TE UVS Tirol 2008/03/14 2007/22/3389-7

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Veröffentlicht am 14.03.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn Mag. H. P., pA S. S. AG, XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 19.11.2007, Zl-4u-9098-St/2, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 1000,-- auf Euro 300,--, bei Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß §64 Abs 2 VStG mit Euro 30,00 neu festgesetzt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird wie folgt berichtigt:

1. Bei der als erwiesen angenommen Tat (§ 44a Z 1 VStG) hat es zu lauten wie folgt:

 

?Herr Mag. H. P. hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ der S. S. AG, XY, zu verantworten, dass entgegen des im Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29.05.2001, Zl IIIa1-12.017/145, Pkt. II. A.) VI vorgeschriebenen Beschneiungszeitraumes von ?01.11. bis 31.03. des Folgejahres? im Schigebiet I., im Bereich der I. und des Höllbodens, zumindest am 22. und 23. Oktober 2007 eine Beschneiung stattgefunden hat.?

 

2. Bei der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (§ 44a Z 2 VStG), hat es zu lauten wie folgt:

 

?§ 137 Abs 2 Z 7 WRG 1959 iVm mit der Auflage Punkt II. A.) VI. des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 29.05.2001, Zl IIIa1-12.017/145.?

 

3. Bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) hat es zu lauten wie folgt:

?§ 137 Abs 2 Z 7 WRG 1959.?

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt wie folgt:

 

?Der Beschuldigte hat es als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ der S. S. AG gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass entgegen dem im Bescheid des Landeshauptmannes vom 29.05.2001, Zl IIIa1-12.017/145, Pkt. II. A V. festgelegten Beschneiungszeitraum vom 01.11. bis 31.03. eines Folgejahres im Schigebiet I., im Bereich der I. und des Höllbodens, zumindest am 22. und 23. Oktober 2007 eine Beschneiung stattgefunden hat.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 2 Z 1 WRG 1959 begangen und wurde über ihn nach dieser Gesetzesbestimmung eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt und ein anteiliger Beitrag zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten vorgeschrieben.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin vorgebracht wie folgt:

 

?Wie allgemein bekannt ist, konnten letzten Winter viele Skigebiete in Tirol den geplanten Saisonstart nicht rechtzeitig aufnehmen, da eine Beschneiung im November aufgrund der warmen Temperaturen nicht möglich war und natürliche Schneefälle ausblieben.

 

Trotz der Höhenlage unseres Gebietes war es auch uns nur mit großen Anstrengungen möglich, den Skibetrieb zumindest eingeschränkt aufzunehmen, wobei wir am ersten Wochenende sämtliche Gäste gratis befördert haben, was uns ca. 1 Mio. Euro an Umsatz gekostet hat.

 

Immerhin war es uns aber möglich, bereits zum Saisonbeginn 335 Personen zu beschäftigen. Die Aufnahme des Winterbetriebes zum geplanten Termin ist nicht nur für uns von großer Bedeutung, sondern auch von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung, speziell in unseren Seitentälern.

 

Gerade zum Saisonstart ist aber rechtzeitige Beschneiung  der Pisten eine Voraussetzung, wobei davon eine Vielzahl von Unternehmungen direkt und indirekt profitieren.

 

Erfahrungsgemäß stehen im Monat November nicht genügend kalte Tage für eine effektive Beschneiung zur Verfügung. Für den gesamten Wintertourismus sollte daher ein Abrücken von den starren Beschneiungszeiten möglich sein, wobei auch der Schutzzweck der Bestimmung fraglich ist.

 

Im Bundesland Vorarlberg gibt es bereits Ausnahmen von dieser starren Regelung und selbst die in Sachen Beschneiung bisher sehr restriktive Schweiz hat sich von starren Vorgaben hinsichtlich Beschneiungszeiten abgewandt.

 

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass keiner unserer Kollegen bisher wegen dieser Verwaltungsübertretung bestraft wurde. Es scheint zu sein, dass gerade im Bezirk Landeck, der aufgrund der durch den Tourismus erzielten Wertschöpfung am meisten auf einen florierenden Tourismus angewiesen ist, die strengsten Maßstäbe angelegt werden.

