TE UVS Tirol 2008/09/25 2008/26/2207-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn J. P. pA Agrargemeinschaft W., N., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 02.07.2008, Zahl 2-NR702/16-2002, betreffend eine Übertretung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (TNSchG 2005); nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 02.07.2008, Zahl 2-NR702/16-2002, wurde Herrn J. P., N., nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2.7.2003, ZI 2-NR702/8-2002, wurde der Agrargemeinschaft W., vertreten durch den Obmann, Herrn J. P., N., die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Neuerrichtung eines ca. 300 Meter langen Weges zur Verbindung zweier vorhandener Wegstrecken auf den Hochleger der W. Alm, nach Maßgabe der vorgelegten und signierten Planunterlagen unter Einhaltung von Nebenbestimmungen erteilt.

 

Sie haben es als das nach außen vertretungsbefugte und somit verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der Agrargemeinschaft W. zu verantworten, dass die mit eingangs zitiertem Bescheid erteilten Vorschreibungen im dortigen Spruchpunkt AI9 nicht eingehalten wurden.

 

Spruchpunkt AI9 des eingangs zitierten Bescheides lautet:

Beim bestehenden Weg sind die Maßnahmen wie von der Bezirksforstinspektion Steinach mit Schreiben vom 8.1.2003 vorgeschlagen durchzuführen.

 

Die Maßnahmen des Schreibens der Bezirksforstinspektion Steinach vom 8.1.2003, ZI 2-NR702/4-2002, lauten wie folgt:

 

Die berg- und talseitigen Böschungen sind in das angrenzende Gelände einzubinden, standfest herzurichten, die bergseitige Böschungskante abzurunden und soweit noch möglich die Böschung mit dem bestehenden Oberboden und der Bodenvegetation zu bedecken. Durch die bergseitige Abböschung wird die Wegbreite um ca 0,50m vermindert.

 

Die Böschungen und die Fahrbahn sind mit standortgemäßem Saatgut dauerhaft zu begrünen.

 

Im Abstand von mindestens 25m sind Auskehren oder Mulden zur Ableitung der Wegoberflächenwässer herzustellen.

 

Hangwässer im Bereich der Wegtrasse sind mit offenen Gräben oder Rohrdurchlässen mit einem Mindestdurchmesser von 30cm schadlos von der Wegtrasse abzuleiten.

 

Im Bereich der Bachquerung sind die Hänge ober- und unterhalb des Weges mit Weidenstecklingen von an Ort und Stelle vorkommenden Weiden zu bepflanzen.?

 

Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 45 Abs 3 lit b TNSchG 2005 verstoßen. Über diesen wurde daher gemäß § 45 Abs 3 leg cit eine Geldstrafe von Euro 200,00, Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, verhängt. Der vom Beschuldigten zu leistende Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurde gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der Geldstrafe bestimmt.

 

Gegen diesen Strafbescheid hat Herr J. P. fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:

 

?Ich habe am 8. Juli 2008 eine Straferkenntnis von Ihnen erhalten, mit der Begründung, dass ich einige Bestimmungen vom Bescheid der BH Innsbruck vom 2.7.2003, ZI 2-NR702/8-2002 nicht eingehalten habe.

Ich möchte mit diesem Schreiben gegen die Straferkenntnis berufen und dies folgendermaßen begründen:

Die im Bescheid der BH Innsbruck vom 2.7.2003, ZI 2-NR702/8-2002 habe ich sehr wohl eingehalten. Dieser Bescheid bezog sich auf die Neu-Errichtung eines 300 Meter langen Weges zur Verbindung zweier vorhandender Wegstrecken auf den Hochleger der W. Alm.

 

Aus meiner Sicht habe ich alle Auflagen erfüllt, die vom SV für Naturschutz als auch vom SV für Forst vorgegeben wurden.

 

Der nunmehrige Vorwurf, dass ich die Ausführungen vom SV für Forst nicht eingehalten habe, stimmt deswegen nicht, weil sich die Vorwürfe auf einen Wegabschnitt beziehen, der gar nicht Inhalt des Bescheides vom Bescheid der BH Innsbruck vom 2.7.2003, ZI 2-NR702/8-2002 war.

