TE UVS Steiermark 2006/10/12 30.3-44/2006

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Veröffentlicht am 12.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des Mag. DDr. M B, vertreten durch Mag. S T, Rechtsanwalt in M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 20. April 2006, GZ.: 15.1 382/2006, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe als Obmann des Vereines Verein gegen T am 05. November 2005 von 09.30 bis 15.00 Uhr in G, im Jagdgebiet G, Katastralgemeinde S, eine allgemein zugängliche Versammlung veranstaltet, wobei Sie es unterlassen haben dies wenigstens 24 Stunden vor der Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde (Bezirkshauptmannschaft Weiz) schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige hätte spätestens 24 Stunden vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Versammlung bei der Behörde einlangen müssen. Durch die unangekündigte Versammlung wurde die Treibjagd der Jagdgesellschaft S gestört und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 1 iVm § 19 Versammlungsgesetz 1953 begangen. Hiefür wurde gemäß § 19 leg cit eine Geldstrafe von ? 100,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 5 Tage und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und gemäß § 64 Abs 2 VStG als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens ein Betrag von ? 10,-- vorgeschrieben. In der Berufung wird im Wesentlichen eingewandt, dass zum einen der Berufungswerber weder als Privatperson noch als Obmann des Vereines Verein gegen T die Versammlung veranstaltet habe und zum anderen überhaupt bestritten, dass es sich hiebei um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes 1953 gehandelt habe. Gemäß § 2 Abs 1 Versammlungsgesetz hat derjenige, der eine Volksversammlung oder überhaupt eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, dies wenigstens 24 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde (§ 16) schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige muss spätestens 24 Stunden vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Versammlung bei der Behörde einlangen. Vorweg zum rechtlichen Einwand des Berufungswerbers, dass der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark mit Bescheid vom 29. Juni 2006, GZ.: 30.3-15/2006-16, den erstinstanzlichen Strafbescheid als nicht existent bezeichnet hat, weil er nicht dem Zustellungsbevollmächtigten (Vertreter) zugestellt wurde. Es erfolgte eine Zurückweisung der Berufung. Die belangte Behörde hätte durch Erlassung des zweiten Strafbescheides vom 20. April 2006, GZ.: 15.1 382/2006, gegen § 23 VStG verstoßen, da wegen einer Verwaltungsübertretung nur eine Strafe aufgrund eines nach diesem Bundesgesetz durchgeführten Verfahrens verhängt werden darf. Weiters wird ausgeführt, dass die Klärung der Nichtexistenz des erstinstanzlichen Strafbescheides (gemeint wohl vom 13. April 2006) wohl einer Nichtigerklärung dieses Bescheides gleich kommt, weil nach § 68 Abs 4 AVG wohl nur die Oberbehörde einen Bescheid als nichtig erklären kann und der UVS unter sich wohl eine Unterbehörde hat, nach § 66 Abs 4 AVG er aber nicht Oberbehörde sondern Berufungsbehörde ist, trotzdem müssen die Folgen die gleichen sein wie eine Nichtigerklärung, die ja nur ex tunc Wirkung haben kann. Dieser rechtlichen Äußerung ist zu entgegnen, dass bis zur Erlassung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses kein Straferkenntnis erlassen wurde und daher eine Anwendung des § 68 Abs 4 AVG von vornherein ausscheidet, da kein Bescheid noch erlassen wurde. Ein nicht zugestelltes Straferkenntnis - wie es das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 13. April 2006, GZ.: 15.1 383/2006, war - entfaltet keine Rechtswirkungen, die Berufung hiegegen