TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/24 98/01/0201

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Veröffentlicht am 24.06.2003
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Index

10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht;
41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

SicherheitsgebührenV 1996 §1;
SicherheitsgebührenV 1996 §2;
SPG 1991 §27a idF 1996/201;
SPG 1991 §48a idF 1996/201;
SPG 1991 §5a Abs1 idF 1996/201;
SPG 1991 §5a Abs3 idF 1996/201;
SPG 1991 §5a idF 1996/201;
VereinsG 1951 §2;
VereinsG 1951;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):98/01/0202 98/01/0204 98/01/0203

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla sowie die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerden der Sportvereinigung R in R, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Rainerstraße 6, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 26. September 1997, Zlen. 10.402/56-II/13/97 (hg. Zl. 98/01/0201), 10.402/57-II/13/97 (hg. Zl. 98/01/0202), 10.402/58-II/13/97 (hg. Zl. 98/01/0203) und 10.402/55-II/13/97 (hg. Zl. 98/01/0204), betreffend Vorschreibung von Überwachungsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 4.358,72 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.1. Mit Bescheid vom 3. März 1997 ordnete die Bezirkshauptmannschaft R die besondere Überwachung des am 8. März 1997 stattfindenden Fußball-Bundesliga-Meisterschaftsspieles zwischen der Sportvereinigung R (der Beschwerdeführerin) und dem GAK im Rieder Stadion mit zwölf Exekutivbeamten der Gendarmerie an. Da die Zuseher Entgelt zu entrichten hätten, seien die Voraussetzungen für die Einhebung von Überwachungsgebühren (§ 5a SPG) gegeben. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zugestellt und erwuchs in Rechtskraft. Mit Bescheid vom 13. Mai 1997 schrieb die Bezirkshauptmannschaft R der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Überwachung vom 8. März 1997 die Zahlung von Überwachungsgebühren in der Höhe von S 9.600,-- vor. Der Berechnung dieser Überwachungsgebühren legte die Bezirkshauptmannschaft R den Gebührensatz von S 200,-- für ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes je angefangene halbe Stunde gemäß § 1 Abs. 1 der SGV idF BGBl. Nr. 389/1996 (im Folgenden: SGV) zugrunde und verneinte die Anwendung des gemäß § 2 dieser Verordnung bei "Sportveranstaltungen und sonstigen Vorhaben, an denen ein öffentliches Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge besteht und die nicht unmittelbar Erwerbsinteressen dienen", anzuwendenden privilegierten Stundensatzes von S 75,-- je angefangene halbe Stunde. Der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 13. Mai 1997 erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 30. Juni 1997 nicht Folge.

1.2. Mit (rechtskräftigem) Bescheid vom 1. April 1997 ordnete die Bezirkshauptmannschaft R die besondere Überwachung des am 5. April 1997 stattfindenden Fußball-Bundesliga-Meisterschaftsspieles zwischen der Beschwerdeführerin und dem SCN Admira Wacker im Rieder Stadion mit zwölf Exekutivbeamten der Gendarmerie an und schrieb mit Bescheid vom 13. Mai 1997 der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Überwachung vom 5. April 1997 die Zahlung von Überwachungsgebühren in der Höhe von S 9.600,-- vor. Der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 13. Mai 1997 erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 4. Juli 1997 nicht Folge.

1.3. Mit (rechtskräftigem) Bescheid vom 10. März 1997 ordnete die Bezirkshauptmannschaft R die besondere Überwachung des am 15. März 1997 stattfindenden Fußball-Bundesliga-Meisterschaftsspieles zwischen der Beschwerdeführerin und dem SV Casino Salzburg im Rieder Stadion mit zwanzig Exekutivbeamten der Gendarmerie an und schrieb mit Bescheid vom 13. Mai 1997 der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Überwachung vom 15. März 1997 die Zahlung von Überwachungsgebühren in der Höhe von S 16.600,-- vor. Der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 13. Mai 1997 erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 1. Juli 1997 nicht Folge.

