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77 Kunst Kultur;Norm
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des P in I, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 14. Dezember 2000, Zl. 17.001/17/IV/3/2000, betreffend Teilunterschutzstellung nach den §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 14. Dezember 2000 gerichtet, mit welchem gemäß §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes - DMSG, BGBl. Nr. 533/1923, i.d.F. BGBl. I Nr. 170/1999, festgestellt wurde, dass ein öffentliches Interesse
"an der Erhaltung des 'Siberschlössls' in H im Sinne des § 1 Abs. 8 DMSG nur hinsichtlich nachfolgender Teile besteht:
1. an der gesamten äußeren Erscheinung sowie an dem an
der Bundesstraße gelegenen Einfahrtstor,
2. an den beiden doppelgeschossigen Kelleranlagen,
3. am Atelier (mit Erker) im Dachgeschoss,
4. an den unmittelbar unter dem Atelier gelegenen
Räumlichkeiten (mit Erker)."
Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Bundesdenkmalamt bezüglich des gesamten Gebäudes festgestellt habe, dass ein öffentliches Interesse gemäß §§ 1 und 3 DMSG an seiner Erhaltung bestünde. Es hätte ausgeführt, dass es sich bei dem Objekt um das Wohnhaus des Malers Alfons Siber gehandelt hätte. Dieser hätte das Gebäude, welches aus einem barocken und einem historischen Teil bestünde, 1899 erworben und künstlerisch gestaltet bzw. umgestaltet.
Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer als grundbücherlicher Alleineigentümer Berufung erhoben und ausgeführt, dass er das Objekt seit dem Erwerb im Jahre 1954 unter Aufwendung von großem finanziellen und persönlichem Einsatz umfassend erneuert hätte. Der Erker an der Südwestseite des Gebäudes wäre mehr als sanierungsbedürftig und könnte in seiner derzeitigen Ausgestaltung nicht wieder hergestellt werden. Zur Vermietung des Objektes wären sanitäre Einrichtungen und eine neue Treppenanlage erforderlich. Sowohl die Haustür als auch ein "Gewölbe" im Hauseingang wären erst in den 60er-Jahren durch den Beschwerdeführer hergestellt worden. Eine geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung des Objektes wäre nicht begründet. Auch könnte aus den Umgestaltungen des Alfons Siber keine derartige Bedeutung abgeleitet werden.
Die belangte Behörde habe am 17. Oktober 1995 einen Ortsaugenschein durchgeführt, anlässlich dessen die Amtssachverständige des Bundesdenkmalamtes, Mag. N, unter Hinweis auf das von ihr bereits im Verfahren vor der Behörde erster Instanz erstattete Gutachten hinsichtlich des ursprünglich barocken und vom bedeutenden Tiroler Maler und Restaurator Alfons Siber in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nach eigenen Plänen umgestalteten und als Wohn- und Arbeitsstätte genutzten Objektes ausgeführt habe, dass dieser hier deutliche, nicht zu übersehende "Spuren" hinterlassen hätte, weshalb es einerseits von besonderer kultureller Bedeutung, anderseits aber auch durch die im Gegensatz zum barocken Gebäudeteil spannungsreiche Siber'sche Umgestaltung von wichtiger künstlerischer Bedeutung wäre.
Dagegen habe der Beschwerdeführer eingewendet, dass der heutige Zustand des - historistischen - Bauteiles des Objektes im Wesentlichen auf seine eigenen Leistungen zurückgehe, er hätte nach seinen persönlichen Vorstellungen die Zinnen am Dach, die Balkone und die gesamte Fassade wieder hergestellt. Aus dem Zusammenspiel zweier Stilepochen könnten keine Rückschlüsse auf die Erhaltungswürdigkeit des Gebäudes gezogen werden. Aus dem Umstand, dass die Bedeutung des Ateliers im Gebäude lediglich mit seiner früheren Funktion als Arbeitsraum eines Künstlers begründet werde, wäre zu schließen, dass die Bedeutung keine Unterschutzstellung rechtfertigte.
