TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/30 2002/09/0118

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Veröffentlicht am 30.06.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §1 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
VStG §2 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Petsch, Frosch & Klein, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Eschenbachgasse 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 22. April 2002, Zl. Senat-HL-02-2027, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 15. Dezember 2000 in G einen namentlich bezeichneten rumänischen Staatsangehörigen entgegen § 3 AuslBG beschäftigt, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt gewesen sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit a AuslBG begangen und sei für diese Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG mit einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 726,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) zu bestrafen gewesen.

Dem Schuldspruch lag sachverhaltsmäßig zu Grunde, dass - was auch nicht bestritten worden sei - der auf den Beschwerdeführer zugelassene Sattelzug mit dem polizeilichen Kennzeichen H am 15. Dezember 2000 gegen 00 Uhr 25 in Klagenfurt auf der A2 Richtung Villach bei Autobahnkilometer 323 von Polizeibeamten angehalten worden sei. Im Zeitpunkt der Kontrolle habe zwar der Beschwerdeführer den Sattelzug gelenkt, der genannte Ausländer habe sich zu diesem Zeitpunkt in der Schlafkabine befunden; aus den Schaublättern sei jedoch hervorgegangen, dass der Ausländer am

11. und am 13. Dezember 2000 das Fahrzeug gelenkt habe. Am 11. Dezember 2000 sei Ware für Deutschland in T geladen worden, der Beschwerdeführer sei sodann in Richtung Deutschland gefahren und habe dem Ausländer erst nach der Grenze das Steuer überlassen. Am 12. und 13. Dezember 2000 seien beide als Lenker des Sattelzuges gefahren und hätten in Deutschland Ware ab- und neue aufgeladen. Nach der Wiedereinreise ins Bundesgebiet habe wieder ausschließlich der Beschwerdeführer das Fahrzeug gelenkt. Die in Deutschland aufgenommene Ware sei in Österreich entladen und neue aufgeladen worden, die nach Italien hätte transportiert werden sollen. Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des "Tatortes" kam die belangte Behörde - ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung (siehe Berichtigungsbescheid vom 19. August 2002) - auf Grund des oben dargestellten Sachverhaltes zum rechtlichen Schluss, das Transportunternehmen habe seinen Sitz in G und verfüge auch über keinen anderen, dieser sei daher im Zweifel als Tatort anzusehen, da von dort in der Regel die gegebenenfalls nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verpönte Beschäftigung eingegangen würde und allenfalls erforderliche Bewilligungen von dort aus zu beantragen gewesen wären. Bezogen auf den Beschwerdefall bedeute dies, dass der Firmensitz auch dann als Tatort anzusehen sei, wenn der Ausländer tatsächlich nur in Deutschland als Lenker eingesetzt gewesen sein sollte. Unzutreffend sei die vom Beschwerdeführer vertretene Meinung, als Tatort sei der Ort der tatsächlichen Leistungserbringung anzusehen, weil dies nicht nur zur Judikatur im Widerspruch stehe, sondern auch gerade bei Einsatz eines Ausländers im grenzüberschreitenden Transportgewerbe sowohl rechtlich als auch aus administrativen Erwägungen - etwa durch den damit verbundenen ständigen Wechsel des zu ermittelnden Beschäftigungsortes und der sich daraus ergebenden Unsicherheit auch hinsichtlich der Zuständigkeiten - bedenklich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belange Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (im Folgenden AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997, regelt dieses Bundesgesetz die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

Gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung im Sinne des § 3 leg. cit. die Verwendung

"a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

              c)              in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988."

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 120/1999, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S.

Insoweit der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend macht, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 27 Abs. 1 VStG jene Behörde für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens zuständig ist, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Ist nach Abs. 2 der genannten Bestimmung die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiss, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen hat.

Die belangte Behörde zitierte die - zutreffende, im Beschwerdefall jedoch nicht ausschließlich zu berücksichtigende - Judikatur, wonach im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG im Zweifel der Tatort der Unternehmenssitz des Arbeitgebers ist (vgl. auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band II, 2. Auflage 2000, Seite 800, E 251 wiedergegebene Judikatur), weil dies in der Regel jener Ort sein wird, von welchem aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen hätten beantragt werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 2000/09/0147).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Sitz des Transportunternehmens des Beschwerdeführers in G, sohin im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn liegt. Der Tatort im Sinne der obigen Ausführungen lag im Beschwerdefall somit im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn, welche gemäß § 27 Abs. 1 VStG zur Setzung von Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer zuständig war.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den von dieser Behörde erlassenen Bescheid war die belangte Behörde jedenfalls im Sinne des § 51 Abs. 1 VStG zuständig. Diesem Einwand kommt daher keine Berechtigung zu.

Auch der Einwand, es seien aktenwidrige Feststellungen getroffen worden, trifft nicht zu, weil die belangte Behörde ohnedies vom Vorbringen des Beschwerdeführers ausgegangen ist; die erstinstanzlichen Feststellungen sowie die von der Behörde erster Rechtsstufe angestellten Überlegungen zur Beweiswürdigung sind nicht mehr Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung, da die von der belangten Behörde (auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers) getroffenen Feststellungen jene in erster Instanz herangezogenen im Sinne des § 66 Abs. 4 ASVG ersetzen. Auch diesem verfahrensrechtlichen Einwand kommt somit keine Berechtigung zu.

