TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/22 2001/12/0266

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.12.2004
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Index

63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

GehG 1956 §82b Abs4 Z2 idF 1999/I/009;
GehG 1956 §82b idF 1999/I/127;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des X in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. Oktober 2001, Zl. 312222/2-III 8/01, betreffend Abgeltung eines Zeitguthabens gemäß § 82b des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter der Verwendungsgruppe E2a in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Justizanstalt W. Er wird im Schicht- und Wechseldienst verwendet und hat im Jahr 1999 insgesamt 42 Nachtdienste geleistet. Die Diensteinteilung erfolgte in der Justizanstalt W. Für den 23. Juli 1999 war eine Pflichtleistung von 5,33 Stunden und für den 1. Juli 1999 eine Pflichtleistung von 8 Stunden vorgesehen. Am 23. Juli 1999 wurde Freizeitausgleich gewährt und, weil mangels anderer Überstundenleistung ein Ausgleich nicht möglich war, die Vorplanung der Diensteinteilung für den Monat Juli ohne das Einverständnis des Beschwerdeführers im Nachhinein dahingehend abgeändert, dass die Pflichtleistungen vom 1. und vom 23. Juli 1999 getauscht wurden, um eine erhöhte Pflichtleistung im September 1999 zu vermeiden.

Am 27. August 1999 wurden statt der im Dienstplan vorgesehenen acht Dienststunden nur sechs Stunden erbracht. Um eine erhöhte Pflichtleistung für den Monat Oktober zu vermeiden, wurden - wieder ohne das Einverständnis des Beschwerdeführers - für diesen Tag zwei Stunden Zeitgutschrift aus der Nachtdienstvergütung (§ 82b GehG) abgezogen.

Am 10. April 2000 stellte der Beschwerdeführer schriftlich den Antrag bei der belangten Behörde auf Abgeltung der besonderen Erschwernisse gemäß § 82b Abs. 4 Z. 1 Gehaltsgesetz 1956 (GehG). Er begehrte, ihm für 4,67 Stunden eine Anhebung der Vergütung nach § 82a GehG um 4,918 Promille des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung pro Stunde auszubezahlen, widrigenfalls er um bescheidmäßige Absprache ersuche. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, er habe im Jahr 1999 42 Nachtdienste geleistet, wodurch ihm gemäß § 82b Abs. 1 GehG für jeden geleisteten Nachtdienst ein Zeitguthaben im Ausmaß von einer Stunde (insgesamt also 42 Stunden) entstanden sei. Von diesem Guthaben seien am 23. Juli 1999 acht Stunden abgezogen worden, obwohl er dienstplanmäßig nur 5,33 Stunden eingeteilt gewesen sei. Am 27. August 1999 seien zwei Stunden ohne sein Ersuchen abgezogen worden. Er gehe somit davon aus, dass er von seinem Zeitguthaben 4,67 Stunden nicht verbraucht habe.

Zu diesem Antrag nahm am 2. Mai 2000 die diensteinteilende Stelle der Justizanstalt W schriftlich Stellung. Ausgeführt wurde, dass die Vorplanung für den 1. Juli mit der des 23. Juli 1999 in gutem Glauben, das Einverständnis des Beschwerdeführers zu besitzen, ausgetauscht worden sei. Dadurch sei es möglich gewesen, ihm am 23. Juli 1999 nicht nur fünf Stunden, sondern acht Stunden Zeitausgleich zu geben, wodurch der Beschwerdeführer seine Pflichtleistung im Monat Juli 1999 erfüllt habe. Am 27. August 1999 hätte der Beschwerdeführer acht Stunden vorgeplant gehabt, jedoch nur sechs Stunden geleistet. Um zu vermeiden, dass er auch im August seine Pflicht nicht erfüllen werde, seien zwei Stunden vom Konto seines Zeitguthabens abgebucht worden. Der Verbrauch durch Freizeitausgleich sei an dienstliche Möglichkeiten gebunden. Eine solche habe am 27. August 1999 bestanden.

