TE UVS Tirol 2006/05/03 2006/25/1090-2

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Veröffentlicht am 03.05.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn KR L. W., XY-Straße, M., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. C. M., XY, H. vom 21.03.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 27.02.2006, Zl AN-16-2006/3, betreffend Übertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 und dem Wasserrechtsgesetz 1959, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 200,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der

W. und D. GmbH, XY-Straße, M., zu vertreten, dass in der Zeit von der letzten Augustwoche 2005, sohin jedenfalls am 29.08.2005, bis jedenfalls zum 19.01.2006,

1. auf dem Gst Nr XY, KG G., eine bewilligungspflichtige Betriebsanlage in Form eines Lebensmittelmarktes errichtet worden war und in der Zeit vom 23.12.2005 bis jedenfalls zum 19.01.2006 betrieben wurde, obwohl keine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung vorlag sowie

2. eine bewilligungspflichtige Entwässerungsanlage zur Versickerung der Niederschlagswässer errichtet worden war, obwohl keine entsprechende wasserrechtliche Bewilligung vorlag.

 

Er habe dadurch

zu 1. gegen § 366 Abs 1 Z 2 iVm § 74 Abs 2 GewO 1994 und zu 2. gegen § 137 Abs 2 Z 5 iVm § 32 Abs 1 und § 32 Abs 2 lit c WRG 1959

verstoßen.

 

Deshalb wurde über ihn

zu 1. gemäß § 366 Abs 1 Z 2 GewO 1994 und

zu 2. gemäß § 137 Abs 2 Z 5 WRG 1959

jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00 (im Uneinbringlichkeitsfall je drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurden mit Euro 100,00 bestimmt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr Wedl durch seinen Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass der Baurechtsvertrag, auf dessen Grundlage die W. und D. GmbH den Lebensmittelmarkt betreibt, am 09.01.2006 geschlossen worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt seien die Herren M. und G. S. zivilrechtliche Eigentümer der Baurechtsliegenschaft gewesen. Ob schlussendlich ein Baurechtsvertrag zustande kommt, war bis zur beiderseitigen Vertragsunterzeichnung ungewiss. Im Hinblick darauf hätten es die Herren S. als zivilrechtliche Eigentümer übernommen, sämtliche für die Errichtung und den Betrieb der Geschäftsbetriebe auf der Baurechtsliegenschaft und der Nachbarliegenschaft erforderlichen behördlichen Genehmigungen einzuholen, wobei von Anfang an klar gewesen sei, dass es sich um betriebsorganisatorische und rechtlich vollständig voneinander unabhängige Geschäftsbetriebe handeln wird. Aus diesem Grund habe die Antragstellung zwingend durch die zivilrechtlichen Eigentümer der Liegenschaft erfolgen müssen, weshalb die W. und D. GmbH nicht Partei des Verfahrens gewesen sei. Die Baubewilligung des Bürgermeisters für den Lebensmittelmarkt und das Cafe sei auch von den Herren S. erwirkt worden. Ebenso hätten diese mit Eingabe vom 05.08.2005 vereinbarungsgemäß die Erteilung einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung für den Lebensmittelmarkt beantragt. Dem Beschuldigten sei nur bekannt gewesen, dass die Herren S. vereinbarungsgemäß die geforderten Anträge gestellt haben. Zu keinem Zeitpunkt sei dem Rechtsmittelwerber mitgeteilt worden, dass hinsichtlich der Betriebsanlagengenehmigung irgendwelche Probleme bestehen würden. Aus diesem Grund sei er selbstverständlich davon ausgegangen, dass die entsprechenden Genehmigungen vorlägen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass auch die Herren S. zeitgleich mit der W. und D. GmbH mit der Errichtung ihres Gebäudes begonnen hätten. Erst unmittelbar vor der Stellung des Antrages vom 07.12.2005 sei dem Beschuldigten bekannt gewesen, dass eine B etriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt. Er habe sofort die Antragstellung veranlasst. Somit zeige sich, dass der Beschuldigte zu Recht davon ausging, dass eine Betriebsanlagengenehmigung für den Lebensmittelmarkt vorliegt. Es treffe ihn daher an der Verletzung der Bestimmungen der Gewerbeordnung und des Wasserrechtsgesetzes kein Verschulden. Die gewerberechtlichen und wasserrechtlichen Bewilligungen seien im Wesentlichen antragsgemäß erteilt worden. Schon daran werde deutlich, dass eine Gefährdung von Nachbarn oder Kunden von der Betriebsanlage nicht ausgehe. Generalpräventive Erwägungen seien gegenständlich ohne Bedeutung; der Umstand, dass die Errichtung und der Betrieb der Betriebsanlage vor Vorliegen der entsprechenden Bewilligungen erfolgt sind, werde ohnehin in der Öffentlichkeit nicht bekannt. Sollte jedoch entgegen dieser Ansicht ein Verschulden des Berufungswerbers vorliegen, so sei auch aus Gründen der Spezialprävention der Ausspruch einer Strafe nicht erforderlich. Ein Schaden sei nicht eingetreten und nicht zu befürchten. Sofern überhaupt ein Verschulden vorliege, wäre eine Ermahnung jedenfalls ausreichend. Die verhängte  Strafe sei weit überhöht. Es werde deshalb Bescheidbehebung und Verfahrenseinstellung beantragt.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Wenn ? wie es in der Berufung dargestellt wird ? bis zum Abschluss des Baurechtsvertrages am 09.01.2006 alle Verantwortung bei den Grundeigentümern Schädle gelegen sein sollte, dann hätten diese wohl den  Lebensmittelmarkt errichtet und bis zu dieser Zeit betrieben, da es so lange ungewiss war, ob die Geschäftsbeziehung mit der W. und D. GmbH überhaupt zustande kommt.