Der Beschwerdeführer hat sich ferner damit verantwortet, das Ausländerbeschäftigungsgesetz habe auf den vorliegenden und unstrittigen Sachverhalt gar keine Anwendung zu finden, weil eine Tätigkeit des Ausländers niemals im Bundesgebiet erfolgt sei und somit im Sinne des § 1 AuslBG dem territorialen Geltungsbereich dieses Gesetzes entzogen gewesen sei.

Auch diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Themenkreis der Regelungen des Arbeitszeitgesetzes, BGBl. 461/1969, bereits wiederholt ausgesprochen, dass sich aus dem für den verwaltungsstrafrechtlichen Bereich geltenden Territorialitätsprinzip - mangels einer abweichenden speziellen Anordnung - ergibt, dass dieses Gesetz auf alle im Inland gesetzten Sachverhalte, grundsätzlich nicht jedoch auf im Ausland gesetzte Sachverhalte anzuwenden ist. Nur wenn für einen im Inland ansässigen Arbeitgeber teilweise im Ausland erbrachte Arbeitsleistungen in einem engen Zusammenhang mit den im Inland erbrachten Arbeitsleistungen stehen, gelten die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften ausnahmsweise über das Bundesgebiet hinaus. Von so einem Zusammenhang kann ausgegangen werden, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die zum Teil im Inland und zum Teil im Ausland erbracht wird, wie etwa - wie auch im Beschwerdefall - bei der Beschäftigung von Fernfahrern mit Fahrten ins Ausland (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 95/11/0409, und die dort wiedergegebene Vorjudikatur, u.a.).

Auch in der Literatur wurde wiederholt die Meinung vertreten, bei Beschäftigungen im Ausland könnten die öffentlich-rechtlichen Sanktionen des österreichischen Arbeitnehmerschutzes nicht eingreifen; dort, wo der Staat als Hoheitsträger unmittelbar durch öffentlich-rechtliche Gebote und Verbote die Arbeitsbedingungen gestalte, käme es darauf an, ob die Arbeitsleistung auf dem Territorium des normsetzenden Staates erbracht werde (siehe dazu die in Grillberger, Auslandsarbeit und österreichisches Arbeitszeitrecht in Arbeit, Recht und Gesellschaft, Festschrift Walter Schwarz, 1991, S 69ff, dargestellte Literatur).

Dem Territorialitätsprinzip hat der Gesetzgeber des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dadurch Rechnung getragen, dass er im § 1 Abs. 1 AuslBG die Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) auf das Bundesgebiet beschränkte.

Dabei wird in § 2 Abs. 2 leg. cit. der Begriff der Beschäftigung - wie oben bereits dargestellt - als die Verwendung

              a)              in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, definiert.

In diesem Sinne ist die Behörde - wie im Folgenden noch darzulegen sein wird, rechtsrichtig - vom Vorliegen einer der dem AuslBG unterliegenden Beschäftigung ausgegangen.

Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde wurde der kontrollierte Lastwagenzug nämlich in Österreich (T) beladen, sodann nach Deutschland gefahren und dort ent- bzw. wieder beladen, um die neu geladene Fracht nach Italien zu transportieren, wobei sich der angetroffene Ausländer während des gesamten hierfür benötigten Zeitraumes im Fahrzeug befand, indem er in den Zeiten, in denen er nicht selbst lenkte (im Ausland), zumindest im Fahrzeug mitgefahren ist (also auch in Österreich). Die Verwendung eines Ausländers im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG beginnt jedoch nicht erst in dem Zeitpunkt, in dem der Ausländer das Steuer tatsächlich übernimmt und endet auch nicht erst in dem Moment, in dem er das Steuer wieder an einen anderen Fahrer übergibt, denn auch das bloße Mitfahren ist in einer Konstellation wie der vorliegenden bereits als "Verwendung" anzusehen. Sowohl das "Mitfahren" als auch das "Lenken" stellt somit im gegebenen Zusammenhang eine - einheitliche und nicht unterbrochene - Verwendung dar. Daher ist davon auszugehen, dass der Ausländer auch in der Zeit, in der er im Fahrzeug des Beschwerdeführers mitgefahren ist, somit auch im Bundesgebiet, als im Sinne des AuslBG "beschäftigt" anzusehen ist.

Dass die belangte Behörde in der rechtlichen Begründung ihres Bescheides, die sich in der Frage der Anwendbarkeit des AuslBG ausschließlich auf den Sitz des Unternehmens im Inland gestützt hat, die Rechtslage verkannt hat, macht den Bescheid zwar rechtswidrig, was jedoch noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führt, weil eine Beschwerde auch dann als unbegründet abzuweisen ist, wenn die belangte Behörde mit einer unrichtigen Begründung zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis gelangt ist.

Da aus den dargelegten Gründen die Beschwerde unbegründet war, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. Juni 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002090118.X00

Im RIS seit

29.07.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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