1.4. Mit (rechtskräftigem) Bescheid vom 22. Oktober 1996 ordnete die Bezirkshauptmannschaft R die besondere Überwachung des am 26. Oktober 1996 stattfindenden Fußball-Bundesliga-Meisterschaftsspieles zwischen der Beschwerdeführerin und dem FC Linz im Rieder Stadion mit 75 Exekutivbeamten der Gendarmerie an und schrieb - zunächst mit Mandatsbescheid vom 19. November 1996 und nach Erhebung einer ausschließlich gegen den "Kostenbescheid der Bezirkshauptmannschaft R vom 19.11.1996" erhobenen Vorstellung - in der Folge mit Bescheid vom 3. Februar 1997 der Beschwerdeführerin für die Überwachung vom 26. Oktober 1996 die Zahlung von Überwachungsgebühren in der Höhe von S 90.000,-- vor. Der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 3. Februar 1997 erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 28. April 1997 teilweise Folge, indem sie die Anzahl der "zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit im Rieder Stadion im Interesse des Veranstalters" eingesetzten Exekutivorgane mit fünfzehn ab Veranstaltungsbeginn und 30 von Spielbeginn bis Ende der Veranstaltung neu festsetzte und die Höhe der Überwachungsgebühr auf Grundlage dieser Anzahl der eingesetzten Exekutivorgane unter Anwendung des für Sonn- und Feiertage geltenden Gebührensatzes von S 300,-- für ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes je angefangene halbe Stunde gemäß § 1 Abs. 1 der SGV idF BGBl. Nr. 389/1996 neu berechnete.

1.5. Im Verwaltungsverfahren legte die Beschwerdeführerin eine "Wettspielabrechnung" für das Spiel gegen den FC Linz am 26. Oktober 1996 (oben 1.4.) vor, aus der sich ergibt, dass die Beschwerdeführerin bei diesem Spiel 2390 Eintrittskarten verkauft und daraus S 220.710,-- eingenommen hat.

2.1. Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof zu den hg. Zlen. 98/01/0201 bis 0203 angefochtenen Bescheiden vom 26. September 1997 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) die gegen die oben zu 1.1. bis 1.3. erwähnten Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich erhobenen Berufungen der Beschwerdeführerin ab.

2.2. Der Berufung gegen den oben zu 1.4. angeführten Berufungsbescheid gab die belangte Behörde mit dem zur hg. Zl. 98/01/0204 angefochtenen Bescheid vom 26. September 1997 ebenfalls keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid "gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe", dass die Beschwerdeführerin zur Zahlung von Überwachungsgebühren in der von der Erstbehörde festgesetzten Höhe von S 90.000,-- für die 75 eingesetzten Exekutivbeamten unter Anwendung des für Sonn- und Feiertage geltenden Gebührensatzes von S 300,-- je angefangene halbe Stunde verpflichtet wurde.

2.3. Die belangte Behörde begründete die angefochtenen Bescheide - soweit entscheidungsrelevant - im Wesentlichen damit, die gegenständlichen Meisterschaftsspiele der Fußball-Bundesliga hätten im Hinblick auf die Höhe der Eintrittsgelder und der vom Veranstalter lukrierten Sponsorengelder unmittelbar dem Erwerbsinteresse des veranstaltenden Vereins gedient. Der begünstigte Gebührensatz des § 2 der SGV (idF BGBl. Nr. 389/1996) sei daher nicht anzuwenden gewesen.

Den oben zu 2.2. angeführten angefochtenen Bescheid, mit dem die von der Behörde erster Instanz vorgenommene Gebührenvorschreibung wieder hergestellt wurde, begründete die belangte Behörde zusätzlich damit, dass der Bescheid vom 22. Oktober 1996, mit dem die besondere Überwachung des betreffenden Spieles mit 75 Exekutivbeamten angeordnet worden war, von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft worden sei, sodass die Sicherheitsdirektion die rechtskräftig angeordnete Anzahl von Exekutivbeamten "unzulässigerweise abgeändert" habe; für die Entscheidung über die Festsetzung der Überwachungsgebühren müsse der rechtskräftig angeordnete Einsatz von 75 Exekutivorganen von 15.30 Uhr bis 17.30 Uhr (Spielbeginn bis Spielende) als maßgeblich betrachtet werden.

3. Die Beschwerdeführerin erhob gegen sämtliche vier (oben zu 2.1. und 2.2. angeführten) Bescheide zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerden gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Februar 1998, B 2683 bis 2686/97-10).

