TE Vfgh Beschluss 2000/9/26 G25/00

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Veröffentlicht am 26.09.2000
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Index

65 Pensionsrecht für Bundesbedienstete
65/01 Allgemeines Pensionsrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
ASVG §108
PG 1965 §58 idF Besoldungs-Nov 1999
PG 1965 §41 idF 1. BudgetbegleitG 1997

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung pensionsrechtlicher Bestimmungen für Beamte betreffend die Anpassung des Ruhegenusses nicht mehr aufgrund der "Pensionsautomatik" sondern aufgrund der Übernahme des Anpassungsfaktors nach dem ASVG; Aktualisierung der rechtlichen Betroffenheit der Antragsteller erst durch die Verordnung betreffend die Festsetzung des Anpassungsfaktors für das jeweils folgende Kalenderjahr

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragsteller stehen als ehemalige Richter des Verwaltungsgerichtshofs in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund.

Mit als "Individualantrag gem. Art140 Abs1 letzter Satz B-VG" überschriebenem Schriftsatz vom 18. Februar 2000 fechten sie die Bestimmungen des §41 Abs2 und 3 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) idF Art4 Z17 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I 138, sowie die Wortfolge "§41 Abs2 und 3 und der Entfall des §41 Abs4 mit 1. Jänner 1999" in §58 Abs24 Z4 PG 1965 idF ArtIII Z2 der Besoldungs-Novelle 1999, BGBl. I 9, als verfassungswidrig an.

2.1. §41 PG 1965 idF vor dem 1. Budgetbegleitgesetz 1997 lautete wie folgt:

"§41. (1) Künftige Änderungen dieses Bundesgesetzes gelten auch für Personen, die Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben.

(2) Wird durch gesetzliche Vorschriften die Höhe des Gehaltes oder der ruhegenußfähigen Zulagen der Beamten des Dienststandes geändert, so ändert sich die Höhe des ruhegenußfähigen Monatsbezuges der Beamten des Ruhestandes entsprechend. Ebenso ändert sich die Bemessungsgrundlage der Ruhegenußzulage, wenn die Höhe der Aktivzulage geändert wird.

(3) Beim Zutreffen der im Abs2 genannten Voraussetzungen ändert sich das im §19 Abs4 und 4a vorgesehene Höchstmaß der Versorgungsleistung um denselben Hundertsatz, um den sich bei einem Beamten des Dienststandes das Gehalt der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V ändert.

(4) Werden den Beamten des Dienststandes Teuerungszulagen nach §157 des Gehaltsgesetzes 1956 gewährt, so sind in sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmung auch den Personen, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuß haben, durch Verordnung der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates Teuerungszulagen zu gewähren."

2.2.1. Art4 Z17 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997 lautet wie folgt:

"17. An die Stelle des §41 Abs2 bis 4 (PG 1965) treten folgende Bestimmungen:

(2) Die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Ruhe- und Versorgungsbezüge mit Ausnahme der Zulagen gemäß §25 und §26 sowie zu Ruhe- oder Versorgungsgenüssen gebührende Nebengebührenzulagen sind mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem jeweils in Betracht kommenden Anpassungsfaktor nach Abs3 zu vervielfachen, wenn auf sie bereits

1. vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat oder

2. sie von Ruhegenüssen abgeleitet werden, auf die vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat.

(3) Der Anpassungsfaktor entspricht dem für das jeweilige Kalenderjahr gemäß §108 Abs5 und §108f ASVG festgesetzten Anpassungsfaktor."

2.2.2. §58 Abs24 Z4 PG 1965 idF der Besoldungs-Novelle 1999 lautet wie folgt:

"ABSCHNITT X

ÜBERGANGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Inkrafttreten, Aufhebung bisheriger

pensionsrechtlicher Vorschriften

§58. (1) ...

...

(24) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 138/1997 treten in Kraft:

...

