TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/8 2000/03/0296

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Veröffentlicht am 08.09.2004
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Index

91/01 Fernmeldewesen;

Norm

TKG 1997 §33 Abs1 Z2;
TKG 1997 §33 Abs4;
TKG 1997 §33;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der A Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 31. Juli 2000, Zl. M 2/99-100, betreffend Feststellung der Marktbeherrschung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 33 Abs. 4 iVm § 111 Z. 5 TKG vom Amts wegen festgestellt, dass die Beschwerdeführerin "auf dem Markt für das Erbringen von Zusammenschaltungsleistungen marktbeherrschend im Sinne des Telekommunikationsgesetzes" sei.

Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass auf dem Markt für das Erbringen von Zusammenschaltungsleistungen einige Unternehmen tätig seien. Die Unternehmen mit den größten Umsätzen seien die T AG, die Beschwerdeführerin sowie die S GmbH. Die T AG habe im Entscheidungszeitraum "Feb/März 2000" über einen Marktanteil von über 35 % verfügt (im Dezember 1999 habe der Marktanteil noch über 30 % betragen), die Beschwerdeführerin habe über einen solchen von 27,20 % verfügt (im Dezember 1999 habe der Marktanteil noch 32,58 % betragen), und die S GmbH habe über einen solchen von unter 20 % verfügt. Dem gegenüber hätten die übrigen Unternehmen über einen Anteil von unter 20 % verfügt. Obwohl den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen Rechnung getragen worden sei, hätten sich weder durch die Verifizierung der Kostenseite der T AG noch durch die Ausdehnung des Erhebungszeitraumes Änderungen des der verfahrensgegenständlichen Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhaltes ergeben. Die Beschwerdeführerin habe sowohl im Zeitraum vom 1. März 1999 bis zum 31. Dezember 1999 als auch in den ersten drei Monaten des Jahres 2000 über einen umsatzmäßigen Marktanteil verfügt, der über der 25 %-Grenze des § 33 Abs. 2 TKG liege. Auf Grund dessen werde daher gemäß § 33 Abs. 2 leg. cit. vermutet, dass die Beschwerdeführerin auf dem Markt für das Erbringen von Zusammenschaltungsleistungen marktbeherrschend sei. Eine weitere Untersuchung der Kriterien des § 33 Abs. 1 Z. 2 TKG erscheine auf Grund der Nähe zu dem "25 %-Kriterium" erforderlich. Eine Prüfung nach den "Einzelkriterien" des § 33 Abs. 1 Z. 2 TKG zeige, dass die Vermutung der marktbeherrschenden Stellung vorliegend richtig sei. Die in § 33 Abs. 1 Z. 2 TKG im Einklang mit "Art. 4 Abs. 3 RL 97/33/EG" festgelegten Kriterien zur Feststellung der Marktbeherrschung einer Organisation im Sinn des TKG seien: die Möglichkeit, Marktbedingungen zu beeinflussen, der Umsatz im Verhältnis zur Größe des Marktes, die Kontrolle über den Zugang zur Endbenutzung, der Zugang zu Finanzmitteln sowie die Erfahrung mit der Bereitstellung von Produkten und Diensten auf dem Markt. Anhaltspunkte, die bei der Beurteilung der Frage, ob ein Unternehmen Marktmacht besitze, von Bedeutung seien, seien die Anzahl der am Markt operativen Unternehmen, Marktanteile, Marktzutrittsschranken, Gegenmacht, Kosten der Kunden, den Netzbetreiber zu wechseln, allgemeines Wettbewerbsverhalten der Netzbetreiber, Vorteile des Zuerstkommenden, Trends bei den Marktanteilen, Trends bei den Preisen, Verhältnis der Preise zu den Kosten sowie relative Höhe der Gewinne der Netzbetreiber. Alle diese Kriterien - soweit sie bekannt seien - sprächen für die Annahme von Marktmacht der Beschwerdeführerin.

