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L82407 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Tirol;Norm
ALSAG 1989 §2 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Bumberger, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der K Erdbewegungs- und Transport GesmbH in R bei Kitzbühel, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger, Rechtsanwalt in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8/I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. August 2001, Zl. U-3983/2, betreffend Entfernungsauftrag nach dem Tiroler AWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (BH) trug mit Bescheid vom 27. Juni 2001 der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 2 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 50/1990, in der Fassung LGBl. Nr. 76/1998 (TAWG) auf, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes bis 27. Juli 2001 den laut der (beiliegenden) Skizze der Zollwachabteilung K. vom 27. April 2001 aufgebrachten Klärschlamm vom Erdwall vollständig zu entfernen, den Klärschlamm ordnungsgemäß zu entsorgen und der Behörde einen schriftlichen Entsorgungsnachweis zu übermitteln. Der Zeitpunkt der Wiederherstellungsmaßnahmen sei der BH unaufgefordert 3 Tage vorher bekannt zu geben.
Dies wird damit begründet, dass die BH am 26. April 2001 davon Kenntnis erlangt habe, dass auf dem bei der Bodenaushubdeponie H. errichteten Erdwall Klärschlamm aufgebracht worden sei. Bei einem Lokalaugenschein sei dieser Sachverhalt bestätigt worden. Die weitere Aufbringung von Klärschlamm sei in Anwendung unmittelbarer Befehlsgewalt gemäß § 13 Abs. 2 TAWG eingestellt worden. Über die Amtshandlung sei ein Aktenvermerk verfasst worden. In der Folge habe die Zollwachabteilung K. nähere Erhebungen vorgenommen und eine Anzeige vorgelegt, welcher Skizzen und Fotos beigeschlossen gewesen seien. Daraufhin seien Strafverfahren gegen die handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sowie der M.-GesmbH wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz eingeleitet worden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe sich im Strafverfahren mit Schriftsatz vom 15. Juni 2001 gerechtfertigt und grundsätzlich nicht in Abrede gestellt, Klärschlamm aufgebracht zu haben. Es handle sich seiner Ansicht nach aber um eine zulässige Verwertung von Klärschlamm. Der ungetrocknete und getrocknete Klärschlamm aus der Abwassereinigungsanlage Söll entspreche in den chemischen und seuchenhygienischen Untersuchungen den Anforderungen der Tiroler Klärschlammverordnung 2000; der Klärschlamm der Verbandskläranlage Erpfendorf entspreche in der chemischen und seuchenhygienischen Untersuchung den Anforderungen der Richtlinien für die Ausbringung von Klärschlamm auf Böden der Tiroler Landesregierung aus dem Jahre 1987. In der zusätzlich durchgeführten PCB-Analyse seien keine polychlorierten Biphenyle im Klärschlamm nachgewiesen worden. Zum Zeitpunkt der Aufbringung sei außerdem das Merkblatt "Klärschlammverwertung" des Amtes der Tiroler Landesregierung bekannt gewesen, welchen Vorgaben man Rechnung getragen habe. Auch den novellierten Bestimmungen des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) habe man Rechnung getragen; die Vorgangsweise entspreche auch der EU-Richtlinie 75/442/EWG. Böschungsbegrünungen mit Klärschlamm würden seit Jahren von den verschiedensten Unternehmungen in Tirol durchgeführt, ohne dass es bisher zu Beanstandungen gekommen wäre. Es liege eine zulässige Verwertung und keine unbefugte Ablagerung von Klärschlamm vor.
