TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/15 2001/09/0075

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Veröffentlicht am 15.09.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VStG §44a Z1;
VStG §44a;
VStG §51e Abs6;
VStG §51g Abs3 Z1;
VStG §51g;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des P in K, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Peter Kolb, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 31. Jänner 2001, GZ: uvs-3/60-9/1996, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und Bundesminister für Finanzen) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 29. November 2000, Zl. 98/09/0170, verwiesen, mit welchem der Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 1998, mit welchem der Beschwerdeführer wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) in fünf Fällen bestraft worden war, wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde, weil die Behörde die im Bescheid herangezogenen niederschriftlichen Aussagen von Zeugen nicht verlesen und der Beschwerdeführer auch auf die Verlesung oder gemäß § 51e Abs. 3 dritter Satz VStG auf die Durchführung einer fortgesetzten Verhandlung auch nicht verzichtet hatte. Die belangte Behörde hatte nicht einmal den Versuch unternommen, die Ausländer zur mündlichen Verhandlung zu laden, daher hätten auch die Voraussetzungen für die Verlesung der Vernehmungsniederschriften nach § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG nicht bestanden.

Mit dem nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ergangenen angefochtenen Ersatzbescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2001 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 14. November 1996 hinsichtlich der Spruchpunkte I. 1., 2. und 3. Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt. Der Berufung hinsichtlich Spruchpunkt I. 4. und 5. wurde insofern Folge gegeben, als die von der Behörde erster Instanz verhängten Geldstrafen in der Höhe von je S 15.000,-

- (EUR 1.090,09) auf je S 10.000,-- (EUR 726,73), und die Ersatzfreiheitsstrafen von je 14 auf je zehn Tage, herabgesetzt wurden. Die Tatzeit zu Punkt I. 4. und 5. wurde auf "am 11. Juli 1995" korrigiert.

Begründend führte die belangte Behörde zu den in der Beschwerde bekämpften Punkten I. 4. und 5. im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der vorgelegten Werkverträge keinerlei Zeitangaben über Beginn und Ende der Ausführungen vorlägen und dass auch eine schriftliche Fixierung der vom Subunternehmer zu erbringenden Arbeitsleistungen nicht vorliege, sondern diesbezüglich lediglich auf mündliche Vereinbarungen verwiesen werde, sodass diese Werkverträge nicht als geeignete Grundlage dafür angesehen werden könnten, allfällige Baumängel mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich geltend zu machen. In Anbetracht der detaillierten Schilderungen der Zeugin G über die Anmeldung der beiden Ausländer, über die Bemühungen in Anbetracht der Bezahlung der Miete durch den Beschwerdeführer sowie des Umstandes, dass die Zeugin dezidiert angegeben habe, diese Arbeiter seien letztlich von der Gendarmerie abgeholt worden, sei die belangte Behörde zur Überzeugung gelangt, dass es sich um die zu Punkt 4. und 5. angeführten polnischen Staatsangehörigen J und K gehandelt habe. Ob es sich bei der Arbeitskleidung der Ausländer um Overalls oder Latzhosen gehandelt habe, habe nichts daran zu ändern vermocht, dass beide Ausländer Arbeitskleidungen mit der Aufschrift des Namens des Beschwerdeführers getragen haben, was auf Grund der glaubwürdigen Aussagen der Zeugen F und Revierinspektor W erwiesen sei. Nach Aussage des Zeugen H sei für ihn auf Grund der Angaben der beiden Ausländer klar gewesen, dass der Beschwerdeführer ihr Arbeitgeber gewesen sei. J habe nach seiner Erinnerung gut deutsch gesprochen, K habe er mit Hilfe von J als Dolmetscher befragt, was einwandfrei funktioniert habe. J habe angegeben, dass er ca. zwei Wochen vor seiner Festnahme ohne Arbeitsbewilligung für den Beschwerdeführer eine Beschäftigung als Gipsarbeiter angenommen und mit dem Chef der Firma hiefür einen Stundenlohn von S 100,-- ausgemacht habe, er jedoch nichts ausbezahlt bekommen habe. Der Anzeige des Gendarmeriepostens Ried vom 11. Juli 1995 sei zu entnehmen, dass er gemeinsam mit seinem Kollegen K zum Unternehmen des Beschwerdeführers gekommen sei und sie in der Folge nach S zur Arbeit geschickt worden seien. K habe angegeben, er arbeite seit 1. Juli 1995 in S und beziehe über das Unternehmen des Beschwerdeführers Lohn. Sodann führte die belangte Behörde mit näherer Begründung aus, weshalb von der Einvernahme der Zeugen R, Y und W Abstand genommen worden sei. Der Versuch, die beiden in Polen wohnhaften Ausländer zur mündlichen Verhandlung zu laden, sei ohne Erfolg geblieben, weshalb die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 51g Abs. 3 Z. 1 AuslBG die Verlesung der entsprechenden Niederschriften vorgenommen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass die Niederschrift mit K ohne Beiziehung eines amtlichen Dolmetschers erfolgt sei, da es sich bei dem als Dolmetscher beigezogenen J, der selbst über keine entsprechenden Deutschkenntnisse verfügt habe, nicht um einen amtlichen Dolmetscher gehandelt habe, weshalb die Niederschriften unter Missachtung der Bestimmungen des AVG zu Stande gekommen seien und deshalb einem Verwertungsverbot unterlägen.