Mit formlosem Schreiben vom 2. November 2000 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer und dem Leiter der Justizanstalt W mit, dass die Abrechnung der Nebengebühren für den Monat Juli 1999 dahingehend abzuändern sei, dass dem Beschwerdeführer die für die Zeitgutschrift aus dem Nachtdienst am 23. Juli 1999 gebührende Abgeltung im Ausmaß von drei Stunden zukomme, aber eine Kürzung der Überstunden von 2,34 auf 0,00 und der Gefahrenzulage von 9,80 auf 8,40 eintrete. Zusätzlich sei eine erhöhte Pflichtleistung von 0,83 Stunden in der nächsten Vorplanung zu berücksichtigen. Die (bereits dargestellte) Vorgangsweise der Diensteinteilung der Justizanstalt bezüglich der als konsumiert gewerteten zwei Stunden Zeitausgleich aus der Nachtdienstvergütung für 27. August 1999 sei nicht abzuändern.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2001 führte der mittlerweile gewerkschaftlich vertretene Beschwerdeführer aus, dass seinem Antrag nur im Ausmaß von drei Stunden formlos stattgegeben, im Übrigen hierüber aber nicht entschieden worden sei. Die Konsumation des Zeitguthabens gemäß § 82b GehG stehe in seinem Belieben. Eine "Konsumation gegen seinen erklärten Willen bzw. ohne dessen Begehr" sei unzulässig, zumal § 82b Abs. 4 GehG dem Beamten ausdrücklich ein Wahlrecht auf Abgeltung des Zeitguthabens einräume. Der Beschwerdeführer halte daher sein Begehren vom 10. April 2000 aufrecht und ersuche um vollinhaltliche Stattgebung bzw. bescheidmäßige Erledigung derselben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers vom 10. April 2000 und vom 22. Juni 2001 ab. Begründend führte sie aus, dass dem Antrag betreffend den 23. Juli 1999 insofern schon entsprochen worden sei, als für diesen Tag ein Zeitguthaben von nunmehr drei Stunden (Abrechnung in ganzen Stunden) abgegolten worden sei.

Für den 27. August 1999 sei eine Dienstleistung von acht Stunden vorgeplant gewesen. Vom Beschwerdeführer seien jedoch nur sechs Stunden Dienstleistung erbracht worden. Die fehlenden zwei Stunden seien von der Zeitgutschrift aus dem Nachtdienst als Freizeitausgleich abgegolten worden. Der Abs. 4 des § 82b GehG regle ausschließlich das Wahlrecht des Beamten, ob das aus dem Nachtdienst gebührende Zeitguthaben, sofern es nicht verbraucht worden sei, nach Ablauf von sechs Monaten oder sofort nach Entstehen des Anspruches abgegolten werden solle. Die Beurteilung, ob zwingende dienstliche Gründe der Konsumation des Zeitguthabens entgegenstünden, obliege ausschließlich dem Leiter der Dienststelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, womit der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Abgeltung eines Zeitguthabens nach § 82b (insbesondere Abs. 4 Z. 2) GehG durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, §§ 37, 39, 60 AVG) verletzt.

§ 82b GehG, eingefügt durch Art. II Z. 8 der 2. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 6/1999, das Ausmaß der Vergütung im Abs. 4 in der Fassung des Art. I Z. 42 der Besoldungs-Novelle 1999, BGBl. I Nr. 9, und dessen Z. 1 idF des Art. II Z. 42 der Dienstrechts-Novelle 1999, BGBl. I Nr. 127 (alles mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 in Kraft getreten), lautet:

"Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst

§ 82b. (1) Einem Beamten des Exekutivdienstes, der in einem Kalenderjahr mindestens 15 Nachtdienste geleistet hat, gebührt für jeden geleisteten Nachtdienst ein Zeitguthaben im Ausmaß von einer Stunde. Der Anspruch entsteht mit dem der Leistung der Nachtdienste jeweils folgenden Monatsersten.

(2) Nachtdienst gemäß Abs. 1 leistet,

1. wer in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr mindestens vier Stunden seine dienstlichen Tätigkeiten verrichtet und

2. in dem betreffenden Monat Anspruch auf eine Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 hat.

(3) Der Beamte hat Anspruch, das Zeitguthaben längstens bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Entstehen des Anspruches zu verbrauchen. Dieser Zeitausgleich ist zu gewähren, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

(4) Der Beamte hat an Stelle des entsprechenden Zeitguthabens Anspruch auf Abgeltung der mit der lang andauernden Exekutivdienstleistung während der Nachtzeit verbundenen besonderen Erschwernisse durch eine Anhebung der Vergütung nach § 82a um 4,918 %o des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung je Nachtdienst im Sinne des Abs. 1, wenn

1. das aus diesem Nachtdienst gebührende Zeitguthaben nicht bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Entstehen des Anspruches verbraucht wird oder

2. der Beamte für diesen Nachtdienst anstelle des Zeitguthabens eine Abgeltung beantragt."

