Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des Ing. W in W, vertreten durch Dr. Friedrich Flendrovsky, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Garnisongasse 22/5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Beamte der Bundeshauptstadt Wien (Senat 2) vom 4. März 1999, Zl. MA 2/24/99, betreffend Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner Entlassung mit rechtskräftigem Erkenntnis der Berufungskommission in Disziplinarsachen für den Magistrat der Stadt Wien vom 25. April 1985 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien.
Mit Antrag vom 12. Oktober 1998 an die Magistratsabteilung 2 der Stadt Wien stellte der Beschwerdeführer den Antrag "auf amtswegige Bescheidbehebung" und in eventu "durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Verbindung mit dem entsprechenden Wiederaufnahmeantrag" oder in eventu "durch Nichtigerklärung des Bescheides MA2/156/96 diesen Bescheid aufzuheben". Zur Begründung seiner Antragstellung brachte der Beschwerdeführer vor, "dieser Bescheid" weise fälschlicherweise eine dreijährige anstatt einer zehnjährigen Verjährungsfrist auf. Der Bescheid entspreche nicht der DO 1966 und der DO 1994 in Verbindung mit "§ 14 DVG 84". Mit einem amtswegigen Tätigwerden könnten "durch den Bescheid ausgelöste Ungerechtigkeit verhindert werden". In Erledigung dieses Ansuchens könnte dann das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen werden.
In hg. Zl. 98/09/0193 (den Beschwerdeführer betreffend) wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
"Mit Bescheid der Disziplinaroberkommission für Beamte der Bundeshauptstadt Wien (Senat 2) vom 19. November 1996, Zl. MA 2/156/96, wurde 'gemäß § 90 Z. 1 DO 1994 idF Landesgesetzblatt für Wien Nr. 33/96 in Verbindung mit § 69 Abs. 2 AVG 1991 der Antrag des Herrn Ing. W vom 22. Mai 1996 auf Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens zur Zl. MD-1869-8/84 als verspätet zurückgewiesen'.
Zur Begründung führte die Disziplinarkommission im Wesentlichen aus, unter Berücksichtigung der objektiven Frist des § 69 Abs. 2 AVG von drei Jahren, beginnend ab der am 2. Mai 1985 erfolgten Zustellung des Berufungsbescheides, sei der am 22. Mai 1996 erhobene Wiederaufnahmeantrag jedenfalls verspätet.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen zur hg. Zl. 97/09/0008 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieses Beschwerdeverfahren wurde mit Beschluss vom 9. September 1997 gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG wegen Unterlassung der Mängelbehebung eingestellt.
Am 16. Dezember 1996 stellte der Beschwerdeführer an den 'Magistrat der Stadt Wien Personalamt Disziplinarkommission' einen 'Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand Bezug:
Pers. Nr. 420585 B, MD-1869-8/84'. Darin machte er geltend, er stelle diesen Antrag 'aufgrund des Bescheides MA 2/156/96 vom 19.11.96, zugestellt am 2.12.96'. Zur Begründung verwies der Beschwerdeführer auf die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens.
Über Auftrag des Magistrats der Stadt Wien (MA 2-Personalamt) vom 21. April 1997 ergänzte der Beschwerdeführer seinen Wiedereinsetzungsantrag mit Eingabe vom 7. Mai 1997 unter anderem dahingehend, sein Antrag werde deshalb gestellt, weil sein Wiederaufnahmeantrag mit Bescheid, Zl. MA 2/156/96, als verspätet zurückgewiesen worden sei. Die unvorhergesehen lange Dauer des Gerichtsverfahrens habe ihn daran gehindert, die Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens früher zu beantragen. ...
Mit Bescheid der Disziplinarkommission (Senat 2) vom 4. September 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 14. Dezember 1996 gemäß § 71 AVG wegen Verspätung zurückgewiesen. ...
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Februar 1998 wurde über die Berufung des Beschwerdeführers wie folgt entschieden:
'I. Der Berufung des Ing. W vom 7. Oktober 1997 gegen den Bescheid der Disziplinarkommission - Senat 2 vom 4. September 1997 MA 2/180/97, wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG stattgeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Der Antrag des Ing. W an die Disziplinaroberkommission vom 14. Dezember 1996 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist wird gemäß § 71 AVG als unzulässig zurückgewiesen.'"
Im genannten Beschwerdeverfahren wurde mit Erkenntnis vom 16. Mai 2001 hinsichtlich der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages des Beschwerdeführers wie folgt ausgeführt:
"In dem am 16. Dezember 1996 erhobenen Wiedereinsetzungsantrag vom 14. Dezember 1996 werden die in der Beschwerde vorgebrachten beiden Hindernisse für die rechtzeitige Stellung des Wiedereinsetzungsantrages nicht behauptet. Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers enthielt daher keine vollständigen Angaben zur Rechtzeitigkeit und er war schon aus diesem Grund mit einem nicht verbesserungsfähigen inhaltlichen Mangel behaftet (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., E 289ff wiedergegebene Judikatur).
