TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/22 2002/16/0210

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Veröffentlicht am 22.05.2003
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Index

27/01 Rechtsanwälte;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §16 Abs1 Z1 lita;
GGG 1984 §16;
GGG 1984 §18 Abs2 Z1;
RAT §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Dkfm. L in T, vertreten durch die Wille & Brandstätter Rechtsanwälte OEG in Wien IX, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28. Juni 2002, Jv 2165- 33/02, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.088 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 4. April 2000 erhob die Beschwerdeführerin beim Arbeits- und Sozialgericht Wien gegen die Wirtschaftskammer Wien Klage wegen Pensionszusage. Als Streitwert wurde S 137.032,-- angeführt, das ist der 14-fache monatliche Pensionszuschuss von S 9.788,--. Das Hauptbegehren war darauf gerichtet, dass die beklagte Partei der Beschwerdeführerin die Zusage auf einen monatlichen Pensionszuschuss zur gesetzlichen Pension abgebe. Eventualiter wurde die Feststellung begehrt, die Beschwerdeführerin habe gegenüber der beklagten Partei den Anspruch auf einen monatlichen Pensionszuschuss zur gesetzlichen Pension.

Im vorbereitenden Schriftsatz der beklagten Partei vom 5. Mai 2000 wurde der Antrag gestellt, den Streitwert gemäß § 58 JN mit dem zehnfachen Jahreswert, somit mit S 1,370.320,-- festzusetzen.

In einer Replik vom 16. Mai 2000 sprach sich die Beschwerdeführerin gegen eine Festsetzung des Streitwertes mit S 1,370.320,-- aus. Die Bewertung der Jahresleistung mit S 137.032,-- entspreche dem Streitinteresse.

Im Protokoll über die sodann durchgeführte mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2000 wurde ausgeführt, der Vorsitzende verweise darauf, dass im vorliegenden Fall die zwingende Bewertungsbestimmung des § 58 JN zur Anwendung zu gelangen habe, sodass für eine Streitwertfestsetzung nach § 7 RATG kein Raum bleibe.

In einem Schriftsatz vom 6. Juni 2000 gab die beklagte Partei bekannt, unter Zugrundelegung sämtlicher von der Beschwerdeführerin behaupteter Dienstzeiten würde die voraussichtliche Pensionshöhe jährlich S 160.431,-- betragen.

Im Schriftsatz vom 14. Juni 2000 wurde von der Beschwerdeführerin ausgeführt, sie habe keinen Einwand, dass diese Berechnung der beklagten Partei (Pensionszuschuss pro Jahr S 160.431,--) der Streitwertbemessung zugrunde gelegt wird.

Mit Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 11. September 2000, GZ 30 Cga 63/00d, wurde über die Klage "wegen Pensionszusage, in eventu Feststellung (Streitwert nach RATG und JN S 1,604.310,--)" entschieden.

Gegen dieses Urteil erhob die beklagte Partei Berufung. In der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufungsbeantwortung wurde sowohl im Rubrum als auch im Kostenverzeichnis der Streitwert mit S 1,604.316,-- ausgewiesen.

Der Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 23. März 2001, 9 Ra 353/00y, abgewiesen, wobei der Streitwert mit S 1,604.310,-- bezeichnet wurde.

Nach Erhebung einer Revision durch die beklagte Partei wurde in der Revisionsbeantwortung sowohl im Rubrum als auch im Kostenverzeichnis der Streitwert mit S 1,604.316,-- bezeichnet.

Im hierauf ergangenen Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 19. September 2001, 9 ObA 170/01t, wurde der Streitwert mit S 1,604.316,-- angegeben.