Marktzutrittschranken am Mobilfunkmarkt existierten ganz allgemein auf Grund der Ressourcenknappheit der Frequenzen. Der umsatzmäßige Marktanteil von S GmbH auf dem Zusammenschaltungsmarkt sei im Vergleich zu jenem der Beschwerdeführerin erkennbar geringer (zuletzt unter 20 % gegenüber 27,2 %). Die Kontrolle über den Zugang zu Endbenutzern werde im Bereich des mobilen Sprachtelefondienstes über die Aktivierung einer Teilnehmernummer mit Hilfe einer SIM-Karte ausgeübt. Als Maß für dieses Kriterium könne daher die Anzahl aktivierter Teilnehmernummern dienen. Am 1. April 2000 habe die Beschwerdeführerin über einen Anteil von über 50 % aller aktivierten mobilen Teilnehmernummern verfügt, der zweitgrößte Marktteilnehmer S GmbH über einen Anteil von unter 35 %. Auch hier verfüge die Beschwerdeführerin über eine Kontrolle über den Zugang zu Endbenutzern. Ein Vergleich der Shops und indirekten Vertriebsstellen der Beschwerdeführerin und S GmbH zeige, dass die Beschwerdeführerin über ein größeres Vertriebsnetz verfüge. Was den Versorgungsgrad anlange, seien die entsprechenden Kennzahlen der Betreiber annähernd gleich. Insgesamt verfüge daher die Beschwerdeführerin auch im Hinblick auf den Zugang zu den Endbenutzern über eine im Vergleich zu den Mitbewerbern bessere Marktstellung, was für die Annahme beträchtlicher Marktmacht spräche. Die Beschwerdeführerin verfüge, nicht zuletzt auf Grund ihrer Beteiligungsstruktur, ebenso wie die S GmbH über eine gute Zugangsmöglichkeit zu Finanzmitteln. Es sei nicht zu übersehen, dass auch die S GmbH über einen ausgezeichneten Zugang zu Finanzmitteln verfüge. Dieser Umstand allein sei jedoch nicht hinreichend, um die marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerin am österreichischen Zusammenschaltungsmarkt in Frage zu stellen (oder eine marktbeherrschende Stellung der S GmbH am Zusammenschaltungsmarkt zu begründen). Auf Grund ihrer Marktpräsenz "im Rahmen der P seit 1973 (B-Netz) bzw. seit 1984 (D-Netz) und seit 1990 (GSM-Netz)" verfüge die Beschwerdeführerin (als Rechtsnachfolgerin der P im Mobilfunkbereich) gegenüber der S GmbH, die erst seit 1. Oktober 1996 den Vollbetrieb aufgenommen habe, über eine größere Erfahrung am österreichischen Markt für mobile Sprachtelefonie. Insbesondere verfüge die Beschwerdeführerin über Vorteile des Zuerstkommenden (bereits akquirierter Kundenstock, ehemalige Monopolstruktur, Erfahrung, Bekanntheitsgrad des Firmennamens etc.) gegenüber den Wettbewerbern und habe einen Vorsprung hinsichtlich des Netzausbaus und im Bezug auf die Erfahrung in der Bereitstellung von Produkten und Diensten am Markt.

Auf dem Zusammenschaltungsmarkt verfüge die Beschwerdeführerin somit auf Grund der Überschreitung der 25 %- Grenze des § 33 Abs. 2 TKG und auf Grund der Prüfung der zusätzlichen Kriterien des § 33 Abs. 1 Z. 2 TKG über eine marktbeherrschende Stellung. Die Vermutung des § 33 Abs. 2 TKG sei nicht erschüttert worden, die Richtigkeit der Vermutung sei durch die Prüfung der Einzelkriterien bestätigt. Gründe für ein Abgehen von der Vermutung des § 33 Abs. 2 TKG bestünden daher nicht.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht sowohl hinsichtlich des maßgeblichen Sachverhalts als auch in Ansehung der anzuwendenden Rechtslage den Fällen, die den hg. Erkenntnissen vom 18. November 2003, Zl. 2002/03/0284, und vom heutigen Tag, Zl. 2003/03/0119, zu Grunde liegen. Auf diese Entscheidungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Aus den darin angestellten Erwägungen war auch die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Soweit sich die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerde (mehrfach) auf die Praxis "der deutschen Regulierungsbehörde" beruft, genügt es darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im vorliegenden Verwaltungsverfahren allein auf Grund der einschlägigen innerstaatlichen Vorschriften (insbesondere § 33 TKG) im Zusammenhalt mit den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu entscheiden hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2003, Zl. 2001/03/0236). Dem Einwand der beschwerdeführenden Partei, die belangte Behörde habe die Prüfung gemäß § 33 Abs. 1 Z. 2 TKG bezüglich einer "überragenden Marktstellung im Vergleich zu den anderen Mitbewerbern" entgegen der gesetzlichen Regelung derart vorgenommen, dass sie das Wettbewerbsverhältnis zu den anderen Betreibern gerade nicht untersuche, sondern die Unternehmenscharakteristika der Beschwerdeführerin als solche beschreibe, ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde gemäß § 33 Abs. 1 Z. 2 TKG zu prüfen hatte, ob die beschwerdeführende Partei auf Grund der dort genannten Umstände ("auf Grund seiner Möglichkeit, Marktbedingungen zu beeinflussen ... sowie seine Erfahrungen mit der Bereitstellung von Produkten und Diensten auf dem Markt") über eine im Verhältnis zu ihren Mitbewerbern überragende Marktstellung verfüge, und diese Prüfung im Fall der Beschwerdeführerin in nachvollziehbarer Weise auf der Grundlage dieser Umstände und mit Blick auf die anderen einschlägigen "Betreiber" dem Gesetz entsprechend vorgenommen hat.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass die belangte Behörde ihr Recht auf Parteiengehör insofern verletzt hätte, als diese zur Berechnung der Marktanteile "auf Basis der festgestellten 'Umsätze' eine Eventualrechnung bzw. Szenarien erstellt" hätte, von der die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren aber keine Kenntnis erlangt hätte, ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (worauf ihre Gegenschrift hinweist) in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht auf derartige Eventualrechnungen bzw. Szenarien, sondern auf die diesbezüglich genannten Umsätze stützt.

2.2. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 8. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2000030296.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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