Des weiteren ist die Behauptung, die Dauer des strafgerichtlichen Wiederaufnahmeverfahrens habe den Beschwerdeführer an der rechtzeitigen 'Stellung des Wiedereinsetzungsantrages' gehindert, nicht nachvollziehbar und zudem mit der weiteren Behauptung, dass er erst auf Grund des Zurückweisungsbescheides der belangten Behörde vom 19. November 1996 die Versäumung der Frist zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages erkannt habe, nicht in Einklang zu bringen. Die Behauptung, das Disziplinarerkenntnis vom 25. April 1985 habe eine unrichtige bzw. hinsichtlich der Fristgebundenheit eines Wiederaufnahmeantrages unvollständige 'Rechtsbelehrung' bzw. Rechtsmittelbelehrung enthalten, trifft nicht zu, weil in die Rechtsmittelbelehrung dieses Disziplinarerkenntnisses kein Hinweis auf einen Wiederaufnahmeantrag aufgenommen wurde und das Fehlen einer Belehrung über die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens keinen Wiedereinsetzungsgrund bildet (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, a.a.O., Seite 1598, E 275 wiedergegebene Judikatur). Dass der Wiedereinsetzungsantrag zum Verschulden des Antragstellers an der Fristversäumung keine Angaben enthielt, wird in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.
Es war somit nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zum Ergebnis gelangte, dass der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen sei.
Insoweit der Beschwerdeführer in seinen Repliken zur Gegenschrift die (mit dem Bescheid vom 19. November 1996 erfolgte) Zurückweisung seines Wiederaufnahmeantrages als fehlerhaft rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass damit das Vorliegen einer (die Grundlage für eine Wiedereinsetzung bildende) Versäumung bezweifelt wird, jedoch kein Wiedereinsetzungsgrund damit geltend gemacht wird (vgl. hiezu Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage 1999, RZ 614). Die inhaltliche Überprüfung des Bescheides vom 19. November 1996, betreffend die Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages, hätte der Beschwerdeführer nicht durch einen Wiedereinsetzungsantrag, sondern durch die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof herbeiführen müssen (insoweit wird auf die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zur hg. Zl. 97/09/0008, verwiesen).
Die durch § 14 Abs. 4 DVG auf zehn Jahre verlängerten Fristen des § 69 Abs. 2 und 3 AVG kamen im Zeitpunkt der Erlassung des Zurückweisungsbescheides vom 19. November 1996 deshalb nicht zum Tragen, weil der mit 1. September 1996 in Kraft getretene § 90 Z. 1 DO 1994 (in der Fassung LGBl. Nr. 33/1996) nur § 14 Abs. 1 bis Abs. 3 DVG rezipiert und demnach der Abs. 4 des § 14 DVG nicht gilt. Im Übrigen wurde der Wiederaufnahmeantrag ohnedies erst nach Ablauf der Frist von zehn Jahren gestellt."
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. März 1999 wurde unter Spruchpunkt A der Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Oktober 1998 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 90 Dienstordnung 1994 (DO 1994) in Verbindung mit § 71 AVG zurückgewiesen (der im vorliegenden Beschwerdeverfahren unangefochten gebliebene weitere Spruchpunkt B betrifft den Antrag auf Nichtigerklärung).
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Antrag des Beschwerdeführers sei nicht zu entnehmen, gegen die Versäumung welcher Frist er Wiedereinsetzung begehre, welche Prozesshandlung er nachzuholen beabsichtige und warum ihm dies erst jetzt möglich sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei daher mangelhaft; eine inhaltliche Beurteilung sei daher nicht möglich. der Antrag sei daher zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid im Umfang der Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Spruchpunkt A) richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Spruchpunkt B bleibt - zufolge ausdrücklicher Erklärung in der Beschwerde - unangefochten.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im bekämpften Umfang in dem Recht "auf Einhaltung der Verfahrensvorschrift des § 13 Abs. 3 AVG (Verbesserung des Anbringens) sowie in meinen Rechten auf Bewilligung einer Wiederaufnahme resp. einer Wiedereinsetzung bei Vorliegen der Voraussetzungen (§ 69 AVG) verletzt". Er beantragt, den angefochtenen Bescheid - freilich erkennbar nur im Umfang der Anfechtung - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 90 Z. 1 Dienstordnung 1994 (DO 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 33/1996) gilt für das Verfahren nach diesem Abschnitt (das ist der 8. Abschnitt Disziplinarrecht), soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, dass unter anderem die §§ 69 bis 74 AVG anzuwenden und unter anderem § 14 Abs. 1 bis 3 und § 15 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG) sinngemäß anzuwenden sind.
Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei nach Z. 1 glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht hinsichtlich der maßgebenden Fragen zur Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages jenem, der dem den Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zl. 98/09/0193, zugrunde lag. Da in diesem Erkenntnis die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen (insbesondere zur Verbesserung und dem Inhalt des Wiedereinsetzungsantrages, zur Versäumung der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages und eines Wiederaufnahmeantrages) geklärt wurden, genügt nach § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG der Hinweis auf dieses Erkenntnis.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Mai 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999090158.X00Im RIS seit
06.08.2002