Der Beschwerdeführer rügt als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, dass am 27. August 1999 ohne sein Einverständnis zwei Stunden seines Zeitguthabens nach § 82b GehG als Zeitausgleich herangezogen worden seien und deshalb keine Abgeltung dieser zwei Stunden erfolgt sei. Das GehG räume dem Vorgesetzten keine Möglichkeit ein, den Beamten zum Verbrauch eines derartigen Zeitguthabens durch Zeitausgleich aus dienstlichen Gründen oder welchen Gründen immer zu nötigen. Nur umgekehrt könnten allenfalls dienstliche Notwendigkeiten dazu führen, dass der Beamte das Äquivalent für das Zeitguthaben nicht in Form eines Zeitausgleiches, sondern in Form der Vergütung erhalte.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu:

Im Beschwerdefall gelten auf Grund der Optierung des Beschwerdeführers im Jahr 1995 für den strittigen Anspruch die Bestimmungen im Abschnitt VII des GehG (Exekutivdienst). Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 des § 82b GehG sind unbestritten gegeben (es wurden vom Beschwerdeführer im Jahr 1999 insgesamt 42 Nachtdienste gemäß Abs. 2 leg. cit. geleistet).

§ 82b Abs. 4 GehG normiert, dass der Beamte im Sinne eines ihm zustehenden Wahlrechtes (vgl. die RV zur 2. Dienstrechts-Novelle 1998, 1476 BlgNR XX. GP, 25 ff) einen Anspruch hat, an Stelle des entsprechenden Zeitguthabens eine Abgeltung der mit der lang andauernden Exekutivdienstleistung während der Nachtzeit verbundenen besonderen Erschwernisse durch eine Anhebung der Vergütung nach § 82a GehG in genannter Höhe zu erhalten, wenn

1. entweder das aus dem Nachtdienst gebührende Zeitguthaben nicht bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Entstehen des Anspruches verbraucht wird oder 2. der Beamte für diesen Nachtdienst an Stelle des Zeitguthabens eine Abgeltung beantragt.

Der Beschwerdeführer hat am 10. April 2000 eine Abgeltung u. a. für jene zwei Stunden beantragt, die ihm am 27. August 1999 ohne sein Einverständnis und ohne seinen Antrag als konsumiert angerechnet worden waren. Ein Verbrauch von Zeitguthaben aus dem Nachtdienst setzt jedoch voraus, dass der anspruchsberechtigte Beamte dieses auch verbrauchen möchte. Der Bestimmung des § 82b GehG - insbesondere seines Abs. 4 Z. 2 - ist nicht zu entnehmen, dass es im Belieben der Behörde steht, aus welchen Gründen immer, einen Zeitausgleich ohne Einverständnis oder Antrag des Beamten als konsumiert zu erachten. Vielmehr wird dem Beamten eine Wahlmöglichkeit eingeräumt, das Zeitguthaben innerhalb von sechs Monaten nach dem Entstehen des Anspruches zu verbrauchen - soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen - oder eine Abgeltung der besonderen Erschwernisse durch Vergütung nach Abs. 4 zu erhalten. Da der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Zeitausgleich für das entsprechende Zeitguthaben gestellt und auch keinerlei Einverständnis zu einer Abbuchung desselben erklärt hat, erweist sich das Vorgehen der belangten Behörde als gesetzwidrig. Die Beurteilung, ob zwingende dienstliche Gründe dem Verbrauch des Zeitguthabens entgegenstehen, wäre nur im Falle der Nichtgewährung eines durch den Beschwerdeführer beantragten Zeitausgleiches, also nicht im Beschwerdefall, relevant gewesen.

Was den Vorgang vom 23. Juli 1999 betrifft, liegt ein Widerspruch zwischen dem Spruch und der Begründung vor. Während die Begründung davon ausgeht, dass dem Antrag des Beschwerdeführers (soweit er sich auf den 23. Juli 1999 bezieht) entsprochen worden sei und insofern offenkundig von dessen Gebührlichkeit ausgeht, wird der Antrag nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides zur Gänze abgewiesen, weil in der dort genannten Stundenanzahl auch der aus dem Vorgang vom 23. Juli 1999 abgeleitete Anspruch enthalten ist. Dass die faktische Anerkennung dieses Teilanspruches zu Unrecht erfolgt sei, lässt sich der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hinreichend entnehmen. Er ist daher auch in diesem Umfang rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war somit insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Die Prävalenz dieses Aufhebungsgrundes erübrigt ein Eingehen auf die der belangten Behörde vorgeworfenen Verfahrensfehler.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Umrechnung des Schillingbetrages gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr.72/2000.

Wien, am 22. Dezember 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001120266.X00

Im RIS seit

28.01.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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