Die belangte Behörde habe ein weiteres Amtssachverständigengutachten der Kunsthistorikerin Dr. SM eingeholt, die festgehalten habe, dass das gegenständliche Gebäude im Wesentlichen in vier Bauphasen entstanden wäre, in einer Jahrhunderte zurückliegenden Zeit wäre ein doppelgeschoßiger, ungewöhnlicher geräumiger Keller entstanden, darüber in der Barockzeit ein einfaches, rechteckiges, zweigeschoßiges Gebäude, sodann im 19. Jahrhundert eine nicht unterkellerte Erweiterung, letztlich hätte Alfons Siber bis 1919 den Westbauteil um 2 m erhöht und weitere Eingriffe und Zubauten wie etwa die Errichtung der Dachzinnen oder das Aufbrechen der Südwest-Ecke und die Errichtung eines zweitgeschoßigen Erkers an dieser Stelle vorgenommen. Das Gebäude erweckte noch im heutigen Betrachter Assoziationen in Richtung Burgenromantik und Hofhaltung. Die Bedeutung der durch Herrn Siber vorgenommenen Umgestaltung läge weniger in der dadurch zu Stande gekommenen künstlerischen Qualität oder in einer architektonischen Leistung, sondern vielmehr im Hinblick auf die Bewahrung eines kulturhistorisch interessanten Dokumentes. Alfons Siber hätte als Persönlichkeit in den zeitgenössischen kulturpolitischen Konstellationen Tirols hohen Stellenwert inne gehabt, eine Mal- oder Zeichenschule geleitet und hätte sich im Zirkel der so genannten Kulturbewegung "Jung-Tirol" um Arthur von Wallpach befunden. Es wäre anzunehmen, dass sich im Atelier des "Siber-Schlössls" viele Zusammenkünfte und Diskussionen von sympathisierenden Künstlern abgespielt hätten. Letztlich hätte ja sogar der beste Freund - Wallpach - Siber die Frau ausgespannt. Alfons Siber wäre ein Mitbegründer des Tiroler Künstlerbundes gewesen, zu seinem Hauptwerk gehörten etwa die Fresken in der Friedhofskapelle in H in einer romantisierenden Stilmischung von "Makart und Jugend", er hätte die Sühne-Kapelle auf Schloß Mayerling mit einer Serie von Bildtafeln mit musizierenden Engeln im neugotischen Stil ausgestattet und eine kunstgewerbliche Hand besessen, er wäre auch ein gewandter Restaurator gewesen.
Zusammenfassend wäre zu sagen, dass das architektonische Ambiente des gegenständlichen Objektes in seiner jetzigen Gestalt bestimmt nicht als besonders interessant eingestuft werden könnte, höchstens als Kuriosität, entstanden aus vielen verschiedenen - zeitlich weit auseinander liegenden - Anliegen; wohl aber verdiente der Umstand Beachtung, dass hier in H, in diesem "Schlössl", gebunden an die Freundschaft Siber - Wallpach, eine kulturhistorisch-politische Bewegung zu Hause gewesen wäre, die durch die Künstlerpersönlichkeit Alfons Siber, einen in Tirol gut eingeführten Allround-Künstler, einen "honorigen Vertreter" gefunden hätte.
Die belangte Behörde habe, so begründete sie den angefochtenen Bescheid weiters, ein weiteres Gutachten des Univ.- Prof. Dr. KM eingeholt, der den baulichen Zustand des Objektes beschreibt und zu dem Ergebnis gelangte, dass der von Alfons Siber eingebaute Erker und die Decke über dem Erdgeschoß als statische Schwachstellen des Gebäudes anzusehen wären, weil sie sich durch den vom Künstler vorgenommenen Umbau stark verformt hätten, Gefahr im Verzug wäre in beiden Fällen aber nicht gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird sodann nach Wiedergabe der Rechtslage sowie der Anführung von Judikaten des Verwaltungsgerichtshofes auszugsweise wie folgt begründet:
"Das gegenständliche Objekt besteht aus zwei doppelgeschossigen, mit zylindrischen Tonnen überwölbten vermutlich wohl ursprünglich der Lagerung von Ware (Wein ?) dienenden Kellern, auf welche in der Barockzeit ein rechteckiges Gebäude gesetzt wurde. Im 19. Jahrhundert wurde dieses Gebäude erweitert und 1899 durch den Maler Alfons Siber erworben. Dieser bewohnte das Objekt bis zu seinem Tod im Jahre 1919.
