TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/26 2002/11/0016

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Veröffentlicht am 26.02.2002
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §32 Abs1 Z1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z6;
FSG 1997 §7 Abs5;
StGB §297 Abs1 Fall1;
StGB §88 Abs1;
StGB §88 Abs4;
StGB §94 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Eiselsbergstraße 1a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Dezember 2001, Zl. VerkR-394.406/1-2001-Kof/Hu, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1, § 25 Abs. 1 und 3 und § 32 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 Z. 6 und Abs. 5 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A (Untergruppe AL) und B für die Dauer von 20 Monaten, gerechnet ab der am 27. September 2000 erfolgten Zustellung des Mandatsbescheides, entzogen und das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für diese Dauer verboten.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei wegen eines Alkoholdeliktes im Jahr 1996 die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen entzogen worden. Am 1. Juli 2000, zwischen 03.00 Uhr und 04.00 Uhr, habe der Beschwerdeführer einen Pkw auf einer näher bezeichneten Straßenstelle gelenkt und sei dabei frontal gegen einen entgegen kommenden Radfahrer gestoßen. Der Radfahrer sei gegen die Motorhaube und die Windschutzscheibe geprallt, anschließend auf die Fahrbahn gefallen und schwer verletzt liegen geblieben. Der Beschwerdeführer habe nicht angehalten, sondern sei nach Hause gefahren. Im Zuge der Erhebungen durch die Gendarmen habe der Beschwerdeführer angegeben, sein Bruder F. habe den Pkw gelenkt. Der Grund für diese falsche Aussage sei offensichtlich gewesen, um die Feststellung der Alkoholisierung verschleiern zu können. Der Beschwerdeführer sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 26. Juli 2001 wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 erster Fall StGB, wegen des Vergehens des Imstichlassens eines Verletzten nach § 94 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen und einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden.

Aus der Sicht der Verkehrssicherheit sei das Gebot, nach einem durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges verursachten Verkehrsunfall, bei dem eine Person schwer verletzt wurde, sofort anzuhalten und die erforderliche Hilfe zu leisten, von großer Bedeutung. Ein Verstoß dagegen sei schon an sich als verwerflich anzusehen. Aus dem Gerichtsakt sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vor dem Unfall eine unbekannte Menge Alkohol zu sich genommen hatte. Anstatt sofortige Hilfsmaßnahmen zu setzen, was ihm möglich gewesen wäre, habe er sich, nachdem er zu Hause angekommen sei, an seinen Bruder gewandt, ihn von dem Vorfall informiert und angefleht, ihm zu helfen. Sein Bruder habe daraufhin veranlasst, dass die Rettung verständigt worden sei. Als am selben Tag gegen 08.00 Uhr Gendarmeriebeamte den Beschwerdeführer zu Hause aufsuchten, habe er angegeben, dass nicht er - er selbst sei extrem stark alkoholisiert gewesen - sondern sein Bruder F. gefahren sei. Der Beschwerdeführer habe dabei gewusst, dass er seinen Bruder durch seine falschen Angaben einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung verdächtigt habe. Von den Gendarmeriebeamten sei starker Alkoholgeruch aus dem Mund des Beschwerdeführers wahrgenommen worden. Eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes sei nicht durchgeführt worden. Erst am 4. Juli 2000 habe der Beschwerdeführer richtig gestellt, dass bei dem Verkehrsunfall nicht sein Bruder F., sondern er selbst gefahren sei.

Der Beschwerdeführer habe mit der Tat vom 1. Juli 2000 eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 6 FSG verwirklicht. Beim Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB handle es sich zwar nicht um eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 FSG. Da dieses Vergehen aber in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall bzw. dem Imstichlassen eines (Schwer)Verletzten stehe, sei es bei der Bemessung der Entziehungsdauer zu werten. Im Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 93/11/0108, habe der Verwaltungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall eine Entziehungszeit von zwei Jahren nicht als rechtswidrig angesehen. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sei die von der Erstbehörde festgesetzte Entziehungsdauer (bzw. Verbotsdauer) von 20 Monaten als rechtmäßig zu bestätigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung der Entziehungsdauer mit 20 Monaten und führt in diesem Zusammenhang ins Treffen, dass bei der Erlassung des Mandatsbescheides die Erstbehörde davon ausgegangen sei, dass er bei dem Unfall vom 1. Juli 2000 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Dieser Vorwurf sei im weiteren Verfahren allerdings nicht verifiziert worden. Dies hätte die belangte Behörde berücksichtigen müssen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde ohnehin nicht davon ausgegangen ist, der Beschwerdeführer habe am 1. Juli 2000 ein strafbares Verhalten gesetzt, das unter § 7 Abs. 3 Z. 1 oder 2 FSG subsumiert werden könnte. Die belangte Behörde hat vielmehr angenommen, dass eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 6 FSG vorliege. Dagegen bestehen auf Grund der im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, die in der Beschwerde nicht bekämpft werden, keine Bedenken.

Im Rahmen der Wertung hat die belangte Behörde mit Recht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer die Feststellung seiner Alkoholisierung nur durch die Verleumdung seines Bruders vereitelt hat. Es kann dahinstehen, ob diese strafbare Handlung im Zusammenhang mit den Umständen des vorliegenden Falles an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der (in der bloß demonstrativen Aufzählung des § 7 Abs. 3 FSG in dessen Z. 1 genannten) Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 gleichzuhalten und daher als bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. anzusehen ist. Im Rahmen des im § 7 Abs. 5 FSG genannten Wertungskriteriums der Verwerflichkeit der bestimmten Tatsache durfte die belangte Behörde jedenfalls das gesamte strafbare Verhalten des Beschwerdeführers berücksichtigen. Da kein Grund besteht, einen Kraftfahrzeuglenker, der einen Unfall verschuldet und nur durch die Verleumdung eines anderen die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt vereitelt hat, gegenüber einem Lenker, der die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkohol verweigert, zu begünstigen, bestehen gegen die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungsdauer und die Dauer des Verbotes gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG keine Bedenken. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auch das der Entziehung der Lenkberechtigung im Jahr 1996 zugrunde liegende Alkoholdelikt berücksichtigen.

Aus dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 99/11/0159, ergibt sich nichts, was der Beschwerde zum Erfolg verhelfen könnte. Aus dem Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem dort beschriebenen Beschwerdefall die Festsetzung der Entziehungszeit für die Dauer von zehn Monaten als nicht rechtswidrig bezeichnet hat, folgt nämlich nicht, dass im vorliegenden - völlig anders gelagerten - Beschwerdefall keine längere Entziehungsdauer festgesetzt werden dürfte.

Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002110016.X00

Im RIS seit

17.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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