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verfahren über die von der Beschwerdeführerin auftragsgemäß ergänzten Beschwerden gegen die oben (2.1. und 2.2.) angeführten, die Festsetzung der Überwachungsgebühren für die vier zu 1.1. bis 1.4. angeführten Fußball-Bundesliga-Meisterschaftsspiele betreffenden Bescheide aufgrund ihres Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und hat über die Beschwerden erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des SPG in der durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 novellierten Fassung BGBl. Nr. 201/1996 lauten:

"Überwachungsgebühren

§ 5a. (1) Für besondere Überwachungsdienste durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die auf Grund der Verwaltungsvorschriften für Vorhaben mit Bescheid angeordnet oder bewilligt werden, sind Überwachungsgebühren einzuheben, wenn es sich um die Überwachung von Vorhaben handelt, die - wenn auch nur mittelbar - Erwerbsinteressen dienen, oder um Vorhaben, für die die Zuseher oder Besucher ein Entgelt zu entrichten haben oder die nicht jedermann zur Teilnahme offenstehen.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf Vorhaben der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, der politischen Parteien und der ausländischen in Österreich akkreditierten Vertretungsbehörden keine Anwendung. Dies gilt auch für Überwachungen, die dem vorbeugenden Schutz nach § 22 Abs. 1 Z 2 und 3 dienen.

(3) Die Festsetzung der Gebührensätze erfolgt nach Maßgabe der durchschnittlichen Aufwendungen; hiebei ist auf das öffentliche Interesse an Vorhaben im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge Bedacht zu nehmen. Die Festsetzung erfolgt

1. für den Bund (§ 5 Abs. 2 Z 1 bis 3 und 5) durch Verordnung des Bundesministers für Inneres und

2. für die Länder und Gemeinden (§ 5 Abs. 2 Z 4 und 5) durch Verordnung der Landesregierung.

Besonderer Überwachungsdienst

§ 27a. Den Sicherheitsbehörden obliegt im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes (§ 5 Abs. 3) die besondere Überwachung gefährdeter Vorhaben, Menschen oder Sachen in dem Maße, in dem der Gefährdete oder der für das Vorhaben oder die Sache Verantwortliche nicht bereit oder in der Lage ist, durch zumutbare Vorkehrungen den erforderlichen Schutz zu gewährleisten und die dadurch entstehende Gefahr im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht hingenommen werden kann.

Anordnung von Überwachungen

§ 48a. Soferne eine besondere Überwachung im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes nach § 27a erforderlich ist und die Voraussetzungen für die Einhebung der Überwachungsgebühren (§ 5a Abs. 1) vorliegen, hat die Sicherheitsbehörde die Überwachung von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen, der das Vorhaben durchführt, mit Bescheid anzuordnen."

§ 14a SPG idF BGBl. I Nr. 104/1997 über den Instanzenzug in Angelegenheiten der Sicherheitspolizei, wonach über Berufungen gegen sicherheitspolizeiliche Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörden und Bundespolizeidirektionen die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz entscheidet, war zufolge seines Inkrafttretens mit 1. Oktober 1997 (§ 94 Abs. 6 SPG idF BGBl. I Nr. 104/1997) auf die gegenständlichen Beschwerdefälle noch nicht anzuwenden.

2. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der aufgrund der §§ 5a Abs. 3 Z 1 und 92a SPG erlassenen Sicherheitsgebühren-Verordnung in der Stammfassung, BGBl. Nr. 389/1996, lauten:

"§ 1. (1) Die Überwachungsgebühr für Überwachungsdienste beträgt für ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 5 Abs. 2 Z 1 bis 3 und 5 SPG) 200 Schilling je angefangene halbe Stunde, an Sonn- und Feiertagen sowie in der Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr 300 Schilling je in dieser Zeit angefangene halbe Stunde.

(2) ...

§ 2. Bei Sportveranstaltungen und sonstigen Vorhaben, an denen ein öffentliches Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge besteht und die nicht unmittelbar Erwerbsinteressen dienen, beträgt die Gebühr nach § 1 Abs. 1 jedenfalls 75 Schilling je angefangene halbe Stunde."

3. Die Beschwerdeführerin hat in allen vorliegenden Fällen die nach §§ 27a und 48a SPG erfolgte Anordnung der besonderen Überwachung der betreffenden Fußball-Bundesliga-Meisterschaftsspiele unbekämpft gelassen. Die Rechtmäßigkeit der rechtskräftigen, die Überwachung anordnenden Bescheide, in denen jeweils auch die Anzahl der einzusetzenden Sicherheitsorgane ausdrücklich angegeben wurde, kann von ihr daher im Verfahren zur Vorschreibung von Überwachungsgebühren nicht mehr releviert werden (vgl. Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz2, 102 Anm. B.3.2. zu § 5a SPG).