Die heutige vielfach geklitterte Form des Schlössls geht in hohem Ausmaß auf die Planung von Alfons Siber zurück. Alfons Siber war ein wichtiger Vertreter der Kulturbewegung 'Jung-Tirol' und nahm in der kulturpolitischen Konstellation Tirols der Jahrhundertwende einen hohen Stellenwert ein.
Nach dem Erwerb des Ansitzes gestaltete er das Gebäude dem Geschmack der Zeit entsprechend und nach der von Richard Wagner beeinflussten Idee des Künstlerlebens als Gesamtkunstwerk zu einer 'Künstlerburg' um. Diese Umgestaltungen gelangten zwar in technisch schlechter Qualität zur Ausführung, sind aber nicht unmittelbar gefährdet. Auch kommt diesen Umgestaltungen weniger künstlerische als vielmehr kulturhistorische Bedeutung als Ausdruck der Kulturbewegung um Alfons Siber und Arthur von Wallpach zu. Das gegenständliche Gebäude ist daher durch seine enge Verbindung zu einem bedeutenden Vertreter einer einflussreichen kulturellen Strömung - die auch in der Erscheinung der Umbauten des Objektes ihren Niederschlag fand - von besonderer geschichtlicher Bedeutung.
Wert oder Unwert und Fragwürdigkeit dieser Strömung in irgendeiner Weise - positiv oder negativ - zu beurteilen, ist nicht Aufgabe der Denkmalschutzbehörde. Ausschlaggebend ist lediglich die Tatsache, dass diese Kulturbewegung - zumindest zu ihrer Zeit - von großem (auch politischem) Einfluss war und zwar selbst dann, wenn sie nur damals verbreitete Ideen und Gefühle wiedergegeben und artikuliert hätte oder hat.
Das Schlössl in seiner heute eigenwilligen, vielleicht auch 'kuriosen' Form, stellt nun zweifellos ein architektonisches Dokument der Gedankenwelt dieser Kulturbewegung und hier eines ihrer Protagonisten, Alfons Siber, dar, mögen auch durch nachträgliche weitere Umbauten (vor allem im Inneren) schon wieder Veränderungen eingetreten seien.
§ 1 Abs. 2 DMSG in der Fassung der Novelle 1999 bestimmt jedoch ausdrücklich, dass für die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung auch wesentlich ist, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.
Weiters ist festzustellen:
Im Rahmen der durch die Novelle 1999 seit 1.1.2000 im Denkmalschutzgesetz neu verankerten 'Teilunterschutzstellung' sollen und können vor allem nur jene Teile des Objekts von der Unterschutzstellung umfasst werden, die wesentlich für die Kriterien der Unterschutzstellung sind und sollen all jene Teile ausgeklammert bleiben, die hiefür ohne entsprechende Bedeutung sind. (Die tatsächliche Wahrnehmung dieser Möglichkeit gebietet der Rechtsgrundsatz der geringstmöglichen Beschränkung des Eigentums.) Im Rahmen der im Spruch festgestellten Teilunterschutzstellung wurde daher nur die gesamte Außenerscheinung sowie im Inneren nur jene wesentlichen Teile geschützt, die noch vom 'ursprünglichen' Bauwerk stammen, sowie jene Teile, die in ausgeprägter Weise das Werk Sibers darstellen und seine Gedankenwelt dokumentieren. Andere Teile im Inneren, vor allem auch die zwischenzeitig bereits umgebauten Teile, waren von dieser Unterschutzstellung auszunehmen.
