TE Vfgh Beschluss 1999/3/11 B336/98

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Veröffentlicht am 11.03.1999
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
SteuerreformG 1993 ArtI Z64
EStG 1988 §14 Abs12 idF des AbgÄG 1998
EStG 1988 §124b Z33 idF des AbgÄG 1998
BAO §303

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde wegen zwingender Auflösung von Jubiläumsgeldrückstellungen mangels Instanzenzugserschöpfung infolge Änderung des EStG 1988 durch das AbgÄG 1998; Verpflichtung der Behörde zur Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag des Steuerpflichtigen

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Die Beschwerdeführerin wies in einer Beilage zu ihrer Körperschaftsteuererklärung für 1996 darauf hin, daß sie 1996 der Rückstellung für Jubiläumsgelder S 482.269,- zugeführt habe und daß diese Rückstellung zum 31. Dezember 1996 mit S 3,948.235,-

ausgewiesen sei. Ihrer Ansicht nach seien die Bestimmungen des SteuerreformG 1993 BGBl. 818, das eine solche Zuführung untersage, bzw. des StrukturanpassungsG 1996 BGBl. 201 (gemeint: des SteuerreformG 1993 idF des StrukturanpassungsG 1996), das die Auflösung solcher Rückstellungen verlange, verfassungswidrig.

Das Finanzamt veranlagte die Beschwerdeführerin für 1996 in der Weise, daß es die 1996 gebildete Rückstellung sowie - gemäß ArtI Z64 litb SteuerreformG 1993 idF BGBl. 201/1996 - 50 % der bereits gebildeten, nicht versteuerten Jubiläumsgeldrückstellung außerbilanziell hinzurechnete.

1.2. Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1996 brachte die Beschwerdeführerin wegen der steuerlichen Nichtanerkennung der Rückstellung und wegen der Auflösung der seinerzeitigen Rückstellung eine Berufung ein.

Mit Bescheid vom 2. Jänner 1998 wies die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich die Berufung unter Hinweis auf das Legalitätsprinzip als unbegründet ab.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.

3. Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

II. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

1. Durch ArtI Z13 Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl. I 28/1999, wurde dem §124 b Einkommensteuergesetz 1988 BGBl. 400 (EStG 1988) eine Z33 litb mit folgendem Wortlaut angefügt:

"ArtI Z64 des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818/1993, in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, gilt nicht für Rückstellungen im Sinne des §14 Abs12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/1999. Wurde in endgültig rechtskräftig veranlagten Fällen eine Auflösung derartiger Rückstellungen vorgenommen, so sind diese auf Antrag des Steuerpflichtigen wiederaufzunehmen. Der Antrag kann bis 30. Juni 1999 gestellt werden."

2. Die "Rückstellungen im Sinne des §14 Abs12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/1999" sind Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anläßlich eines Dienstjubiläums. Mit der Ergänzung des §124 b EStG 1988 um die Z33 litb wurde die in ArtI Z64 SteuerreformG 1993 normierte Forderung nach Auflösung von bereits gebildeten Jubiläumsgeldrückstellungen zurückgenommen.

3. Beschwerde nach Art144 B-VG kann nach dem letzten Satz des Abs1 dieser Bestimmung erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden.

4. Da der angefochtene Bescheid ua. über die Verpflichtung zur Auflösung von Rückstellungen abspricht, welche die Beschwerdeführerin im Hinblick auf Dienstnehmerjubiläen gebildet hat, und da es sich um einen formell rechtskräftig veranlagten Fall handelt, ist die belangte Behörde verpflichtet, auf Antrag der Steuerpflichtigen das Verfahren wiederaufzunehmen. Durch die spezielle Ausgestaltung der Wiederaufnahme ist der Partei der Anspruch eingeräumt, daß auf ihr Verlangen ohne weitere Voraussetzungen über die Rechtmäßigkeit des Bescheides neuerlich im Administrativverfahren entschieden wird. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom heutigen Tage, B3120/97, ausführlich dargelegt hat, ist somit der Instanzenzug nicht erschöpft. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf diesen Beschluß verwiesen (eine Ausfertigung liegt bei).

Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Versagung der Dotierung der Jubiläumsgeldrückstellung wendet, kann sie die Bedenken ebenfalls im Administrativverfahren geltend machen (vgl. VfGH 11.3.1998, B3097/97), doch ist darauf hinzuweisen, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. Dezember 1997, G403/97, die die Dotierung von

Dienstnehmerjubiläumsgeldrückstellungen betreffende Wortfolge in §9 Abs4 EStG 1988 aufgehoben hat. Diese Aufhebung trat mit Ablauf des 31. Dezember 1998 in Kraft. Der Beschwerdefall war in diesem Verfahren kein Anlaßfall und ist - da die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erst am 16. Februar 1998 eingelangt ist - auch nicht einem solchen gleichzuhalten.

5. Die Beschwerde war daher wegen der in der Nichterschöpfung des Instanzenzuges gelegenen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z1 lita VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Einkommensteuer, Rückstellungen, Finanzverfahren, Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B336.1998

Dokumentnummer

JFT_10009689_98B00336_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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