TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/16 2005/04/0014

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Veröffentlicht am 16.02.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ArbeitsstättenV 1998 §20 Abs1 Z1;
ASchG 1994 §125 Abs3;
ASchG 1994 §130 Abs1 Z15;
ASchG 1994 §130 Abs2;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des K in T, vertreten durch Kunz Schima Wallentin, Rechtsanwälte KEG in 1090 Wien, Porzellangasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 11. November 2004, Kz. Senat-MD-02-1311, betreffend Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Begehung

1. einer Verwaltungsübertretung gemäß § 125 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl. Nr. 450/1994 (ASchG),

2. einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 Arbeitsstättenverordnung (AStV)

schuldig erkannt, da er als verantwortlicher Beauftragter einer näher bezeichneten AG dafür verantwortlich sei, dass am 3. Juli 2002 in der näher bezeichneten AG an einem näher bezeichneten Standort folgende Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht eingehalten worden seien:

1. Der Hauptverkehrsweg sei bei der Kassa, vor der Kassa und zwischen einem Regal und einem Verkaufsständer auf eine Breite von 1,07 bzw. 1,1 bzw. 1,4 m und daher auf weniger als 1,8 m eingeengt gewesen, was Auflagenpunkt 21 des Bescheides (zur Genehmigung der Betriebsanlage) vom 11. April 1995 widersprochen habe.

2. Der Notausgang sei versperrt und daher nicht jederzeit ohne fremde Hilfsmittel von innen leicht öffenbar gewesen, obwohl sich Arbeitnehmer im Raum aufgehalten hätten und Notausgänge jederzeit ohne fremde Hilfsmittel von innen leicht öffenbar sein müssten.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschwerdeführer

zu 1. gemäß § 130 Abs. 2 ASchG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen drei Tage)

zu 2. gemäß § 130 Abs. 1 Z 15 ASchG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafen sechs Tage)

sowie Beiträge zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von EUR 100,-- bzw. EUR 220,-- zuzüglich der Kosten des Berufungsverfahrens im Ausmaß von EUR 440,-- verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde zu der Strafbemessung zu 1. aus, die erhebliche Reduktion der in erster Instanz verhängten Geldstrafe von EUR 2.200,-- auf EUR 1.000,-- sei schuld- und tatangemessen sowie persönlichkeitsadäquat, letzteres unter Bedachtnahme auf durchschnittliche Eigentumsverhältnisse des Täters. Mildernd sei kein Umstand zu werten gewesen, verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit liege nicht vor, als erschwerend falle gleichfalls kein Umstand ins Gewicht. Die Herabsetzung sei im Hinblick darauf erfolgt, dass einerseits der angelastete Sachverhalt nicht mehr bestritten werde und andererseits die widerrechtliche Einengung des Hauptverkehrsweges kein exorbitant hohes Gefährdungsmoment im Gefahrenfalle für Leib und Leben hervorgerufen habe.

Zur Strafbemessung zu 2. führte die belangte Behörde aus, dass die in erster Instanz verhängte Strafhöhe nicht habe herabgesetzt werden können, da es sich bei der widerrechtlichen Versperrung eines Notausganges um ein Delikt handle, dem ein erheblicher Unrechts- und Schuldgehalt innewohne, zumal es im Gefahrenfalle unmittelbar zu einer ernsten Bedrohung von Leib und Leben von Angestellten und Kunden kommen könne. Die widerrechtliche Versperrung von Notausgängen bedürfe sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Gründen einer "doch spürbaren" Bestrafung, um der Intention des Gesetzgebers im Hinblick auf den erhöhten Unrechtsgehalt dieser Tat nachkommen zu können. Das seitens der ersten Instanz gewählte, unterdurchschnittliche Strafausmaß sei sowohl schuld-, tat- als auch tätergerecht sowie persönlichkeitsadäquat, dies unter Zugrundelegung des Fehlens von mildernden oder erschwerenden Umständen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf gesetzeskonforme Ermessensausübung im Rahmen der Strafbemessung gemäß § 19 VStG iVm § 130 ASchG verletzt.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt er im Wesentlichen vor, die belangte Behörde gehe mit "Strafexzess" gegen den Beschuldigten vor, der "tatsächlich" im Wege der Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG die Dienstgeberin des Beschuldigten treffen solle. Die durch die Einengung des Hauptverkehrsweges und die Verstellung des Notausganges bewirkte "minimale Gefährdung" rechtfertige keineswegs die verhängten Geldstrafen. Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer das Fehlen von Feststellungen über seine Einkommens- und Vermögenssituation. Bei einem monatlichen Nettoeinkommen des Beschwerdeführers von ca. EUR 1.800,-- und dem ihm zu belassenden Existenzminimum von EUR 1.411,-- verbleibe ein "abzuschöpfender monatlicher Betrag" in Höhe von rund EUR 389,--, woraus sich ein Tagessatz in der Höhe von EUR 12,96 errechnen würde. Gemessen an diesen Bemessungsgrundsätzen seien die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen willkürlich verhängt. Vielmehr ergebe sich ausgehend von den insgesamt verhängten Ersatzfreiheitsstrafen von zusammen neun Tagen eine zu verhängende Gesamtgeldstrafe von insgesamt lediglich EUR 116,69. Umgekehrt ergebe sich bei Heranziehung der insgesamt verhängten Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von rund 247 Tagen, was jedenfalls einen "Strafexzess" darstellen würde.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Strafbemessung nicht aufzuzeigen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Es ist daher vom Verwaltungsgerichtshof zu prüfen, ob die Behörde bei Heranziehung dieser Strafbemessungsgründe (noch) eine vertretbare Lösung gefunden hat, oder ob ihr ein Ermessensmissbrauch zum Vorwurf gemacht werden muss (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998), S. 309, E 99). Im Hinblick auf den im vorliegenden Fall maßgeblichen Strafrahmen zu 1. von bis zu EUR 14.530,-- und zu

2. bis zu EUR 7.260,--, im Wiederholungsfall bis zu EUR 14.530,-- kann der belangten Behörde angesichts der im angefochtenen Bescheid dargestellten Erwägungen ein solcher Ermessensmissbrauch nicht vorgeworfen werden.

Wenn der Beschwerdeführer einen zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu berücksichtigenden Umrechnungsschlüssel ins Treffen führt, ist er darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen festen Umrechnungsschlüssel von Geldstrafen in Ersatzfreiheitsstrafen gibt, dies schon deshalb, weil für die Bemessung von Geldstrafen auch Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Bemessung von Freiheitsstrafen keine Bedeutung haben (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., S. 375, E 485ff referierte hg. Rechtsprechung).

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe Festsstellungen im Hinblick auf seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse unterlassen, ist ihm zu entgegnen, dass er das Unterbleiben derartiger behördlicher Ermittlungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg geltend machen kann, wenn er es im Verwaltungsstrafverfahren als Beschuldigter unterlassen hat (obwohl er wiederholt Gelegenheit dazu hatte, etwa in seiner Berufung gegen das Straferkenntnis), auf Umstände hinzuweisen, welche die verhängte Geldstrafe als unangemessen hoch erscheinen hätten lassen (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., S. 365 E 429 f, referierte hg. Rechtsprechung).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. Februar 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005040014.X00

Im RIS seit

14.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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