RS OGH 1980/2/28 13Os16/80, 14Os25/09x

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 28.02.1980
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Norm

MRK Art6 Abs1 II1b
MRK Art6 Abs2 III
StPO §191 Abs1 B
StPO §191 Abs2 B
StPO §451 Abs2
StGB §42

Rechtssatz

Sachverhaltsfeststellungen eines Beschlusses, womit ein Strafverfahren gemäß § 451 Abs 2 StPO (§ 42 StGB) eingestellt wird, sind keinesfalls Schulderkenntnisse im Sinne des § 270 Abs 2 Z 5 StPO.

Entscheidungstexte

  • 13 Os 16/80
    Entscheidungstext OGH 28.02.1980 13 Os 16/80
    Veröff: EvBl 1980/135 S 409 = JBl 1981,45 = RZ 1980/41 S 177 = SSt 51/8 Vgl auch EGMR vom 26.03.1982; Veröff: EUGRZ 1982,297
  • 14 Os 25/09x
    Entscheidungstext OGH 12.05.2009 14 Os 25/09x
    Vgl; Beisatz: § 191 StPO normiert ein amtswegig wahrzunehmendes, auf verfahrensökonomischen Überlegungen beruhendes prozessuales Verfolgungshindernis (WK-StPO § 191 Rz 5 ff), bei dessen beschlussmäßiger Anwendung auch in oder nach der Hauptverhandlung die Feststellung tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Handelns des Angeklagten nicht nur nicht geboten, sondern tunlichst zu vermeiden ist. Vielmehr hat das Gericht (die Staatsanwaltschaft) - der verfahrensökonomischen Zielsetzung dieser Regelung entsprechend - die Notwendigkeit einer Bestrafung oder diversionellen Vorgehens anhand des in einer Gesamtabwägung zu ermittelnden (geringen) Störwerts der Tat zu prüfen und bei negativem Ergebnis von einer weiteren Erörterung des für diese Prüfung nur hypothetisch zu Grunde gelegten Sachverhalts Abstand zu nehmen (vgl zum Ganzen: WK-StPO § 191 Rz 24 und 34). (T1); Beisatz: Entscheidend für die Beurteilung einer relevierten Verletzung des Art 6 Abs 2 MRK ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR nicht die exakte Wortwahl, sondern der Sinngehalt der in Rede stehenden Formulierungen. So bewirkt die Verwendung „zweideutiger und wenig zufriedenstellender" Ausdrücke per se noch keine Konventionsverletzung, wenn die Entscheidungsbegründung der Sache nach bloß eine Verdachtslage und keine Schuldfeststellung enthält (EGMR vom 25. August 1987, Nr 8/1986/106/154, Lutz gg Deutschland; ähnlich: jeweils vom gleichen Tag, Nr 9/1986/107/155, Englert gg Deutschland und Nr 10/1986/108/156 Nölkenbockhoff gg Deutschland), während umgekehrt auch eine vorsichtige Wortwahl allein die Einhaltung des Gebots der Unschuldsvermutung nicht sicherzustellen vermag (EGMR vom 25. März 1983, Nr 8660/79, Minelli gg Schweiz). (T2); Beisatz: Art 6 Abs 2 MRK soll als Teilaspekt des Anspruchs auf ein faires Verfahren insbesondere auch sicherstellen, dass Richter in Ausübung ihres Amtes nicht mit der vorgefassten Meinung in ein Verfahren gehen, der Angeklagte habe die Tat begangen. (T3); Beisatz: Diese Gefahr ist aber dann nicht (mehr) gegeben, wenn das Gericht seine Entscheidung nach Durchführung der Hauptverhandlung unter Berücksichtigung der Verantwortung des Angeklagten trifft und dabei zwar von einer diesen nicht gänzlich entlastenden Sachverhaltsvariante ausgeht, ohne ihm jedoch die in Rede stehende Tat strafrechtlich zuzurechnen (vgl dt. BVerfG vom 26. März 1987, BvR 589/79, veröffentlicht in EuGRZ 1987, 203 ff und vom 29. Mai 1990, 2 BvR 254, 1343/88, veröffentlicht in NJW 1990, 2741 ff zu § 153 dStPO). (T4)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:RS0074985

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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