Zunächst ist festzuhalten, dass nach dem in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 31. Jänner 2001 die Verlesung von niederschriftlichen Angaben mit Zustimmung des Beschwerdeführers erfolgte.

Was die im fremdenpolizeilichen Verfahren mit dem Zeugen K aufgenommene Niederschrift anlangt, ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass diese entgegen § 39a Abs. 1 AVG ohne Hinzuziehung eines der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden Dolmetschers (Amtsdolmetschers) vorgenommen wurde. Dieser zufolge hatte der Zeuge K angegeben, er sei zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach Österreich eingereist, habe über einen Kontaktmann in Tirol Arbeit gefunden, arbeite seit 1. Juli 1995 in S und beziehe vom Unternehmen des Beschwerdeführers Lohn.

Zum einen bestreitet der Beschwerdeführer aber nicht ausdrücklich die Richtigkeit dieser Aussage und konnte sich die belangte Behörde hinsichtlich der Deutschkenntnisse des herangezogenen Dolmetschers auf die Aussage des Zeugen H stützen. Zum anderen zog die belangte Behörde bezüglich des Ausländers K auch aus anderen Beweisen maßgebliche Rückschlüsse auf den von ihr festgestellten Sachverhalt, so aus der verlesenen Anzeige des Gendarmeriepostens Ried im Oberinntal vom 11. Juli 1995, aus welchem hervorgeht, dass K am 11. Juli 1995 um 9:00 Uhr auf einem Zubau des Hotels C in S auf einem Gerüst stehend mit einem Overall des Unternehmens des Beschwerdeführers bekleidet als Gipser arbeitend angetroffen wurde. Der vorliegende Verfahrensfehler war somit nicht relevant.

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig hält, weil die belangte Behörde von ihm zum Beweis dafür beantragte Zeugen, dass die Ausländer zu keinem Zeitpunkt in seinem Betrieb gearbeitet hätten, nicht einvernommen habe, zeigt er vor dem Hintergrund des vorliegenden Beschwerdefalles keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil sie bei der gegebenen Sachlage diese Beweisanträge als zu wenig konkret ansehen konnte und solche Einvernahmen auch im Ergebnis auf Erkundungsbeweise hinausgelaufen wären. Hiebei war ohne Relevanz, in welchem exakten Bereich der Baustelle die Ausländer bei der Kontrolle Gipsarbeiten durchgeführt haben.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag der Beschwerdeführer auch mit dem Argument nicht aufzuzeigen, die belangte Behörde habe es entgegen § 44a VStG unterlassen, die von den Ausländern erbrachte Tätigkeit zu konkretisieren, weil die Art der ausgeübten Tätigkeit nicht Tatbestandsmerkmal einer Übertretung des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG im Sinn des § 44a VStG ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 96/09/0139, m.w.N.).