 

In diesem Zusammenhang erscheint uns auch die verhängte Strafe als zu hoch.

 

Wir sind überzeugt, dass nach entsprechenden Informationen der Behörde von diesen starren vorgegebenen Beschneiungszeiten, insbesondere zum Beginn der Wintersaison, abgerückt werden wird. Diesbezügliche Bestrebungen des Fachverbandes der Österreichischen Seilbahnen sind bereits im Gange.

 

Es wäre daher unbillig, wenn einzig und allein über den Vorstand der S. AG eine Verwaltungsstrafe wegen der erstmaligen vorgezogenen Beschneiung verhängt wird.?

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt, in den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29.05.2001, Zl IIIa1-12.017/145, in einen Aktenvermerk über ein Telefonat mit Herrn Mag. M., Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht, vom 07.02.2008, in ein Schreiben des Berufungswerbers vom 25.02.2008 samt Beilagen und in den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 11.10.2006, Zl BHBL-II-3002-2004/0155.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

Im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des  Landeshauptmannes von Tirol vom 29.05.2001, Zl IIIa1-12.017/145, wurde die Bewilligung zur Beschneiung auflagenmäßig unter  Pkt. II. A.) VI  wie folgt befristet:

 

?VI.) Der Beschneiungszeitraum wird mit 01.11. bis 31.03. des Folgejahres festgesetzt.?

 

Bei einer auflagenmäßigen Befristung handelt es sich um eine pflichtbegründende Nebenbestimmung eines an sich begünstigenden Aktes (hier einer wasserrechtlichen Bewilligung). Sie wird dann wirksam, wenn der Genehmigungswerber von der ihm erteilten Bewilligung Gebrauch macht.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren hat die Behörde die Gesetzmäßigkeit einer nicht erfüllten  Auflage grundsätzlich nicht  (mehr) zu prüfen (vgl etwa VwGH 31.03.1992, 92/04/0003).  Diese Frage wurde in dem der Bestrafung zugrunde liegenden Genehmigungsverfahren abschließend entschieden. Prüfgegenstand ist sohin ?lediglich?, ob eine Auflage nicht eingehalten wurde oder allenfalls, weil sie zu unbestimmt abgefasst wurde, nicht eingehalten werden konnte.

 

Die Auflage ist nun ausreichend bestimmt und der Umstand, dass entgegen dieser Auflage eine Beschneiung bereits am 22. und 23. Oktober 2007 erfolge, wird seitens des Berufungswerbers auch gar nicht bestritten.

 

Der Beschuldigte hat sohin den objektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung jedenfalls erfüllt.

 

Was die subjektive Tatseite betrifft, ist anzuführen, dass gemäß § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist ihm jedoch nicht gelungen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte vorsätzlich gehandelt hat. Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Dies wird vom Beschuldigten auch gar nicht bestritten, hat er doch als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. S. AG in Ischgl ungeachtet seiner Kenntnis von der gegenständlichen Auflage eine frühere Beschneiung veranlasst.

 

Somit liegt der Tatbestand der dem Beschuldigten  zu Last gelegten Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Weise vor.

 

Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.  Nach Abs 2 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers sind als überdurchschnittlich zu bezeichnen.

 

Wie der Referent der zuständigen Wasserrechtsbehörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol geschildert hat, wurde ein einheitlicher Beschneiungszeitraum für alle Beschneiungsanlagen in Tirol festgesetzt, um Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche Beschneiungszeiten zu vermeiden bzw auch ein zu frühes Beschneien zu verhindern, um allfällige Wachstumsstörungen zu verhindern. Ob diesem Schutzzweck durch die Missachtung der Auflage in einem erheblichen Ausmaß zuwidergehandelt wurde, lasse sich schwer sagen.

 

Aufgrund der Stellungnahme des Berufungswerbers vom 25.02.2008 mit beiliegenden fachlichen Stellungnahmen und Auszügen von Bescheiden ist zu entnehmen, dass man sich zum Teil in anderen Bundesländern von starren Beschneiungszeiten abgewandt hat. Es muss allerdings bezüglich des angeführten Beispiels des naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 11.10.2006, Zahl BHBL-II-3002-2004/0155, angemerkt werden, dass zwar die wasserrechtliche Bewilligung zur Abänderung der Beschneiungszeiten erteilt wurde, allerdings nur zur Anlegung von Schneedepots zwischen 20.10. und 31.10. und unter zusätzlichen Auflagen. Die lauten zB

 

?1.

