TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/23 98/14/0071

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Veröffentlicht am 23.04.2002
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §16 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des HA in W, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurnerstraße 12/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 12. März 1998, Zl. RV-056.95/1-T7/95, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer machte in seiner Einkommensteuererklärung 1991 einen Betrag von S 2 Mio unter der Bezeichnung "Zinsenrückzahlung an S KG" als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Im Gefolge einer abgabenbehördlichen Prüfung versagte das Finanzamt dem Betrag die steuerliche Anerkennung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde einer dagegen erhobenen Berufung keine Folge.

Im angefochtenen Bescheid wird zum Sachverhalt im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Jahr 1978 eine näher bezeichnete Liegenschaft mit darauf errichteter Gästepension erworben. Am 8. September 1987 habe er bei der Gemeinde R um die baubehördliche Genehmigung für den Neubau eines Hotels angesucht. In der Bauverhandlung sei der Einspruch der Gemeinde S (als Anrainerin) zurückgewiesen und dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 21. Juni 1988 eine Baubewilligung erteilt worden. Der Beschwerdeführer habe in der Folge die Liegenschaft jedoch an eine neu zu gründende Gesellschaft (die S KG) verkauft. In der Vereinbarung vom 22. September 1988 werde der Kaufpreis mit S 11,7 Mio beziffert und u.a. ausdrücklich festgehalten, dass darin auch ein Betrag von S 900.000,-- an Planungs- und Gutachterkosten enthalten und die bereits vorliegende und baubehördlich genehmigte Einreichplanung mit der Bezahlung des Kaufpreises abgegolten sei. Ein Betrag von S 3,9 Mio sei dem Beschwerdeführer am 2. Dezember 1988, der Restkaufpreis von S 7,8 Mio am 8. März 1989 überwiesen worden.

Im Frühjahr 1990 sei der S KG bekannt geworden, dass die Gemeinde S gegen den vom Beschwerdeführer erwirkten Baubewilligungsbescheid Berufung erhoben hatte und somit im Zeitpunkt des Kaufabschlusses keine rechtskräftige Genehmigung für das geplante Bauvorhaben vorgelegen sei.

Am 25. Juli 1991 habe die S KG folgendes Schreiben an den Beschwerdeführer gerichtet:

"Betrifft: Zinsbelastung

Im Kaufvertrag vom 20.10.1988 für das Grundstück ... war im Kaufpreis von 11,700.000 S ein rechtskräftiger Baubescheid enthalten. Durch Verzögerungen des Baubescheides entstanden Zinsaufwendungen in der Zeit vom 30.11.1988 bis 30.8.1990 S 11,700.000,-- x 1,75 J x 9,875 % = S 2,000.000,--

Mit der Bezahlung dieses Betrages sind alle wie immer gearteten Ansprüche aus diesem Rechtsgeschäft für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - auch wenn sie noch nicht bekannt, erkennbar und voraussehbar sind - gegenüber jedermann abgefunden. Wir ersuchen um Überweisung ..."

Dieser Betrag sei vom Beschwerdeführer am 9. August 1991 an die S KG überwiesen und in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1991 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht worden.

Der Beschwerdeführer habe in der Berufung vorgebracht, den in zwei Raten erhaltenen Kaufpreis optimal verzinst veranlagt zu haben. Da der Kaufpreis wegen der fehlenden Rechtskraft der baubehördlichen Bewilligung "um Jahre zu früh geflossen" sei, habe die Käuferin nach langwierigen Verhandlungen schließlich die Herausgabe des Vorteils, den der Beschwerdeführer durch die zinsbringende Veranlagung des Kaufpreises erzielt hatte, verlangt. Dieser Vorteil sei letztlich mit S 2 Mio festgelegt worden. Die Forderung zur Herausgabe des Zinsvorteiles sei zu einem Zeitpunkt gestellt worden, zu dem der Beschwerdeführer keine Kenntnis davon gehabt habe, dass die S KG die gegenständliche Liegenschaft ohnedies (mit Gewinn) an die Gemeinde S zu verkaufen beabsichtigte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat habe der Beschwerdeführer ergänzend auf oberstgerichtliche Judikatur hingewiesen. Danach habe der nichtredliche Besitzer alle aus der Sache entspringenden Früchte zurückzuerstatten. Der Beschwerdeführer sei zwar subjektiv, nicht jedoch objektiv redlich gewesen, weil er sich hätte erkundigen müssen, ob der Baubescheid tatsächlich in Rechtskraft erwachsen sei. Da er dies unterlassen habe, hätte die Käuferin jederzeit die Rückabwicklung des gegenständlichen Kaufvertrages verlangen können, wobei im Zuge der Rückabwicklung die Käuferin auch berechtigt gewesen wäre, vom Verkäufer sämtliche Zinsen zurückzufordern.