 

Bei dieser Verhandlung war ein anderer Abschnitt vom Weg Verhandlungsinhalt. Als Zeuge zu dieser Situation möchte ich den Vertreter der Bezirkslandwirtschaftskammer Innsbruck, Bezirksstellenleiter Ing. Mag. H. T. bekannt geben, der damals ebenfalls Teilnehmer der Verhandlung war.

 

Trotzdem möchte ich zu den Vorwürfen vom SV für Forst Stellung nehmen:

 

Der Vorwurf, dass es zu Hangrutschungen im oberen Wegbereich kommt, ist damit begründet, dass sich dieser Wegabschnitt auf einer Seehöhe von ca 1800 Meter befindet. Dadurch kommt es naturbedingt aufgrund von Schneefall im August/September und von Hochwetter im Juni/Juli manchmal zu Vermurrungen. Ich habe diese besagten Stellen auch mit diversen Weidestecklingen bepflanzt. Weiters räume ich aus Eigeninteresse die Vermurrungen wieder weg, da ich ja den Weg als Viehtriebsweg benötige. Ergänzend möchte ich anmerken, dass sich auf der W. ca 100 bis 130 Stück Rinder befinden und ich daher ständig einen freien Weg als Viehtrieb und manchmal als Transportweg benötige.

 

Es kann durchaus passieren, dass ich nicht sofort nach Eintritt der Vermurrung des Weg frei machen kann, da ich dazu manchmal auch Maschinen (Traktor oder manchmal Bagger) notwendig sind.

 

Ich möchte abschließend nochmals darauf hinweisen, dass sich die Straferkenntnis auf einen Wegabschnitt bezieht, der gar nicht Verhandlungsinhalt des ursprünglichen Bescheides ist und darüber hinaus die Vorwürfe, dass ich mich nicht um eine ordnungsgemäße Wegerhaltung kümmere, fachlich einfach nicht stimmen.

 

Ich bin gerne bereit eine nochmalige gemeinsame Begehung durchzuführen, worin die Sachlage nochmals erörtert wird.?

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

 

A) Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind die nachfolgenden gesetzlichen Bestimmungen von Relevanz:

 

?1. Tiroler Naturschutzgesetz 2005, LGBl Nr 26/2005, idgF des Gesetzes LGBl Nr 57/2007:

 

Strafbestimmungen

§ 45

(3) Wer

b) einer behördlichen Anordnung nach den §§ 14 Abs 9, 15 Abs 5 oder 6, 17 Abs 1 und 4, 18, 27 Abs 6 oder 29 Abs 10 nicht nachkommt, oder sonst in Bescheiden enthaltene Auflagen oder Vorschreibungen nicht einhält, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 15.000,00 Euro zu bestrafen.

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 5/2008:

 

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.

die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.

der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.

Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

Dem Berufungswerber wurde im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt, dass er die Auflage in Spruchpunkt A) I 9 des naturschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 02.07.2003, Zahl 2-NR702/8-2002, nicht erfüllt habe. Die betreffende Auflage lautet wie folgt:

?9. Beim bestehenden Weg sind die Maßnahme wie von der Bezirksforstinspektion Steinach mit Schreiben vom 08.01.2003 vorgeschlagen durchzuführen.?

 

In dem in der betreffenden Auflage offenbar bezogenen Schreiben der Bezirksforstinspektion Steinach vom 08.01.2003, Zahl XY, hat der forstfachliche Amtssachverständige DI Dr. H. G. der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mitgeteilt, dass vom Niederleger der W. in 1660 m Seehöhe ein Viehtriebweg bzw Steig zum Hochleger in ca 2000 m Seehöhe geführt habe. Bei diesem Weg habe es sich um eine 0,5 m bis 1,0 m breiten Fußsteig gehandelt, der wahrscheinlich früher etwas breiter gewesen sei, weil die Wegböschungen im Laufe der Jahrzehnte zugewachsen bzw abgerutscht seien. Dieser Viehtriebsteig sei im Jahre 2002 im unteren und oberen Teil zu einem 2,0 m bis 2,5 m breiten, mit Schlepper befahrbaren Weg ausgebaut worden. Der betreffende Weg weise einige Baumängel auf. Der forstfachliche Amtssachverständige hat im betreffenden Schreiben schließlich auch jene Maßnahmen 1. bis 5. bekannt gegeben, die aus seiner fachtechnischen Sicht im Falle einer nachträglichen Bewilligung des Weges zu erfüllen sind.