Im Rahmen ihrer rechtliche Würdigung gab die BH die Vorschriften des § 10 Abs. 1 und 2 sowie § 12 Abs. 1 TAWG wieder und verwies auf die Novelle zum ALSAG durch das Budget-Begleitgesetz, BGBl. I Nr. 142/2000. Die dortigen Vorschriften für die Verwertung von Klärschlämmen sähen eine Befreiung von der Beitragspflicht dann vor, wenn die im § 3 Abs. 3 ALSAG definierten Voraussetzungen erfüllt würden. Nur bei Einhaltung der Vorgaben, auf die der Verpflichtete selbst verwiesen habe, liege eine zulässige Verwertung im Sinne des § 2 Abs. 3 AWG vor. Die beiden in § 3 Abs. 3 ALSAG letztgenannten Voraussetzungen, nämlich die Herstellung der Rekultivierungsschicht nach detaillierten Plänen und die Erfüllung der Anforderungen der Anlage 1 des ALSAG habe die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen. Außerdem sei zweifelsfrei reiner Klärschlamm aufgebracht worden, es handle sich somit eindeutig nicht um kulturfähige Erde, weshalb auch die zweitgenannte Voraussetzung des § 3 Abs. 3 ALSAG nicht erfüllt worden sei. Es könne also nicht von einer zulässigen Verwertung des Klärschlammes gesprochen werden. Es möge sein, dass die rechtlichen Vorgaben für die Verwertung von Klärschlamm für einen abfallrechtlichen Laien nur schwer nachvollziehbar seien. Nichts desto trotz seien die Normen des novellierten ALSAG hinsichtlich der zulässigen Verwertung von Klärschlamm eindeutig und in dieser Hinsicht die Ausführungen im Merkblatt "Klärschlammverwertung" des Amtes der Tiroler Landesregierung aus dem Herbst 2000 überholt.
Würden betriebliche Abfälle entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen kompostiert, gesammelt oder abgeführt, so habe gemäß § 13 Abs. 2 TAWG die Bezirksverwaltungsbehörde gegen den betreffenden Betriebsinhaber nach Abs. 1 vorzugehen. Weil im gegenständlichen Fall keine zulässige Verwertung von Klärschlamm vorliege, sei die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufzutragen. Die Vorgaben des § 3 Abs. 3 Z. 1 und 2 ALSAG, auf die der Verpflichtete selbst verweise, seien nicht eingehalten worden. Da somit einer einzelstaatlichen Klärschlammregelung nicht entsprochen werde, hinke auch der Querverweis des Verpflichteten auf die EU-Richtlinie 75/442/EWG, R10.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und wandte ein, das gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eingeleitete Strafverfahren nach § 27 Abs. 1 lit. f TAWG sei zwischenzeitig eingestellt worden. Die Voraussetzungen für eine Veranlassung gemäß § 13 Abs. 2 TAWG lägen nicht vor, weil der Klärschlamm von der Beschwerdeführerin weder kompostiert, noch gesammelt oder abgeführt worden sei. Im Übrigen entspreche die Verwendung von - chemisch und seuchenhygienisch einwandfreiem - Klärschlamm zur Böschungsbegrünung, also zum Nutzen der Ökologie, der zitierten Richtlinie der EU. Unter den Verwertungsverfahren in Anhang IIB und zwar unter R10 sehe diese Richtlinie ausdrücklich die Aufbringung auf den Boden zum Nutzen der Landwirtschaft oder der Ökologie vor, demgemäß widerspreche der angefochtene Bescheid dem Gemeinschaftsrecht. Zur Heranziehung des § 3 Abs. 3 ALSAG sei zu bemerken, dass daraus nicht ableitbar sei, dass Rekultivierungsschichten, die den dort genannten Voraussetzungen nicht entsprächen, verboten seien. Die zitierte Gesetzesbestimmung befasse sich ausschließlich mit der Beitragspflicht und schließe keineswegs aus, dass andere Rekultivierungsschichten zulässig seien, dann allerdings von der Beitragspflicht ab 1. Jänner 2001 nicht mehr ausgenommen wären.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. August 2001 entschied die belangte Behörde über die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahingehend, dass unter Spruchpunkt 1. die Berufung als unbegründet abgewiesen und unter Spruchpunkt 2. der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend abgeändert wurde, sodass dieser nunmehr einen - mit den aufgetragenen Maßnahmen der BH gleichlautenden - Auftrag an die Beschwerdeführerin gemäß § 27 Abs. 6 TAWG zur Beseitigung des durch die strafbare Handlung herbeigeführten Zustandes enthält. Als Zeitpunkt, bis zu welchem die Entfernung und ordnungsgemäße Entsorgung des Klärschlammes zu erfolgen habe, wurde der 7. September 2001 neu festgesetzt.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht nach der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Inhaltes der Berufung hervor, es sei unbestritten, dass die Beschwerdeführerin reinen Klärschlamm zum Zwecke der Rekultivierung eines Erdwalles aufgebracht habe. Es sei daher zu prüfen, ob die Aufbringung des Klärschlammes eine zulässige Verwertung im Sinne der abfallrechtlichen Bestimmungen darstelle. Eine Definition der zulässigen Verwertung von Klärschlamm sei weder dem Landes- noch dem Bundes-Abfallwirtschaftsgesetz zu entnehmen. Daher sei dieser Begriff anhand anderer abfallrechtlicher Vorschriften auszulegen. Hiebei biete das ALSAG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000 Anknüpfungspunkte. Intention der am 1. Jänner 2001 in Kraft getretenen Bestimmung des § 3 Abs. 3 ALSAG sei es gewesen, den Einsatz bestimmter, gering belasteter Abfälle für Rekultivierungsschichten zu ermöglichen, ohne dass ALSAG-Beiträge entrichtet werden müssten. Dabei sei der Bundesgesetzgeber darauf bedacht gewesen, Qualitätskriterien festzulegen, welche gewährleisteten, dass das aufgebrachte Material in Aufbau und Eigenschaften einem natürlichen Boden entspreche. Erde aus Abfällen sollte unter Berücksichtigung eines vorsorgenden Umweltschutzes die für einen Pflanzenstandort relevanten Bodenfunktionen erfüllen. Gleichzeitig seien damit aber Kriterien geschaffen worden, um die Schutzinteressen der Abfallwirtschaftsgesetze zu wahren. So sei davon auszugehen, dass bei Aufbringung von Rekultivierungsschichten, die den Vorgaben des ALSAG entsprächen, die abfallrechtlichen Schutzinteressen nicht verletzt und die dabei verwendeten Abfälle zulässig verwertet würden. Der Gesetzgeber habe damit eine Definition für die ordnungsgemäße Verwertung dieser Abfälle geschaffen. Im Anlassfall bedeute dies, dass seit 1. Jänner 2001 für die Aufbringung von Klärschlamm zum Zwecke der Rekultivierung die Bestimmungen des ALSAG maßgeblich seien, weil der Bundesgesetzgeber nunmehr klar zum Ausdruck gebracht habe, in welcher Form Klärschlamm einer zulässigen Verwertung zuzuführen sei. Zum europarechtlichen Vorbringen der Beschwerdeführerin werde bemerkt, dass das in Anhang IIB R10 angeführte Verwertungsverfahren unter dem Vorbehalt stehe, dass die Abfälle verwertet werden müssten, ohne dass die menschliche Gesundheit gefährdet und ohne dass Verfahren oder Methoden verwendet würden, welche die Umwelt schädigen könnten. Demnach bestehe sogar eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten bei der Zulassung von Verwertungsverfahren für Klärschlamm Vorkehrungen gegen Gesundheitsgefährdungen und Umweltschädigungen zu treffen. Mit der gegenständlichen Gesetzesstelle sei dieser Vorgabe entsprochen worden. Zusammenfassend sei somit festzuhalten, dass seit Inkrafttreten der Novelle des ALSAG, also seit 1. Jänner 2001, die zulässige Verwertung von Klärschlamm durch Aufbringung definiert sei und die Vorgaben der Novelle seit diesem Zeitpunkt einzuhalten seien.
Auf Grund des Ermittlungsverfahrens der BH stehe fest, dass die Aufbringung des Klärschlammes keine zulässige Verwertung darstelle; vielmehr sei der Klärschlamm unbefugt abgelagert worden. Nach Wiedergabe der Vorschriften der §§ 27 Abs. 1 lit. f und Abs. 6 TAWG vertrat die belangte Behörde in Abweichung von der Rechtsansicht der Erstbehörde die Ansicht, dass diese Bestimmung heranzuziehen sei, da § 13 Abs. 2 TAWG auf den Betriebsinhaber ziele. Die Beschwerdeführerin sei jedoch nicht Inhaberin der Betriebe, in welchen die gegenständlichen Klärschlämme angefallen seien. Die Vorschreibungen des erstinstanzlichen Bescheides ließen sich auch unter § 27 Abs. 6 TAWG subsumieren. Die Berufung erweise sich somit als unbegründet; unter Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG sei jedoch der Spruch im Hinblick auf die anzuwendenden Gesetzesstellen abzuändern gewesen und die Frist für die Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen zu verlängern. Im Übrigen würden die von der Erstbehörde aufgetragenen Maßnahmen als ausreichend erachtet, den durch die strafbare Handlung herbeigeführten Zustand soweit als möglich zu beseitigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, eine der Voraussetzungen eines Beseitigungsauftrages gemäß § 27 Abs. 6 TAWG sei nicht gegeben, weil der für die Beschwerdeführerin verantwortliche Geschäftsführer (und damit diese) keine Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs. 1 leg. cit. begangen habe, zumal das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Geschäftsführer gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt worden sei. Überall in Österreich werde ökologisch unbedenklicher Klärschlamm zur Böschungsbegrünung verwendet und stelle eine zulässige Verwertung im Sinne der abfallrechtlichen Bestimmungen dar. Die von der Behörde ins Treffen geführte Novellierung des ALSAG sei eine fiskalische Maßnahme; § 3 Abs. 3 ALSAG stelle keineswegs die Definition der "zulässigen Verwertung" im Sinne der abfallrechtlichen Bestimmungen dar. Schließlich werde die Aufbringung von Klärschlamm im Anhang IIB der Abfallrichtlinie ausdrücklich als Verwertungsverfahren unter R10 genannt und damit klargestellt, dass die Aufbringung von Klärschlamm auf den Boden Verwertung im Sinne der in der Union geltenden Rechtsnormen darstelle. Im Übrigen enthalte der dritte Abschnitt des Tiroler Feldschutzgesetzes 2000 sogar Regelungen für die Aufbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Grundflächen, was bedeute, dass der Tiroler Landesgesetzgeber sehr wohl, wenn auch unter bestimmten Bedingungen, die Aufbringung von Klärschlamm als eine "zulässige Verwertung" betrachte.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im vorliegenden Fall entscheidenden Bestimmungen des TAWG lauten:
"§ 1. (1) Dieses Gesetz gilt für alle Abfälle mit Ausnahme von gefährlichen Abfällen sowie den in § 3 Abs. 3 Z. 1 bis 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 115/1997, genannten Abfällen.
...
§ 2. ...
(3) Betriebliche Abfälle sind alle diesem Gesetz unterliegenden Abfälle mit Ausnahme des Hausmülls.
..
(5) Die Entsorgung von Abfällen umfasst die Sammlung, die Abfuhr, die Zwischenlagerung, die Verwertung, die Behandlung und die Ablagerung von Abfällen.
§ 4. (1) Für die Abfallwirtschaft gelten folgende Grundsätze:
a)
...
b)
Abfälle sind stofflich oder thermisch zu verwerten, soweit dies ökologisch vorteilhaft und technisch möglich ist, die dabei entstehenden Mehrkosten im Vergleich zu anderen Verfahren der Abfallentsorgung nicht unverhältnismäßig sind und ein Markt für die gewonnenen Stoffe oder die gewonnene Energie vorhanden ist oder geschaffen werden kann;
c) Abfälle, die verwertbar sind, sind je nach ihrer Beschaffenheit zu behandeln. Feste Rückstände sind möglichst reaktionsarm und konditioniert geordnet abzulagern.
