TE Vfgh Beschluss 1999/2/23 B2121/98

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Veröffentlicht am 23.02.1999
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Privatwirtschaftsakt
ASVG §338 ff

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine Mitteilung der Ärztekammer betreffend die Invertragnahme des Beschwerdeführers für die freiwerdende Kassenarztstelle seines Adoptivvaters mangels Bescheidcharakter der angefochtenen Mitteilung; kein subjektives Recht auf Reihung durch die Ärztekammer; Gesamtverträge zwischen Ärztekammern und Sozialversicherungsträgern sowie Ausübung des dort vorgesehenen Vorschlagsrechtes als Akte des Privatrechts

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Zwischen der Kärntner Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer für Kärnten besteht ein auf dem Gesamtvertrag zwischen der Ärztekammer für Kärnten und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger beruhender Einzelvertrag. Darin ist hinsichtlich der Auswahl der Vertragsärzte ein Vorschlagsrecht der Ärztekammer für Kärnten festgelegt. Die Ärztekammer für Kärnten hat u wie der Beschwerdeführer einräumt u zur Vermeidung von Willkür mit der Kärntner Gebietskrankenkasse eine Vereinbarung über Reihungsbestimmungen für die Invertragnahme bei der Kärntner Gebietskrankenkasse für Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde abgeschlossen und publiziert. Darin ist unter anderem vorgesehen, daß Söhne, Töchter und Schwiegerkinder von Zahnärzten (Dentisten) die Stelle der elterlichen Kassenpraxis direkt und außer der Reihung innerhalb eines Jahres übernehmen können.

2. Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Adoptivsohn eines anderen Arztes derselben Fachrichtung. Er begehrte bei der für ihn örtlich zuständigen Ärztekammer für Kärnten, im Rahmen des zwischen ihr und der Kärntner Gebietskrankenkasse geschlossenen Einzelvertrages für die freiwerdende Kassenarztstelle seines Adoptivvaters vorgeschlagen zu werden. Die Ärztekammer für Kärnten richtete an den Beschwerdeführer daraufhin folgendes Schreiben:

"Sehr geehrter Herr Kollege!

Der Vorstand der Ärztekammer für Kärnten und der Vorstand der Fachgruppe für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde haben sich in Ihrer letzten Sitzung mit Ihrem Ansuchen um Invertragnahme nach Herrn Dr. G in Klagenfurt befaßt, konnten diesem jedoch nicht nähertreten.

Wir bedauern, Ihnen keine andere Mitteilung machen zu können und verbleiben mit vorzüglicher Hochachtung!"

Dieses Schreiben ist eigenhändig vom Präsidenten der Ärztekammer für Kärnten gezeichnet.

3. Gegen dieses Schreiben richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer räumt ein, daß das bekämpfte Schreiben äußerlich nicht die Form eines Bescheides aufweise. Er vermeint aber unter Berufung auf einen Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz, daß die Ausübung des Vorschlagsrechtes gemäß §5 des Einzelvertrages ein Akt heteronomer Rechtsetzung sei und daß daher das bekämpfte Schreiben bei verfassungskonformer Interpretation als Bescheid im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu deuten sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerde ist unzulässig.

Der Verfassungsgerichtshof hat zuletzt in seinem Beschluß vom 24. Februar 1997, V49,50/96 ausgesprochen, daß die Gesamtverträge zwischen den Ärztekammern und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger dem Privatrecht zugehören. Demnach ist auch die Ausübung des in einem solchen Gesamtvertrag vorgesehenen Vorschlagsrechts ein dem Privatrecht zuzuzählender Akt, der als solcher nur zwischen der jeweiligen Ärztekammer und der jeweils betroffenen Krankenkasse wirksam wird.

Der Beschwerdeführer erhielt lediglich eine Mitteilung darüber, daß die Ärztekammer für Kärnten von ihrem Vorschlagsrecht nicht in seinem Sinne Gebrauch zu machen gedenke. Ein subjektives öffentliches Recht auf Reihung durch die Ärztekammer ist dem Beschwerdeführer aber nicht eingeräumt. Auch die zwischen der Ärztekammer für Kärnten und der Kärntner Gebietskrankenkasse bestehende Vereinbarung über Reihungsbestimmungen für die Invertragnahme bei der Kärntner Gebietskrankenkasse für Fachärzte der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde vermag einen solchen Anspruch nicht zu begründen. Von einer förmlichen, normativen Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit, wie sie nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes für die aus Rechtsschutzgründen gebotene Deutung von unverbindlich gefaßten Schreiben als Bescheide Voraussetzung ist (zB VfSlg. 11415/1987 mit zahlreichen Hinweisen auf die Vorjudikatur), kann daher (auch unter Berücksichtigung seines rechtlichen Umfeldes) keine Rede sein. Soweit der Beschwerdeführer meint, einen - durch das Vorschlagssystem nicht zu beschränkenden - Anspruch auf Abschluss eines Kassenvertrages mit der Gebietskrankenkasse zu haben, so hätte er diesen vor den ordentlichen Gerichten gegenüber der Gebietskrankenkasse geltend zu machen.

2. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Privatwirtschaftsakt, Sozialversicherung, Ärzte, Rechte subjektive öffentliche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B2121.1998

Dokumentnummer

JFT_10009777_98B02121_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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