Am 5. Juni 2002 wurde gegen die Beschwerdeführerin ein Zahlungsauftrag über eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG von einer Bemessungsgrundlage von S 1,604.310,-- zuzüglich Einhebungsgebühr erlassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobene Berichtigungsantrag abgewiesen. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, in der Verhandlung am 17. Mai 2000 sei festgelegt worden, dass der Streitwert nach § 58 JN zu bewerten sei. Mit der Protokollierung dieser Entscheidung trete Bindungswirkung ein, sodass die Anwendung des § 16 GGG nicht mehr zulässig sei. Der Höhe nach hätten die Parteien einvernehmlich einen Jahresbetrag von S 160.431,-- festgelegt. Als Streitwert sei vom Zehnfachen der Jahresleistung auszugehen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, Gerichtsgebühren nur in der im Gesetz vorgesehenen Höhe entrichten zu müssen, verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 14 GGG ist der Wert des Streitgegenstandes nach den §§ 54-60 JN Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird.

Nach § 16 Abs 1 Z 1 lit a GGG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung beträgt die Bemessungsgrundlage unter anderem bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten S 7.950,--, soweit in diesen Fällen nicht ein Geldbetrag verlangt wird.

Nach § 18 Abs 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Wird der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert, so bildet - unbeschadet des § 16 GGG - der geänderte Streitwert nach Abs 2 Z 1 dieser Gesetzesstelle die Bemessungsgrundlage.

Mit den in § 16 Abs 1 Z 1 lit a GGG gebrauchten Worten "soweit in diesen Fällen nicht ein Geldbetrag verlangt wird" kann nur ein mit Leistungsklage geforderter Geldbetrag verstanden werden. Auch in den Fällen, in denen einem vor dem Arbeitsgericht anhängig gemachten Feststellungsbegehren eine Geldsumme zu Grunde liegt, tritt an die Stelle der Bewertung durch den Kläger kraft Gesetzes als Bemessungsgrundlage der Betrag von (hier:) S 7.950,-- (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 1971, B 52/70, Slg. Nr. 6484 zu § 15 Z 1 lit a GJGebGes). Ein in einem Geldbetrag bestehender Streitgegenstand liegt hingegen immer dann vor, wenn im Klagebegehren selbst die begehrte Leistung in einer Geldsumme ausgedrückt wird (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2002, Zlen 2001/16/0142, 0143).

Im Beschwerdefall war die von der Beschwerdeführerin erhobene Klage in erster Linie auf die Abgabe einer Pensionszusage durch die beklagte Partei, eventualiter auf die Feststellung eines Pensionsanspruches gerichtet. Im Klagebegehren selbst wurde somit die begehrte Leistung nicht mit einer Geldsumme ausgedrückt, sodass die Voraussetzungen einer Bewertung nach § 16 Abs 1 Z 1 lit a GGG vorliegen.

Die belangte Behörde meint demgegenüber, durch die Protokollierung in der Verhandlung vom 17. Mai 2000 sei festgelegt worden, dass der Streitwert nach § 58 JN zu bewerten sei. Von diesem bloßen Protokollierungsvorgang abgesehen ging das Gericht zwar in allen drei Instanzen von einem Streitwert in Höhe von S 1,604.310,-- aus. Auch die Beschwerdeführerin selbst hat schließlich keinen Einwand gegen diese Streitwertbemessung mehr erhoben (Schriftsatz vom 14. Juni 2000). Die belangte Behörde verkennt aber, dass eine Änderung des Streitwertes nach § 7 RATG bei den im § 16 GGG angeführten Streitigkeiten nach der ausdrücklichen Bestimmung in der Z 1 des § 18 Abs 2 GGG eben nicht zu einer Änderung der Gebührenbemessungsgrundlage führt (vgl das hg Erkenntnis vom 18. April 1997, Zl 97/16/0078). Ungeachtet der Bezeichnung des Streitwertes in den bezeichneten Urteilen richtet sich die Bemessungsgrundlage im Beschwerdefall somit nach § 16 Abs 1 Z 1 lit a GGG.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs  2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 201/2001.

Wien, am 22. Mai 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002160210.X00

Im RIS seit

18.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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