 

Mit undatiertem und vom Berufungswerber unterfertigtem Ansuchen beantragte die W. und D. GmbH Lebensmittelgroßhandel die Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Feinbäckerei mit Cafe zum Zweck des Verkaufs von Backwaren, Getränken und Snacks. Die Grundeigentümer Schädle scheinen als Antragsteller nicht auf. Aufgrund dieses Ansuchens wurde von der Bezirkshauptmannschaft Reutte mit Kundmachung vom 07.09.2005 die mündliche Verhandlung für den 20.09.2005 anberaumt. Für diese Verhandlung erteilte der Berufungswerber seinem Mitarbeiter Mag. Dr. jur. C. K. mit Schreiben vom 13.09.2005 die Vertretungsvollmacht.

 

Mit Schreiben der  Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 03.10.2005 an den Berufungswerber wurde dieser auf die gewerberechtliche und wasserrechtliche Bewilligungspflicht hingewiesen. Diese Umstände wurden ua im Schreiben vom 28.11.2005 an ihn in Erinnerung gerufen.

 

Erst mit Ansuchen vom 07.12.2005 treten die Brüder S. erstmals als Antragsteller gemeinsam mit der W. und D. GmbH für die Bewilligung eines Lebensmittelmarktes mit Bäckerei und Cafe sowie Getränkemarkt auf.

 

In seinem Antwortschreiben vom 20.12.2005 an die Bezirkshauptmannschaft Reutte teilt der Rechtsmittelwerber dieser mit, dass den Sachverständigenausführungen zugestimmt und um rasche Abwicklung ersucht werde.

 

Aus diesen Fakten ist zu ersehen, dass die W. und D. GmbH im angelasteten Zeitraum Errichterin und Betreiberin gegenständlichen Lebensmittelmarktes samt Bäckerei und Cafe gewesen ist. Nach herrschender Rechtsprechung ist Errichter einer Betriebsanlage derjenige, der als Inhaber eine Handlung zur Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhaltes durchführt bzw dem eine derartige Auftragserteilung zuzurechnen ist. Demnach muss der Errichter keinesfalls mit dem Grundeigentümer identisch sein.

