TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/28 2002/03/0129

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.04.2004
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E3L E13103020;
E3L E13206000;
E6J;
26/01 Wettbewerbsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

11997E081 EG Art81;
11997E082 EG Art82;
31990L0387 ONP-RL Einführung Art6;
31990L0387 ONP-RL Einführung idF 31997L0051;
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art1;
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art9 Abs1;
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art9 Abs5;
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art9 Abs6;
31997L0051 Nov-31990L0387/31992L0044;
61986CJ0066 Ahmed Saeed Flugreisen VORAB;
AVG §37;
EURallg;
KartG 1988 §35 Abs2 Z1;
TKG 1997 §1;
TKG 1997 §15;
TKG 1997 §32 Abs1;
TKG 1997 §32;
TKG 1997 §34 Abs1;
TKG 1997 §34 Abs2;
TKG 1997 §34 Abs4;
TKG 1997 §41 Abs2;
TKG 1997 §41 Abs3;
TKG 1997 §41;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Handstanger, Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der T GmbH in Wien, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 18. März 2002, Zl. Z 20/01-38, betreffend Zusammenschaltungsanordnung (mitbeteiligte Partei: T AG in Wien, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde auf Antrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 41 Abs. 3 in Verbindung mit § 111 Z. 6 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997 idF BGBl. I Nr. 32/2002, eine Anordnung für die Zusammenschaltung des öffentlichen Telekommunikationsnetzes der mitbeteiligten Partei mit dem öffentlichen Telekommunikationsnetz der Beschwerdeführerin.

Punkt 5.12. der mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Zusammenschaltungsanordnung lautet wie folgt:

"5.12. Sicherheitsleistungen

Die Parteien dieser Zusammenschaltungsanordnung sind berechtigt, von der jeweils anderen Partei eine Sicherheitsleistung zu fordern. Sollte die Erbringung einer Sicherheit gefordert werden, so richtet sich diese nach folgenden Bestimmungen:

5.12.1. Höhe der Sicherheitsleistung

Liegt ein bisher bestehendes Zusammenschaltungsverhältnis vor, dessen Dauer mindestens ein Jahr umfasst hat, so wird maximal der durchschnittliche Dreimonatsumsatzsaldo der letzten vier Quartale als Höhe der Sicherheitsleistung herangezogen.

Liegt ein bisher bestehendes Zusammenschaltungsverhältnis vor, dessen Dauer weniger als ein Jahr umfasst hat, so wird maximal der zuletzt verfügbare Dreimonatsumsatzsaldo als Höhe der Sicherheitsleistung herangezogen. Für den Fall der Erstzusammenschaltung ist die Forderung einer Sicherheitsleistung erstmals nach Ablauf von drei Monaten möglich.

Die Höhe der Sicherheitsleistung wird quartalsweise entsprechend dieser Regelung angepasst.

5.12.2. Art der Sicherheitsleistung

Nach Wahl der Partei, von der die Sicherheitsleistung gefordert wird, sind folgende Alternativen zur Erlegung einer Sicherheitsleistung möglich:

* Akonto-Zahlung,

* Bankgarantie oder

* Patronatserklärung.

Die Leistung einer Sicherheit hat binnen 14 Tagen nach einer diesbezüglichen schriftlichen Aufforderung durch die aufgeforderte Partei zu erfolgen. Wird die Sicherheitsleistung nicht oder nicht ordnungsgemäß binnen 14 Tage erbracht, so ist eine Nachfrist von 7 Tagen zu setzen. Wird die Sicherheit nicht binnen dieser Nachfrist gelegt, so kann eine außerordentliche Kündigung gemäß Punkt 11.4. des allgemeinen Teils dieser Anordnung erfolgen.

Die die Sicherheit leistende Partei kann die Art der Sicherheitsleistung nach Ablauf eines jeden Quartals durch eine jeweils andere Art ersetzen.

Die Höhe der Sicherheitsleistung wird quartalsweise entsprechend Punkt 5.12.1. angepasst, wobei im Fall einer Akonto-Zahlung die pro Quartal angefallenen Zinsen in der Anpassung Berücksichtigung finden.

5.12.2.1. Akonto-Zahlung

Jene Partei, die eine Sicherheit zu leisten hat, überweist an die andere Partei die Sicherheitsleistung in Höhe gemäß Punkt 5.12.1. auf ein von der die Sicherheit fordernde Partei zu nennendes Konto. Der geleistete Betrag ist von der Partei, die die Sicherheit fordert, zu verzinsen; die Zinsen gelangen in Höhe der aktuellen Verzinsung einer Euro-Bundesanleihe mit einer zehnjährigen Restlaufzeit mit einem Aufschlag von 2 % zur Verrechnung.

5.12.2.2. Bankgarantie

Jene Partei, die eine Sicherheit zu leisten hat, hinterlegt bei der anderen Partei eine Bankgarantie in der Höhe gemäß Punkt 5.12.1.

Die Bankgarantie muss von einem Kreditinstitut ausgestellt werden, welches einen Sitz in einem EWR-Land oder der Schweiz hat.