 

In dem die Grundlage für das vorliegende Straferkenntnis bildenden Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 02.07.2003, Zahl 2-NR702/8-2002, wurden die vom forstfachlichen Amtssachverständigen im Schreiben vom 08.01.2003 angeführten Maßnahmen nicht detailliert angeführt, sondern wurde , wie zuvor dargetan , lediglich auf dieses Schreiben, und zwar ohne Anführung der Geschäftszahl, verwiesen. Es stellt sich daher die Frage, ob die Auflage in Spruchpunkt A) I 9 des betreffenden Bescheides dem Bestimmtheitserfordernis entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in seiner früheren Rechtsprechung überwiegend die Auffassung vertreten, dass dem unabdingbaren Erfordernis, Auflagen im Spruch selbst zu präzisieren, nicht entsprochen wird, wenn darin lediglich auf die in der Verhandlungsschrift oder im Gutachten enthaltenen Vorschreibungen verwiesen wird (vgl VwGH 06.07.1982, Zahl 82/07/0019 ua). In der jüngeren Rechtsprechung hat das Höchstgericht allerdings die Auffassung vertreten, dass diesbezügliche Verweise auf dem Bescheid angeschlossene Beilagen nicht im Widerspruch zu § 59 Abs 1 AVG stehen, wenn diesen der Inhalt der Auflage(n) eindeutig entnommen werden kann (vgl VwGH 17.09.1996, Zahl 95/05/0228 ua).

Dem erstinstanzlichen Akt lässt sich nun allerdings nicht entnehmen, dass die gutachterliche Stellungnahme des forstfachlichen Amtssachverständigen DI Dr. H. G. vom 08.01.2003, GZ XY, dem Genehmigungsbescheid vom 02.07.2003, Zahl 2NR702/8-2002, tatsächlich beigeschlossen wurde. In der Kanzleiverfügung findet sich kein entsprechender Hinweis. Auch in dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol durchgeführten Ermittlungsverfahren konnte nicht festgestellt werden, dass die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit dem zitierten Bewilligungsbescheid vom 02.07.2003 auch das darin bezogene Schreiben der Bezirksforstinspektion Steinach vom 08.01.2003 an die Konsenswerberin übersandt hat. Der Berufungswerber hat nämlich in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.09.2008 auftragsgemäß die ihm in seiner Funktion als Obmann der Antragstellerin zugegangene Ausfertigung des Genehmigungsbescheides vom 02.07.2003 vorgelegt. Diesem der Berufungsbehörde präsentierten Bescheid war die betreffende Beilage nicht angeschlossen. Der Berufungswerber hat bei seiner Einvernahme zudem erklärt, dass sich in seinen Unterlagen das im Bescheid bezogene Schreiben der Bezirksforstinspektion Steinach vom 08.01.2003 nicht finde.

 

Aufgrund dieses Ermittlungsergebnisses ist die Berufungsbehörde im Lichte der vorzitierten höchstrichterlichen Judikatur zur Ansicht gelangt, dass die die Grundlage für das vorliegende Straferkenntnis bildende Auflage A) I 9 des naturschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 02.07.2003, Zahl 2-NR702/8-2002, den Bestimmtheitserfordernissen nicht Rechnung trägt. Die betreffende Auflage kann daher folgerichtig auch nicht Grundlage einer Bestrafung des Berufungswerbers wegen Verstoßes gegen § 43 Abs 3 lit b TNSchG 2005 sein.

 

Es war daher der Berufung bereits aus diesem Grund Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Schlagworte
Aufgrund, dieses, Ermittlungsergebnisses, ist, die, Berufungsbehörde, im, Lichte, der, vorzitierten, höchstrichterlichen, Judikatur, zur, Ansicht, gelangt, dass, die, die, Grundlage, für, das, vorliegende, Straferkenntnis, bildende, Auflage, A) I 9, des, naturschutzrechtlichen, Genehmigungsbescheides, der, Bezirkshauptmannschaft, Innsbruck, vom, 02.07.2003, Zahl, 2-NR702/8-2002, den, Bestimmtheitserfordernissen, nicht, Rechnung, trägt, Die, betreffende, Auflage, kann, daher, folgerichtig, auch, nicht, Grundlage, einer, Bestrafung, des, Berufungswerbers, wegen, Verstoßes, gegen, § 43, Abs 3, lit b, TNSchG, 2005, sein
Zuletzt aktualisiert am
18.11.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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