Die Abteilung IVe des Amtes der Vorarlberger Landesregierung (DI M.A.) und das Umweltinstitut Vorarlberg (Mag D.B.) sind vom Beginn der Beschneiung unverzüglich zu verständigen.

2.

Der auf Depot erzeugte Schnee darf erst dann auf den Schipistenflächen verteilt werden, wenn durch eine ausreichende Schneehöhe sichergestellt ist, dass die Vegetationsdecke durch die Verschiebearbeiten mit den Pistenfahrzeugen nicht beeinträchtigt wird, frühestens jedoch ab 01.11.

3.

Das Depot 5 darf nicht auf der Humusplanie (Maßnahme im Rahmen einer Pistenkorrektur) angelegt werden.

4.

In Abhängigkeit von der Lufttemperatur darf die Schneeerzeugung nur unter folgenden Voraussetzungen erfolgen:

a)

Während des Schneivorganges muss die Lufttemperatur unter minus 2 Grad C liegen.

b)

Beim ersten Beschneiungsvorgang (beim jeweiligen Schneedepot) muss ein Schneedepot mit einer Schneemächtigkeit von zumindest 30 cm angelegt werden. Dies muss vor Anlegung des jeweiligen Schneedepots sichergestellt sein, was bedeutet, dass ausreichend Zeit unter minus 2 Grad C und Maschinenkapazitäten vorhanden sein müssen, um dies zu ermöglichen.

c)

Der erzeugte Schnee darf kein freies Wasser beinhalten.?

 

Daraus ergibt sich, dass auch eine wasserrechtliche Bewilligung für die Änderung von Beschneiungszeiten offenkundig nur unter bestimmten fachlichen Auflagen erteilt werden kann.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Tat ist also grundsätzlich nicht unerheblich. Der Beschuldigte hat eine Auflage eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides nicht eingehalten und kann keineswegs davon gesprochen werden, dass eine Vorverlegung des Beschneiungszeitraumes ?jedenfalls? hätte bewilligt werden können. Aber selbst für den Fall, dass eine Vorverlegung bewilligungsfähig erscheint, muss der Betreiber der Liftanlagen mit bestimmten fachlichen Auflagen rechnen. Es kann allerdings gegenständlich nicht festgestellt werden, dass es durch die Nichteinhaltung des Beschneiungszeitraumes zu Schäden an der Vegetation gekommen ist.

 

Für den Berufungswerber spricht auch der Umstand, dass es aufgrund der offenkundigen Klimaerwärmung und der immensen wirtschaftlichen Bedeutung des Wintertourismus insgesamt eher eine Tendenz dahingehend zu geben scheint, den Beschneiungszeitraum vorzuverlegen.

 

Zusammenfassend erscheint daher der Berufungsbehörde  die verhängte Geldstrafe als zu hoch und die nunmehr verhängte Geldstrafe von Euro 300,00 ausreichend, um den einschlägig nicht verwaltungsstrafvorgemerkten Berufungswerber von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten. Dementsprechend war auch die Ersatzarreststrafe herabzusetzen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Dabei war eine geringfügige Änderung des Spruches vorzunehmen. Es handelt sich dabei aber um  bloße Präzisierungen. Hinsichtlich des relevanten Tatvorwurfes hat sich dadurch keine Änderung ergeben. Die Berufungsbehörde war daher zu diesen Modifikationen gemäß § 66 Abs 4 AVG berechtigt.

Schlagworte
Zusammenfassend, erscheint, daher der Berufungsbehörde, die verhängte, Geldstrafe, als zu hoch, und die nunmehr verhängte, Geldstrafe, von Euro 300,00 ausreichend, um, den einschlägig, nicht, verwaltungsstrafvorgemerkten, Berufungswerber, von weiteren, derartigen, Übertretungen, abzuhalten
Zuletzt aktualisiert am
24.09.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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