 

Durch  die oben angeführten Tatsachen ist die Berufungsverantwortung, wonach die W. und D. GmbH bis zum Abschluss des Baurechtsvertrages nicht Verfahrenspartei gewesen wäre, in mehrfacher Weise widerlegt. Die W. und D. GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, war im angelasteten Zeitraum Errichterin und Betreiberin des Lebensmittelmarktes und der Bäckerei samt Cafe.

 

Die W. und D. GmbH hat somit mit der Errichtung einer gewerblichen Betriebsanlage begonnen, ohne dass sich zuvor der dafür verantwortliche Geschäftsführer vom Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung überzeugte. Das Argument, dass von den Brüdern S. nichts über Probleme im Verfahren mitgeteilt wurde, soll wohl nicht ernsthaft besagen, dass damit die Sorgfaltspflicht des Bauherren erfüllt wurde. Nur weil die Brüder S. mit der Errichtung des Getränkemarktes begonnen haben, bedeutet dies nicht, dass eine Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen sein muss. Wie konnte die W. und D. GmbH von den Bescheidvorschreibungen, die beim Bauen zu beachten wären, Kenntnis haben, ohne den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid in Händen zu haben? Ein Anlagenerrichter kann nicht berechtigt vom Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung ausgehen. Er muss davon genaue Kenntnis haben, bevor er mit dem Bau beginnt. Diese Kenntnis kann nur der Besitz des entsprechenden Bescheides verschaffen.

 

Der Umstand, dass die Genehmigungen im Wesentlichen antragsgemäß erteilt wurden, besagt nicht, dass die Anlage nicht geeignet ist, die geschützten Interessen zu beeinträchtigen. Allein darauf stellt die Gewerbeordnung die Bewilligungspflicht ab.

 

Die Strafen haben sehr wohl generalpräventiven Zweck, da sich solche Geschehnisse in der Branche herumsprechen und andere Betreiber sich bei fehlender Geldstrafe oder bloßem Ausspruch einer Ermahnung dazu motiviert fühlen könnten, ebenfalls zuerst die Anlage zu errichten, die Behörde vor vollendete Tatsachen  zu stellen und erst dann die Bewilligung zu betreiben. Diesbezüglich kann auch nicht davon die Rede sein, dass die Folgen der Übertretung bloß unbedeutend wären. Da der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer jenes Maß an Sorgfalt vermissen hat lassen, welches von einem durchschnittlichen Gewerbetreibenden erwartet werden kann, hat er grob fahrlässig gehandelt, womit auch sein Verschulden nicht bloß geringfügig ist. Eine Anwendung des § 21 VStG scheidet aus. Die Erstbehörde hat den gesetzlichen Strafrahmen zu 13,9 Prozent bzw 3,44 Prozent ausgeschöpft. Da der Berufungswerber ein großes Unternehmen leitet, sind die ausgesprochenen Strafhöhen erforderlich, um ihn künftig von solchen Übertretungen abzuhalten. In diesem Zusammenhang ist auch nicht zu übersehen, dass durch gegenständliche Übertretungen der Gewerbebetrieb schon viele Monate früher betrieben und damit ein wirtschaftlicher Erfolg erzielt werden konnte, als wenn mit der  Errichtung erst nach Vorliegen der Bewilligungen begonnen worden wäre. Auch unter diesem Aspekt sind die verhängten Strafen keinesfalls überhöht.

Schlagworte
Durch, die, oben, angeführten, Tatsachen, ist, die, Berufungsverantwortung, wonach, die W. GmbH, bis, zum, Abschluss, des, Baurechtsvertrages, nicht, Verfahrenspartei, gewesen, sei, widerlegt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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