Gegenstand der Beschwerdeverfahren ist, ob die belangte Behörde der Vorschreibung der Überwachungsgebühren zu Recht den Gebührensatz nach § 1 Abs. 1 SGV zugrunde gelegt hat oder ob hierauf der privilegierte Gebührensatz gemäß § 2 der Verordnung anzuwenden gewesen wäre.

4. § 2 der SGV idF BGBl. Nr. 389/1996 bestimmt, dass "bei Sportveranstaltungen und sonstigen Vorhaben, an denen ein öffentliches Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge besteht und die nicht unmittelbar Erwerbsinteressen dienen, (...) die Gebühr nach § 1 Abs. 1 jedenfalls 75 Schilling je angefangene halbe Stunde" beträgt. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, auf die gegenständlichen Fußball-Bundesliga-Meisterschaftsspiele komme der begünstigte Gebührensatz zur Anwendung, weil es sich bei diesen um "Sportveranstaltungen" handle, auf die der privilegierte Gebührensatz von S 75,-- ohne jede weitere Voraussetzung anzuwenden sei. Die belangte Behörde vermeint hingegen, dass Sportveranstaltungen nicht schlechthin dem bevorzugten Gebührensatz unterlägen, sondern lediglich solche Sportveranstaltungen, "an denen ein öffentliches Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge besteht und die nicht unmittelbar Erwerbsinteressen dienen".

Die Beschwerdeführerin ist mit ihrer Auffassung, bei Sportveranstaltungen komme in jedem Fall der bevorzugte Gebührensatz zur Anwendung, nicht im Recht.

Der Wortlaut des § 2 der SGV in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lässt offen, ob sich die erwähnte Voraussetzung des privilegierten Gebührensatzes auch auf die in dieser Bestimmung einleitend besonders genannten Sportveranstaltungen oder nur auf die "sonstigen Vorhaben" bezieht. Auch wenn man berücksichtigt, dass der in § 5a SPG und § 2 der SGV verwendete Begriff der zu überwachenden "Vorhaben" auch Sportveranstaltungen einschließt (vgl. deren ausdrückliche Erwähnung als Beispiel für die von § 5a SPG erfassten Vorhaben in den Erläuterungen zur RV der Novellierung des SPG durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, 72 BlgNR 20. GP 299 f), sodass deren gesonderte Anführung in § 2 der SGV nicht erforderlich gewesen wäre, so führt dies keinesfalls zwingend zum Ergebnis, dass es bei Sportveranstaltungen nicht darauf ankäme, dass an ihnen ein öffentliches Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge besteht und sie nicht unmittelbar Erwerbsinteressen dienen. Mit der Hervorhebung der Sportveranstaltungen kann der Verordnungsgeber durchaus auch den Zweck verfolgt haben, zu verdeutlichen, dass die Bestimmung des § 2 in erster Linie - aber eben nicht nur - auf Sportveranstaltungen zur Anwendung komme.

Dass Sportveranstaltungen nicht schlechthin einem geringeren Gebührensatz unterliegen sollen, ergibt sich insbesondere bei Beachtung der gesetzlichen Grundlage für die Erlassung der Sicherheitsgebühren-Verordnung: § 5a Abs. 3 SPG bestimmt in Bezug auf die Festsetzung der Gebührensätze, dass auf das öffentliche Interesse an Vorhaben im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge Bedacht zu nehmen sei. Da nicht ernsthaft davon ausgegangen werden kann, dass jede Sportveranstaltung dem öffentlichen Interesse an der Gesundheitsvorsorge diene, kann dem Verordnungsgeber auch nicht zugesonnen werden, dass er alle Sportveranstaltungen ohne Rücksicht auf dieses im Gesetz genannte Kriterium privilegieren wollte (zum Erfordernis "gesetzeskonformer Auslegung" von Verordnungen siehe Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9, Rz 135 und die dort zitierte Judikatur). Dass eine solche Privilegierung aller Sportveranstaltungen vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt war, ergibt sich auch aus den oben zitierten Erläuterungen zur RV (72 BlgNR 20. GP 300), die zu § 5a Abs. 3 SPG lauten:

"Abs. 3 legt fest, dass bei der Festsetzung der Gebühren durch Verordnung des Bundesministers für Inneres beziehungsweise der Landesregierung auf die durchschnittlichen Aufwendungen der Sicherheitsbehörden Bedacht zu nehmen ist. Hiebei soll für Vorhaben im Dienste der Gesundheitsvorsorge, also insbesondere bei - nicht überwiegend kommerziell motivierten - Sportveranstaltungen die Möglichkeit bestehen, das öffentliche Interesse durch Abschläge vom Gebührensatz zu berücksichtigen."

