TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/31 2002/10/0187

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Veröffentlicht am 31.03.2003
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
72/13 Studienförderung;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
EStG 1988 §18 Abs6;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
StudFG 1992 §7 Abs1;
StudFG 1992 §8 Abs1 Z1;
StudFG 1992 §9 Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/10/0190

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerden 1) der TN in W, vertreten durch Dr. Armin Dallmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gusshausstraße 2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 7. Mai 2002, Zl. 54.000/6-VII/D/4a/2002, betreffend Studienbeihilfe, und 2) der FN in W, vertreten durch Dr. Rudolf Deitzer, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Brückengasse 11, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 22. Mai 2002, Zl. 54.000/7-VII/D/4a/2002, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 7. Mai 2002 wurde der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Studienbeihilfe mangels sozialer Bedürftigkeit abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, es sei grundsätzlich das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 Einkommensteuergesetz laut Steuerbescheid für die Berechnung der Studienbeihilfe heranzuziehen. Von diesem Grundsatz sehe das Studienförderungsgesetz aber Modifikationen vor. Seien in dem Einkommensteuerbescheid Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit enthalten und beziehe sich der Einkommensteuerbescheid nicht auf das letzte Kalenderjahr vor dem jeweiligen Studienjahr, so seien die darin enthaltenen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit durch die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des letzten Kalenderjahres zu ersetzen. Dies treffe auf das Einkommen der Mutter der Erstbeschwerdeführerin zu, weil der Einkommensteuerbescheid das Jahr 1999 betroffen habe und das letztvergangene Kalenderjahr das Jahr 2000 gewesen sei. Eine weitere Modifikation betreffe die Hinzurechnung von Abzugspositionen, mit denen das Steuerrecht lediglich Subventionseffekte erzielen wolle. Im Unterschied zum Steuerrecht sei der Einkommensbegriff des Studienförderungsgesetzes ausschließlich auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einkommensbeziehers ausgerichtet. Für die Berechnung der Studienbeihilfe sei daher jenes Einkommen maßgeblich, das im entsprechenden Zeitraum bezogen wurde. Vom Einkommensteuergesetz begünstigte Verwendungszwecke wie z.B. der Verlustabzug, seien für die Bewertung des tatsächlich zugeflossenen Einkommens im Sinne des Studienförderungsgesetzes nicht relevant. Der Verlustabzug gemäß § 18 Abs. 6 EStG betreffe tatsächlich nicht Verluste im maßgeblichen Kalenderjahr, sondern solche in einem vorangegangen Jahr. Die Mutter der Erstbeschwerdeführerin habe daher tatsächlich nicht im Kalenderjahr des Steuerbescheides ein geringeres Einkommen bezogen, sondern das Steuerrecht habe es ermöglicht, frühere Verluste auf folgende Jahre zu verteilen. Dies betreffe aber keineswegs die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im maßgeblichen Kalenderjahr. Der Verlustabzug gemäß § 18 Abs. 6 EStG sei dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG laut Steuerbescheid daher entsprechend der Bestimmung des § 9 Z. 2 Studienförderungsgesetz zu Recht hinzuzurechnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2002/10/0187 protokollierte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 22. Mai 2002 wurde der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Gewährung von Studienbeihilfe mangels sozialer Bedürftigkeit abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen gleich lautend ausgeführt wie unter I.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur Zl. 2002/10/0190 protokollierte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

III.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden.

Er hat sodann erwogen:

Gemäß § 6 Z. 1 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 i.d.F. BGBl. I Nr. 142/2000, ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12).

Maßgebend für die soziale Bedürftigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. das Einkommen, der Familienstand und die Familiengröße des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten.

Für die Beurteilung von Einkommen, Familienstand und Familiengröße ist gemäß § 7 Abs. 2 leg. cit. der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend.

Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400 in der jeweils geltenden Fassung, (Z. 1) zuzüglich der Hinzurechnungen gemäß § 9 (Z. 2) und des Pauschalierungsausgleiches gemäß § 10 (Z. 3).

Dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 sind gemäß § 9 Z. 2 Studienförderungsgesetz die Beträge nach den §§ 10, 12, 18 Abs. 1 Z. 4 sowie Abs. 6 und 7, 24 Abs. 4, 27 Abs. 3, 31 Abs. 3, 36, 41 Abs. 3 sowie 112 Z. 5, Z. 7 und Z. 8 EStG 1988 hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden.

Gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 sind als Sonderausgaben auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur,

-

wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und

-

soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden.

Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich durch die angefochtenen Bescheide im Recht auf Gewährung einer Studienbeihilfe zufolge sozialer Bedürftigkeit verletzt. Sie bringen hiezu im Wesentlichen vor, die der Mutter der beschwerdeführenden Parteien tatsächlich entstandenen Verluste müssten bei Beurteilung der realen Vermögenssituation in gleicher Weise berücksichtigt werden, wie dies zufolge der Regelung des § 18 Abs. 6 EStG 1988 im Steuerrecht der Fall sei. Andernfalls käme es zu einer Verfälschung der tatsächlichen Vermögenssituation und zu einer unzutreffenden Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit der beschwerdeführenden Parteien im zu beobachtenden Zeitraum. Würden in Vorjahren entstandene, in den Beobachtungszeitraum eingeflossene Verluste nicht berücksichtigt, würde ein höheres Einkommen fingiert und dadurch eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zu jenen Fällen bewirkt, in denen entstandene Verluste im Beobachtungszeitraum des Studienförderungsgesetzes auf einmal zur Gänze in Abzug gebracht würden. Träfe daher die Auffassung der belangten Behörde zu, tatsächlich entstandene und bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 abgezogene Verluste müssten dem Einkommen im Sinne des Studienförderungsgesetzes hinzugerechnet werden, so verletze diese Regelung den Gleichheitsgrundsatz. Diesfalls werde angeregt, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG zu beantragen.

Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Auffassung der belangten Behörde, der im Einkommensteuerbescheid über das Jahr 1999 betreffend die Mutter der beschwerdeführenden Parteien vorgenommene Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 EStG 1988 sei dem für Zwecke der Feststellung der sozialen Bedürftigkeit der beschwerdeführenden Parteien im Sinne des Studienförderungsgesetzes zu Grunde zu legenden Einkommen der Mutter hinzuzurechnen, der insoweit eindeutigen Regelung des § 9 Z. 2 Studienförderungsgesetz entspricht.

Was aber die behauptete Verfassungswidrigkeit dieser Regelung anlangt, so hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 1. März 1996, VfSlg. 14.441/1996, ausgeführt, die Hinzurechnungsregelung des § 9 Z. 2 Studienförderungsgesetz bedeute nicht, dass Verluste bei der Berechnung des maßgeblichen Einkommens nicht berücksichtigt würden. Vielmehr stelle § 8 Abs. 1 Z. 1 Studienförderungsgesetz auf das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ab, wonach das Einkommen den Gesamtbetrag der Einkünfte aus den in Abs. 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug u.a. der Sonderausgaben (§ 18) darstellt. Die in § 9 Z. 2 Studienförderungsgesetz normierte Nichtabzugsfähigkeit der Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 betreffe demnach Verluste aus den vorangegangenen Kalenderjahren. Gegen eine solche Regelung, die nur die Verhältnisse des - gemessen am Zeitpunkt der Antragstellung - jeweils maßgeblichen Kalenderjahres berücksichtige, nicht aber die wirtschaftlichen Ergebnisse aus früheren Jahren, bestehen allerdings - so der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. März 1996 - unter dem Gesichtspunkt des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatzes keine Bedenken.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Festlegung der für die Annahme sozialer Bedürftigkeit - als Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe - maßgebenden Umstände im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erfolgt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 2002, B 1325/01, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht daher - auch auf Grund des Beschwerdevorbringens - keinen Anlass, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen.

Die sich als unbegründet erweisenden Beschwerden waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 31. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002100187.X00

Im RIS seit

26.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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