auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens ergeben sich keine Bedenken bezüglich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes. Es ergaben sich auch keinerlei Hinweise dafür, dass das gegenständliche Lasermessgerät nicht vorschriftsmäßig bedingt worden wäre oder Messvorgang nicht richtig vorgenommen wurde. Die Berufungswerberin hat gegen die Bestimmung des § 20 Abs 2 StVO zweifelsfrei in objektiver sowie subjektiver Hinsicht verstoßen.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nicht unerheblich ist, weil überhöhte Geschwindigkeiten zu den Hauptursachen von Verkehrsunfällen zahlen. Als Verschuldensgrad wird der Berufungswerberin Fahrlässigkeit vorgeworfen. Erschwerende Umstände lagen keine vor, mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin gewertet.

 

In Anbetracht des nach § 99 Abs 3 lit a StVO normierten Strafrahmens von bis zu Euro 726,-- sowie unter Berücksichtigung obgenannter Strafzumessungsgründe ergibt sich, dass die verhängte Geldstrafe ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens angesetzt wurde. Die Strafe ist schuld- und tatangemessen und war die Verhängung in dieser Höhe aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um die Berufungswerberin künftig von derartigen Übertretungen abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zusatz: Die Behandlung der fristgerecht erhobenen VwGH-Beschwerde wurde abgelehnt.

Schlagworte
Zum, Vorbringen, der Berufungswerberin, aufgrund, der, Bauartgeschwindigkeit, ihres Kraftfahrzeuges, sei, die gemessene, Geschwindigkeit, 169 km/h, nicht, erreichbar, wird, festgehalten, dass, gemäß, § 2 Z 37a KFG, unter, Bauartgeschwindigkeit, die Geschwindigkeit, zu verstehen ist, hinsichtlich, der aufgrund, der Bauart, des Fahrzeuges, dauernd, gewährleistet, ist, dass, sie, auf, gerader, waagrechter, Fahrbahn, bei Windstille, nicht, überschritten, werden, kann
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten