TE OGH 1947/5/17 1Ob312/47

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Veröffentlicht am 17.05.1947
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Norm

Arbeitsgerichtsgesetz §1
Arbeitsgerichtsgesetz §3
Gutsangestelltengesetz §40
JN §49 Abs2 Z6
JN §50 Abs1
JN §104

Kopf

SZ 21/33

Spruch

Wo Arbeitsgerichte oder Nebenstellen nicht errichtet sind, sind Streitigkeiten aus dem Arbeits- und Dienstverhältnis mit Ausnahme der Streitigkeiten nach § 49, Abs. 2, Z. 6 JN. bei dem nach dem Streitwert zuständigen Gericht auszutragen.

Entscheidung vom 17. Mai 1947, 1 Ob 312/47.

I. Instanz: Bezirksgericht Frankenmarkt; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Das Erstgericht hat die Klage, mit der Ansprüche aus einem Dienstverhältnis nach dem Gutsangestelltengesetz in der Höhe von S 5807.80 geltend gemacht werden, wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen.

Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben und ihm die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen.

Der Oberste Gerichtshof hat den Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Die Klage wurde bei dem BG. Frankenmarkt "als Arbeitsgericht" eingebracht. Da jedoch dort ein Arbeitsgericht nicht errichtet ist und auch ein anderes Gericht, das nach § 3 des Gesetzes vom 24. Juli 1946, BGBl. Nr. 170, als Arbeitsgericht in Anspruch genommen werden könnte, nicht vorhanden ist, ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Behandlung der Rechtssache gegeben. Zwischen den Vorgerichten bestehen lediglich darüber verschiedene Rechtsmeinungen, ob mit Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes gemäß § 50, Abs. 1 JN. das KG. Wels oder ob nach § 49, Abs. 2, Z. 6 JN. ohne Rücksicht auf den Wert des BG. Frankenmarkt zuständig ist.

Der Oberste Gerichtshof vermag sich der vom Rekursgericht vertretenen und vom Revisionsrekurs bekämpften Auffassung nicht anzuschließen, daß die Streitigkeiten, für die nach § 1, Abs. 1 ArbGerG. die Arbeitsgerichte unter Ausschluß der ordentlichen Gerichte zuständig sind, dort, wo Arbeitsgerichte oder Nebenstellen nicht errichtet sind, ohne Rücksicht auf den Wert vor den Bezirksgerichten auszutragen sind. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß das Rekursgericht auf Bestimmungen des Gesetzes vom 27. November 1896, betreffend die Einführung von Gewerbegerichten und die Gerichtsbarkeit in Streitigkeiten aus dem gewerblichen Arbeits-, Lehr- und Lernverhältnis, RGBl. Nr. 218, nämlich die §§ 5 und 37, Bezug nimmt, wobei ihm allerdings das Versehen unterlaufen ist, sie als Bestimmungen des Gesetzes vom 5. April 1922 über die Gewerbegerichte, BGBl. Nr. 229, zu bezeichnen. Das Gewerbegerichtgesetz 1896 ist jedoch durch das Gewerbegerichtsgesetz 1922 außer Wirksamkeit gesetzt worden und fällt daher nicht mehr in den Rahmen der in Frage kommenden Erörterungen. Da weder das Gewerbegerichtgesetz 1922 - auch nicht in der Fassung vom 25. Jänner 1943, DRGBl. I S. 53 - noch das Arbeitsgerichtsgesetz 1946 Vorschriften über die Zuständigkeit für den Fall, daß Gewerbe-, bzw. Arbeitsgerichte oder Nebenstellen nicht errichtet sind, enthalten und insbesondere die Bestimmungen der §§ 49 ff. JN. nicht geändert haben, ist für die Zuständigkeit, sofern nicht § 49, Abs. 2, Z. 6 JN. anwendbar ist, der Wert des Streitgegenstandes maßgebend. Das Arbeitsgerichtsgesetz hat eine Änderung des bisherigen Rechtszustandes bloß im Kreis der Parteien und in der Anführung der Streitigkeiten gebracht, ebensowenig aber wie das Gewerbegerichtsgesetz 1922 zwischen höheren und niederen Dienstleistungen unterschieden. Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß das Arbeitsgerichtsgesetz im Gegensatz zum Gewerbegerichtsgesetz zwischen Diensten höherer und niederer Art "nicht mehr" unterscheide, ist daher nicht gerechtfertigt. Der Hinweis der Rekursentscheidung auf die Fußnote 36 in Neumann's Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, 4. Aufl., S. 127, übersieht ihre in Seite XIII erfolgte Berichtigung; sie übersieht auch die Ausführungen in Seite 124, zweiter Absatz, in denen zugegeben wird, daß für Streitigkeiten aus dem Arbeits- und Dienstverhältnis mangels eines in Frage kommenden Gewerbegerichtes die ordentlichen sachlich zuständigen Gerichte zur Entscheidung berufen sind und daß die Bezirksgerichte nur dann ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes zuständig sind, wenn es sich um Streitigkeiten im Sinn des § 49, Abs. 2, Z. 6 JN. handelt. Da im Arbeitsgerichtsgesetz weder diese Bestimmung noch die des § 40 GutsangG., die für den gegenständlichen Streit entscheidend ist, eine Änderung erfahren haben, ist zur Beurteilung der Ansprüche des Klägers, die die Bezirksgerichtliche Wertgrenze übersteigen, mangels einer Vereinbarung der Parteien nach § 104 JN. nur der örtlich zuständige Gerichtshof berufen.

Dem Rekurs war daher Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der des Erstgerichts wiederherzustellen.

Anmerkung

Z21033

Schlagworte

Gerichte Zuständigkeit, wenn kein Arbeitsgericht besteht, ordentliche Gerichte, Zuständigkeit, wenn kein Arbeitsgericht besteht, Streitwert Zuständigkeit, wenn kein Arbeitsgericht besteht, Unzuständigkeit sachliche, wenn kein Arbeitsgericht besteht, Zuständigkeit sachliche, wenn kein Arbeitsgericht besteht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1947:0010OB00312.47.0517.000

Dokumentnummer

JJT_19470517_OGH0002_0010OB00312_4700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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