Die Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung muss ohne Prüfung des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses (abstrakte Bankgarantie) und unter Verzicht auf jede Einrede und Einwendung bis zur vereinbarten Höhe möglich sein. Auch die teilweise Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung (Ausstellung auf einen 'Höchstbetrag') durch den Begünstigten muss gesichert sein.

Die Bankgarantie hat zumindest eine Gültigkeit bis zum Ablauf des Folgequartals aufzuweisen. Zum Zeitpunkt des Ablaufs einer solchen Bankgarantie hat eine gültige Bankgarantie für zumindest das Folgequartal vorzuliegen. Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, ist die Sicherheitsleistung am darauf folgenden Werktag vorzulegen.

Die Partei, welche die Sicherheitsleistung in Form einer Bankgarantie erbringt, trägt dafür sämtliche Kosten einschließlich aller Gebühren und Abgaben.

5.12.2.3. Patronatserklärung

Jene Partei, die eine Sicherheit zu leisten hat, hinterlegt nach vorheriger Vereinbarung bei der anderen Partei eine Patronatserklärung einer Muttergesellschaft in der Höhe gemäß Punkt 5.12.1. dieses Anhangs.

Die die Sicherheit fordernde Partei kann die Erlegung einer Patronatserklärung ablehnen.

Die Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung muss ohne Prüfung des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jede Einrede und Einwendung bis zur vereinbarten Höhe möglich sein. Auch die teilweise Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung durch den Begünstigten muss gesichert sein.

Die Patronatserklärung hat zumindest eine Gültigkeit bis zum Ablauf des Folgequartals aufzuweisen. Zum Zeitpunkt des Ablaufs der Patronatserklärung hat eine gültige Patronatserklärung für zumindest das Folgequartal vorzuliegen. Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, ist die Sicherheitsleistung am darauf folgenden Werktag vorzulegen.

5.12.3. Rückgabe der Sicherheitsleistung

Die Partei, die eine Sicherheit gefordert und erhalten hat, ist jederzeit berechtigt, diese Sicherheitsleistung zur Gänze oder Teile davon zurückzustellen.

Wurde die Sicherheitsleistung in Form einer Akonto-Zahlung erbracht, so ist diese gemäß Punkt 5.12.2.1. verzinst zurückzuzahlen.

5.12.4. Befriedigung

Jede Partei ist berechtigt, folgende Ansprüche aus den Sicherheitsleistungen zu decken:

* Offene fällige Forderungen aus Zusammenschaltungsleistungen * Verzugszinsen aus Forderungen für Zusammenschaltungsleistungen * Anerkannte oder gerichtlich zugesprochene

Schadenersatzforderungen der die Sicherheit fordernden Partei

Aus der Sicherheitsleistung werden zuerst die Verzugszinsen und erst dann die restlichen Ansprüche befriedigt.

Die die Sicherheitsleistung in Anspruch nehmende Partei wird der anderen Partei die Inanspruchnahme der Sicherheitsleistung ehebaldigst zur Kenntnis bringen. In diesem Fall ist die die Sicherheit leistende Partei verpflichtet, binnen 14 Tagen neuerlich die Sicherheitsleistung in der Höhe gemäß Punkt 5.12.1. zu erlegen."

Begründend führte die belangte Behörde zum Punkt "Sicherheitsleistung" aus, dass das Fordern einer Sicherheitsleistung im Rahmen eines ordentlichen Geschäftsverkehrs zwischen Kaufleuten als gängige Praxis angesehen werden könne und den Zusammenschaltungsparteien ein legitimes Interesse zukomme, ihre Forderungen einzubringen. Da grundsätzlich beide Parteien ein schutzwürdiges Interesse an der Einbringung bzw. Besicherung ihrer Forderungen hätten, seien die Regelungen betreffend Sicherheitsleistungen reziprok angeordnet worden.

2. Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Gewährung eines offenen Netzzuganges sowie in ihrem Recht auf Unterbleiben von Missbräuchen einer marktbeherrschenden Stellung und auf eine Entscheidung ohne Ermessensfehler verletzt zu sein. Die Beschwerdegründe und das gesamte Beschwerdevorbringen beziehen sich ausschließlich auf die Regelungen betreffend die Sicherheitsleistung in Punkt 5.12. des allgemeinen Teils der mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Zusammenschaltungsanordnung.

2.1. Die Beschwerdeführerin führt zunächst aus, dass sie gemäß § 34 Abs. 2 TKG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 RL 90/387/EWG in der Fassung der RL 97/51/EG Anspruch auf offenen und effizienten Zugang zum öffentlichen Telekommunikationsnetz der mitbeteiligten Partei habe. Die im angefochtenen Bescheid der mitbeteiligten Partei eingeräumte Möglichkeit, die Sicherheitsleistungen in Form einer Akontozahlung oder einer Bankgarantie zu fordern, würde massive Behinderungen der Beschwerdeführerin zur Folge haben; die Erlegung der Sicherheit mittels Patronatserklärung könne ohne Nennung von Gründen abgelehnt werden und werde daher in der Praxis ohne Bedeutung bleiben.

Die mitbeteiligte Partei sei für die Beschwerdeführerin der größte Lieferant von Zusammenschaltungsleistungen und der Dreimonatssaldo an Zusammenschaltungsentgelten stelle eine für die Beschwerdeführerin geradezu enorme Summe dar, deren Hinterlegung - unabhängig von der Art der Finanzierung - unweigerlich negative wirtschaftliche Folgen habe. Finanziere die Beschwerdeführerin die Sicherheitsleistung aus Eigenmitteln, würde dies zu einer massiven Liquiditätseinbuße führen; das Geld würde für wesentliche wirtschaftliche Aktivitäten, die erforderlich seien, um am Markt weiter zu bestehen, fehlen. Auch eine Finanzierung aus Fremdmitteln sei mit beträchtlichen Nachteilen für die Beschwerdeführerin verbunden. Für die Aufnahme von Krediten in der geforderten Höhe seien entsprechende Sicherstellungen notwendige Voraussetzungen, die in diesem Falle nicht mehr für die Finanzierung anderer wichtiger Aktivitäten verwendet werden könnten. Die Erbringung der Sicherheitsleistung hätte somit eine völlige Blockade der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit der Beschwerdeführerin zur Folge; auch die Verzinsung der Akontozahlung könne weder die Liquiditätseinbuße bei Eigenmittelfinanzierung noch die erheblichen Nachteile der Fremdmittelfinanzierung wettmachen. Auch im Falle der Erlegung der Sicherheitsleistung mittels Bankgarantie müsste die Beschwerdeführerin der Bank entsprechende Sicherstellungen leisten, sodass die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Beschwerdeführerin mit der Fremdmittelfinanzierung der Akontozahlung gleichzusetzen wären.

Gemäß § 34 Abs. 2 TKG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 der RL 90/387/EWG in der Fassung der RL 97/51/EG seien Beschränkungen des Netzzugangs nur zur Sicherheit des Netzbetriebs, zur Aufrechterhaltung der Netzintegrität, zur Interoperabilität der Dienste und aus Datenschutzgründen zulässig. Keiner dieser Ausnahmetatbestände sei im vorliegenden Fall erfüllt. Darüber hinausgehende Beschränkungen müssten nach Art. 3 Abs. 3 der RL 90/387/EWG in der Fassung der RL 97/51/EG mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein, was nur dann der Fall sei, wenn entsprechende Beschränkungen sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig seien. Der angefochtene Bescheid stelle auf keinerlei individuelle oder konkrete Kriterien für die Erbringung der Sicherheitsleistung ab; dies sei sachlich nicht gerechtfertigt und widerspreche auch den von der EU-Kommission (in der Mitteilung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich, ABl Nr. C vom 22.8.1998, S. 2, Rz

85) "festgelegten Kriterien für die mögliche Beschränkung von Netzzugang". Die Beschwerdeführerin sei ihren Zahlungen stets pünktlich nachgekommen und habe diese zur Gänze erfüllt; sie stelle daher kein Risiko für die in Betracht kommenden Forderungen der mitbeteiligten Partei dar. Die Bestimmung über die Sicherheitsleistung sei unverhältnismäßig, da nicht nur eine völlige Deckung des Ausfallsrisikos der mitbeteiligten Partei vorliege, sondern es in den meisten zu erwartenden Fällen sogar zu einer klaren Überdeckung komme. Die Bestimmung sei daher für die mitbeteiligte Partei extrem vorteilhaft. Gleichzeitig führe die Erbringung der Sicherheitsleistung bei der Beschwerdeführerin zu massiven wirtschaftlichen Nachteilen, sodass die Bestimmung keinen fairen Ausgleich zwischen den Parteien schaffe.

2.2. Die auf den vorliegenden Fall anzuwendenden maßgeblichen Rechtsvorschriften des § 41 Abs. 1 bis 3 TKG lauteten wie folgt:

"Verhandlungspflicht

§ 41. (1) Jeder Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes ist verpflichtet, anderen Betreibern solcher Netze auf Nachfrage ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. Alle Beteiligten haben hiebei das Ziel anzustreben, die Kommunikation der Nutzer verschiedener öffentlicher Telekommunikationsnetze untereinander zu ermöglichen und zu verbessern.

(2) Kommt zwischen einem Betreiber eines Telekommunikationsnetzes, der Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, und einem anderen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes eine Vereinbarung über Zusammenschaltung binnen einer Frist von sechs Wochen ab dem Einlangen der Nachfrage nicht zu Stande, kann jeder der an der Zusammenschaltung Beteiligten die Regulierungsbehörde anrufen.

(3) Die Regulierungsbehörde hat nach Anhörung der Beteiligten innerhalb einer Frist von sechs Wochen, beginnend mit der Anrufung, über die Anordnung der Zusammenschaltung zu entscheiden. Die Regulierungsbehörde kann das Verfahren um längstens vier Wochen verlängern. Die Anordnung ersetzt eine zu treffende Vereinbarung. Die Regulierungsbehörde hat dabei die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften, die nach Art. 6 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision - ONP) (ABl. Nr. L 192 vom 24. 7. 1990, S 1) vom Europäischen Parlament und vom Rat erlassen werden, zu beachten. Entsprechend der Richtlinie findet der Grundsatz der Kostenorientiertheit nur bei der Festlegung der Höhe der Entgelte von marktbeherrschenden Unternehmen Anwendung."

Die in § 41 TKG vorgesehene Entscheidungskompetenz der belangten Behörde in Zusammenschaltungsstreitigkeiten diente der Umsetzung - u.a. - des Art. 9 RL 97/33/EG; dessen Abs. 5 hatte folgenden Wortlaut:

"(5) Bei Zusammenschaltungsstreitigkeiten zwischen Organisationen in einem Mitgliedstaat unternimmt dessen Regulierungsbehörde auf Ersuchen einer Partei Schritte, um den Streit innerhalb von sechs Monaten ab diesem Ersuchen beizulegen. Die Streitbeilegung muss einen fairen Ausgleich der berechtigten Interessen beider Parteien zum Ergebnis haben.

Dabei berücksichtigt die nationale Regulierungsbehörde unter anderem

-

die Interessen der Benutzer;

-

ordnungspolitische Verpflichtungen oder Einschränkungen, die einer Partei auferlegt sind;

-

das Bestreben, innovative Marktangebote zu fördern und Benutzern eine breite Palette von Telekommunikationsdiensten auf nationaler und Gemeinschaftsebene bereitzustellen;

-

die Verfügbarkeit technisch und wirtschaftlich tragfähiger Alternativen zu der geforderten Zusammenschaltung;

-

das Streben nach Sicherstellung gleichwertiger Zugangsvereinbarungen;

-

die Notwendigkeit, die Integrität des öffentlichen Telekommunikationsnetzes und die Interoperabilität von Diensten aufrechtzuerhalten;

-

die Art des Antrags im Vergleich zu den Mitteln, die zur Verfügung stehen, um ihm stattzugeben;

-

die relative Marktstellung der Parteien;

-

die Interessen der Öffentlichkeit (z.B. den Umweltschutz);

-

die Förderung des Wettbewerbs;

-

die Notwendigkeit, einen Universaldienst aufrechtzuerhalten.

Eine Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde in dieser Sache wird der Öffentlichkeit nach Maßgabe der innerstaatlichen Verfahren zugänglich gemacht. Die betroffenen Parteien erhalten eine ausführliche Begründung der Entscheidung."

§ 34 Abs. 1 und 2 TKG lauteten:

"Offener Netzzugang (ONP)

§ 34. (1) Ein Anbieter, der auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, hat Wettbewerbern auf diesem Markt unter Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung unter vergleichbaren Umständen zu gleichwertigen Bedingungen in derselben Qualität Leistungen bereitzustellen, die er am Markt anbietet oder die er für seine eigenen Dienste oder für Dienste verbundener Unternehmen bereitstellt.

(2) Er darf insbesondere den Zugang nur so weit beschränken, als dies den grundlegenden Anforderungen im Sinne des Artikels 3 Abs. 2 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision - ONP) (ABl. Nr. L 192 vom 24. 7. 1990, S 1) entspricht. Dabei ist den Wettbewerbern anzugeben, welche der grundlegenden Anforderungen einer Beschränkung im Einzelfall zugrunde liegt."

Art 1 Abs. 1 RL 90/387/EWG (ONP-Rahmenrichtlinie) lautete:

"Diese Richtlinie betrifft die Harmonisierung der Bedingungen für den offenen und effizienten Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen und gegebenenfalls zu öffentlichen Telekommunikationsdiensten sowie die Harmonisierung der Bedingungen für deren offene und effiziente Benutzung."

Art. 3 Abs. 2 und 3 der ONP-Rahmenrichtlinie in der Fassung der RL 97/51/EG hatten folgenden Wortlaut:

"(2) Die ONP-Bedingungen dürfen - außer wegen grundlegender Anforderungen im Rahmen des Gemeinschaftsrechts - den Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen oder öffentlichen Telekommunikationsdiensten nicht einschränken. Außerdem finden die allgemein geltenden Bedingungen für den Anschluß von Endgeräten an das Netz Anwendung.

(3) Die ONP-Bedingungen dürfen - abgesehen von Einschränkungen, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind - keinerlei weitere Einschränkungen der Nutzung öffentlicher Telekommunikationsnetze und/oder öffentlicher Telekommunikationsdienste gestatten."

Art. 6 der ONP-Rahmenrichtlinie lautete bis zu seiner durch Art. 1 Z. 7 iVm Art. 4 RL 97/51/EG zum 18. November 1997 erfolgten Aufhebung wie folgt:

"Nach Abschluß der in den Artikeln 4 und 5 vorgesehenen Verfahren erläßt der Rat gemäß Art 100 a des Vertrages Einzelrichtlinien zur Festlegung der ONP-Bedingungen einschließlich des Zeitplans für deren Anwendung."

Wie bereits die Bezeichnung der RL 97/33/EG - "Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP)" - verdeutlicht, handelt es sich bei dieser RL um eine ONP-Einzelrichtlinie ("ONP-Zusammenschaltungsrichtlinie", vgl. Polster, Das Telekommunikationsrecht der Europäischen Gemeinschaften, 1999, S. 58) im Sinne des Art. 6 der ONP-Rahmenrichtlinie: Art. 1 RL 97/33/EG hält ausdrücklich fest, dass diese Richtlinie "die Harmonisierung von Bedingungen für die offene und effiziente Zusammenschaltung von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und für die Öffentlichkeit zugänglichen Telekommunikationsdiensten sowie für den Zugang zu diesen Netzen und Diensten" betrifft.

