Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des G. C.,XY-Straße 11, D-B., vertreten durch Dr. H. H., XY-Straße 21/3, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 06.09.2005, Zl: VK-17933-2005, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 160,00 auf Euro 70,00, herabgesetzt wurde.
Gem. § 52 a VStG wird der mündlich verkündete Kostenausspruch in der Höhe von Euro 14,00 als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens insoferne berichtigt als die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit Euro 7,00 neu festgesetzt werden.
Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird insofern berichtigt, als die übertretene Norm § 42 Abs 5 StVO, BGBl Nr 159, zgd BGBl Nr 94/2004 sowie der VO, BGBl Nr 82/II vom 23.2.2005 zu lauten hat.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 25.04.2005, um 19.45 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit den amtlichen Kennzeichen XY (Sattelzugfahrzeug) und XY (Sattelanhänger), welches ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t aufweist, auf der A-13 Brennerautobahn, im Gemeindegebiet von Gries am Brenner, bei km 26.000, in Fahrrichtung Italien gelenkt, obwohl an diesem Tag in der Zeit von 10.00 bis 20.00 Uhr aufgrund der Verordnung des BMVIT auf der A-13 Brennerautobahn von der Anschlussstelle Innsbruck Süd bis zur Staatsgrenze Brenner/Italien ein Fahrverbot für die betreffende Fahrzeugkategorie bestanden habe.
Der Berufungswerber habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 42 Abs 5 StVO BGBl Nr 159 zgd BGBl Nr 94/04 und der Verordnung d BMVIT über Fahrverbote in Tirol vom 23.03.2005 Teil III verletzt und wurde nach § 99 Abs 2 a StVO zur Entrichtung einer Geldstrafe in Höhe von Euro 160,00 sowie zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verpflichtet.
Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung, in welcher er sich dahingehend äußerte, er habe bereits dem einschreitenden Beamten erklärt, von dem gegenständlichen Fahrverbot keine Kenntnis gehabt zu haben. Auch in seinen Einspruch gegen die Strafverfügung habe der Berufungswerber angegeben, vom Fernpass kommend in Richtung Brenner gefahren zu sein; dass ihm doch dabei kein diesbezügliches Vorschriftszeichen aufgefallen sei. Erst nachträglich habe der Berufungswerber erfahren, dass in Kiefersfelden ein Hinweisschild angebracht gewesen sei, nicht hingegen an der Grenze Füssen (Grenztunnel Füssen/Reutte). Das erstinstanzliche Verfahren sei deshalb mangelhaft, da im angefochtenen Straferkenntnis die Standorte der Hinweisschilder, welche auf das betreffende Fahrverbot hinweisen, nicht angegeben worden seien. Im Sinne eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens sei die Erstbehörde sogar verpflichtet gewesen, Lichtbilder dieser Schilder anfertigen zu lassen, aus denen sich die jeweiligen Standorte ergeben. Im Übrigen sei die verhängte Geldstrafe bei weitem überhöht. Aufgrund der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerber, seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und, da es ?nicht abwegig? sei, dass der Berufungswerber die Vorschriftszeichen tatsächlich übersehen hat, wäre eine außerordentliche Strafmilderung vorzunehmen und eine wesentlich geringere Strafe zu bemessen gewesen. Hinsichtlich seiner Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnisse gab der Berufungswerber an über ein Einkommen von Euro 1.317,00 brutto zu verfügen und für zwei Kinder sorgepflichtig zu sein. Demnach stellte der Berufungswerber den Antrag, das angefochtene Straferkenntnis in Stattgebung der Berufung zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Zl VK-17933-2005, insbesondere in die Anzeige der Verkehrsabteilung Außenstelle Schönberg vom 28.06.2005, Zl 31909/1/2005KRA sowie durch Einvernahme des Zeugen GI K. Der Berufungswerber ist zur mündlichen Berufungshandlung nicht erschienen, wobei seine Rechtsvertreterin berufliche Unabkömmlichkeit geltend macht. Auf seine Einvernahme wurde verzichtet.
Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
Mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) vom 23.03.2005 wurde für den 25.04.2005 in der Zeit von 10 Uhr bis 20 Uhr ein Fahrverbot für Lastkraftwagen und Sattelkraftfahrzeuge angeordnet. Sofern das Ziel der Fahrt in Italien liegt, wurde das Befahren der Brennerautobahn A 13 von der Staatsgrenze bis zur Anschlussstelle verboten.