4. §41 Abs2 und 3 und der Entfall des §41 Abs4 mit 1. Jänner 1999, ..."

2.3. Die in §41 Abs3 PG 1965 idF des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997 verwiesenen §§108 Abs5 und 108f des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG, BGBl. 1955/189 idF ArtI Z34 BGBl. 1993/335) haben folgenden Wortlaut:

"Abschnitt VIa

Aufwertung und Anpassung

in der Sozialversicherung

§108. (1) ...

...

(5) Anpassungsfaktor: Der Bundesminister für Arbeit und Soziales (nunmehr: Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat jedes Jahr für das folgende Kalenderjahr einen Anpassungsfaktor unter Berücksichtigung des vorläufigen Anpassungsrichtwertes für das Anpassungsjahr (Abs6), der Anpassungsbandbreite (Abs7) und des Gutachtens des Beirates für die Renten- und Pensionsanpassung (§108e) durch Verordnung festzusetzen. Die Verordnung ist nach Zustimmung durch die Bundesregierung vom Bundesminister für Arbeit und Soziales dem Hauptausschuß des Nationalrates zur Zustimmung vorzulegen. Die Zustimmung der Bundesregierung ist bis spätestens 10. November eines jeden Jahres zu beantragen. Der Anpassungsfaktor ist, soweit im einzelnen nichts anderes angeordnet wird, für die Erhöhung der Renten und Pensionen und der leistungsbezogenen festen Beträge in der Sozialversicherung heranzuziehen.

(6) ...

...

Festsetzung des Anpassungsfaktors

§108f. (1) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales (nunmehr: Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat für jedes Jahr den Anpassungsfaktor unter Bedachtnahme auf das Gutachten des Beirates für die Renten- und Pensionsanpassung sowie auf die im Abs3, 4 und 5 genannten Grundsätze (Anpassungsbandbreite) festzusetzen.

(2) Kommt ein Gutachten des Beirates gemäß §108e Abs10 nicht zustande oder legt der Beirat das Gutachten nicht rechtzeitig vor, hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales den Anpassungsfaktor unter Bedachtnahme auf die im Abs3, 4 und 5 genannten Grundsätze festzusetzen.

(3) Der Anpassungsfaktor ist unter Bedachtnahme auf den Anpassungsrichtwert für das Anpassungsjahr (§108 Abs6) so festzusetzen, daß die Anpassungsfaktormeßzahl (Abs4) für das Anpassungsjahr die Anpassungsrichtwertmeßzahl (Abs5) für das Anpassungsjahr um nicht mehr als 1 % unter- bzw. überschreitet. Daß die Anpassungsfaktormeßzahl die Anpassungsrichtwertmeßzahl um mehrals 1 % unterschreitet, ist unzulässig. Wird ein Anpassungsfaktor in einer Höhe festgesetzt, daß die Anpassungsfaktormeßzahl die Anpassungsrichtwertmeßzahl um mehr als 1 % überschreitet, ist dies nur dann zulässig, wenn gleichzeitig mit der Verordnung (§108 Abs5) in einem eigenen Bundesgesetz für den 1 % überschreitenden Unterschiedsbetrag zwischen Anpassungsfaktormeßzahl und Anpassungsrichtwertmeßzahl eine finanzielle Bedeckung durch eine Erhöhung der Beitragssätze in der Pensionsversicherung oder eine Erhöhung des Anteiles der Summe der Bundesbeiträge an den Gesamtaufwendungen der Pensionsversicherung (§79a) vorgesehen wird.

(4) Für das Kalenderjahr 1992 beträgt die Anpassungsfaktormeßzahl 100,00. Für jedes weitere Kalenderjahr ist die Anpassungsfaktormeßzahl in der Verordnung nach §108 Abs5 festzusetzen. Die Anpassungsfaktormeßzahl ergibt sich aus der Vervielfachung der letzten Anpassungsfaktormeßzahl mit dem Anpassungsfaktor. Die Anpassungsfaktormeßzahl ist auf zwei Dezimalstellen zu runden.

(5) Für das Kalenderjahr 1992 beträgt die Anpassungsrichtwertmeßzahl 100,00. Für jedes weitere Kalenderjahr ist die Anpassungsrichtwertmeßzahl in der Verordnung nach §108 Abs5 festzusetzen. Die Anpassungsrichtwertmeßzahl ergibt sich aus der Vervielfachung der Anpassungsrichtwertmeßzahl für das Jahr 1992 mit dem Produkt der Anpassungsrichtwerte für das Kalenderjahr 1993 und die folgenden Jahre bis einschließlich das Anpassungsjahr. Wurde in einem Kalenderjahr von der Möglichkeit der Festsetzung eines höheren Anpassungsfaktors gemäß Abs3 dritter Satz Gebrauch gemacht, ist bei der Berechnung der Anpassungsrichtwertmeßzahl das Produkt der Anpassungsrichtwerte zusätzlich mit dem Faktor zu vervielfachen, der sich durch Teilung der Anpassungsfaktormeßzahl für dieses Jahr durch die um 1 % erhöhte für dieses Jahr zugrunde gelegte Anpassungsrichtwertmeßzahl ergibt. Die Anpassungsrichtwertmeßzahl ist auf zwei Dezimalstellen zu runden."

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den vorliegenden Antrag als unzulässig ansieht und seine Zurückweisung, in eventu seine Abweisung begehrt. Die Antragsteller haben darauf repliziert.

II. Der Antrag ist nicht zulässig.

1.1. Nach Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Voraussetzung der Antragslegitimation ist sohin einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffs zu Verfügung steht (zB VfSlg. 11.726/1988).

1.2. Wendet man diese Überlegungen auf den vorliegenden Antrag an, so ergibt sich Folgendes:

Auf Grund der angefochtenen Gesetzesbestimmungen tritt - auf das Wesentliche zusammengefasst - an die Stelle der bisherigen "Pensionsautomatik" die jeweilige Übernahme des Anpassungsfaktors für die Renten und Pensionen nach dem ASVG; die Entwicklung der Beamtenpensionen wird damit von jener der Aktivbezüge der Beamten "abgekoppelt" (s 885 BlgNR 20. GP. 53). Gesetzestechnisch erfolgt dies in der Weise, dass auf den für das jeweilige Kalenderjahr gemäß den einschlägigen Bestimmungen des ASVG im Verordnungswege festgesetzten Anpassungsfaktor durch §41 Abs2 und 3 PG 1965 verwiesen wird.

Daraus folgt aber, dass - selbst wenn man wie die Antragsteller annehmen wollte, dass die durch die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen angeordnete Rezeption des ASVG-Anpassungsfaktors einen Eingriff in deren Rechtssphäre bedeute - dieser Eingriff nicht unmittelbar durch diese Gesetzesbestimmungen bewirkt würde, sondern erst durch die - auf §108 Abs5 iVm §108f Abs1, 4 und 5 ASVG gestützte - Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales (nunmehr: Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen), mit welcher der ab dem jeweils folgenden Kalenderjahr maßgebliche Anpassungsfaktor festgesetzt wird (vgl. zuletzt die Verordnung BGBl. II 1999/488). Erst eine solche Verordnung könnte die behauptete Beeinträchtigung der Rechtssphäre der Antragsteller aktualisieren. Es ist demnach ausgeschlossen, dass die Antragsteller (allein) durch die angefochtenen Gesetzesbestimmungen unmittelbar in ihren Rechten iSd Art140 Abs1 letzter Satz B-VG verletzt werden können.

Der Antrag war daher - schon aus diesem Grund - mangels Legitimation der Antragsteller als unzulässig zurückzuweisen.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Ruhegenuß, Übergangsbestimmung, Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Verordnungserlassung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:G25.2000

Dokumentnummer

JFT_09999074_00G00025_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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