2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde in einer Zusammenschaltungsstreitigkeit, in der mangels Einigung zwischen den an der Zusammenschaltung beteiligten Unternehmen gemäß § 41 Abs. 2 TKG die Regulierungsbehörde zur Entscheidung angerufen worden war. Bei der beschwerdegegenständlichen Regelung im Hinblick auf Sicherheitsleistungen handelt es sich um eine - die vertragliche Regelung ersetzende - Bestimmung im Zusammenhang mit der Festlegung von Zahlungsverpflichtungen aus dem Zusammenschaltungsverhältnis, die grundsätzlich Gegenstand einer Zusammenschaltungsanordnung sein kann (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 18. März 2004, Zl. 2002/03/0168); die Festlegung ist rechtmäßig, wenn die konkrete Ausgestaltung im Sinne des Art. 9 Abs. 5 RL 97/33/EG dem fairen Ausgleich der berechtigten Interessen dient.

Die in Art. 9 Abs. 5 und 6 der RL 97/33/EG vorgesehene Streitentscheidungskompetenz der Regulierungsbehörde, wie sie im Beschwerdefall von der belangten Behörde auf Grund des diese Bestimmungen umsetzenden § 41 TKG herangezogen wurde, zählt zu den ONP-Bedingungen, die mit RL 97/33/EG - der ONP-Einzelrichtlinie für den Bereich der Zusammenschaltung - festgelegt wurden. Sie steht damit nicht in Widerspruch zum Grundsatz des offenen Netzzugangs, sondern dient dessen Verwirklichung durch die Sicherstellung der Zusammenschaltung, wie es die Zielbestimmung des Art. 1 RL 97/33/EG vorsieht.

Das von der Beschwerdeführerin dem Recht auf offenen Netzzugang im Sinn des § 34 Abs. 2 TKG unterlegte Verständnis würde jegliche Festlegung wirtschaftlicher Bedingungen in Zusammenschaltungsanordnungen verunmöglichen, wäre doch nach diesem Verständnis auch die Festlegung verkehrsabhängiger Zusammenschaltungsentgelte, von deren Entrichtung der Netzzugang in Form der Zusammenschaltung abhängig gemacht wird, als eine nicht den grundlegenden Anforderungen entsprechende Zugangsbeschränkung anzusehen. Ein derartiges Verständnis widerspricht jedoch Art. 9 RL 97/33/EG und § 41 TKG, nach dem die von der Regulierungsbehörde zu erlassende Zusammenschaltungsanordnung die vertragliche Vereinbarung ersetzt und damit auch all jene Inhalte umfassen kann, deren (vertragliche) Regelung den Zusammenschaltungspartnern in der Anlage gemäß § 6 der Zusammenschaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 14/1998, aufgetragen ist.

Das Recht auf offenen Netzzugang, wie es in § 34 Abs. 2 TKG in Umsetzung der RL 90/387/EWG idF RL 97/51/EG festgelegt ist, steht daher einer in einer Zusammenschaltungsstreitigkeit in einem Verfahren gemäß § 41 TKG - in Übereinstimmung mit der ONP-Einzelrichtlinie 97/33/EG - getroffenen Regelung über Zusammenschaltungsentgelte einschließlich deren Besicherung nicht entgegen.

2.4. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18. März 2004, Zl. 2002/03/0164, ausgesprochen hat, hat die Regulierungsbehörde bei der Entscheidung über die Festlegung von Zusammenschaltungsbedingungen gemäß § 41 Abs. 3 TKG - soweit es nicht um die Festlegung kostenorientierter Zusammenschaltungsentgelte eines marktbeherrschenden Unternehmens geht - angemessene Bedingungen festzulegen und dadurch einen fairen Ausgleich der berechtigten Interessen beider Parteien herbeizuführen, wobei sowohl die Gesetzes- bzw. Regulierungsziele der §§ 1 und 32 Abs. 1 TKG als auch die für die Entscheidung in einer Zusammenschaltungsstreitigkeit maßgeblichen Kriterien gemäß Art. 9 Abs. 5 und 6 der Richtlinie 97/33/EG und die Zielsetzungen des Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 97/33/EG zu berücksichtigen sind.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen und dargelegt, aus welchen Erwägungen sie es als angemessen erachtet, in der die vertragliche Regelung substituierenden Zusammenschaltungsanordnung die Möglichkeit vorzusehen, dass einseitig von einer Partei des Zusammenschaltungsverhältnisses eine Sicherheitsleistung gefordert werden kann.

