TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/11 2002/02/0095

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Veröffentlicht am 11.10.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §42 Abs8;
StVO 1960 §52 lita Z7a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 30. Jänner 2002, Zl. Senat-P-00-084, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (mitbeteiligte Partei: JJ in N), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion St. Pölten vom 10. Oktober 2000 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe am 6. März 2000 um 00.52 Uhr in St. Pölten, auf der A 1, Km 59,0, Fahrtrichtung Wien, den Kraftwagenzug mit dem Anhänger-Kennzeichen SL ... gelenkt, wobei er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t - gültig in der Zeit von 22.00 bis 05.00 Uhr - um 26 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 42 Abs. 8 StVO 1960 begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht hervor, dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeug um einen "Sattelanhänger" handle, was aus dem aufgenommenen Radarfoto ersichtlich sei.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung führte die belangte Behörde eine mündliche Berufungsverhandlung durch. Als deren Ergebnis stellte sie als Sachverhalt fest, dass der Mitbeteiligte das Sattelkraftfahrzeug mit einem dem Kennzeichen nach näher bestimmten Sattelanhänger in der im Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz näher umschriebenen Art, Zeit und Örtlichkeit gelenkt habe.

Gestützt auf eine Anmerkung in "StVO, Die österreichische Straßenverkehrsordnung nach der 20. Novelle, ARBÖ-Ausgabe August 1998" und den Umstand, dass in den "erläuternden Bemerkungen zu § 42 Abs. 6 bis 10" StVO der Begriff "Sattelkraftfahrzeuge" nicht verwendet werde, gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass der festgestellte Sachverhalt keine Verwaltungsübertretung bilde.

Die belangte Behörde gab daher der Berufung Folge, hob das erstinstanzliche Straferkenntnis auf und stellte das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein.

In der dagegen erhobenen, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützten Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie wird (zusammengefasst) vorgebracht, es ergebe sich als "logische Schlussfolgerung der Begriffe Lastfahrzeug und Kraftfahrzeug", dass ein Sattelkraftfahrzeug auch ein Lastkraftfahrzeug sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die in § 42 Abs. 8 erster Satz StVO 1960 normierte Verkehrsbeschränkung steht unter der Überschrift "Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge". Auch die Bestimmung des § 52 lit. a Z. 7a StVO 1960 regelt Fahrverbote für Lastkraftfahrzeuge. Es ist kein vernünftiger Grund zu ersehen, dass der Gesetzgeber zu den Verkehrsbeschränkungen der §§ 42 Abs. 8 und 52 lit. a Z. 7a StVO 1960 eine unterschiedliche Begriffsbestimmung vornehmen wollte, weshalb zum Verständnis des Begriffes "Lastkraftfahrzeug" in § 42 Abs. 8 StVO 1960 auf die zu § 52 lit. a Z. 7a StVO 1960 ergangene hg. Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann, wonach dieses Verbot auch Sattelkraftfahrzeuge umfasst (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1988, Zl. 85/03/0149, und vom 5. August 1999, Zl. 99/03/0200). Somit betrifft die Geschwindigkeitsbeschränkung des § 42 Abs. 8 erster Satz StVO 1960 auch Sattelkraftfahrzeuge. Diesem Verständnis stehen weder die von der belangten Behörde erwähnte Literaturstelle (diese stellt ohne jede Begründung den Satz in den Raum "Abs. 8 gilt nicht für Sattelzugfz und Satellkfz") noch die Erläuterungen (RV BlgNR 18. GP, 27) - denen nichts Gegenteiliges zu entnehmen ist - entgegen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 11. Oktober 2002

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002020095.X00

Im RIS seit

20.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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