TE OGH 1949/12/17 2Ob319/49

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Veröffentlicht am 17.12.1949
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Norm

ZPO §575

Kopf

SZ 22/205

Spruch

Die Entscheidung SpR. 196 findet keine Anwendung, wenn die Nichtigerklärung eines Bestandvertrages begehrt wird, u. zw. auch dann nicht, wenn mit diesem Begehren ein solches auf Räumung verbunden ist.

Entscheidung vom 17. Dezember 1949, 2 Ob 319/49.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Prozeßgericht hat das auf Feststellung der Nichtigkeit eines Bestandvertrages und auf Verurteilung des Beklagten zur Räumung des von ihm benützten Bestandobjektes gerichtete Klagebegehren abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der klagenden Partei, die erst am 14. Tag nach der Urteilszustellung eingebracht worden war, zum Teil Folge gegeben, zum Teil das erstgerichtliche Urteil bestätigt. In der Revision der beklagten Partei ist u. a. geltend gemacht worden, daß die Berufung der klagenden Partei als verspätet hätte zurückgewiesen werden müssen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach der Ansicht des Obersten Gerichtshofes liegt hier einer jener Fälle nicht vor, auf die die Entscheidung SpR. 196 die Vorschriften des § 575 ZPO. angewendet wissen will. In der Begründung der genannten Entscheidung wird angeführt, daß die Klage in der Streitsache, die zur damaligen Entscheidung geführt hat, auf Feststellung gerichtet war, daß ein schon bestandener Mietvertrag jetzt nicht mehr bestehe, was der Feststellung der Aufhebung dieses Mietvertrages gleichkomme. Die Begründung des Spruchrepertoriums kommt nach langen und sehr ausführlichen Darlegungen zum Schluß, daß die kürzere Frist des § 575 ZPO. für alle Fälle zu gelten habe, in denen ein Bestandvertrag ohne vorausgegangene Aufkündigung über Klage als erloschen oder aufgehoben erklärt werden soll. Schließlich muß noch auf den Spruch der damaligen Entscheidung verwiesen werden, worin es heißt: "§ 575 ZPO. gilt für Klagen, womit gegen den Bestandgeber die Übergabe der Bestandsache oder mit denen die Aufhebung oder Erlöschung eines Bestandvertrages begehrt wird, endlich für Klagen, die auf Zurückstellung oder Zurücknahme des Bestandgegenstandes gerichtet sind."

Aus allen Ausführungen in der Begründung dieser Entscheidung ergibt sich, daß die Ausdehnung der Bestimmungen des § 575 ZPO. nur für derartige Streitsachen gelten soll, in denen es sich um die Beendigung eines bis dahin aufrecht bestandenen Mietvertrages und die aus dieser Beendigung folgenden Verpflichtungen handelt. Voraussetzung ist also überall, daß ein gültiger Bestandvertrag vorhanden war und daß aus diesem Gründe es sich um eine Bestandsache im weiteren Sinne handelt. Im vorliegenden Falle behauptet die klagende Partei, daß ein Bestandvertrag überhaupt nicht vorliegt; sie macht geltend, daß der strittige Bestandvertrag nichtig und daher rechtsunwirksam sei, so daß er keinerlei Rechtswirkungen von Anfang an haben konnte. Sie begehrt daher die Feststellung der Nichtigkeit des Vertrages und in weiterer Folge die Räumung der von der beklagten Partei innegehabten Räume, da diese keinen Rechtstitel auf deren Benützung habe und auch niemals gehabt habe. Eine solche Streitsache kann nicht als Bestandsache im weiteren Sinne gemäß dem Spruchrepertorium 196 angesehen werden, denn nach den Behauptungen der Klage hat dem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien von vornherein der Charakter eines Bestandverhältnisses immer gemangelt, da die Nichtigerklärung eines Vertrages bekanntlich rückwirkend alle Verpflichtungen, die aus einem solchen Vertrage fließen konnten, aufhebt. Würde man auf den vorliegenden Fall die Grundsätze des Spruchrepertoriums 196 anwenden, würde hiemit die von ihm gemachte Ausnahme von dem ordentlichen Verfahren in unzulässiger Weise erweitert werden. Die Rechtsmittelfrist gegen Entscheidungen in der vorliegenden Rechtssache beträgt daher nicht acht, sondern 14 Tage, so daß die von der klagenden Partei gegen das erstrichterliche Urteil eingebrachte Berufung rechtzeitig war.

Anmerkung

Z22205

Schlagworte

Berufungsfrist, § 575 Abs. 1 ZPO. nicht bei Klage auf Nichtigerklärung, des Bestandvertrages, Bestandverfahren, nicht bei Klage auf Nichtigerklärung des, Bestandvertrages, Nichtigerklärung des Bestandvertrages, § 575 Abs. 1 ZPO. unanwendbar, Räumungsklage, Anwendbarkeit des § 575 Abs. 1 ZPO., Rechtsmittelfrist des § 575 Abs. 1 ZPO. nicht bei Klage auf, Nichtigerklärung des Bestandvertrages, Revisionsfrist, § 575 Abs. 1 ZPO., nicht bei Klage auf Nichtigerklärung, des Bestandvertrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1949:0020OB00319.49.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19491217_OGH0002_0020OB00319_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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