Im Rahmen des Zusammenschaltungsverhältnisses sind regelmäßig Vorleistungen zu erbringen, über die nach detaillierten, im angefochtenen Bescheid enthaltenen Regeln abzurechnen ist. Demnach ist über verkehrsabhängige Zusammenschaltungsentgelte eine Monatsrechnung auszustellen und dem Zusammenschaltungspartner zu übermitteln (Punkt 5.10.1. des Allgemeinen Teils der Zusammenschaltungsanordnung); diese Rechnung ist binnen 30 Tagen nach Erhalt zur Zahlung fällig, wobei die Fälligkeit durch Rechnungseinspruch und ein darauf folgendes Koordinations- und Eskalationsverfahren um höchstens sechs weitere Wochen hinausgeschoben werden kann (Punkt 5.11.1. des allgemeinen Teils der Zusammenschaltungsanordnung). Auch im Falle des qualifizierten Verzugs des Zusammenschaltungspartners (Rückstand von mehr als einem Drittel der unbestrittenen Entgelte) ist die außerordentliche Kündigung des Zusammenschaltungsverhältnisses erst nach zweimaliger Mahnung unter jeweils mindestens 14tägiger Nachfristsetzung möglich (Punkt 11.3. des allgemeinen Teils der Zusammenschaltungsanordnung). Eine Sperre weiterer Leistungen und damit die Verhinderung des Entstehens weiterer Forderungen ist nach Punkt 7.1 des allgemeinen Teils der Zusammenschaltungsanordnung nur bei Verzug mit mindestens einem Drittel der fälligen Entgelte nach vorheriger schriftlicher Mahnung und mindestens vierzehntägiger Nachfristsetzung möglich.

Im Hinblick auf diese Regeln betreffend Zahlungsfristen, die Sperre weiterer Leistungen sowie die außerordentliche Kündigung ist eine Begrenzung des Ausfallsrisikos durch die mitbeteiligte Partei nur in eingeschränktem Umfang möglich. Hinzu kommt, dass die mitbeteiligte Partei in der Auswahl ihrer Vertragspartner im Rahmen der Zusammenschaltung nicht frei ist; sie ist verpflichtet, mit jedem zur Erbringung eines entsprechenden Telekommunikationsdienstes berechtigten Unternehmen einen Zusammenschaltungsvertrag abzuschließen. Ein berechtigtes Interesse der mitbeteiligten Partei an der Absicherung ihrer Forderungen aus Zusammenschaltungsleistungen kann daher - insbesondere im Hinblick auf die auch im angefochtenen Bescheid dargelegten wirtschaftlichen Entwicklungen - nicht verneint werden.

Demgegenüber kann ein berechtigtes Interesse der Beschwerdeführerin, wesentliche Vorleistungen ihrer Zusammenschaltungspartner in jedem Fall ohne Erbringung entsprechender Anzahlungen oder Sicherheitsleistungen zu erhalten, nicht erkannt werden. Die Beschwerdeführerin hatte zur Erlangung der Konzession gemäß § 15 TKG darzulegen, dass sie über die erforderliche Finanzkraft zur Erbringung des Dienstes gemäß ihrer Konzession verfügte. Auch von einem neu in den Markt eintretenden Unternehmen kann verlangt werden, dass es über die finanziellen Möglichkeiten zur Bereitstellung von Sicherheiten für die von ihm in Anspruch genommenen Vorleistungen verfügt.

Es kann daher nicht als unangemessen beurteilt werden, wenn allgemeine wirtschaftliche Risken von Vertragsbeziehungen, auf die typischerweise in Vertragsverhältnissen zwischen Kaufleuten bei der Vertragsgestaltung Bedacht genommen wird, auch im Rahmen einer Entscheidung der Regulierungsbehörde über die Festlegung von Zusammenschaltungsbedingungen berücksichtigt werden. Die Bestimmungen im angefochtenen Bescheid über die Sicherheitsleistung, die auch Dispositionsmöglichkeiten für den Sicherungsgeber hinsichtlich der Art der Sicherheitsleistung und eine angemessene Verzinsung im Falle der Hinterlegung einer Akontozahlung vorsehen, wurden unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Parteien ausgestaltet und können nicht als unzulässige Zugangsbeschränkung angesehen werden.

2.5. Auch die von der belangten Behörde zu berücksichtigenden Wettbewerbsregeln der Art. 81 und 82 EG (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 11. April 1989, Rs 66/86, Ahmed Saeed, Slg 1989, 838, und die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich, Rz 19) sowie die bereits zitierte interpretative Mitteilung der Kommission stehen dem nicht entgegen. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Rz 85 der Mitteilung betrifft die vollständige Verweigerung des Zugangs, wobei als (zulässiger) Grund für die Weigerung ein mögliches Kreditrisiko angegeben wird. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass die - unter Bedachtnahme auf die berechtigten Interessen der Zusammenschaltungspartner - geregelte Möglichkeit, für Vorleistungen Sicherstellungen zu verlangen, einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln darstellen würde.

Die Beschwerdeführerin sieht die mit dem angefochtenen Bescheid festgelegte Möglichkeit der Forderung von Sicherheitsleistungen auch als unangemessene Geschäftsbedingung im Sinne des Art. 82 lit. a EG ("Konditionenmissbrauch") an. Die Anwendung des angefochtenen Bescheids würde unmittelbar zu einem Rechtsbruch der mitbeteiligten Partei führen und sei somit selbst rechtswidrig. Darüber hinaus werde durch die Bestimmungen zur Sicherheitsleistung die unmittelbare Gefahr einer rechtswidrigen Diskriminierung durch die mitbeteiligte Partei eröffnet, da diese die freie Wahl habe, ob und in welcher Form sie von einem bestimmten Vertragspartner eine Sicherheitsleistung fordere.