(2) Abfälle sind so zu entsorgen, dass
a) die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet wird und unzumutbare Belästigungen von Menschen nicht bewirkt werden,
b) keine Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen verursacht werden,
c) die Umwelt nicht über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt wird,
d)
keine Brand- und Explosionsgefahren herbeigeführt werden,
e)
nicht Geräusche und Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden,
f) das Auftreten und die Vermehrung von schädlichen Tieren und Pflanzen sowie von Krankheitserregern nicht begünstigt werden,
g)
die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gestört wird,
h)
das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild so gering wie möglich beeinträchtigt wird.
§ 27. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
a)
...
f)
unbefugt Abfälle ablagert oder wegwirft, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung oder einer anderen Verwaltungsübertretung erfüllt,
...
(6) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat einer Person, die eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 begangen hat, unabhängig von ihrer Bestrafung oder ihrer allfälligen Schadenersatzpflicht aufzutragen, den durch die strafbare Handlung herbei geführten Zustand soweit wie möglich zu beseitigen."
§ 45 Abs. 1 VStG lautet:
"§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen."
§ 3 Abs. 3 ALSAG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000) lautete:
"(3) Von der Beitragspflicht ausgenommen ist eine Rekultivierungsschicht von maximal 2 m Dicke für Deponien, für Verfüllungen oder im Rahmen von Geländeanpassungen, wenn der Nachweis der Einhaltung folgender Voraussetzungen erbracht wird:
1. Die Rekultivierungsschicht wird aus kulturfähiger Erde (§ 2 Abs. 15) hergestellt, wobei Hausmüll oder hausmüllähnliche Abfälle (einschließlich Abfälle aus der mechanisch-biologischen Behandlung) nicht als Ausgangsmaterial verwendet werden, und
2. die Herstellung erfolgt nach detaillierten Plänen eines konkreten Projekts, wobei die relevanten Bodenfunktionen (zB Lebensraum-, Filter-, Puffer- und Transformatorfunktion) gewährleistet und die Anforderungen der Anlage 1 eingehalten werden."
Das TAWG gilt für alle Abfälle mit Ausnahme von gefährlichen Abfällen sowie den im § 3 Abs. 3 Z. 1 bis 8 AWG genannten Abfällen. Im gegenständlichen Fall ist von den Verfahrensparteien unbestritten, dass es sich beim aus den Abwasserreinigungsanlagen Söll und Erpfendorf stammenden Klärschlamm um nicht gefährlichen Abfall - nach dem Inhalt der Anzeige vom 11. Mai 2001 handelt es sich um die Schlüsselnummer 94501 der ÖNORM S 2100 - handelt, auf den daher die Vorschriften des TAWG Anwendung finden.
Die Beschwerdeführerin bringt eingangs der Beschwerde vor, § 27 Abs. 6 leg. cit. finde deshalb keine Anwendung, weil sie bzw. ihr nach außen vertretungsbefugtes Organ (Geschäftsführer) keine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 begangen habe.
Notwendiges Tatbestandselement für eine Auftragserteilung nach § 27 Abs. 6 TAWG ist, dass der Beauftragte eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 begangen hat. Die im vorliegenden Fall in Frage kommende Verwaltungsübertretung ist die des § 27 Abs. 1 lit. f TAWG (erster Fall), nämlich das "unbefugte Ablagern von Abfällen."
Mit dem Hinweis darauf, das deswegen gegen die Beschwerdeführerin bzw. ihren Geschäftsführer geführte Verwaltungsstrafverfahren sei gemäß § 45 VStG eingestellt worden, ist für die Beschwerdeführerin aber nichts zu gewinnen.
Aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus dem Aktenvermerk der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz vom 26. Juni 2001 und aus der der Beschwerdeführerin zugegangenen Mitteilung über die Einstellung des Strafverfahrens, geht hervor, dass das Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt wurde. Ob das Verwaltungsstrafverfahren nun wegen Erfüllung des 1. Tatbestandes der Z. 1 ("die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat kann nicht als erwiesen angenommen werden") oder des 2. Tatbestandes ("die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat bildet keine Verwaltungsübertretung") eingestellt wurde, ist aber nicht erkennbar. Damit kann dieser Einstellung aber nicht in einer andere Behörden bindenden Weise eine Entscheidung der hier relevanten Vorfrage entnommen werden, ob nämlich der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen hat oder nicht. Eine Einstellung des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 2, erster Fall VStG (der genau diesen Fall der Nichtbegehung einer Verwaltungsübertretung als Einstellungsgrund nennt), liegt im gegenständlichen Fall gerade nicht vor, sodass aus der im vorliegenden Fall erfolgten Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG nicht in rechtsverbindlicher Weise abzuleiten ist, der Beschuldigte habe die Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 gar nicht begangen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 18. März 1992, Zl. 91/12/0018).
Die belangte Behörde hatte daher aus Eigenem zu prüfen, ob die Verwaltungsübertretung durch die Beschwerdeführerin begangen wurde; sie hat dies aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen bejaht. Entscheidend dafür war die Annahme der belangten Behörde, die Aufbringung von Klärschlamm auf die Böschungen stelle keine Verwertung sondern eine unbefugte Ablagerung von Abfällen dar.
Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang die Ansicht vertreten, es fände sich weder im TAWG noch im AWG eine Definition einer zulässigen Verwertung von Klärschlamm, weshalb auf § 3 Abs. 3 ALSAG zurück gegriffen werden müsste, der entsprechende Regeln enthalte. Abgesehen davon, dass der Heranziehung von Begriffsinhalten eines Bundesgesetzes zur Auslegung eines Landesgesetzes bereits kompetenzrechtliche Bedenken entgegen stehen, irrt die belangte Behörde auch hinsichtlich ihres Verständnisses des § 3 Abs. 3 ALSAG. Der zitierten Norm ist keine Aussage darüber zu entnehmen, was unter einer zulässigen Verwertung von Klärschlamm bei Aufbringung auf eine Grundfläche zu verstehen ist und ab wann keine Verwertung vorliegt. Auch Maßnahmen, die den dort umschriebenen Kriterien nicht entsprechen, können Verwertung von Abfall darstellen. Die (unter fiskalischen Gesichtspunkten getroffenen) Ausnahmeregeln von der sonst vorliegenden Beitragsleistung können zur Auslegung des Begriffes "Verwertung von Abfällen" nicht herangezogen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt mit der Frage befasst, ob die Ausbringung auf Klärschlamm auf einem Grundstück eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfall im Sinne des § 2 Abs. 3 AWG darstellt. Das dem AWG zu Grunde liegende Verständnis, dass mit einer zulässigen Verwertung von Abfällen die Abfalleigenschaft selbst endet (vgl. § 2 Abs. 3 AWG), findet sich auch im TAWG. Läge eine zulässige Verwertung (hier: stofflicher Art) von Abfall zur Begrünung bzw. Rekultivierung eines Erdwalls im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. b TAWG vor, könnte nicht mehr davon ausgegangen werden, es sei (bloß) "unbefugt Abfall abgelagert worden." Die in den zu § 2 Abs. 3 AWG in Verbindung mit § 10 ALSAG ergangenen hg. Erkenntnissen dargestellten Kriterien können daher auch auf das TAWG übertragen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit hg. Erkenntnissen vom 27. Juni 2002, Zl. 2002/07/0014, und zuletzt vom 18. September 2002, Zl. 2001/07/0172, die Ansicht vertreten, dass eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Klärschlamm nur dann vorliege, wenn die betreffende Sache unbedenklich für den beabsichtigten Zweck einsetzbar sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2001, Zl. 2000/07/0280). Eine zulässige Verwendung oder Verwertung sei aber insbesondere dann nicht gegeben, wenn durch diese Verwendung oder Verwertung die Beeinträchtigung umweltrelevanter Schutzgüter zu besorgen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. August 2000, Zl. 2000/07/0031). Im TAWG findet sich eine Darstellung der umweltrelevanten Schutzgüter, die - u.a. bei der Verwertung von Abfällen - nicht beeinträchtigt werden dürfen, in § 4 Abs. 2.