war daher zurückzuweisen und das Verfahren so fortzuführen als ob es zu keinem Straferkenntnis bis zum dortigen Zeitpunkt gekommen wäre. Die belangte Behörde hat daher nach Zurückweisung der Berufung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurecht eine Zustellung des Straferkenntnisses an den bevollmächtigten Vertreter unternommen und ist es ohne Relevanz, dass das nunmehr erlassene Straferkenntnis mit dem Straferkenntnis vom 13. April 2006, welches aufgrund unwirksamer Zustellung nicht existent wurde, inhaltsgleich ist. Als Veranstalter im Sinne des § 2 Versammlungsgesetz ist derjenige anzusehen, der die Versammlung einberuft, also zu ihr einlädt bzw sie organisiert (Einberufer, Organisator, Initiator, Planer). Er ist jener, der in den potentiellen Teilnehmern den Willen zum sich Versammeln hervorrufen will und zwar regelmäßig in Form einer Einladung (durch Plakate, persönliche Anschreiben, Aufrufe in Zeitschriften, Internet usw). Bloß geringfügige Unterstützungshandlungen bei der Organisation und Durchführung - soweit sie in fremdem Interesse erfolgen - begründen keine Veranstaltereigenschaft. Der Veranstalter muss an der (späteren) Versammlung nicht teilnehmen (Keplinger, Versammlungsrecht, S 98, Linde Verlag, Wien 2002). Wird eine Versammlung - rechtmäßiger- oder unrechtmäßigerweise - nicht angezeigt, ist jene Person als Veranstalter anzusehen, die die Versammlung faktisch veranstaltet (in den anderen den Willen sich zu versammeln hervorgerufen hat bzw hervorruft) oder in der Öffentlichkeit oder der Behörde gegenüber als solcher auftritt. Ursprünglich ist das Versammlungsrecht allerdings von einem organisierten geordneten Model einer Versammlung ausgegangen. Heutige Versammlungen entsprechen diesem Idealtypus nicht immer. So wird beispielsweise über einschlägige Internetseiten dazu aufgerufen, sich an einem bestimmten Ort zu einer Bestimmten Zeit und unter einem bestimmten Thema zu versammeln. Um alles Weitere kümmert sich der anonym bleibende Veranstalter nicht. Tatsächlich eintreffende Teilnehmer sind in keiner Weise hierarchisch strukturiert, Ideen einzelner Teilnehmer (zB zu einem bestimmten Sprechchor oder Weiterziehen) werden von allen anderen Teilnehmern akzeptiert oder auch nicht. Trotzdem ist jene Person, die in den Teilnehmern den Willen sich zu versammeln hervorgerufen hat, als Veranstalter anzusehen (ebenso S 75 Rz 32). Der Berufungswerber ist Obmann des Vereines Verein gegen T und war dies auch zum Tatzeitpunkt. Er gab an, dass der Verein keinesfalls eine Einladung zu der Aktion durchgeführt hat und sei es zu einem Aufzeigen des Vorfalles auf der Website nur deshalb gekommen, da dem Verein dies berichtet wurde. Wöchentlich seien etwa 3-5 derartige Aktionen auf der Website. Der Zeuge KI S hat die Anzeige der Polizeiinspektion B vom 06. November 2005 verfasst. Er gab an, dass er Kontakt mit Bürgermeister E G aufnahm, der ihm mitteilte, dass dies nur eine Greenpeace Organisation sein konnte. Erst am 07. November 2005 sei er durch den Bericht des Vereines gegen T zu einem anderen Adressaten als Veranstalter gelangt. Vor Ort habe er mit mehreren Aktivisten gesprochen, jedoch habe ihm gegenüber keiner Auskunft über den Veranstalter gegeben. Letztendlich habe von ihm der Veranstalter vor Ort nicht ausgeforscht werden können. Er habe auch mit dem Zeugen Mag. E T gesprochen, der ihm aber ebenfalls nicht mitteilte, wer Veranstalter sei. Da er am Vorfallsort ein Fahrzeug des Vereines gegen T sah und auch ein Bericht auf der Website des Vereines über den Vorfall erschien, lag bei ihm der Schluss nahe, dass der Verein gegen T der Veranstalter sei. Bei der Veranstaltung am 05. November 2005 habe er weder Flugblätter noch Transparente wahrgenommen. Auch der Zeuge P P