Dass aber auch diese ausgeklammerten Teile nicht willkürlich in jeder Weise verändert oder gar zerstört werden dürfen, besagt die Bestimmung des § 1 Abs. 8 DMSG, auf deren Wortlaut ausdrücklich hingewiesen werden soll:
'Werden nur Teile eines Denkmals geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.'
Die von der Unterschutzstellung ausgeklammerten Teile sind daher (nur) soweit vor Veränderungen oder Zerstörungen geschützt, als diese negative Aus- und Rückwirkungen auf die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile (vor allem die Statik betreffend, aber - wie die Erläuterungen zur Novelle 1999 zum Denkmalschutzgesetz zeigen - allenfalls auch die Erscheinung betreffend) haben.
In diesem Umfang einer Teilunterschutzstellung konnte daher der Berufung stattgegeben werden.
Die Berufungsbehörde sieht das öffentliche Interesse an der Erhaltung des gegenständlichen Objektes auf Grund dieser kulturgeschichtlichen Bedeutung (nur) im spruchgemäßen Umfang für gegeben."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes, BGBl. Nr. 533/1923 i.d.F. BGBl. I Nr. 170/1999, lauten:
"§ 1. (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ('Denkmale') Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. 'Erhaltung' bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.
(2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.
...
(4) Das öffentliche Interesse an der Erhaltung im Sinne des Abs. 1 (Unterschutzstellung) wird wirksam kraft gesetzlicher Vermutung (§ 2) oder durch Verordnung des Bundesdenkmalamtes (§ 2a) oder durch Bescheid des Bundesdenkmalamtes (§ 3) oder durch Verordnung des Österreichischen Staatsarchivs (§ 25a). Bei Ensembles und Sammlungen kann das öffentliche Interesse an der Erhaltung als Einheit nur durch Bescheid des Bundesdenkmalamtes wirksam werden.
(5) Ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Einzeldenkmals, eines Ensembles oder einer Sammlung besteht sowie ob oder wie weit es sich (auch) um eine Einheit handelt, die als einheitliches Ganzes zu erhalten ist, ist vom Bundesdenkmalamt unter Bedachtnahme auf diesbezügliche wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu entscheiden. Bei der Auswahl der Objekte, die unter Denkmalschutz gestellt werden, ist die Bewertung in den vom Bundesdenkmalamt geführten bzw. verfassten Denkmalverzeichnissen zu berücksichtigen. Allgemein anerkannte internationale Bewertungskriterien können in die Beurteilungen mit einbezogen werden. Wenn eine ausreichende Erforschung von Denkmalen - wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen - noch nicht abgeschlossen ist, ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale nur dann zulässig, wenn die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten auf Grund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale andernfalls gefährdet wäre; eine solche Unterschutzstellung kann auch zeitmäßig begrenzt erfolgen.
(6) Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals erfolgt stets in jenem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Unterschutzstellung befindet.
...
(8) Werden nur Teile eines Denkmals geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.
...
(10) Die Erhaltung kann nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, wenn sich das Denkmal im Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem derartigen statischen oder sonstigen substanziellen (physischen) Zustand befindet, dass eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich ist oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maße zugesprochen werden könnte. Ausgenommen sind Denkmale, denen auch als Ruinen Bedeutung im obigen Sinn zukommt.
...
§ 3. (1) Bei Denkmalen, die nicht bloß kraft gesetzlicher Vermutung oder durch Verordnung unter Denkmalschutz stehen, gilt ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid).
...
