TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/28 96/14/0041

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Veröffentlicht am 28.05.2002
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §3 Z20;
EStG 1988 §3 Abs1 Z15;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S GmbH & Co KG in L, vertreten durch Dr. Rudolf Fries, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Erzherzog-Rainer-Ring 23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 9. Jänner 1996, Zl 478/2-8/Se-1995, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für die Jahre 1988 bis 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer Lohnsteuerprüfung stellte die Prüferin fest, die Beschwerdeführerin habe für ihren einzigen Prokuristen Dr. A im Jahr 1984 Lebensversicherungen abgeschlossen, wobei dieser Angestellte aus den Lebensversicherungen begünstigt sei. Die jährlichen Prämien seien von der Beschwerdeführerin bezahlt worden, wobei nur der den Freibetrag gemäß § 3 Z 20 EStG 1972 bzw § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 von 4.000 S jährlich übersteigende Betrag bei Dr. A als steuerpflichtig behandelt worden sei. Die Prüferin vertrat die Ansicht, der eben erwähnte Freibetrag sei zu Unrecht bei Berechnung der lohnabhängigen Abgaben berücksichtigt worden. Der Freibetrag sei nämlich nur zu gewähren, falls Zuwendungen zumindest an bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern geleistet würden. Bei leitenden Angestellten sei jedoch das im § 3 Z 20 EStG 1972 bzw § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 geforderte Gruppenmerkmal nicht gegeben.

Das Finanzamt schloss sich der Ansicht der Prüferin an und erließ dementsprechende Bescheide, wobei es zur Begründung auf den von der Prüferin erstatteten Bericht verwies.

Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ein, aus § 3 Z 20 EStG 1972 bzw § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 könne keineswegs geschlossen werden, leitende Angestellte seien nicht als bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern anzusehen. Vielmehr handle es sich bei diesen Angestellten um solche, die bestimmte betriebsbezogene Gruppenmerkmale erfüllten. Dr. A unterscheide sich auf Grund seiner Stellung als Prokurist sowie der ausgeübten Funktion, Befugnis und Verantwortung deutlich von der allgemeinen Gruppe anderer leitender Angestellter. Der Umstand, dass sie im Streitzeitraum nur einen Prokuristen beschäftigt habe, sei für die Anwendung der in Rede stehenden Bestimmungen unerheblich, weil in anderen Gesellschaften ihres Konzerns, in denen mehrere Prokuristen beschäftigt seien, für sämtliche Prokuristen Lebensversicherungen abgeschlossen worden seien.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 23. März 1982, 81/14/0085, ausgeführt, leitende Angestellte, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer bildeten keine Gruppe von Arbeitnehmern. Im Erkenntnis vom 5. Mai 1982, 13/3003/80, habe der Verwaltungsgerichtshof seine Ausführungen im Erkenntnis vom 23. März 1982 insofern präzisiert, als er ausgeführt habe, das Gruppenmerkmal habe sich inhaltlich an der Sache zu orientieren, deretwegen die Gruppe gebildet worden sei. Die entscheidungswesentlichen Merkmale müssten sohin betriebsbezogen sein, um eine unterschiedliche Vorgangsweise zu rechtfertigen. Als Gruppe iSd § 3 Z 20 EStG 1972 bzw § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 wären beispielsweise Angestellte des Innendienstes, Angestellte des Außendienstes, Chauffeure, Monteure etc anzusehen.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, die von ihrem Prokuristen geleistete Wochenarbeitszeit sei generell länger als die der übrigen Angestellten. Ihr Prokurist sei auf Grund der besonderen Stresssituation, des ständigen Termindrucks und der erhöhten Verantwortung jedenfalls einer höheren psychischen Belastung, somit einem höheren Risiko ausgesetzt. Ihr Interesse als Arbeitgeber an der Zukunftsvorsorge sei durch die besondere Vertrauensstellung, die Vertretungsberechtigung sowie den besonderen persönlichen Einsatz ihres Prokuristen begründet. Die Zukunftsicherung für ihren Prokuristen sei somit sachlich begründet und leite sich nicht unmittelbar aus der förmlichen handelsrechtlichen Erteilung der Prokura ab.