Diese Verordnung wurde im Bundesgesetzblatt Nr 159 zgd BGBl Nr 94/04.sowie durch VO 82/II vom 23.3.2005 kundgemacht. Zur Tatzeit waren die Anzeigetafeln der Verkehrsbeeinflussungsanlage (VBA) noch nicht in Betrieb und wurde das Fahrverbot auf diese Weise nicht angekündigt. Ob und an welchen Straßenstrecken Hinweistafeln oder Fahrverbotsschilder angebracht waren, ist nicht feststellbar, wobei jedenfalls in Kiefersfelden eine Hinweistafel aufgestellt war. Das Fahrverbot wurde über die Medien verbreitet und war den Fahrern von Lastkraftwagen bekannt.
Der Berufungswerber lenkte am 25.04.2005, um 19.45 Uhr, das Sattelkraftfahrzeug mit den amtlichen Kennzeichen XY (Sattelzugfahrzeug) und XY (Sattelanhänger) auf der A-13, bei km 26.000, in Fahrtrichtung Italien. Der Berufungswerber wurde von den Organen der Verkehrsabteilung Außenstelle Schönberg am Parkplatz Nößlach angehalten und einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle unterzogen. Dem Berufungswerber sind keinerlei Hinweistafeln aufgefallen, welche auf das Fahrverbot hinwiesen. Insgesamt wurden an diesem Tag von den einschreitenden Beamten nur 3 bis 4 Fahrzeuge auf der A 13 angehalten.
Der festgestellte Sachverhalt unterliegt folgender Beweiswürdigung:
Tatzeit, Tatort und Fahrzeug sowie Gesamtgewicht ergeben sich aus der diesem Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegenden Anzeige der Verkehrsabteilung Schönberg, welche sich insoweit widerspruchslos und unbestritten darstellt. Die Feststellungen hinsichtlich des Fahrverbotes ergeben sich aus der Verordnung des BMVIT. Die Negativfeststellung hinsichtlich der Kundmachung der VO durch Hinweistafel oder Fahrverbotsschildern musste deshalb erfolgen, da einerseits dem damals eingeschrittenen Organ GI K. eine derartige Beschilderung nicht erinnerlich ist und diesbezüglich keine Angaben machen konnte. Der Berufungswerber hat allerdings selbst angegeben, dass bei Kiefersfelden ein derartiges Hinweisschild angebracht war und konnte er nicht nachvollziehbar dartun, weshalb er in unverschuldeter Unkenntnis des Fahrverbotes gewesen sein soll. Insbesondere bringt der Berufungswerber lediglich vor, dass ihm vom Fernpass kommend in Richtung Brenner kein Vorschriftszeichen aufgefallen sei, nicht aber, dass gar keine Beschilderung vorhanden gewesen sei. Aus der Gesamtheit des Vorbringens ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber jedenfalls davon ausgeht, dass Hinweistafeln aufgestellt waren. Im Übrigen ist aus der Tatsache, dass an einem Tag nur insgesamt 3 bis 4 LKW?s angehalten wurden, zu schließen, dass das Fahrverbot zumindest über die Medien verbreitet wurde und somit die breite Masse informiert war. Die Verbreitung sämtlicher Fahrverbote über die Medien ist einerseits der übliche Vorgang und war aufgrund der wenigen Anhaltungen auch als offenkundig festzustellen.
Der Verfahrensgrundsatz, dass die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG i.V.m. § 39 Abs.2 AVG, § 25 Abs 1 VStG), befreit die Partei nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch den Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren trifft.
Diese Mitwirkungspflicht erfordert, dass sich der Beschuldigte nicht darauf beschränken kann, die ihm zur Kenntnis gelangten Behauptungen für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber nicht einmal vorgebracht, warum ihm das Fahrverbot unbekannt gewesen sein soll oder weshalb er eine Beschilderung übersehen hat. Zur mündlichen Verhandlung ist der Berufungswerber erst gar nicht erschienen ist und hat die gebotene Mitwirkung unterlassen, sodass es keinen Verfahrensmangel darstellt, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt.