gab als Jagdleiter am 05. November 2005 an, dass er von keinen der teilnehmenden Personen erfahren habe von wem die Aktion veranstaltet wurde. Er habe öfters danach gefragt, jedoch habe er keine Antwort erhalten, sondern wurde ihm provokativ mitgeteilt, dass es sich um einen Betriebsausflug handle. Er habe nur im Nachhinein von anderen Jagdteilnehmern gehört, dass es sich hiebei um den Verein gegen T handle. Vom Zeugen wurden Zeitungsausschnitte der Kleinen Zeitung, Bezirksteil Weiz, vom 08. und 19. November 2005 vorgelegt, sowie ein Leserbrief des Berufungswerbers vom 23. November 2005. Der Berufungswerber gab an, dass der Verein gegen T drei Fahrzeuge besitze und die Fahrzeuge von Personen, die Mitglieder des Vereines sind, für Projekte und Veranstaltungen übernommen werden. Private Fahrten in kleinerem Umfang dürfen jedoch auch durchgeführt werden, wobei er sich sicher sei, dass der Zeuge Mag. T das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt nicht zur Verfügung gestellt bekommen habe. Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen, sei in W für ein Projekt von Fasanzuchtanstalten stationiert gewesen. Er wisse nicht, welchen Personen das Fahrzeug in W übergeben worden sei. Der Zeuge Mag. C D gab an, dass er bei der Treibjagd am 05. November 2005 mit einer Kamerafrau Filmdreharbeiten durchgeführt habe. Er produziere einen Film über Aktionismus und sei von verschiedenen Organisationen aus dem Bereich Tierschutz, Umweltschutz, etc über einzelne Aktionen jeweils informiert worden. Er habe auch im konkreten Fall einen Anruf bekommen und wurde ihm Zeit und Ort sowie Zweck der Veranstaltung genannt. Er habe bei der Veranstaltung niemand gekannt und wisse auch nicht, wer diese Veranstaltung organisiert habe, da die Teilnehmer keine Hinweise diesbezüglich hatten. Wenn er derartige Aufnahmen durchführe, werde kein Organisator genannt. Er kenne den Verein gegen T und war schon bei mehreren Aktionen zugegen, wobei sich der Verein gegen T bei anderen Versammlungen nach außen hin deklariert habe. Der Zeuge Mag. T gab an, dass er mit seinem Privat-Pkw zum Veranstaltungsort gekommen sei. An der Veranstaltung habe er teilgenommen, weil er - von wem wisse er nicht mehr - informiert worden sei, dass dort eine Treibjagd stattfinden würde und eine Rechtsberatung notwendig wäre. Er gebe unentgeltlich Rechtsauskunft im Bereich Tierschutz. Er könne jedenfalls mit 100prozentiger Sicherheit ausschließen, dass er dort ein Fahrzeug gelenkt habe. Er sei auch zum Tatzeitpunkt nicht Mitglied des Vereines gegen T gewesen und habe auch keine sonstige Funktion dort. Plakate und Transparente habe er nicht wahrgenommen und habe er niemals für den Verein gegen T eine Versammlung organisiert. Der Zeuge E K gab an am 05. November 2005 in B gewesen zu sein, um bei der Störung der Treibjagd teilzunehmen. Von der Veranstaltung habe er mittels Internet erfahren. Er sei nicht Mitglied des Vereins für T und könne ausschließen, dass er von der Veranstaltung auf der Internetseite des Vereines gegen T Kenntnis erlangt habe. Da er den Verein gegen T kenne, hätte er sicherlich gewusst, wenn er von dem Verein informiert worden wäre. Möglicherweise habe er von der Veranstaltung auf einer Website vom Antijägerforum erfahren. Weder Transparente noch Flugzettel habe er bei der Veranstaltung wahrgenommen. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat im Rahmen der freien Beweiswürdigung keine Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit sämtlicher Zeugenaussagen, soweit sie den relevanten Sachverhalt betreffen. Somit gibt es keinen Anhaltspunkt, dass der Verein gegen T die Versammlung am 05. November 2005 in G veranstaltet habe. Wie bereits oben ausgeführt, war es ohne Belang, dass der Berufungswerber bei der Veranstaltung nicht zugegen war. Fest steht, dass die Zeugen, die an der Veranstaltung teilnahmen, nicht Mitglieder des Vereines gegen T waren. Ein Zeuge konnte sogar dezidiert ausschließen, dass er vom Verein gegen T über die Veranstaltung informiert worden sei. Wenn im angefochtenen Bescheid ausgeführt wird, dass sowohl die Organisation Greenpeace als auch der Verein gegen T ähnliche Ziele hätten, so lässt sich noch kein Schluss zu, dass der Verein gegen T Veranstalter war. Auch die Veröffentlichung des Vereines auf seiner Homepage zu der Rubrik Jagd, bei der sich der Verein grundsätzlich gegen die Jagd ausspricht, könne hiezu nicht herangezogen werden. Ebenso wird der Finanzbericht des Vereines vom Jahr 2005, wonach der Verein Projekte und Kampagnen, die die Jagd betreffen subventionierte, können noch nicht als unwiderlegbare Vermutung, Veranstalter der Aktion zu sein, angesehen werden. Dass auf der Website des Vereines unter dem Titel 50 Tierrechtlerinnen verhindern Treibjagd ein Bericht über den Vorfall aufscheint, kann noch nicht Veranstaltereigenschaft begründen. Umso mehr man beim Lesen des Berichtes als auch dem darin enthaltenen wörtlichen Kommentar des Berufungswerbers keine wie immer gearteten Anhaltspunkte findet, dass der Verein die Veranstaltung organisiert hätte. Dass der Berufungswerber als auch der Verein sich mit den Zielen der Aktivisten identifiziert ist hiebei ohne Relevanz. Wenn im angefochtenen Bescheid die Anwesenheit des in W wohnhaften Rechtsexperten des VGT - Mag. E T vor Ort als zusätzliche Begründung herangezogen wird, so steht dem die von Mag. T erstmalig im Verfahren durchgeführte Zeugenaussage entgegen, wonach er weder Rechtsberater des Vereines noch Mitglied zum Tatzeitpunkt gewesen ist. Auch die weitere Aussage des Zeugen K, einem pensionierten Polizeibeamten, lässt keine Rückschlüsse auf die Veranstaltereigenschaft des Berufungswerbers zu, sondern war die Aussage für den Berufungswerber entlastend (siehe oben kann aber ausschließen, dass ich von der Veranstaltung auf der Internetseite des Vereins Kenntnis erlangt habe). Aufgrund des durchgeführten umfangreichen Ermittlungsverfahrens kommt der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark zum Schluss, dass es dem Berufungswerber nicht nachzuweisen ist, Veranstalter der Aktion im Rahmen der am 05. November 2005 in G stattfindenden Treibjagd, gewesen zu sein. Es gibt weder einen Hinweis im Internet der Homepage des Vereines gegen T, noch von einem Zeugen. Ganz im Gegenteil, gaben die als Aktivisten befragten Zeugen an, in keinem Naheverhältnis zum Verein zu stehen bzw nicht von diesem informiert worden zu sein und erschöpfen sich die anderen Zeugenaussagen in Vermutungen. Allein der Umstand, dass vom Verein gegen T über diese Aktion auf der Homepage ein Bericht zu lesen war, lässt den Schluss auf den Veranstalter noch nicht zu, umso mehr sich - wie im Verfahren ausgeführt - der Verein sich üblicherweise als Veranstalter verschiedener Aktionen deklariert. Somit braucht auf den zweiten Einwand des Berufungswerbers - ob es sich hiebei um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetztes gehandelt hat - nicht mehr näher eingegangen zu werden. Da dem Berufungswerber keine Veranstaltereigenschaft im Sinne des § 2 Versammlungsgesetz nachgewiesen werden konnte, liegt somit kein Verstoß gegen die Anzeigepflicht des § 2 Abs 1 leg cit vor und war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Auf die übrigen in der Berufung vorgebrachten Gründe braucht daher nicht mehr näher eingegangen zu werden.

Schlagworte
Versammlung Veranstalter Einladung Homepage Bericht Beweiswürdigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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