Dieses Vorbringen sei - so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiter - nicht geeignet, den Werbungskostenabzug des strittigen Betrages zu begründen. Entscheidend sei, dass der Kaufpreiszahlung ein gültiger Kaufvertrag zu Grunde gelegen sei, welcher auch nachträglich von den Vertragsparteien nicht aufgelöst worden sei. Auch könne keine Rede davon sein, dass der Kaufpreis zu früh bezahlt worden wäre. Die Bezahlung des Restkaufpreises nach erfolgter Verbücherung habe vielmehr der vertraglichen Vereinbarung entsprochen. Entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht habe der Beschwerdeführer demnach auch die aus der Veranlagung des Kaufpreises erhaltenen Zinsen nicht zu Unrecht bezogen. In diesem Zusammenhang sei auch unerheblich, dass der Käuferin wegen der mangelnden Erfüllung des Kaufvertrages durch den Beschwerdeführer ein Retentionsrecht zugestanden wäre. Ohne Aufhebung und Rückabwicklung des Kaufvertrages, zu dem es im Beschwerdefall jedoch nicht gekommen sei, wäre ein zivil-(bereicherungs-)rechtlicher Anspruch auf Herausgabe des Zinsvorteiles aus der Nutzung des Kaufpreises nicht durchsetzbar gewesen. Auch wenn die Käuferin am Kaufvertrag festgehalten habe, sei sie durchaus berechtigt gewesen, um die Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung wiederherzustellen, eine Preisminderung bzw. eine angemessene Vergütung - sei es aus dem Titel der Gewährleistung oder des Irrtums - und allenfalls auch Schadenersatzforderungen geltend zu machen. Durch die Zahlung von S 2 Mio habe das gestörte Wertverhältnis zwischen Kaufgegenstand und Kaufpreis wieder hergestellt werden sollen.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, bei der strittigen Zahlung habe es sich um die Herausgabe der aus der Veranlagung des Kaufpreises zu Unrecht erhaltenen Zinsen gehandelt, entbehre jeder Grundlage im Sachverhalt. Selbst wenn man jedoch der Auffassung des Beschwerdeführers folgte, wäre daraus für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen. Der Beschwerdeführer habe nämlich nicht nachweisen können, ob bzw. in welcher Höhe er aus der Nutzung des Kaufpreises Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt habe. Nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Prüfers sei ein Kaufpreisanteil von S 3,450.000,-- zur Bezahlung von privaten Steuern verwendet worden. Ob der Restkaufpreis von S 8,250.000,-- zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen geführt habe, könne auf Grund der Aufsplittung des Betrages und Wechsel der Anlageformen nicht festgestellt werden. Nach Ansicht der belangten Behörde genüge es nicht, dass der Beschwerdeführer in den Vorjahren steuerpflichtige Einnahmen in Höhe des erstatteten Betrages erzielt habe. Vielmehr müsse eine enge Verknüpfung zwischen dem veranlagten Kaufpreis und den daraus erzielten steuerpflichtigen Einnahmen bestehen.

