TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/27 2000/09/0188

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Veröffentlicht am 27.02.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §2;
AuslBG §2 Abs4 idF 1994/314;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §46 impl;
VStG §19;
VStG §20;
VStG §21;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §51g Abs1 impl;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des N in M, vertreten durch Dr. Alfred Daljevec, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 23-25, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. Mai 2000, Zl. UVS- 07/A/39/181/1998/13, schriftliche Ausfertigung: Zl. UVS- 07/A/39/181/1998/16, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über die Höhe der darin verhängten Strafe wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (der belangten Behörde) vom 23. Mai 2000 wurde der Beschwerdeführer wie folgt (Namen wurden anonymisiert) bestraft:

"Sie haben es als persönlich haftender Gesellschafter und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T-OEG mit Sitz in Wien zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin wenigstens am 03.06.1997 im Gastgewerbebetrieb in Wien, F-Gasse 2

1) Herrn TK, südkoreanischer Staatsangehöriger, geb. am 28. Februar 1996 (gemeint wohl: 1966), mit der Zubreitung von Speisen beschäftigt hat, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde sowie in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Z. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. Nr. 257/1995, zuletzt geändert durch das Antimissbrauchsgesetz, BGBl. Nr. 895/1995, Art. I und das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, Art. 32 sowie in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Z. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz und mit § 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 10.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 erster Strafsatz dieses Gesetzes.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

1.000,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher 11.000,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der verfahrensgegenständliche Ausländer TK am 3. Juni 1997 in dem in Wien, F-Gasse 2, etablierten Gastgewerbebetrieb Speisen zubereitet habe. Inhaber dieses Betriebes sei die T-OEG, wobei nach den das Innenverhältnis betreffenden Verträgen zwischen den an der OEG beteiligten Personen TK (dem arbeitend angetroffenen Ausländer) 95 %, dem Beschwerdeführer hingegen nur 2 % zugekommen seien. Für den südkoreanischen Staatsbürger TK sei am 3. Juni 1997 weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt gewesen. Zum genannten Zeitpunkt sei auch kein Feststellungsbescheid vorgelegen, dass der tätige Gesellschafter einer Personengesellschaft tatsächlich und persönlich einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausgeübt habe.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätten sich im gegenständlichen Lokal neben TK noch drei weitere ausländische Arbeitnehmer, deren Beschäftigung durch entsprechende Bewilligungen gedeckt und somit legal gewesen sei, befunden. Der Beschwerdeführer selbst habe weder zu diesem Zeitpunkt noch sonst an diesem Standort gearbeitet, sondern an einem Verkaufsstand am Naschmarkt.

Die Umwandlung der T-HandelsgesmbH in die T-OEG sei über Anraten des Steuerberaters in der Absicht erfolgt, die Beschäftigung des Beschwerdeführers, eines vietnamesischen Staatsbürgers, zu legalisieren, da dieser nach Auskunft des Steuerberaters dann keine Arbeitspapiere benötige.

Nach dem Inhalt des notariellen Gesellschaftsvertrages sei TK zu 95 % und der Beschwerdeführer zu 2 % an Vermögensstamm, Gewinn und Verlust beteiligt, die übrigen 3 % würden auf AS entfallen.

Wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgehe, diene die dem AuslBG durch die so genannte Beschäftigungssicherungsnovelle 1993, BGBl. Nr. 502/1993, eingefügte Bestimmung des § 2 Abs. 4 AuslBG der Hintanhaltung des Ersetzens von älteren, relativ höher entlohnten inländischen Arbeitskräften durch jüngere, relativ niedriger entlohnte ausländische, wobei eine diesbezügliche Umgehung der Bestimmungen des AuslBG durch das Vortäuschen von Gesellschaftsverhältnissen verhindert werden solle. Die regelmäßig schwere Beurteilung, ob eine beabsichtigte, typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistete Tätigkeit nicht nur nach den formellen rechtlichen Gegebenheiten eines vielleicht nur vorgeschobenen Gesellschaftsvertrages, sondern auch nach der wahren Absicht der Parteien wirklich als Ausfluss der Gesellschafterstellung in Verbindung mit der hierfür typischen Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung ausgefüllt werden solle, solle dabei nicht nachträglich geprüft werden. Im Interesse, Rechtssicherheit auch in Grenzfällen zu schaffen, sei das gegenständliche gesonderte Feststellungsverfahren vorgesehen.

