TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/31 2002/02/0124

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Veröffentlicht am 31.01.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §31 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs2 lite;
StVZV 1998;
VStG §44a Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des AH in D, vertreten durch Brandtner & Reiner, Rechtsanwälte OEG in 6800 Feldkirch, Drevesstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 5. April 2002, Zl. 1-0126/02/E4, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. April 2002 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe "im engeren Zeitraum (zwei bis drei Wochen) vor der 26. Kalenderwoche 2001, festgestellt in der

26. Kalenderwoche 2001" in Dornbirn, ca. 80 m vor dem Gasthaus K, am näher bezeichneten öffentlichen Weg Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (Straßenverkehrszeichen "Fahrverbot - in beiden Richtungen") mit der Zusatztafel "gilt auch für Mountainbiker" unbefugt angebracht.

Er habe eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 2 lit. e in Verbindung mit § 31 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 109,01 (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 54 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, auf Grund einer durchgeführten mündlichen Verhandlung stehe fest, dass der Beschwerdeführer im zeitigen Frühjahr des Jahres 2001 rechts neben dem K-weg ca. 80 m vor dem "Alpengasthaus K" das Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a Z. 1 StVO "Fahrverbot (in beiden Richtungen)" aufgestellt habe. Im weißen Feld dieses Verkehrszeichens habe er die Aufschrift "Privatweg" angebracht. Weiter habe er in die weiße Fläche dieses Verkehrszeichens einen Zettel mit der Aufschrift "AB 80,8 m" eingeklebt. Als Zusatztafel sei die Aufschrift "gilt auch für Mountainbiker" angebracht worden. Die Aufstellung sei der Städtischen Sicherheitswache in der 26. Kalenderwoche des Jahres 2001 zur Kenntnis gebracht worden.

Bei der gegenständlichen Straßenstelle handle es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr. Der Zeitpunkt der Aufstellung des gegenständlichen Verkehrszeichens sei zwar bestritten worden, jedoch kein anderer als der angelastete Tatzeitraum konkret bekannt gegeben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die hier maßgeblichen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung 1960 lauten:

"§ 31. Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs.

(1) Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (insbesondere Verkehrsampeln, Signalscheiben, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsleiteinrichtungen, Sockel für Verkehrsposten, Verkehrstürme, Schutzinseln, Sperrketten, Geländer, Begrenzungspfeiler, Randsteine, radableitende Randbegrenzungen, Straßenbeleuchtungseinrichtungen, Schneegatter, Verkehrsspiegel und das allenfalls mit solchen Einrichtungen verbundene Rückstrahlmaterial) dürfen nicht beschädigt oder unbefugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihre Lage oder Bedeutung verändert werden.

(2) Es ist verboten, an den in Abs. 1 bezeichneten Einrichtungen Beschriftungen, bildliche Darstellungen, Anschläge, geschäftliche Anpreisungen oder dgl. anzubringen. Dies gilt jedoch nicht für das Anbringen von Tabellen für Preise von Taxi- und Ausflugsfahrten unter den in § 96 Abs. 4 genannten Straßenverkehrszeichen sowie für die Nutzung der Rückseite der in Abs. 1 bezeichneten Einrichtungen gemäß § 82 Abs. 3 lit. f.

§ 99

...

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen,

...

e) wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden."

Die Straßenverkehrsordnung enthält keine Begriffsbestimmung des Wortes "Straßenverkehrszeichen". Im Abschnitt D des Gesetzes, der mit "Straßenverkehrszeichen" überschrieben ist, wird in § 48 die Anbringung der Straßenverkehrszeichen festgesetzt. Danach sind nach Abs. 1 Straßenverkehrszeichen als Schilder aus festem Material unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen, dass sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Im Verlauf derselben Straße sind womöglich Straßenverkehrszeichen mit gleichen Abmessungen zu verwenden. Gemäß § 48 Abs. 2 StVO sind Straßenverkehrszeichen auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. Gemäß dessen Abs. 5 hat der Abstand zwischen dem unteren Rand eines Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn bei seitlicher Anbringung im Regelfall zwischen 0,60 m und 2,20 m zu betragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 7. Februar 1963, VwSlg 5963/A, ausgesprochen, dass als Verkehrszeichen ein stabil angebrachtes Zeichen anzusehen ist, das an einer Seite (bzw. nunmehr auf Grund diesbezüglich geänderter Rechtslage auch oberhalb der Fahrbahn) der Straße mit öffentlichem Verkehr angebracht wird und schon nach seiner ganzen Aufmachung dazu bestimmt ist, den Verkehr an dieser Straßenstelle zu regeln. Diese Definition ist abgesehen von den nach § 48 Abs. 1a StVO später hinzugekommenen - hier nicht interessierenden - technisch anderen Ausführungsmöglichkeiten und unter Berücksichtigung der Straßenverkehrszeichenverordnung 1998 - StVZVO 1998, BGBl. II Nr. 238, weiterhin gültig. Die StVZVO 1998 enthält nähere Bestimmungen über die Beschaffenheit von Straßenverkehrszeichen.