Für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes sei es im Übrigen ohne entscheidende Bedeutung, auf Grund welcher Überlegungen und Berechnungen die Vertragsparteien den Betrag ermittelt hätten. Der wirtschaftliche Zusammenhang eines Aufwandes mit einer Einkunftsart sei nämlich nur nach der Aufwandsursache und nicht nach der Art der Ermittlung zu beurteilen. Aufwandsursache für die Zahlung sei im gegenständlichen Fall der vom Beschwerdeführer mangelhaft erfüllte Kaufvertrag. Selbst wenn die Vertragsparteien die Höhe der Vergütung nach den vom Beschwerdeführer aus der Veranlagung des Kaufpreises erhaltenen Zinsen bemessen hätten, wofür das Schreiben vom 25. Juli 1991 allerdings keinen Anhaltspunkt biete, hätte dies nicht bewirken können, dass der unmittelbar mit der Veräußerung der Liegenschaft im Zusammenhang stehenden Zahlung die Eigenschaft von Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zuerkannt werden könnte. Von der in der mündlichen Verhandlung beantragten Vernehmung von Dipl. Ing. H, dem Geschäftsführer der S KG, zum Beweis dafür, dass die Käuferin vom Beschwerdeführer die Herausgabe des Zinsvorteiles wegen verfrühter ungerechtfertigter Auszahlung des Kaufpreises verlangt habe, habe daher abgesehen werden können.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde zusammengefasst vor, sie habe sich über die zwischen den Vertragsparteien getroffene Vereinbarung in unzulässiger Weise hinweg gesetzt. Die Parteien seien darin übereingekommen, von einer ex tunc-Aufhebung des gesamten Rechtsgeschäftes zwar abzusehen, bereicherungsrechtlich aber jene Folgen - nämlich die Herausgabe der zu Unrecht bezogenen Früchte - eintreten zu lassen. Das Vermögen des Beschwerdeführers sei durch den Zufluss des Kaufpreises jedenfalls vermehrt worden. Daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer Einkünfte aus Kapitalvermögen habe erzielen können, die er nicht gehabt hätte, wenn der Kaufpreis nicht geflossen wäre. Dies habe die belangte Behörde verkannt, indem sie pauschal darauf hingewiesen habe, die Verwendung des Kaufpreises sei im Einzelnen nicht feststellbar. Wäre die belangte Behörde ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nachgekommen, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1988 bis 1991 Einkünfte aus Kapitalvermögen aus einem Kapitalstamm versteuert habe, welcher die Höhe des geflossenen Kaufpreises stets überstiegen habe. Die zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Herausgabe der Kapitalfrüchte erfülle demnach den Tatbestand des § 16 Abs. 2 EStG 1988.

Zu den Werbungskosten zählt gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde. Eine Rückzahlung von Einnahmen liegt begrifflich allerdings nur dann vor, wenn im Rahmen der jeweiligen (außerbetrieblichen) Einkunftsquelle zu Unrecht geflossene Gelder oder geldeswerte Vorteile erstattet werden. Der Grund der Rückzahlung muss demnach in dem, der jeweiligen Einkunftserzielung zu Grunde liegendem Rechtsverhältnis gelegen sein; gegenständlich somit in jenen Rechtsverhältnissen, die zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen geführt haben. Von einer Rückzahlung von Kapitalfrüchten iSd § 16 Abs. 2 EStG 1988 kann daher nur im Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger der Kapitalerträge gesprochen werden. Werden wie im Beschwerdefall an einen Dritten, im Rahmen der Einkunftserzielung aus Kapitalvermögen Unbeteiligten, Kapitalfrüchte aus welchem zivilrechtlichen Grund auch immer weitergegeben, liegt eine zu Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 2 EStG führende "Rückzahlung von Einnahmen" nicht vor. Die in der Beschwerde angestellten Überlegungen zur zivilrechtlichen Gestaltungsfreiheit können demnach auf sich beruhen.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die strittigen Zahlung jenem Rechtsverhältnis zugeordnet hat, das zwischen dem Beschwerdeführer und der S KG (dem Verkauf einer Liegenschaft) bestanden hat. Eine steuerliche Auswirkung der getroffenen Vereinbarung hätte sich somit allenfalls im Rahmen der steuerlichen Erfassung dieses Rechtsgeschäftes ergeben können. Da es sich bei der Veräußerung der gegenständlichen Liegenschaft unstrittig um eine solche des Privatvermögens gehandelt hat und auch der Tatbestand des § 30 EStG (so genannter Spekulationstatbestand) nicht erfüllt war, vermochte die teilweise Rückzahlung des vereinbarten Entgelts steuerliche Wirkungen im Beschwerdefall ebenso wenig zu entfalten wie der seinerzeitige Zufluss des Kaufpreises.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage bedurfte es der beantragten Beweisaufnahme nicht. Der vom Beschwerdeführer behauptete und durch Einvernahme des Zeugen Dipl. Ing. H unter Beweis zu stellende Sachverhalt, die Parteien hätten die Herausgabe des Zinsvorteils vereinbart, vermag den gewünschten Werbungskostenabzug nach § 16 Abs. 2 EStG 1988 wie oben ausgeführt nicht zu begründen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998140071.X00

Im RIS seit

13.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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