Die in Ansehung von Gesellschaftern für das Vorliegen einer Beschäftigung iSd § 2 Abs. 2 AuslBG aufgestellte Vermutung sei nur widerlegt, wenn der vom Gesellschafter zu erbringende Gegenbeweis in einem Feststellungsbescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice seinen Niederschlag gefunden habe. Erst mit der Feststellung des Arbeitsmarktservice, dass dem Gesellschafter ein wesentlicher Einfluss auf die Führung der Gesellschaft zukomme, sei der Gegenbeweis beachtlich und die Vermutung, dass die Arbeitsleistung des Gesellschafters als eine dem AuslBG unterliegende Beschäftigung zu qualifizieren sei, widerlegt.

Für TK sei ein derartiger Bescheid zum Tatzeitpunkt nicht vorgelegen. Zu dem vom Beschwerdeführer angesprochenen Antrag auf nachträgliche Feststellung sei, unabhängig vom Umstand, dass dieser für die falsche Gesellschaft gestellt worden sei, was einem neuen, fehlerfreien Antrag nicht entgegenstünde, zu sagen, dass dieser jedenfalls ins Leere habe gehen müssen.

Dem Beschwerdeführer sei es auch nicht in einer § 5 VStG entsprechenden Weise gelungen darzulegen, ihn treffe an der Verletzung der zitierten Rechtsvorschriften, zu deren Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre, kein Verschulden. Zwar habe der Beschwerdeführer angegeben, TK habe getan was immer er wollte, doch stehe dem gegenüber, dass sich der Beschwerdeführer auf diese Konstruktion zu dem Zweck eingelassen habe, seine eigene Beschäftigung straffrei zu ermöglichen. Dass hiebei durch die damaligen Berater eine rechtliche Lösung gewählt worden sei, die nun die Beschäftigung des Südkoreaners illegal gemacht habe, sei für den am Gesellschaftsvertrag beteiligten Beschwerdeführer keinesfalls schuldbefreiend. Vielmehr bilde das gegenständliche Delikt eine Art "unerwünschter Nebenwirkung" eines Versuchs der Umgehung des AuslBG. Bei der Entscheidung sei daher von rechtswidrigem und schuldhaftem Verhalten auszugehen gewesen.

Das Gebot des § 3 Abs. 1 AuslBG, einen ausländischen Arbeitnehmer ohne behördliche Bewilligung nicht zu beschäftigen, diene dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes und dem Schutz der inländischen Arbeitnehmer. Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat könne daher nicht als gering gewertet werden, weil die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit, zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden und zusätzlich zu einer Wettbewerbsverzerrung führe.

Das Verschulden des Beschwerdeführers habe ebenfalls nicht als gering eingestuft werden können, da weder hervorgekommen, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen gewesen sei, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Der Beschwerdeführer habe sich mit dem Ziel, seine eigene Beschäftigung zu ermöglichen, auf eine rechtliche Konstruktion eingelassen, die in weiterer Folge zur Tatbestandsmäßigkeit der Beschäftigung des TK geführt habe. Er habe sich angesichts der aus dem Gesellschaftsvertrag folgenden Stellung auch nicht auf die Wahrung der Rechtsvorschriften durch andere verlassen können. Eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung sei im gegenständlichen Zusammenhang irrelevant.

Bei der Strafbemessung sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd bewertet und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt worden.