Es kommt entgegen der Meinung des Beschwerdeführers für die Wertung des gegenständlichen "Fahrverbotszeichens" als "Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs" gemäß § 31 Abs. 1 und § 99 Abs. 2 lit. e StVO nicht darauf an, ob dieses Zeichen den Bestimmungen der StVO und der StVZVO 1998 (insbesondere deren Anlagen 3 bis 7) exakt entspricht, sondern darauf, ob es nach dem Maßstab eines mit den gesetzlichen Werten vertrauten Verkehrsteilnehmers auf Grund seiner Aufmachung und Anbringung bei Annäherung an das Zeichen mit einem der Rechtslage entsprechenden, ordnungsgemäß kundgemachten Straßenverkehrszeichen verwechselt werden könnte. Es kommt also hier nur auf die "Verwechslungsgefahr" an.

Im gegenständlichen Fall ist bereits auf Grund der im Akt befindlichen Lichtbilder offensichtlich, dass das gegenständliche Zeichen in seiner Art, Ausgestaltung, Größe, der angebrachten Zusatztafel, der Aufstellung neben der rechten Straßenseite und des Abstandes zur Fahrbahn einem der Rechtslage entsprechenden, ordnungsgemäß kundgemachten Straßenverkehrszeichen nach § 52 lit. a Z. 1 StVO sogar stark ähnelt und mit diesem "Verwechslungsgefahr" im obigen Sinn besteht. Daran ändert auch die im Zeichen gedruckte, im Gesetz bzw. der StVZVO 1998 nicht vorgesehene und im Übrigen gemäß § 31 Abs. 2 StVO auch nicht zulässige Inschrift "Privatweg" nichts, weil die StVO auch Fahrverbotszeichen mit Inschriften normiert (zB. gemäß § 52 lit. a Z. 9c oder Z. 9d StVO). Gleiches gilt hinsichtlich der "Verwechslungsgefahr" auch für die kleinen, handschriftlich geschriebenen, aufgeklebten Zettel (aus dem Foto ist zu erkennen, dass es sich um zwei Zettel und nicht um einen handelt) "AB" und darunter "80,8m". Bei ihnen kommt noch hinzu, dass es - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig vermerkt - nach den Erfahrungen des täglichen Lebens immer wieder dazu kommt, dass an Verkehrszeichen von Unbefugten Zettel (zB. kleine Reklameaufkleber) angebracht werden, weshalb im gegenständlichen Fall solche Zettel nicht als Unterscheidungsmerkmal geeignet sind.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann eine Übertretung der Strafbestimmung des § 99 Abs. 2 lit. e StVO nicht nur vorsätzlich begangen werden, weil die Verwaltungsvorschrift mit dem Wort "unbefugt" keine Verschuldensform bestimmt. Dieses Wort kann nicht mit dem Wort "vorsätzlich" gleichgesetzt werden (vgl. zutreffend Dittrich/Stolzlechner, Österreichisches Straßenverkehrsrecht, I. Teil, Straßenverkehrsordnung3, § 99 Rz 40). Unter die Strafdrohung des § 99 Abs. 2 lit. e StVO fällt also auch, wer die Tat fahrlässig begeht (vgl. zutreffend Messiner10, Straßenverkehrsordnung in der Fassung der 20. StVO-Novelle, § 99, Anm. 12).

Die Durchführung des beantragten Lokalaugenscheines war schon aus dem Grund entbehrlich, weil das Beweisthema, dass "die auf den Kühberg führende Gemeindestraße nicht uneingeschränkt, sondern nur von Anrainern befahren werden darf", an der Sache vorbeigeht. Denn schon aus dem Beweisantrag selbst wird klar, dass es sich beim Aufstellungsort um eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO handelt. Nur darauf kommt es hier an. Das Beweisthema, dass "der Gemeindeweg bei meinem Haus auf K überhaupt aufhört, worauf eben sich das Schild bezog", geht gleichfalls an der Sache vorbei, weil es nur um den Aufstellungsort des Zeichens geht, der sich aber unbestrittenermaßen ca. 80 m vor dem Ende des Gemeindeweges befindet.

Abschließend rügt der Beschwerdeführer eine seiner Ansicht nach unzureichende Konkretisierung der Tatzeit.

Der Vorschrift des § 44 a Z. 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44 a Z. 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, VwSlg 11.894/A).

Diesen Erfordernissen wird die Tatzeitumschreibung im gegenständlichen Fall - auch wenn es sich um ein "Zustandsdelikt" handelt, bei dem ausschließlich das unbefugte "Anbringen" tatbestandsmäßig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1990, Zl. 89/03/0192) - gerecht.

Dass die Tat konkret zu einem anderen als im vorgeworfenen Tatzeitraum begangen wurde, wird vom Beschwerdeführer nicht dargetan.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 31. Jänner 2003

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002020124.X00

Im RIS seit

06.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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