Somit ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber für die Anwendung des begünstigten Gebührensatzes nach § 2 SGV auch in Bezug auf Sportveranstaltungen darauf abstellen wollte, dass an diesen ein öffentliches Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge besteht und dass sie nicht unmittelbar Erwerbsinteressen dienen.

5. Die belangte Behörde hat die Anwendung des begünstigten Gebührensatzes schon aufgrund des von ihr angenommenen Bestehens eines "unmittelbaren Erwerbsinteresses" verneint und ist auf die Frage, ob an den Fußball-Meisterschaftsspielen ein öffentliches Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge besteht, nicht mehr eingegangen. Dass die jeweilige Veranstaltung dem unmittelbaren Erwerbsinteresse des veranstaltenden Vereins gedient habe, hat sie damit begründet, dass "Fußballveranstaltungen der oberen zwei Spielklassen der österreichischen Fußball-Bundesliga (...) nach derzeitigem Informationsstand regelmäßig auf die Erzielung erheblicher Einnahmen ausgerichtet" seien, wofür vor allem "eine Bewertung der Höhe der Eintrittsgelder und der vom Veranstalter lukrierten Sponsorengelder" spreche. Dass die Beschwerdeführerin ein Verein im Sinne des Vereinsgesetzes sei, der seinem Wesen nach auf die Verwirklichung ideeller Ziele gerichtet sei, schließe nicht aus, dass sie Vorhaben veranstalte, die auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet seien. Die Überwachung von Fußballspielen sei "daher nach § 5a SPG gebührenpflichtig, sofern durch die Veranstaltung Erwerbsinteressen verfolgt werden oder wenn Zuseher oder Besucher ein Eintrittsgeld zu zahlen haben". Das Kriterium für die (ein Erwerbsinteresse begründende) Absicht, Einnahmen in erheblichem Umfang zu erzielen, sei "in diesem Zusammenhang das konkrete Vorhaben, die konkrete Veranstaltung und nicht sämtliche Aktivitäten eines Vereines über einen längeren Zeitraum", sodass die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Status als gemeinnütziger Verein für die Frage der Überwachungsgebührenpflicht nicht von Bedeutung seien.

Mit diesen Ausführungen verkennt die belangte Behörde die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Überwachungsgebührenpflicht einerseits und für die Festsetzung der Gebührenhöhe andererseits. Überwachungsgebühren können nur eingehoben werden, wenn es sich um die "besondere Überwachung" von Vorhaben im Sinne des § 5a Abs. 1 SPG handelt; die Höhe der konkreten Gebühr bestimmt sich dann auf Grundlage der gemäß § 5a Abs. 3 SPG erlassenen Sicherheitsgebühren-Verordnung nach deren § 1 oder - bei Zutreffen der im vorliegenden Fall strittigen Voraussetzungen - nach § 2 dieser Verordnung. Dass die Überwachung von Fußballspielen - wie die belangte Behörde ausführt - "nach § 5a SPG gebührenpflichtig (ist), sofern durch die Veranstaltung Erwerbsinteressen verfolgt werden oder wenn Zuseher oder Besucher ein Eintrittsgeld zu zahlen haben", sagt daher noch nichts darüber aus, ob die Gebühr im konkreten Fall nach § 1 oder nach § 2 SGV zu bemessen ist.

