TE UVS Burgenland 2007/11/26 003/12/07095

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr. Giefing über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt *** in ***, vom 06.11.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24.10.2007, Zl. 300-4433-2007, wegen Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind 49,80 Euro, zu leisten.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24.10.2007, Zl. 300-4433-2007, wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe am 17.4.2007 in Nickelsdorf, Grenzkontrollstelle (auf der Einreisespur) bei seinen drei Kindern unter 14 Jahren, welche kleiner als 150 cm waren, keine der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtung verwendet und damit in allen drei Fällen gegen § 106 Abs. 5 Z 2 KFG verstoßen. Über den Berufungswerber wurden dafür gemäß § 134 Abs. 1 KFG jeweils Geldstrafen in der Höhe von 83 Euro (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 42 Stunden) verhängt.

 

Dem Strafverfahren liegt eine Anzeige der Grenzpolizeiinspektion Nickelsdorf zugrunde, wonach im Zuge der Einreisekontrolle festgestellt worden sei, dass drei Kinder des Berufungswerbers (M**, geb. am ***.1999; V**, geb. am ***.2001 und P**, geb. am ***.2002) ohne Verwendung der Rückhalteeinrichtungen ( Kindersitze ) auf den Rücksitzen lagen und schliefen. Laut Anzeige rechtfertigte sich der Berufungswerber damit, dass seine Kinder müde gewesen wären und geschlafen haben. Die vorgeschriebenen Kindersitze befänden sich aber im Fahrzeug.

 

In der Berufung bestritt der Beschuldigte denn auch nicht, dass seine Kinder nicht entsprechend gesichert worden waren. Er brachte hingegen vor, dass sich die Grenzübertrittsstelle in Nickelsdorf auf ungarischem Boden befindet und dort die Bestimmungen des KFG keine Anwendung fänden.

 

Damit verkennt der Berufungswerber die Rechtslage:

 

§ 134 Abs. 1 KFG lautet (Hervorhebung durch das erkennende Mitglied des UVS)

 

§ 134. Strafbestimmungen

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

§ 2 Abs. 1 VStG lautet:

 

§ 2. (1) Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen,

sind nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Grundsätzlich sind nach § 2 Abs. 1 VStG - sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen - nur die im Bundesgebiet (Art. 3 B-VG) begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. § 134 Abs. 1 zweiter Satz KFG normiert eine Ausnahme von diesem Grundsatz, als es auch die Übertretungen des KFG, die bei der Einreise bei einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle festgestellt wurden, als strafbar erklärt.

 

Nach völkerrechtlichen Regeln, die durch Art. 3 B-VG auch verfassungsrechtlich rezipiert wurden, dürfen Handlungen im Ausland nur dann unter Strafe gestellt werden, wenn es dafür einen völkerrechtlich anerkannten Anknüpfungspunkt zum eigenen Staat gibt. Diese Anknüpfungspunkte (sog. Prinzipien des Internationalen Strafrechts) sind etwa das Territorialitätsprinzip, das Personalitätsprinzip und das Schutzprinzip (vgl. Fuchs, Österreichisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 42).

 

Das Territorialitätsprinzip erlaubt staatliche Hoheitsakte auf fremdem Staatsgebiet grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung oder Duldung des betroffenen Staates. Das Verbot hoheitlicher Tätigkeit im Ausland gilt kraft völkerrechtlichem Gewohnheitsrecht etwa nicht für Diplomaten und Konsuln oder aber aufgrund vertraglicher Zustimmung jenes ausländischen Staates auf dem die Hoheitshandlungen vorgenommen werden sollen (vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts I, Rz 877 f). Beispiele für eine derartige vertragliche Zustimmung sind etwa die vorgeschobenen Grenzzollämter, wie es auch hier im Bereich der Autobahn-Grenzabfertigungsstelle Nickelsdorf Hegyeshalom der Fall ist (vgl. dazu die Vereinbarung zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Ungarn über die Errichtung von Grenzabfertigungsstellen und über die Zusammenarbeit bei der Kontrolle des Grenzverkehrs, BGBl. III Nr. 31/2004).

 

Aus verfassungsrechtlicher und völkerrechtlicher Sicht erweist sich daher die Bestimmung in § 134 Abs. 1 zweiter Satz KFG (und damit auch die Bestrafung wegen Verletzung des § 106 Abs. 5 Z 2 KFG auf ungarischem Boden) als unbedenklich (vgl. auch OGH 2.7.1974, EvBl. 1975/13 - sog. Kiefersfelden-Fall).

 

Die örtliche Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See ergibt sich aus § 28 VStG (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II, 540 f).

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrunde liegenden Handlungen schädigten in nicht unerheblichem Maße das an der Sicherheit der im KFZ mitbeförderten Kinder bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten ist ob der Gefährdung von minderjährigen Kindern selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen als hoch anzusehen, weshalb das Delikt vom Gesetzgeber auch als Vormerkdelikt ausgestaltet wurde.

 

Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen. Der Berufungswerber führte die Kindersitze im Fahrzeug mit, sicherte aber seine Kinder damit nicht, um sie schlafen zu lassen. Als Verschulden ist vor diesem Hintergrund zumindest grobe Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Bei der Strafbemessung kam dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zu Gute (der Berufungswerber wurde bereits im Verfahren zu 300-10458-2006 von der belangten Behörde rechtskräftig nach § 52 lit. a Z 7 a StVO bestraft). Erschwerend war kein Umstand zu werten. Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen. Aufgrund unterlassener Angaben des Berufungswerbers (trotz Aufforderung) konnte dabei von einer Schätzung ausgegangen werden (Einkommen: 850 Euro; Vermögen: PKW; Sorgepflichten: drei mj. Kinder).

 

Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz bis zu 5000 Euro, den hohen Unrechtsgehalt der Taten und das hohe Verschulden des Berufungswerbers sind die verhängten Strafen, selbst unter Berücksichtigung ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie auch der Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder) als angemessen anzusehen.

 

Eine Strafe muss geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Beförderung von Kindern, keine Rückhalteeinrichtung, Kindersitz, ungesicherte Beförderung von Kindern,
Zuletzt aktualisiert am
07.07.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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