Bei der Gesamtbetrachtung der Umstände sei die belangte Behörde zur Überzeugung gelangt, dass mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden könne. Eine weitere Herabsetzung der Strafe komme deshalb nicht in Betracht, da weder die Voraussetzungen des § 21 VStG, noch jene des § 20 VStG vorgelegen hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobene, und von diesem mit Beschluss vom 4. Oktober 2000, Zl. B 1197/00, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte unter Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier anzuwendenden Bestimmungen des AuslBG idF BGBl. Nr. 895/1995 lauten wie folgt:

"§ 2. ...

     (2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

     a)        in einem Arbeitsverhältnis,

     b)        in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern

die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger

Vorschriften ausgeübt wird,

     c)        in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der

Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

...

     (4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des

Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht

die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine

Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann

vor, wenn

     1.        ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur

Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

     2.        ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit

beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25% Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen.

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde,

...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mitGeldstrafen von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S;

..."

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Slg. Nr. 15.099, ausgesprochen hat, soll die Vorschrift des § 2 Abs. 4 zweiter Satz AuslBG die Umgehung des AuslBG durch Vortäuschen von Gesellschaftsverhältnissen verhindern. Im Zusammenhalt mit dem Gebot, nicht auf die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes, sondern auf seinen wahren Gehalt zu sehen (§ 2 Abs. 4 erster Satz leg. cit.), bringt das Erfordernis einer "tatsächlichen" Ausübung von Gesellschafterbefugnissen nur die Voraussetzung zum Ausdruck, dass die beabsichtigte Tätigkeit nicht nur nach den formellen rechtlichen Gegebenheiten des (vielleicht nur vorgeschobenen) Gesellschaftsvertrages, sondern nach der wahren Absicht der Parteien wirklich als Ausfluss der Gesellschafterstellung in Verbindung mit der hiefür typischen Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung ausgeübt werden soll. Da diese Voraussetzung nur dann zu prüfen ist, wenn es sich um beabsichtigte Arbeitsleistungen handelt, die "typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden" - weshalb etwa bloße Geschäftsführungstätigkeiten nicht darunter fallen - zieht diese Bestimmung nur jene Grenze nach, die für die Unterscheidung von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis auch sonst maßgebend ist. Nur dass eben häufig - wenn es sich nicht um ein bereits längere Zeit bestehendes Gesellschaftsverhältnis handelt und eine ohnehin schon bisher entfaltete Tätigkeit nur ins Inland verlegt wird - eine Prognoseentscheidung auf Grund der vorgelegten Vereinbarung und den gegebenen objektiven Begleitumständen zu treffen ist. Die in der Beschwerde vertretene Auffassung, dass im Feststellungsverfahren eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit zu beurteilen sei, trifft daher nicht zu.

Daraus ergibt sich jedoch entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, dass im Anwendungsfall des § 2 Abs. 4 Satz 2 (hier: nach Z. 1) AuslBG der Feststellungsantrag vor Aufnahme der Tätigkeit des sich auf ein Gesellschaftsverhältnis berufenden Ausländers im Inland gestellt werden muss. Bis zu einer solchen (aus der Sicht des Antragstellers positiven) Feststellung ist von der (allerdings nur in dem vom Gesetz hiefür vorgesehenen Feststellungsverfahren nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AuslBG widerlegbaren) Vermutung des Vorliegens eines nach dem AuslBG bewilligungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auszugehen. Dass die gesetzliche Vermutung nicht allein durch einen Feststellungsbescheid, sondern (auch) im Verwaltungsstrafverfahren widerlegbar wäre, lässt der Wortlaut dieser gesetzlichen Bestimmung jedoch nicht zu (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 17. April 2002, Zl. 98/09/0175, m.w.N.).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die beiden Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des im zweiten Satz des § 2 Abs. 4 Z. 1 AuslBG hervorgehobenen Falles (Beteiligung des TK an der gegenständlichen OEG, Erbringung einer Arbeitsleistung, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird) gegeben sind.