§ 5a Abs. 1 SPG sieht für die Einhebung von Überwachungsgebühren drei alternative Tatbestandsmerkmale vor: Die überwachten Vorhaben müssen entweder

-

Vorhaben sein, "die - wenn auch nur mittelbar - Erwerbsinteressen dienen", wie Verkaufsveranstaltungen oder Werbeveranstaltungen, mit denen der Absatz von Waren, Dienstleistungen oder dgl. - wenn auch (wie etwa bei Werbeveranstaltungen) nur mittelbar - bezweckt wird oder

-

Vorhaben, für die die Zuseher oder Besucher ein

Entgelt zu entrichten haben, wie "Ausstellungen, Sportveranstaltungen und ähnliche, bei denen Zuseher oder Besucher in Betracht kommen" (so die oben zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage des SPG) oder

- Vorhaben, die nicht jedermann zur Teilnahme

offenstehen" (die Erläuterungen erwähnen ausdrücklich nur "Volkssportläufe" als einen Beispielsfall, bei dem gerade keine Überwachungsgebühren in Betracht kommen sollen, weil diese jedermann zur Teilnahme offenstehen, und zwar "auch dann, wenn für die Teilnahme an solchen Vorhaben ein (meist geringes) Entgelt zu entrichten ist").

Dass die Beschwerdeführerin für den Besuch der Fußball-Meisterschaftsspiele Eintrittsgelder einhebt, begründet daher zunächst nur deren Gebührenpflicht nach § 5a Abs. 1 zweiter Fall SPG ("Vorhaben, für die die Zuseher oder Besucher ein Entgelt zu entrichten haben"); gesondert zu prüfen ist, welcher Gebührensatz nach der Sicherheitsgebühren-Verordnung zur Anwendung kommt.

Der begünstigte Gebührensatz des § 2 SGV hat seine gesetzliche Grundlage in § 5a Abs. 3 zweiter Halbsatz SPG, der vorsieht, dass bei der Festsetzung der Gebührensätze "auf das öffentliche Interesse an Vorhaben im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge Bedacht zu nehmen ist". § 2 SGV privilegiert von den "Sportveranstaltungen und sonstigen Vorhaben", auf die diese Voraussetzung zutrifft, ausdrücklich nur solche, die "nicht unmittelbar Erwerbsinteressen dienen". In den oben zitierten Erläuterungen zur RV wird zu § 5a Abs. 3 SPG ausgeführt, dass "insbesondere bei - nicht überwiegend kommerziell motivierten - Sportveranstaltungen die Möglichkeit bestehen (soll), das öffentliche Interesse durch Abschläge vom Gebührensatz zu berücksichtigen." Die Einschränkung der Anwendbarkeit des begünstigten Gebührensatzes in § 2 SGV sollte daher offenbar solche (Sport-)Veranstaltungen erfassen, bei denen die "kommerzielle Absicht" des Veranstalters das öffentliche Interesse an deren Durchführung im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge überwiegt. Vor diesem Hintergrund kann der Begriff des "unmittelbaren Erwerbsinteresses" in § 2 SGV daher nicht so verstanden werden, dass bereits die Absicht des Veranstalters, durch eine Sportveranstaltung (insbesondere durch das Einheben von Eintrittsgeldern) Einnahmen zu erzielen, die Anwendung des begünstigten Gebührensatzes ausschließt. Da Sportveranstaltungen, bei denen Zuschauer in Betracht kommen, gemäß § 5 Abs. 1 SPG überhaupt nur dann überwachungsgebührenpflichtig sind, wenn "die Zuseher oder Besucher ein Entgelt zu entrichten haben", hätte sonst § 2 SGV, der "Sportveranstaltungen" ausdrücklich als möglichen Anwendungsfall des begünstigten Gebührensatzes nennt, gerade bei diesen Veranstaltungen keinen Anwendungsbereich.

