TE UVS Tirol 2007/01/30 2007/25/0146-1

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Veröffentlicht am 30.01.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn A. G.,XY 25, K., vom 09.01.2007, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 27.12.2006, Zl 2.1 A-252/02-20, betreffend Teilschließung von Beherrbergungsbereichen nach § 360 Abs 4 Gewerbeordnung 1994 gemäß § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Text

In Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 27.12.2006, Zl 2.1 A-252/02-20, wurde gemäß §§ 79 Abs 3 und 360 Abs 4 Gewerbeordnung 1994 hinsichtlich des von A. G. im Standort K.,XY Nr 25 (Gst XY, XY und XY, GB XY K.) betriebenen Gastgewerbebetriebes ?Gasthof K.? zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes die Schließung der Beherbergungsbereiche im zweiten Obergeschoß und Dachgeschoß des Betriebsgebäudes XY 25 (Hauptgebäude) verfügt. Demnach dürfen sämtliche Zimmer im zweiten Obergeschoß und Dachgeschoß des gegenständlichen Betriebsgebäudes bis zur vollständigen Umsetzung eines behördlich genehmigten ? derzeit allerdings noch nicht beantragten ? Sanierungskonzeptes zur Anpassung der Brandschutz- und Fluchtwegsituation dieser Geschoße an den Stand der Technik nicht gewerblich an Gäste vermietet bzw von Dienstnehmern belegt werden.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr G. erklärt, dass er den Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. anfechte. Es begründe dies im Wesentlichen damit, dass das Hauptgebäude schon seit Jahrzehnten als Gasthof mit Beherbergung in Verwendung stehe. Bis heute habe es dabei keine Brände oder sonstigen gefährlichen Situationen gegeben. Auch seien zwischenzeitlich diverse Baumaßnahmen und Verbesserungen der Qualität der Zimmer und des Brandschutzes gesetzt worden (zB Verkleidung der Stiegenunterseite mit brandhemmenden Platten, Anbringen von Feuerlöschern in den Geschoßen). Aus dem ersten Obergeschoß gebe es direkt ins Freie zwei getrennte Fluchtmöglichkeiten, da das Gebäude an den Berghang gebaut ist; auch aus dem zweiten Obergeschoß könne man relativ einfach ins Freie gelangen. Die im ersten und zweiten Obergeschoß befindlichen je drei Zimmer seien  vor etlichen Jahren mit Dusche und WC ausgestattet worden. Hauptsächlich könnten nur diese Zimmer vermietet werden. Die übrigen Zimmer seien nur mit Kalt- und Warmwasser ausgestattet, sodass sie deshalb die meiste Zeit leer stünden. Die Bettenauslastung im Hauptgebäude betrage deshalb meistens nur einen Bruchteil der maximal möglichen Bettenanzahl. Er sei durch die Zusammenarbeit mit einem Reisebüro für die Wintersaison 2006/2007 vertraglich gebunden, da die Verträge bereits vor längerer Zeit abgeschlossen wurden. Ein Ausstieg aus dem Vertrag mitten in der Hauptsaison würde große finanzielle Nachteile für ihn bedeuten. Die geforderte Sanierung des Hauptgebäudes würde einen hohen Aufwand bedeuten, da das Stiegenhaus komplett erneuert werden müsste. Eine Sanierung übersteige momentan seine finanziellen Möglichkeiten. Er beantrage deshalb, die Schließung der Beherbergungsbereiche im zweiten Obergeschoß und im Dachgeschoß des Hauptgebäudes aufzuheben, sodass die Zimmer an Gäste und Dienstnehmer weiterhin vermietet werden können.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

§ 360 Abs 4 GewO 1994 bestimmt ua, dass die Behörde, um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen hat.

 

Zweck der nach Abs 4 zu verfügenden Maßnahmen ist die kurzfristige Beseitigung einer Gefahr oder Belästigung. Es handelt sich um Notmaßnahmen, die im öffentlichen Interesse eine sofortige Abhilfe ermöglichen sollen (VwGH 14.09.1977, Zl 1770/77). Voraussetzung ist das Vorliegen einer konkreten Gefahr: Es muss sich um eine Gefahr handeln, die im vorliegenden Einzelfall gegeben ist. Bei Vorliegen einer Gefahr sind ? anders als bei bloß unzumutbaren Belästigungen ? Maßnahmen nach Abs 4 auch gegenüber einer genehmigten Betriebsanlage nicht ausgeschlossen (vgl VwGH 06.03.1984, Zl 83/04/0294). Vom gefährdeten Personenkreis her ist hier im Gegensatz zum Belästigungstatbestand keine Beschränkung auf Nachbarn vorgesehen; insbesondere sind also auch Fälle der Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Arbeitnehmern und Kunden erfasst. Die verfügten Maßnahmen müssen dem Ausmaß der zugrunde liegenden Gefährdung oder Belästigung angemessen sein.

 

In den gutachterlichen Stellungnahmen des brandschutztechnischen Sachverständigen ist die Situation im zweiten Obergeschoß und im Dachgeschoß des Hauses XY Nr 25 anschaulich beschrieben. Daraus sind gewaltige Defizite, insbesondere im Bereich Fluchtwegbeleuchtung, Brandalarmierung und Bildung von Brandabschnitten zu ersehen. Deshalb würde es selbst bei einem geringen Brandereignis zu einer vollständigen Verrauchung des gesamten Stiegenhaus- und Gangbereiches kommen. Die Bergung sämtlicher Personen im Brandfall über Balkone und Fenster wäre mit Sicherheit nicht möglich. Der Sachverständige stellte deshalb im Brandfall eine Gefährdung für Leib und Leben fest.

 

Der Berufungswerber kann seinen Antrag auf Aufhebung dieser Schließung nicht auf das Argument stützen, dass es in diesem Gebäude noch nie zu einem Brandereignis gekommen ist. Brandereignisse sind ? außer im Fall der Brandstiftung ? immer ungewollte und nicht vorhergesehene Schadenereignisse, vor denen niemand gefeit ist. Zweck der Brandschutzeinrichtungen ist es, für den Fall eines Brandereignisses die Personen- und Sachschäden möglichst gering zu halten; sie haben damit vorbeugenden Charakter. Diesem Ziel könnte nicht entsprochen werden, wenn sie nur nach bereits erfolgten Brandereignissen aufgetragen würden.

 

Die angeführten, im Lauf der Zeit durchgeführten Baumaßnahmen und Qualitätsverbesserungen hatten keinen Einfluss auf die in diesem Verfahren festgestellten Mängel.

 

Der vom Sachverständigen festgestellten Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen ist der Berufungswerber nicht entgegen getreten. Privatrechtliche Verpflichtungen (Vertrag mit Reisebüro) ändern nichts an dieser Gefahr. Der Personenschutz ist gegenüber wirtschaftlichen Interessen vorrangig, weshalb bei Vorliegen einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen die verfügte Schließung angemessen ist, weil es ohne Sanierung keine andere Möglichkeit der Gefahrenabwehr gibt. Wenn die notwendigen Sanierungsmaßnahmen momentan die finanziellen Möglichkeiten des Betriebsanlagenbetreibers übersteigen, können bis zur Sanierung die Räumlichkeiten eben nicht beherbergungsgewerblich genutzt werden.

 

Bei der gegebenen Sachlage konnte die Erstbehörde in Entsprechung des geltenden Rechts nur mit einer Schließung vorgehen. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte
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Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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