TE UVS Steiermark 2006/06/06 30.6-50/2006

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.06.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn D H, L, R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W S, S, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 15.03.2006, GZ.: 15.1 636/2005, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 04.01.2005, 15.35 Uhr, Gemeinde S, auf der B /Freiland, StrKm 56.9, als Zulassungsbesitzer des KFZ: LKW nicht dafür Sorge getragen, dass

1.) der Zustand bzw. die Ladung des genannten Kraftfahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspreche. Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von S B gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass am betroffenen Fahrzeug außen folgende vorspringende Teile oder Kanten vorhanden gewesen seien, die weder durch geeignete Schutzvorrichtungen abgedeckt oder entsprechend gekennzeichnet gewesen seien und die bei einem Verkehrsunfall schwere körperliche Verletzungen erwarten haben lassen: Verankerung der Anhängevorrichtung habe über hintere Stoßstange hinausgeragt. Hierdurch habe der Berufungswerber eine Übertretung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 2 KFG begangen und wurde hierfür eine Geldstrafe in der Höhe von ? 70,00 (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Unter Punkt 2.) wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als Zulassungsbesitzer nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des LKW, den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspreche: Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von S B gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen haben, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen würden. Es sei festgestellt worden, dass folgende nicht typisierte Teile angebracht gewesen seien: Eine selbstgebaute Anhängevorrichtung aus Metall sei über den hintersten Punkt des Fahrzeuges hinausgeragt. Hierdurch habe der Berufungswerber eine Übertretung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 2 KFG begangen und wurde hierfür eine Geldstrafe in der Höhe von ? 80,00 (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Unter Punkt 3.) wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als Zulassungsbesitzer nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des LKW, den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspreche: Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von S B gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen haben, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen würden. Es sei festgestellt worden, dass folgende nicht typisierte Teile angebracht gewesen seien: Es seien Reifen der Dimension 185/75/R14 am Fahrzeug montiert gewesen. Lt. Zulassungsschein sei aber eine Reifendimension von 215 R X 14 vorgeschrieben. Hierdurch habe der Berufungswerber eine Übertretung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 2 KFG begangen und wurde hierfür gemäß § 21 Abs 1 VStG eine Ermahnung ausgesprochen. Mit Schreiben vom 29.03.2006 wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Die Berufung richtete sich ausschließlich gegen Punkt 1.) und 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellte dazu Nachfolgendes fest: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Vorerst ist festzuhalten, dass das angefochtene Straferkenntnis zu Punkt

3.) unbestritten blieb und ist das Straferkenntnis diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid zu Punkt

1.) und 2.) aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 VStG von der Durchführung einer öffentlich, mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig. Gemäß § 4 Abs 2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein. Vorerst ist nunmehr festzuhalten, dass Herr B S am 04.01.2005 um 15.35 Uhr das KFZ:

LKW im Bereich der Gemeinde S, auf der B /Freiland, StrKm 56.9 gelenkt hat. Zulassungsbesitzer des angeführten Kraftfahrzeuges ist der Berufungswerber. Am genannten Fahrzeug war eine Anhängevorrichtung = Anhängekupplung angebracht. Laut Feststellungen der FA 17C des Amtes der Stmk. Landesregierung kann die gegenständliche Anhängekupplung grundsätzlich genehmigt werden. Da es sich laut Typenschild um eine nicht EU genehmigte Kupplung handelt, muss eine Eintragung in den Fahrzeugpapieren vorgenommen werden. Die Anhängekupplung ist unter der Auflage, die Kugel bei Fahrten ohne Anhänger abzunehmen in der KFZ-Prüfhalle einzutragen (Sichtbarkeit des Kennzeichens). Zur Frage der Gefährlichkeit der vorspringenden Teile wurde ausgeführt, dass ständig montierte Anhängevorrichtungen stets eine Verletzungsgefahr in sich bergen und daher der Genehmigungspflicht unterliegen. Eine Abdeckung bzw. Kennzeichnung einer Anhängekupplung ist weder üblich noch notwendig. Zu Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Eine im Sinne des § 44a Z 1 VStG ausreichende präzise Tatbeschreibung der Übertretung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 2 KFG liegt bei der bloßen Feststellung, dass die Verankerung der Anhängevorrichtung über die hintere Stoßstange hinausragte, nicht vor. So enthält § 4 Abs 2 KFG als Tatbestandselemente einerseits den ausdrücklichen Hinweis auf vermeidbare, andererseits auf unvermeidbare Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen beim Fahrzeug, die im ersten Fall (vermeidbar) überhaupt nicht vorhanden sein dürfen und im letzteren Fall (unvermeidbar) durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder gekennzeichnet sein müssen. Auf Grund der Textierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses ist davon auszugehen, dass die Behörde erster Instanz dem Berufungswerber eine Übertretung des § 4 Abs 2 letzter Satz KFG zur Last legen wollte. Die Behörde erster Instanz geht offensichtlich davon, dass es sich bei der gegenständlichen Anhängevorrichtung um einen unvermeidbaren vorspringenden Teil handelt, der weder durch geeignete Schutzvorrichtungen abgedeckt oder entsprechend gekennzeichnet gewesen ist. Diesen Ausführungen stehen jedoch die Angaben der FA 17C des Amtes der Stmk. Landesregierung entgegen, wobei aus diesen zu entnehmen ist, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen vermeidbaren vorspringenden Teil handelt. Dies insofern als die Kugel bei Fahrten ohne Anhänger abzunehmen ist (Übertretung des § 4 Abs 2 dritter Satz KFG). Dass es sich im gegenständlichen Fall um einen vermeidbaren vorspringenden Teil handelt ist auch aus den Ausführungen der FA 17C, wonach eine Abdeckung bzw. Kennzeichnung an einer Anhängekupplung weder üblich noch notwendig ist. Eine diesbezüglich entsprechende Zuordnung ist bei der angeführten Tatbeschreibung nicht möglich (vgl VwGH verstärkter Senat vom 13.06.1984, Slg 11466A), wonach die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat ermöglicht wurde, in Ansehung aller Tatbestandmerkmale ermöglicht werden muss. Da die mangelhafte Tatbildumschreibung im Zusammenhang mit dem im Spruch des angefochtenen Bescheides erhobenen Tatvorwurf somit nicht den angeführten gesetzlichen Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG entspricht, war im Hinblick darauf, dass eine Sanierung dieses Mangels durch die erkennende Behörde auf Grund der Bestimmungen der §§ 31 und 32 VStG nicht mehr möglich ist, das Strafverfahren zufolge Vorliegens von Umständen, die die Verfolgung ausschließen, gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen. Zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Hier wurde dem Berufungswerber eine Übertretung des § 4 Abs 2 erster Satz KFG zur Last gelegt, wobei es sich diesbezüglich um eine allgemeine Bestimmung (Übertretung) handelt, welche nur subsidiär anzuwenden ist. Im gegenständlichen Fall ist jedoch auf Grund der Ausführungen der FA 17C davon auszugehen, dass dem Berufungswerber eine Übertretung des § 4 Abs 2 dritter Satz KFG zur Last gelegt hätten werden müssen. Es wurde ausgeführt, dass ständig montierte Anhängevorrichtungen stets eine Verletzungsgefahr in sich bergen, wobei dies auch mit den allgemeinen Erfahrungen des täglichen Lebens gut in Einklang gebracht werden kann. So ist eine über den hintersten Punkt des Fahrzeuges hinausragende Anhängevorrichtung aus Metall jedenfalls geeignet zusätzliche schwere Verletzungen hervorzurufen. Somit hätte im gegenständlichen Fall dem Berufungswerber nicht die allgemeine Übertretung des § 4 Abs 2 erster Satz KFG sondern lediglich die speziellere Norm des § 4 Abs 2 dritter Satz KFG zur Last gelegt werden müssen. Diesbezüglich handelt es sich jedoch um ein anderes Tatbild und war ein Austausch für die entscheidende Behörde auf Grund der wörtlichen Zitierung des § 4 Abs 2 erster Satz KFG nicht möglich. Da die mangelhafte Tatbildumschreibung im Zusammenhang mit dem im Spruch des angefochtenen Bescheides erhobenen Tatvorwurf somit nicht den angeführten gesetzlichen Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG entspricht, war im Hinblick darauf, dass eine Sanierung dieses Mangels durch die erkennende Behörde auf Grund der Bestimmungen der §§ 31 und 32 VStG nicht mehr möglich ist, das Strafverfahren zufolge Vorliegens von Umständen, die die Verfolgung ausschließen, gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen. Ein weiteres Eingehen auf das Berufungsvorbringen erübrigte sich daher. Ergänzend sei noch ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Anhängevorrichtung offensichtlich nicht um eine selbstgebaute Anhängevorrichtung handelt und diese grundsätzlich aus einem Teil besteht.

Schlagworte
Anhängekupplung Vermeidbarkeit Abdecken Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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