Für die Anwendung des begünstigten Gebührensatzes des § 2 SGV kommt es daher darauf an, ob die betreffenden Sportveranstaltungen nach ihrem Gesamtcharakter Teil von Aktivitäten sind, an deren Durchführung ein überwiegendes öffentliches Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge besteht, oder ob es sich um Veranstaltungen handelt, die ausschließlich oder überwiegend "kommerziell motiviert" sind. Ist eine Veranstaltung in erster Linie darauf gerichtet, dem Veranstalter einen möglichst hohen Gewinn zu verschaffen, so muss der Veranstalter auch die vollen Überwachungsgebühren (§ 1 SGV) einkalkulieren; "rechnet" sich die Veranstaltung für ihn nicht, so wird sie unterbleiben. Besteht hingegen im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass diese - unabhängig von den kommerziellen Interessen des jeweiligen Veranstalters - durchgeführt wird, so wird aufgrund des daraus erschließbaren überwiegenden öffentlichen Interesses ein "unmittelbares Erwerbsinteresse" des Veranstalters zu verneinen sein. Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, besteht die beschwerdeführende Sportvereinigung nicht nur aus der Kampfmannschaft mit Berufsfußballspielern, sondern wird von dieser auch ein umfangreicher Nachwuchsbetrieb für Kinder und Jugendliche geführt; zudem hat die Tätigkeit eines Bundesligaklubs auch erhebliche Auswirkungen auf das allgemeine Interesse an dieser Sportart und damit für den Breitensport, der wiederum dem (in § 5a Abs. 3 SGP durch die Festsetzung geringerer Gebührensätze zu fördernden) öffentlichen Interesse im Hinblick auf die Volksgesundheit dient. Handelt es sich bei den betreffenden Sportveranstaltungen, bei denen Besucher oder Zuseher ein Entgelt zu entrichten haben, um Pflichtspiele in einem von der Österreichischen Bundesliga organisierten Bewerb und ist der Veranstalter - wie im vorliegenden Fall - ein nicht auf Gewinn berechneter Verein im Sinne des Vereinsgesetzes 1951 (nunmehr VereinsG 2002), so scheidet ein "unmittelbares Erwerbsinteresse" daher im Regelfall aus.

Die belangte Behörde hat zwar in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass ein ideeller Verein auch erwerbswirtschaftlich tätig sein und eine auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit ausüben kann (zu den Grenzen der Zulässigkeit von auf Gewinn zielenden Aktivitäten im Rahmen von nach dem Vereinsgesetz gebildeten "Idealvereinen" siehe etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichthofes vom 18. Juni 1980, VfSlg. 8844, vom 29. November 1982, VfSlg. 9566, vom 1. Dezember 1983, VfSlg. 9879, vom 16. Juni 1988, VfSlg. 11.735, und vom 16. Dezember 1993, VfSlg. 13.654, und die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des § 1 des Vereinsgesetz 2002 (990 BlgNR 21. GP 20), welches in Bezug auf die Verfolgung eines ideellen Vereinszweckes am Wortlaut des § 2 Vereinsgesetz 1951 festgehalten hat). Ohne nähere Feststellungen über die aus den betreffenden Vorhaben zu erwartenden Einnahmen, die damit regelmäßig verbundenen Aufwendungen des Veranstalters und die beabsichtigte Verwendung des allenfalls verbleibenden Reingewinns - wobei bei laufend durchgeführten Veranstaltungen im Rahmen der Teilnahme an einer Meisterschaft auf den durchschnittlichen Erwerb und dessen beabsichtigte Verwendung abzustellen wäre - kann aber jedenfalls bei einem als Sportverein im Sinne des Vereinsgesetzes organisierten Fußballklub nicht davon ausgegangen werden, dass dieser mit der Teilnahme an der Fußball-Bundesliga-Meisterschaft und den in deren Rahmen veranstalteten Meisterschaftsspielen ein "unmittelbares Erwerbsinteresse" im Sinne des § 2 SGV verfolgt.

              6.              Indem die belangte Behörde lediglich aus einer "Bewertung der Höhe der Eintrittsgelder und der vom Veranstalter lukrierten Sponsorengelder" (der im Übrigen mangels konkreter Feststellungen die Nachvollziehbarkeit fehlt) auf das Vorliegen eines "unmittelbaren Erwerbsinteresses" geschlossen hat, ohne zu prüfen, welches Gewicht bei den zu beurteilenden Veranstaltungen dem öffentlichen Interesse im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge zukam, hat sie daher die Rechtslage verkannt.

Die angefochtenen Bescheide waren somit wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

              7.              Zu der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gesetzwidrigkeit der SGV idF BGBl. Nr. 389/1996 wegen der dort festgelegten Höhe der anzuwendenden Gebührensätze ist die Beschwerdeführerin auf den - die angefochtenen Bescheide betreffenden - Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Februar 1998, B 2683 bis 2686/97, zu verweisen, mit dem der Verfassungsgerichtshof die von der Beschwerdeführerin aus diesem Grund erhobenen Beschwerden abgelehnt hat. Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind Zweifel, dass eine dem Gesetz nicht entsprechende Festlegung der Höhe der Gebühren gegeben wäre, im vorliegenden Fall nicht entstanden.

              8.              Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Die von der Beschwerdeführerin für jede ihrer Beschwerden entrichtete Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG war im Ausmaß von jeweils EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 24. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1998010201.X00

Im RIS seit

06.08.2003

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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