Bei dieser Sachlage war aber unerheblich - anders als der Beschwerdeführer meint -, welches Ausmaß der Anteil des Beschwerdeführers an der gegenständlichen Gesellschaft tatsächlich ausmachte und welchen Einfluss er auf die Geschäftsführung tatsächlich nahm oder nehmen konnte, weil die Auslegung des § 2 Abs. 4 AuslBG dahingehend, die darin normierte gesetzliche Vermutung (unabhängig vom Vorliegen eines Feststellungsbescheides) sei im Verwaltungsstrafverfahren widerlegbar, im oben angeführten (auf einem von der gegenteiligen Auffassung ausgehenden Gesetzesprüfungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes, dem nicht stattgegeben worden war, beruhenden) Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht als zutreffend erkannt wurde. Daraus ergibt sich, dass die gesetzliche Vermutung einer Beschäftigung im Grunde des § 2 Abs. 4 zweiter Satz AuslBG ungeachtet des Ausmaßes der Beteiligung oder des tatsächlichen Einflusses auf die Geschäftsführung durch den arbeitenden Gesellschafter allein mangels Erlassung eines Feststellungsbescheides besteht, was auch im Beschwerdefall bedeutet, dass nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 4 zweiter Satz AuslBG in objektiver (und formaler) Hinsicht der Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG erfüllt wurde, weil der Beschwerdeführer unbestritten als Gesellschafter der gegenständlichen OEG zu deren Vertretung berufen und daher im Grunde des § 9 Abs. 1 VStG auch verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich war.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf das Vorliegen eines schuldausschließenden Rechtsirrtums beruft, ist die Beschwerde ebenfalls nicht begründet. Ein solcher - vorliegend die Unkenntnis des § 2 Abs. 4 AuslBG - kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Wer ein Gewerbe betreibt, ist aber verpflichtet, sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten. Dabei ist auch eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass sie unverschuldet war und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Es besteht daher für den Arbeitgeber grundsätzlich die Verpflichtung, sich u. a. auch mit den gesetzlichen Vorschriften betreffend die Ausländerbeschäftigung laufend vertraut zu machen. Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann ist der Gewerbetreibende verpflichtet, hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen; wenn er dies unterlässt, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1993, Zl. 90/04/0358). Auf die Auskunft seines Steuerberaters allein durfte sich der Beschwerdeführer jedenfalls nicht verlassen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1999, Zl. 97/09/0281, m.w.N.).

Die Behörde ist bei Bemessung der Strafe nach den §§ 20 und 21 VStG allerdings verpflichtet Umstände, die einem Verbotsirrtum nahe kommen, und die erhebliche Milderungsgründe darstellen können, zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 96/09/0364). Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht, TK habe im gegenständlichen Restaurant als Gesellschafter von 95 Prozent und "leitender Mann" getan, was er gewollt habe, und der Beschwerdeführer habe darauf keinen Einfluss gehabt, er sei als selbstständiger Kaufmann aufgetreten. Bei dieser Sachlage wäre die belangte Behörde verhalten gewesen, das Vorliegen erheblich schuldmindernder Momente im Hinblick auf die geringe Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers angesichts des Umstandes näher zu prüfen, dass TK - auch von der belangten Behörde nicht in Frage gestellt - offensichtlich die inhaltlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 zweiter Satz AuslBG erfüllte und dem Beschwerdeführer - ebenso wie TK - die Unterlassung der rechtzeitigen Antragstellung gemäß § 2 Abs. 4 zweiter Satz AuslBG vorzuwerfen war. Zutreffend rügt der Beschwerdeführer daher auch in diesem Zusammenhang, dass die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, wenn sie auf dieses bereits in der Berufung enthaltene Vorbringen, das als Milderungsgrund einen die Verwerflichkeit der Tat in anderem Licht erscheinen lassenden und daher den Schuldvorwurf doch erheblich beeinflussenden Umstand geltend macht, nicht Bedacht genommen hat. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde dabei in Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG zu einer milderen Strafe oder zum Absehen von der Verhängung einer Strafe gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 43 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die in der angeführten Verordnung festgesetzten Pauschbeträge abzuweisen.

Wien, am 27. Februar 2003

Schlagworte

Allgemein Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000090188.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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