Die belangte Behörde hat es - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht abgelehnt, die beiden arbeitend angetroffenen Ausländer als Zeugen einzuvernehmen. Vielmehr haben diese beiden Zeugen den an sie im Ausland zugestellten Ladungen keine Folge geleistet, sodass die belangte Behörde im Rahmen der obigen Ausführungen zu Recht mit einer Verlesung der mit ihnen aufgenommenen Niederschriften vorgehen durfte. Der Behauptung des Beschwerdeführers, auf Grund eines Unterschriftenvergleichs sei ersichtlich, dass die Übernahme der Ladungen nicht durch die beiden Zeugen erfolgt sei, weshalb eine ordnungsgemäße Ladung nicht vorliege, vermag daran nichts zu ändern, weil die belangte Behörde jedenfalls den Versuch gemacht hat, auf geeignete Weise mit den im Ausland aufhältigen Zeugen, deren Aussagen relevant sein könnten, in Kontakt zu treten, um ihre grundsätzlich gemäß § 51i VStG gebotene unmittelbare Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu ermöglichen oder zumindest eine schriftliche Erklärung zu erwirken (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2004, Zl. 2001/09/0174, m.w.N.).

Es kann dem Beschwerdeführer auch nicht gefolgt werden, wenn er ausführt, dass eine zweiwöchige Frist zwischen der Zustellung der Ladungen und der Anberaumung der mündlichen Verhandlung zu kurz gewesen sei, weil innerhalb dieser Frist eine Reaktion der Zeugen jedenfalls erwartet werden konnte.

Der Beschwerdeführer vermag auch keine Unschlüssigkeit der Würdigung der Aussagen der Zeugin G aufzuzeigen. Auch wenn die Aussage dieser Zeugin hinsichtlich der Zeitangaben in den Gästeblättern (ihrer Pension) mit dem Tattag nicht in Einklang zu bringen ist, so führt die belangte Behörde doch ausführlich aus, dass sie diesen Angaben keinen besonderen Wert beigemessen hat und begründet dies mit näher ausgeführten Umständen der Anmeldung der beiden Ausländer, Bemühungen im Rahmen der Bezahlung der Mieten durch den Beschwerdeführer, sowie der Festnahme der beiden Ausländer durch die Gendarmerie in der Pension der Zeugin. Dass die belangte Behörde diesen Umständen mehr Bedeutung beigemessen hat als den Daten, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Aufnahme und Verwertung der im Rahmen der mündlichen Verhandlung nur telefonisch erstatteten Mitteilung des Revierinspektors W (wonach es sich bei der Festnahme der beiden Ausländer um die einzige Aktion dieser Art im Juli 1995 gehandelt habe) entsprechen zwar angesichts des Umstandes, dass keine Gründe ersichtlich sind, die einer unmittelbaren Einvernahme dieses Zeugen entgegen gestanden wären, nicht den §§ 51g und 51i VStG. Der Beschwerdeführer bringt jedoch weder gegen den Inhalt des solcherart aufgenommenen Beweises etwas vor, noch behauptet er, er wäre dadurch in seinem Recht auf rechtliches Gehör beeinträchtigt worden, der diesbezüglichen Verfahrensrüge fehlt daher die Relevanz.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 15. September 2004

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Besondere Rechtsgebiete Diverses"zu einem anderen Bescheid""Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)Parteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an BeweisaufnahmenParteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelVerwaltungsstrafverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001090075.X00

Im RIS seit

20.10.2004

Zuletzt aktualisiert am

26.04.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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