TE Vwgh Beschluss 2002/11/12 2002/01/0490

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Veröffentlicht am 12.11.2002
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Index

L03501 Gemeindewahl Bürgermeisterwahl Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art117 Abs2;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art26 Abs1;
B-VG Art95 Abs1;
GdWO Bgld 1992 §17 Abs1;
GdWO Bgld 1992 §17 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, in der Beschwerdesache des Dr. P, Wien, gegen den Bescheid der Bezirkswahlbehörde O vom 11. September 2002, betreffend Nichtaufnahme in das Wählerverzeichnis, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde als Bezirkswahlbehörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen "die Entscheidung der Gemeindewahlbehörde der Gemeinde U vom 23. August 2002" gemäß § 25 Abs. 3 der (Burgenländischen) Gemeindewahlordnung 1992 (GemWO) nicht Folge und sprach aus, dass der Beschwerdeführer für die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 6. Oktober 2002 nicht in das Wählerverzeichnis aufzunehmen sei. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz GemWO seien zur Wahl des Gemeinderates und zur Wahl des Bürgermeisters alle Männer und Frauen wahlberechtigt, die die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen oder Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union seien, am Stichtag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet hätten, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen seien und in der Gemeinde ihren Wohnsitz (§ 17) hätten. Gemäß § 17 Abs. 1 GemWO sei der Wohnsitz einer Person im Sinne dieses Gesetzes jedenfalls an dem Ort begründet, an dem sie ihren Hauptwohnsitz habe. Ein Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes sei auch an dem Ort begründet, an dem sich die Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen habe, diesen zu einem Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen, beruflichen, familiären oder gesellschaftlichen Lebensverhältnisse zu machen, wobei zumindest zwei dieser Kriterien erfüllt sein müssten. Dabei genüge es, dass der Ort nur bis auf weiteres zu diesem Mittelpunkt frei gewählt worden sei (Abs. 2). Ein Wohnsitz gelte jedenfalls dann nicht als begründet, wenn

1. der Aufenthalt a) bloß der Erholung oder Wiederherstellung der Gesundheit diene,

b)

lediglich zu Urlaubszwecken gewählt worden oder

c)

aus anderen Gründen offensichtlich nur vorübergehend sei oder

              2.              die Person in der Gemeinde nach melderechtlichen Vorschriften nicht gemeldet sei.

Zusammenfassend bedeute dies, dass eine Person am Ort des Hauptwohnsitzes jedenfalls wahlberechtigt sei. Am Ort des sonstigen Wohnsitzes ("weiterer Wohnsitz" oder "Zweitwohnsitz") sei eine Person nur wahlberechtigt, wenn sie an diesem Ort nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 gemeldet sei und von den oben genannten vier Mittelpunktsarten zwei Mittelpunkte in dieser Gemeinde lägen und der Aufenthalt nicht vorübergehend sei, nicht zu Urlaubszwecken und nicht bloß der Erholung oder Wiederherstellung der Gesundheit diene. Fallbezogen habe die belangte Behörde die Auffassung vertreten, dass beim Beschwerdeführer keine zwei Mittelpunkte von den vier normierten Mittelpunktsarten in der Gemeinde U lägen.

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Eintragung in das Wählerverzeichnis und damit in seinem aktiven Wahlrecht für Gemeinderatswahlen gemäß den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung 1992 verletzt. Er wendet sich in seiner Beschwerde dagegen, dass die belangte Behörde - in Verkennung des Begriffes des Wohnsitzes nach § 17 Abs. 1 und 2 GemWO - im angefochtenen Bescheid keine auch nur annähernd den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Begründung getroffen habe.

Im Beschwerdefall ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes aus folgendem Grund nicht gegeben:

Gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, der Verfassungsgerichtshof. Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, sind gemäß Art. 133 Z 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird das durch Art. 117 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 und Art. 95 Abs. 1 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Wahlrecht zum Gemeinderat durch jede rechtswidrige Verweigerung der Eintragung in das Wählerverzeichnis verletzt. Dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht wird auch verletzt, wenn das zur Nichteintragung führende Verfahren gravierende Mängel aufweist (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 19. März 1993, VfSlg. 13.377, und vom 1. März 1999, VfSlg. 15.437, betreffend die Verletzung des Wahlrechts zum Gemeinderat und auf Teilnahme an der Bürgermeisterwahl durch Nichtaufnahme in das Wählerverzeichnis nach der GemWO, sowie das Erkenntnis vom 27. Juni 2001, B 675/00).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zur Entscheidung über Beschwerden gegen derartige behauptete Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Wahlrechte - unter Verneinung eines "selbständigen Charakters" des Rechtes auf Eintragung in das Wählerverzeichnis - wiederholt für unzuständig erklärt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 22. Mai 2001, Zl. 2001/01/0004, mwN).

In der Behauptung, der angefochtene Bescheid enthalte keine auch nur annähernd den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Begründung, macht der Beschwerdeführer jedenfalls einen im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gravierenden Mangel des zu seiner Nichtaufnahme in das Wählerverzeichnis führenden Verwaltungsverfahrens und damit eine in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fallende Verletzung seines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Wahlrechts zum Gemeinderat (und des Rechts auf Teilnahme an der Bürgermeisterwahl) geltend, weshalb die vorliegende Beschwerde durch einen gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen war.

Wien, am 12. November 2002

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002010490.X00

Im RIS seit

27.02.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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