Entscheidend dafür, ob im vorliegenden Fall eine Verwertung von Klärschlamm und damit ein Ende seiner Abfalleigenschaft vorliegt, ist daher, ob durch die Verwendung der Aufbringung auf einen Erdwall zu Begrünungszwecken die Beeinträchtigung umweltrelevanter Schutzgüter zu besorgen war.
Mit dieser Frage hat sich die belangte Behörde aber nicht befasst. Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren die von der BH in ihrer Bescheidbegründung erwähnten Gutachten hinsichtlich der Qualität des Klärschlammes beider Abwasserreinigungsanlagen vorgelegt. So ist dem Gutachten über die Zusammensetzung des Klärschlamms der Kläranlage Söll vom 25. März 2001 zu entnehmen, dass der Klärschlamm in den chemischen und seuchenhygienischen Untersuchungen den Anforderungen der (damals in Kraft gestandenen und Grenzwerte vorschreibenden) Tiroler Klärschlammverordnung 2000 entsprochen habe. Dem Inhalt der chemischen Klärschlammanalytik und der seuchenhygienischen Klärschlammuntersuchung des Klärschlammes der Verbandskläranlage Erpfendorf vom August 2000 nach entsprach der Klärschlamm den Anforderungen der damals in Kraft stehenden Richtlinien der Tiroler Landesregierung für die Ausbringung von Klärschlamm auf Böden. Aus den in diesen Gutachten dargestellten Angaben über Qualität und Zusammensetzung der Klärschlämme könnte sich daher ergeben, dass mit der Aufbringung des Klärschlammes keine Gefahr für umweltrelevante Schutzgüter einher ging.
Die belangte Behörde hat sich aber weder mit dem Inhalt dieser Gutachten noch - hinsichtlich des Gutachtens betreffend den Klärschlamm aus der Abwasserreinigungsanlage Erpfendorf - mit der Frage ihrer Aktualität für den im April 2001 abgelagerten Klärschlamm auseinander gesetzt noch hat sie Feststellungen über die Bodenqualität und Wasserverhältnisse im Bereich der angeschütteten Böschungen getroffen.
Es ist aber nicht auszuschließen, dass die belangte Behörde bei entsprechenden Feststellungen zur Ansicht gelangt wäre, mit der Ausbringung des in der Rede stehenden Klärschlammes auf den konkreten Untergrund sei keine Gefährdung umweltrelevanter Schutzgüter einhergegangen. Läge aber solcherart eine zulässige Verwertung von Klärschlamm vor, hätte die Beschwerdeführerin (bzw. ihr Geschäftsführer) nicht "unbefugt Abfall abgelagert" und keine Verwaltungsübertretung gemäß § 27 Abs. 1 lit. f TAWG in Verbindung mit § 10 Abs. 2 leg. cit. begangen. Ein Auftrag nach § 27 Abs. 6 TAWG hätte diesfalls nicht ergehen dürfen.
Der aufgezeigte (sekundäre) Begründungsmangel gründet in der unzutreffenden Rechtsansicht, § 3 Abs. 3 ALSAG regle die Voraussetzungen für eine zulässige Verwertung von Abfällen nach dem TAWG. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 12. Dezember 2002
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001070125.X00Im RIS seit
24.03.2003