TE Vwgh Beschluss 2002/1/23 AW 2001/18/0198

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Veröffentlicht am 23.01.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs3;
SMG 1997 §27 impl;
SMG 1997 §28 impl;
VwGG §30 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des E, geboren am 7. Februar 1978, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 11. Oktober 2001, Zl. III 4033-90/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, erhobenen und zur hg. Zl. 2001/18/0257 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 11. Oktober 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer ein bis zum 3. August 2011 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Die belangte Behörde stellte fest, dass sich der Beschwerdeführer seit 1992 erlaubt in Österreich aufhalte. Er habe die Absicht, seine mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende und von ihm schwangere Freundin Tanja S. zu heiraten. Der Beschwerdeführer unterhalte ferner eine intensive familiäre Bindung zu seinen Eltern und zu einem Bruder. Am 7. Jänner 2001 sei der Beschwerdeführer gemeinsam mit Tanja S. von Innsbruck nach Amsterdam gereist und habe dort für 10.500,-- Gulden etwa 100 Gramm Kokain und 1000 Ecstasy-Tabletten erworben. Er habe die Absicht gehabt, das Kokain selbst zu konsumieren und die Ecstasy-Tabletten Gewinn bringend weiter zu verkaufen, um damit seinen Kokainbedarf zu finanzieren. Der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichtes Kleve in Deutschland vom 26. Juni 2001 wegen des Verstoßes gegen das deutsche Betäubungsmittelgesetz (wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) mit einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren (mit Strafaussetzung zur Bewährung) verurteilt worden.

Die belangte Behörde begründete den Ausspruch des befristeten Aufenthaltsverbotes im Wesentlichen damit, dass dieses dringend geboten sei und dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie in Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung (§ 37 Abs. 1 und 2 FrG).

Zur Begründung des vorliegenden Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, auch wenn er strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, dürfe nicht übersehen werden, dass ihm die Strafe zur Gänze bedingt nachgesehen worden sei. Das Strafgericht finde nichts dabei, dass er weiterhin in Freiheit lebe. Dies zeige, dass die öffentlichen Interessen nicht so bedeutend geschädigt seien könnten, dass ein sofortiger Vollzug des Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt sei. Der Beschwerdeführer habe die österreichische Staatsbürgerin Tanja S. am 24. November 2001 (nach Rechtskraft des angefochtenen Bescheides) geheiratet. Er sei damit nicht nur als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen, sondern auch zum Unterhalt seiner Frau verpflichtet. Das Kind, dessen Geburt in Kürze zu erwarten sei, werde ebenfalls auf die Unterhaltszahlungen des Antragstellers angewiesen sein.

Die belangte Behörde erhob in ihrer Stellungnahme zum vorliegenden Antrag schwere sicherheitspolizeiliche Bedenken gegen eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität sei auf Grund ihrer äußerst schädlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft ein hoher Stellenwert einzuräumen. Ein weiterer Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sei auf Grund seiner Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit nicht zu verantworten.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG kann die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden, wenn dem zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Darunter sind besonders qualifizierte öffentliche Interessen zu verstehen, die den sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides zwingend gebieten. Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann der Fall, wenn mit dem Aufschub eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen verbunden wäre. Stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen, so ist eine Abwägung mit den übrigen Interessen nicht mehr vorzunehmen (Puck, Die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, ZfV 1982, 465; Thiele,

Die aufschiebende Wirkung im verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ZfV 1998, 766f).

Der Beschwerdeführer hat unstrittig Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt eingeführt und mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben. Das genannte rechtskräftige Urteil des Amtsgerichtes Kleve vom 26. Juni 2001 stellt eine Verurteilung i.S. des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG dar (§ 36 Abs. 3 FrG). Mit der belangten Behörde ist - ungeachtet der bedingten Strafnachsicht - von der Möglichkeit auszugehen, dass der (selbst drogenabhängige) Beschwerdeführer (wiederum) Handlungen setzt, die gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen, und dass er damit die Gesundheit oder das Leben von Menschen gefährdet. Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stehen daher im vorliegenden Fall zwingende öffentliche Interessen entgegen. Unter dieser Voraussetzung können im Provisorialverfahren die für den Beschwerdeführer mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides allenfalls verbunden Nachteile nicht berücksichtigt werden.

Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher gemäß § 30 Abs. 2 VwGG abzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2002

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12 Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:AW2001180198.A00

Im RIS seit

21.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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