Auf Ersuchen der belangten Behörde legte die Beschwerdeführerin eine Liste der bei ihr in den Streitjahren beschäftigt gewesenen Angestellten unter Angabe der jeweils ausgeübten Tätigkeit und der jeweils bekleideten handelsrechtlichen Stellung vor. Aus dieser Liste ist ersichtlich, dass in den Streitjahren bis zu sechs Angestellte beschäftigt gewesen sind. Nur für die bereits von der Prüferin genannte Person hat die Beschwerdeführerin Lebensversicherungen abgeschlossen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie unter Hinweis auf Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 3, Tz 20.1, Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 3, Tz 30, sowie in diesen Kommentaren (zum Teil bereits in der Berufungsvorentscheidung) erwähnten hg Erkenntnissen zur Begründung ausführte, leitende Angestellte, zu denen auch Prokuristen gehörten, seien nicht als Gruppe von Arbeitnehmern iSd § 3 Z 20 EStG 1972 bzw § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 anzusehen. Da die Beschwerdeführerin nur für ihren einzigen Prokuristen Lebensversicherungen abgeschlossen habe, sei zu Unrecht bei Berechnung der lohnabhängigen Abgaben ein Freibetrag von 4.000 S jährlich berücksichtigt worden. Darüber hinaus ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 3 Z 20 EStG 1972 bzw § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988, dass ein einziger Arbeitnehmer nicht als bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern angesehen werden könne. Daran ändere die Behauptung der Beschwerdeführerin, in anderen Gesellschaften ihres Konzerns, in denen mehrere Prokuristen beschäftigt seien, seien für sämtliche Prokuristen Lebensversicherungen abgeschlossen worden, nichts. Denn ungeachtet einer konzernmäßigen Verflechtung sei jede einzelne Gesellschaft, nicht jedoch der Konzern als Arbeitgeber der Prokuristen iSd § 47 EStG 1972 bzw 1988 anzusehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Z 20 EStG 1972 bzw § 3 Abs 1 Z 15 EStG 1988 sind von der Einkommensteuer Aufwendungen bzw Zuwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftsicherung seiner Arbeitnehmer, soweit diese Aufwendungen bzw Zuwendungen für bzw an alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen seiner Arbeitnehmer getätigt bzw geleistet werden, oder dem Betriebsratsfonds zufließen und für den einzelnen Arbeitnehmer 4.000 S jährlich nicht übersteigen, von der Einkommensteuer befreit.

Unbestritten ist, dass für Arbeitnehmer abgeschlossene Lebensversicherungen ihrer Zukunftsicherung dienen. Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin Lebensversicherungen für eine bestimmte Gruppe ihrer Arbeitnehmer (hier: für ihren einzigen Prokuristen, nicht jedoch für andere leitende Angestellte) abgeschlossen hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. Oktober 1995, 95/13/0062, Slg Nr 7039/F, ausgeführt hat, setzt die Steuerfreiheit der durch Maßnahmen der Zukunftsicherung von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber gewährten Begünstigung einer Gruppe seiner Arbeitnehmer voraus, dass die unterschiedliche Vorgangsweise sachlich begründbar und nicht willkürlich ist. Die Gruppenmerkmale müssen betriebsbezogen sein, um die unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen.

Im Beschwerdefall richten sich die Gruppenmerkmale nicht nach von bestimmten Angestellten ausgeübten Tätigkeiten, sondern nach der handelsrechtlichen Stellung. Die handelsrechtliche Stellung sagt jedoch über betriebsbezogene Gruppenmerkmale nichts aus. Betriebsbezogene Gruppenmerkmale können sowohl bei Personen, die zur Vertretung eines Unternehmens nach Außen, als auch bei solchen, die dazu nicht befugt sind, vorliegen. Beispielsweise könnte einzelnen Personen der Gruppe "Verkaufspersonal" Prokura erteilt werden. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie den einzigen Prokuristen der Beschwerdeführerin nicht als bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern angesehen hat.

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Administrativverfahren nicht strittig war, geht der - überdies nicht ausgeführte - Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften ins Leere.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 28. Mai 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1996140041.X00

Im RIS seit

19.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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