Auch diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. Wie bereits ausgeführt, ist die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vorgesehene Möglichkeit, eine Sicherheitsleistung zu fordern, in einer den berechtigten Interessen der beteiligten Unternehmen Rechnung tragenden Form - insbesondere betraglich angemessen begrenzt und im Falle einer "Akontozahlung" auch angemessen verzinst - festgelegt worden, sodass in dieser Festlegung für sich keine unangemessene Geschäftsbedingung iSd Art. 82 EG zu erkennen ist. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die "Gefahr einer rechtswidrigen Diskriminierung" wendet, ist festzuhalten, dass die mitbeteiligte Partei durch die Zusammenschaltungsanordnung nicht verpflichtet ist, in jedem Fall eine Sicherheitsleistung einzufordern. Soweit sie von dieser Möglichkeit jedoch Gebrauch macht, hat die mitbeteiligte Partei die für sie sonst geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen, zu denen neben dem sektorspezifischen Diskriminierungsverbot gemäß § 34 Abs. 1 und 4 TKG insbesondere auch Art. 82 EG zählt, zu beachten; durch die Anordnung der belangten Behörde wird somit keine Verletzung des Art. 82 EG bewirkt.

Auch im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung des § 35 Abs. 2 Z. 1 Kartellgesetz ist festzuhalten, dass die Zusammenschaltungsanordnung die Anwendung der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht nicht hindert. Ein durch die Regulierungsbehörde auf der Grundlage des von ihr anzuwendenden TKG im Rahmen einer Zusammenschaltungsanordnung erlaubtes Verhalten der mitbeteiligten Partei kann dennoch nach anderen Rechtsvorschriften, wie insbesondere dem Kartellgesetz, in einem konkreten Fall unzulässig sein, ohne dass dies zur Rechtswidrigkeit der Festlegung durch die belangte Behörde führen muss.

2.6. In der Beschwerde wird ferner ausgeführt, dass die belangte Behörde von dem ihr nach Ansicht der Beschwerdeführerin zukommenden Ermessensspielraum nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht habe. Die Regeln über die Erbringung von Sicherheitsleistungen im angefochtenen Bescheid würden gegen die Gesetzesziele der Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs sowie des Schutzes der Nutzer vor Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verstoßen. Durch die Sicherheitsleistung würde das gesamte wirtschaftliche Risiko der mitbeteiligten Partei hinsichtlich eines allfälligen Ausfalls von Zusammenschaltungsentgelten abgedeckt; die Beschwerdeführerin werde damit nicht nur im Wettbewerb geschwächt, sondern es werde vielmehr zusätzlich noch die mitbeteiligte Partei im Wettbewerb gestärkt.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass auch die Beschwerdeführerin berechtigt ist, eine Sicherheitsleistung zu verlangen, sofern der Dreimonatsumsatzsaldo zu ihren Gunsten ausfällt. Es erfolgt somit keine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Absicherung des Ausfallrisikos, sondern es wird jenes Unternehmen, das einen positiven Saldo aus den Zusammenschaltungsleistungen aufweist, in die Lage versetzt, gegebenenfalls eine Sicherheitsleistung zu verlangen. Wie sich aus den bereits erwähnten Regelungen über Zahlungsfristen, die Sperre weiterer Leistungen bei Zahlungsverzug und über die außerordentliche Kündigung ergibt, wird der mitbeteiligten Partei auch nicht in jedem Fall das gesamte Ausfallsrisiko abgedeckt, sind doch Fälle möglich, in denen vom Zeitpunkt der frühest möglichen Rechnungslegung bis zur Sperre weiterer Leistungen mehr als 12 Wochen vergehen (30 Tage Zahlungsfrist, 6 Wochen Koordinations- und Eskalationsverfahren, 14 Tage Nachfrist, hinzu kommen noch Tage des Postlaufes), und ist weiters zu berücksichtigen, dass eine Sicherheitsleistung in der Höhe eines durchschnittlichen Dreimonatsumsatzsaldos im Falle eines steigenden oder veränderten Verkehrsaufkommens möglicherweise die Entgelte für den aktuellen Dreimonatszeitraum nicht abdecken kann. Schließlich muss der die Sicherheitsleistung Fordernde auch gewärtigen, im Fall der Erbringung der Sicherheitsleistung durch eine "Akontozahlung" die im angefochtenen Bescheid detailliert geregelte Verzinsung zu leisten. Eine derartige Regelung ist nicht als gegen den chancengleichen und funktionierenden Wettbewerb gerichtet anzusehen, sodass auch die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Regulierungsziele - die von der belangten Behörde im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen sind - nicht gegen die im angefochtenen Bescheid getroffene Regelung über Sicherheitsleistungen sprechen.