Bewilligung der Zerstörung oder Veränderung von Denkmalen
Denkmalschutzaufhebungsverfahren
§ 5. (1) Die Zerstörung sowie jede Veränderung eines Denkmals gemäß § 4 Abs. 1 bedarf der Bewilligung des Bundesdenkmalamtes, es sei denn, es handelt sich um eine Maßnahme bei Gefahr im Verzug (§ 4 Abs. 2). Der Nachweis des Zutreffens der für eine Zerstörung oder Veränderung geltendgemachten Gründe obliegt dem Antragsteller. Er hat auch - ausgenommen bei Anträgen gemäß Abs. 2 - mit einem Antrag auf Bewilligung einer Veränderung entsprechende Pläne in ausreichendem Umfang beizubringen. Das Bundesdenkmalamt hat alle vom Antragsteller geltend gemachten oder von Amts wegen wahrgenommenen Gründe, die für eine Zerstörung oder Veränderung sprechen, gegenüber jenen Gründen abzuwägen, die für eine unveränderte Erhaltung des Denkmals sprechen. Hiebei kann das Bundesdenkmalamt den Anträgen auch nur teilweise stattgeben. Werden Bewilligungen für Veränderungen beantragt, die zugleich eine dauernde wirtschaftlich gesicherte Erhaltung des Objektes bewirken, so ist dieser Umstand besonders zu beachten. Soweit die künftige wirtschaftliche Erhaltung und Nutzung von Park- und Gartenanlagen gefährdet oder spürbar geschmälert sein könnte, ist den Anträgen auf jeden Fall stattzugeben, es sei denn, es handelt sich um eine Veränderung, die die Zerstörung dieser Anlagen als solche oder in wesentlichen Teilen bedeuten würde.
..."
Die Merkmale für das Vorliegen der Denkmaleigenschaft gemäß § 1 Abs. 1 DMSG sind in alternativem Sinne (arg.: "oder") umschrieben; es reicht daher für die Denkmaleigenschaft aus, wenn die Bedeutung des Gegenstandes in einem der drei im Gesetz genannten Bereiche, dem geschichtlichen oder dem künstlerischen oder dem kulturellen, besteht. Andere Gründe wie etwa solche der Wirtschaftlichkeit, Nutzbarkeit, Zumutbarkeit oder Gründe finanzieller Art rechtfertigen wie sonstige öffentliche oder private Gründe weder die Befürwortung noch die Ablehnung der Denkmaleigenschaft eines Gegenstandes. In einem Verfahren betreffend die Unterschutzstellung (nach den §§ 1 und 3 DMSG) ist die im öffentlichen Interesse bestehende Erhaltungswürdigkeit ausschließlich nach der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung des Gegenstandes zu prüfen, während die technische Möglichkeit der (weiteren) Erhaltung des Gegenstandes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit, die Kosten einer solcher Erhaltung und die Wirtschaftlichkeit der Aufwendung solcher Kosten in diesem Verfahren unbeachtlich sind. Eine Abwägung möglicherweise widerstreitender öffentlicher Interessen an der Erhaltung des Denkmales wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung gegenüber nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichteten privaten Interessen hat in diesem Verfahren nicht stattzufinden.
Derartige Gesichtspunkte sind jedoch für eine Entscheidung im Verfahren gemäß § 5 DMSG relevant (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/09/0204, m.w.N.). Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 DMSG schafft die rechtliche Möglichkeit, die Zerstörung eines geschützten Denkmals oder seine Veränderung zu gestatten. Aus ihr ist in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen des Gesetzes (vgl. insbesondere § 1 Abs. 1 und § 2) abzuleiten, dass die zur Entscheidung berufene Behörde bei der Erledigung eines Antrages auf Zerstörung oder Veränderung eines Denkmales die Gründe, die für die Erhaltung des Denkmales seiner geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung wegen sprechen, mit den für die Zerstörung oder Veränderung sprechenden Gründen gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz DMSG abzuwägen hat. Zu diesen Gründen gehört etwa auch das Vorbringen, die Erhaltung des Denkmales wäre wirtschaftlich nicht zumutbar.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die für die gegenständliche Unterschutzstellung von der belangten Behörde als wesentlich ins Treffen geführte enge Verbindung des Alfons Siber zur so genannten Kulturbewegung "Jung-Tirol" um Arthur von Wallpach, welcher die politischen Tendenzen dieser Zeit, nämlich Deutschnationalismus und auch Antisemitismus, wiederspiegelte, für diese Unterschutzstellung nicht ausreichend sei. Alfons Siber sei lediglich Mitglied der angeführten Bewegung gewesen und auch das Amtssachverständigengutachten nehme lediglich an, dass sich im Atelier des "Siber-Schlössls" viele Zusammenkünfte und Diskussionen von mit dieser Bewegung sympathisierenden Künstlern abgespielt hätten. Dies sei jedoch keinesfalls erwiesen und es gebe auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass derartige Zusammenkünfte und Diskussionen überhaupt stattgefunden hätten. Die Amtssachverständige führe in ihrem Gutachten selbst aus, dass die von Alfons Siber vorgenommene eigenwillige Adaption lediglich den künstlerischen Zeitgeschmack im Tirol der Jahrhundertwende zeige, welcher jedoch laut eigenem Gutachten keinerlei künstlerischen Wert besitze. Die Bedeutung von Alfons Siber liege allenfalls in seiner künstlerischen Tätigkeit, aus dieser seien jedoch am gegenständlichen Objekt keine erhaltungswürdigen Gegenstände vorhanden.
Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 27. März 2003, Zl. 2000/09/0029, zum Ausdruck gebracht, dass auch dann, wenn ein bestimmter Baustil durchaus kritisch betrachtet und sogar abgelehnt werden mag, dies grundsätzlich an einer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung eines Bauwerks sowie - daraus abgeleitet - am öffentlichen Interesse an seiner Erhaltung nichts ändern könne, wenn man einmal erkannt habe, dass es sich dabei um ein besonderes Exemplar dieses Baustils handle. Auf ähnliche Weise kann auch im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg bestreiten, dass in seinem Objekt in den von Alfons Siber vorgenommenen Umgestaltungen die Kulturbewegung um Arthur von Wallpach einen besonderen kulturhistorischen Ausdruck gefunden hat. Der Beschwerdeführer ist der Einschätzung der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Gutachten, dass das gegenständliche Objekt aus den angeführten Gründen eine besondere kulturelle und künstlerische Bedeutung besitzt, auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.
Sohin kann auch der rechtlichen Schlussfolgerung der belangten Behörde, die hinsichtlich des Merkmals "der gesamten äußeren Erscheinung" sowie der weiteren im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Teile festgestellt hat, dass ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung besteht, nicht mit Erfolg entgegen getreten werden.
Soweit der Beschwerdeführer meint, aus dem angefochtenen Bescheid gehe nicht eindeutig hervor, ob sich das Gebäude in einem statischen Zustand befinde, wonach eine Instandsetzung des Erkers und der Decke über dem Erdgeschoß nicht mehr möglich oder mit derart großen Veränderungen der Substanz im Sinne des § 1 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes verbunden wäre, zeigt der Beschwerdeführer keinen Verfahrensmangel auf, weil in dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden bautechnischen Gutachten die ausdrückliche Feststellung enthalten ist, dass Gefahr im Verzug hinsichtlich des Erkers und der Decke über dem Erdgeschoß im Bereich des ältesten Gebäudebereiches nicht gegeben sei, und aus diesem Gutachten auch nicht hervorgeht, dass eine Instandsetzung dieser beiden Gebäudeteile im Sinne des § 1 Abs. 10 DMSG überhaupt nicht mehr möglich oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung kein Dokumentationswert mehr zugesprochen werden könnte. Auch der Beschwerdeführer behauptet dies nicht.
Der Beschwerdeeinwand, dass die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte (teilweise) Unterschutzstellung eine Nutzung der Liegenschaft in Zukunft kaum mehr möglich mache, trifft nicht zu, weil ja Veränderungen des Objekts auch hinsichtlich seiner unter Schutz gestellten Teile und des Merkmals der "gesamten äußeren Erscheinung", wie dargelegt, durchaus mit Bewilligung der Denkmalschutzbehörde, die dabei auch auf die Intensität des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der jeweils unter Schutz gestellten Teile bzw. Merkmale Bedacht zu nehmen hat, durchaus möglich sind.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 3. Juni 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001090010.X00Im RIS seit
07.07.2004Zuletzt aktualisiert am
20.03.2011