Daraus folgt in rechtlicher Hinsicht:
Die gegenständliche Verordnung BGBl Nr 82 /II vom 23.03.2005 hat folgenden Inhalt:
§ 1 Abs 1 ? Das Fahren mit Lastkraftwagen oder Sattelkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t und von Lastkraftwagen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte beider Fahrzeuge mehr als 7,5 t beträgt, ist
...
3. am 25. April 2005 in der Zeit von 10 Uhr bis 20 Uhr
...
auf den in Abs 2 genannten Straßen verboten, wenn das Ziel der Fahrt in Italien liegt.
Abs 2 ?Das Verbot des Abs 1 gilt jeweils auf folgenden Straßen:
1. Inntal Autobahn A 12 von der Staatsgrenze bei Kufstein bis zur Anschlussstelle Imst und
2. Brenner Autobahn A 13 von der Staatsgrenze bis zur Anschlussstelle Innsbruck Süd.
Gemäß § 42 Abs 1 StVO ist an Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen mit Anhänger verboten, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens oder Anhängers mehr als 3,5 t beträgt. Gemäß Abs 2 ist in der im Abs 1 angeführten Zeit das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.
Gemäß § 42 Abs 5 StVO kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie durch Verordnung bestimmen, dass die Lenker der in Abs 1 oder 2 genannten Fahrzeuge zu den im Abs 1 angeführten Zeiten bestimmte Straßen befahren oder zu anderen als den im Abs 1 angeführten Zeiten bestimmte Straßen nicht befahren dürfen, dies wenn es die Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere zu Zeiten starken Verkehrs, oder eine gleichartige Verkehrsreglung in Nachbarstaaten Österreichs erfordert.
Die Kundmachung derartiger Verordnungen hat gemäß § 44 Abs 5 StVO, sofern sie nicht anders rechtzeitig und wirksam kundgemacht werden kann, durch Verlautbarungen in der Presse oder im Rundfunk oder im Fernsehen zu erfolgen. Im vorliegenden Fall wurde die Verordnung mit Datum 23.03.2005 erlassen, wobei das erste Fahrverbot bereits mit 25.03.2005 verordnet wurde, sodass eine rechtzeitige Kundmachung durch Verkehrsschilder nicht möglich war.
Ein Kraftfahrzeuglenker muss sich vor Fahrtantritt in Kenntnis über die für ihn und sein Kraftfahrzeug maßgeblichen straßenverkehrs-, kraftfahr- und abgabenrechtlichen Vorschriften setzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Nur ein unverschuldeter Rechtsirrtum, im Unterschied zu einem verschuldeten (dh fahrlässigen), Irrtum bildet im Sinn des § 5 Abs 2 VStG einen Schuldausschließungsgrund. Die Verordnung des BMVIT, BGBl Nr 159, zuletzt geändert durch BGBl Nr 94/04 wurde im Bundesgesetzblatt am 23.03.2005 kundgemacht und weiters über die Medien verbreitet. Damit kann sich der Berufungswerber nicht auf unverschuldete Rechtsunkenntnis berufen, weil er sich ? wie oben ausgeführt ? vor Fahrtantritt mit den einschlägigen Bestimmungen hätte vertraut machen müssen.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Dem Berufungswerber ist als Verschuldensgrad leichte Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Hinsichtlich der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse gibt der Berufungswerber an, für eine nicht berufstätige Lebensgefährtin und für 2 Kinder sorgepflichtig zu sein. Das monatliche Bruttoeinkommen betrage Euro 1.317,00. Unter Berücksichtigung des Einkommens, der Familiensituation sowie der nur leichten Fahrlässigkeit des Beschuldigten ist die nunmehr auferlegte Geldstrafe in der Höhe von Euro 70,00 schuld- und tatangemessen .
Die Festsetzung des Beitrages zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens stützt sich auf § 64 Abs 1 und 2 VStG und beträgt 10 Prozent der verhängten Strafe. Die Spruchberichtigung hinsichtlich der Kosten hatte deshalb zu erfolgen, da der Berufungswerber mit seiner Berufung hinsichtlich der Strafe zum Teil erfolgreich war und daher nur 10 Prozent der Strafe als Kosten für das Strafverfahren aufzuerlegen waren.
Der Beitrag zu den Kosten wurde daher zugunsten des Berufungswerbers auf Euro 7,00 berichtigt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.