3.1. Unter dem Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die belangte Behörde ihrer Pflicht zur vollständigen Erhebung des relevanten Sachverhalts gemäß § 37 AVG nicht nachgekommen sei und gegen das Überraschungsverbot verstoßen habe. Sie habe zudem nicht ausreichend Parteiengehör eingeräumt und die Entscheidung nur unzureichend begründet. Die belangte Behörde habe es unterlassen, zur Frage, ob die Sicherheitsleistung im Rahmen eines ordentlichen Geschäftsverkehrs zwischen Kaufleuten als gängige Praxis angesehen werden könne, ein Beweisverfahren durchzuführen. Hätte die Behörde zu dieser maßgebenden Feststellung ein Beweisverfahren durchgeführt, wäre sie nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu dem Schluss gekommen, dass Sicherheitsleistungen in der Geschäftswelt nicht als gängige Praxis zu betrachten seien.

Hierzu ist festzuhalten, dass die belangte Behörde keine Feststellungen betreffend die Üblichkeit oder Häufigkeit von Sicherheitsleistungen in der Praxis getroffen hat, sondern die von der Beschwerdeführerin gerügte Formulierung im Zusammenhang mit der Begründung der Regeln über die Sicherheitsleistung verwendet hat. Tatsächlich handelt es sich bei der Frage der Angemessenheit der Bestimmungen über die Sicherheitsleistungen um eine Rechtsfrage, die die belangte Behörde unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Parteien zu entscheiden hatte. Für die Beurteilung der Rechtsfrage der Angemessenheit von Bestimmungen über die Sicherheitsleistungen ist es nicht erforderlich, Feststellungen zu treffen, ob und in welchen - dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren - Fällen tatsächlich Sicherheitsleistungen verlangt werden. Solche Feststellungen würden auch nichts am berechtigten Interesse des vorleistungspflichtigen Unternehmens ändern, im Hinblick auf die besondere Gestaltung des Zusammenschaltungsverhältnisses als eines nur schwer lösbaren, durch behördliche Anordnungen wesentlich gestalteten Rechtsverhältnisses, Sicherheitsleistungen für einen möglichen Ausfall von Zahlungen zu verlangen.

3.2. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, dass die belangte Behörde Erhebungen über Kreditratingagenturen durchgeführt habe, diese Ergebnisse jedoch den Verfahrensparteien nicht zur Kenntnis gebracht habe. Hiezu ist festzuhalten, dass die belangte Behörde aus rechtlichen Erwägungen nicht darauf abgestellt hat, einzelne Daten von Ratingagenturen einer Regelung der Sicherheitsleistung zugrunde zu legen. Soweit zu diesbezüglichen Ermittlungsergebnissen daher nicht Parteiengehör gewährt wurde, handelt es sich nicht um einen relevanten Verfahrensmangel.

3.3. Schließlich macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die belangte Behörde ihrer Begründungpflicht nach § 60 AVG nicht nachgekommen sei, da sie im Fall konkurrierender Parteieninteressen die jeweiligen Pro- und Contraargumente umfassend und präzise zu erfassen und einander gegenüber zu stellen habe. Die Beschwerdeführerin habe sich zur Sicherheitsleistung mehrmals geäußert und dabei insbesondere vorgebracht, sie wäre ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen mit guter Bonität und würde ihren Verpflichtungen pünktlich nachkommen. Weiters habe sie vorgebracht, dass die mitbeteiligte Partei in einer normalen Wettbewerbssituation von der Beschwerdeführerin mit Sicherheit keine Sicherheitsleistung verlangen würde, was sich beispielsweise bei Verträgen über die Anmietung von Übertragungswegen - einem Markt, in dem sich bereits ein gewisser Wettbewerb etablieren habe können - zeige; für entsprechende Leistungen verlange die mitbeteiligte Partei Sicherheitsleistungen nur dann, wenn die fristgerechte Bezahlung von Entgeltforderungen in bestimmter Höhe durch den Kunden gefährdet wäre, und wenn eine zwangsweise Hereinbringung der Forderungen mit hohem Kostenaufwand verbunden wäre.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Interessensabwägung vorgenommen und dabei auch dargelegt, aus welchen Gründen sie von einer im Einzelfall festzulegenden Bonitätsbewertung und daran anknüpfenden Berechtigung zum Verlangen von Sicherheitsleistungen Abstand genommen hat. Sie ist damit auf die Argumente hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten pünktlichen Zahlungsweise und der guten Bonität eingegangen, sodass diesbezüglich kein Begründungsmangel erkannt werden kann. Im Hinblick auf das Vorbringen zu den Geschäftsbedingungen ist festzuhalten, dass sich das Zusammenschaltungsverhältnis von anderen Rechtsverhältnissen, welche die mitbeteiligte Partei eingeht, schon insofern unterscheidet, als die Auflösung des Zusammenschaltungsverhältnisses bzw. die Netztrennung im Falle der Zusammenschaltung durch gesetzliche Bestimmungen sowie behördliche Anordnungen in besonderem Maße eingeschränkt ist, was für die Frage der Sicherstellung von Forderungen aus Zusammenschaltungsleistungen von wesentlicher Bedeutung ist. Dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu den Geschäftsbedingungen für Übertragungswege und der diesbezüglichen Praxis der mitbeteiligten Partei nicht ausdrücklich eingegangen ist, stellt daher keinen relevanten Begründungsmangel dar.

4. Da die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. April 2004

Gerichtsentscheidung

EuGH 61986J0066 Ahmed Saeed Flugreisen VORAB

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche BeurteilungGemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002030129.X00

Im RIS seit

28.05.2004

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten