TE Vfgh Beschluss 2007/12/1 B1941/07

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Veröffentlicht am 01.12.2007
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-VG Art144 Abs3
VfGG §19 Abs3 Z2 lite

Leitsatz

Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde; Zurückweisung einerzweiten - durch einen anderen Rechtsanwalt eingebrachten - Beschwerdeinfolge Konsumierung des Beschwerderechts; Abtretung der Beschwerdean den Verwaltungsgerichtshof; keine Konsumation des in der zweitenBeschwerde gestellten Abtretungsantrags

Spruch

I. Die Behandlung der Beschwerde vom 18. Oktober 2007 wird abgelehnt.

Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Die Beschwerde vom 31. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 25. September 2007, dem Beschwerdeführer zugestellt am 26. September 2007, wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes für die Dauer von 10 Jahren keine Folge gegeben.

2. Innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2007 durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H B - beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 22. Oktober 2007 - eine Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 25. September 2007 ein.

Am 5. November 2007 - somit ebenfalls innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist - langte beim Verfassungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer durch Rechtsanwalt Dr. A K eingebrachte Beschwerde vom 31. Oktober 2007 ein, die sich ebenfalls gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 25. September 2007 richtet. Der Beschwerdeführer beantragte in diesem Schriftsatz auch die Abtretung der Behandlung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

II. Derselbe Verwaltungsakt kann von einem Beschwerdeführer vor dem Verfassungsgerichtshof nur mit einer Beschwerde angefochten werden. Einer zweiten Beschwerde steht der Umstand entgegen, dass mit der Einbringung der ersten Beschwerde das Beschwerderecht konsumiert wurde (vgl. zB VfSlg. 11.871/1988, 12.772/1991, 14.122/1995, 16.086/2001, 16.351/2001, 17.170/2004, 17.185/2004).

Vor diesem Hintergrund erweist sich die mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2007 eingebrachte Beschwerde als zulässig. Die mit Schriftsatz vom 5. November 2007 eingebrachte Beschwerde war - mangels Legitimation des Beschwerdeführers - gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

III. Hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2007 eingebrachten Beschwerde lehnt der Verfassungsgerichtshof deren Behandlung ab, weil er die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen kann, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art8 EMRK sowie auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber unter Bezugnahme auf Art8 EMRK eine verfassungsrechtlich relevante Frage aufwirft, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der vom EGMR in seiner Rechtsprechung entwickelten Kriterien (vgl. insbesondere EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00 = newsletter 2001, 159; EGMR 18.10.2006, Fall Üner, Appl. 46.410/99) keinen die Grenzen des Art8 Abs2 EMRK überschreitenden Fehler bei der Beurteilung des Falles erkennen, sodass sie angesichts der vom Verfassungsgerichtshof zu beurteilenden Fragen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Ob die Behörde im Rahmen des Gesetzesvorbehalts des Art8 Abs2 EMRK im Hinblick auf die Verhängung des befristeten Aufenthaltsverbotes auch rechtsrichtig entschieden hat, hat nicht der Verfassungsgerichtshof, sondern der Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen, von dessen Zuständigkeit die Angelegenheit nicht ausgeschlossen ist.

Da auch sonst keine Anhaltspunkte für die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder für die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes hervorgekommen sind, wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 VfGG).

IV. Der Verfassungsgerichtshof übersieht nicht, dass der Abtretungsantrag unter einem mit der Beschwerde vom 31. Oktober 2007 gestellt wurde, die zurückzuweisen war. Da jedoch hinsichtlich des Antrages auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof keine Konsumation eingetreten ist, war in dieser Fallkonstellation der Abtretungsantrag nicht zurückzuweisen, sondern im obigen Sinn (Punkt III.) zu entscheiden.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B1941.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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