TE OGH 1950/2/1 1Ob568/49

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Veröffentlicht am 01.02.1950
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Norm

ABGB §850
ABGB §854
ABGB §855
ABGB §858
Außerstreitgesetz §2 Abs2 Z7

Kopf

SZ 23/15

Spruch

Ein gesetzliches Recht, auf der Grenzlinie, also unter teilweiser Inanspruchnahme des Grundstückes des Nachbarn, Mauer, Zaun und dergleichen zu errichten, besteht nicht.

Entscheidung vom 1. Februar 1950, 1 Ob 568/49.

I. Instanz: Bezirksgericht Laa a. d. Th.; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

In der Grenzberichtigungs-, bzw. Grenzerneuerungssache des Johann H., Landwirt in E., gegen Karl und Hedwig Sch., Bahnangestelltensehegatten in E., wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Laa an der Thaya vom 15. April 1948 der Antrag auf Erneuerung der Grenzen gemäß § 850 ABGB. zwischen dem Grundstück 269 Garten in EZ. 1536 und Grundstück 208/4 Garten in EZ. 1321, sämtliche Grundbuch E., abgewiesen. In den Gründen wurde ausgesprochen, daß die Entscheidung, in wessen Eigentum jener Streifen stehe, der sich aus der Differenz zwischen der Linie, auf welcher der Zaun stehe, und jener, die der Sachverständige als tatsächliche Trennungslinie errechnet hat, ergibt, mit den Möglichkeiten des hier anzuwendenden Außerstreitverfahrens nicht entschieden werden könne, weshalb dieser Anspruch im Prozeßverfahren ausgetragen werden müsse (§ 2 Abs. 2 Z. 7 AußStrG.).

Mit der am 21. Mai 1948 überreichten Klage hat der Kläger Johann H. den Antrag gestellt, zu erkennen, die Beklagten Karl Sch. und Hedwig Sch. seien schuldig, den zu dem Grundstücke 269 Grundbuch E. zugehörigen und in dem Sachverständigengutachten vom 20. November 1949 durch die Punkte B, C und D und durch den zwischen den Grundstücken der Streitteile verlaufenden Zaun gekennzeichneten Grundstreifen zu räumen und geräumt zu übergeben, ferner zuzustimmen, daß dieser Zaun auf die durch die obigen Punkte gekennzeichnete Grenzlinie vom Kläger gesetzt werde.

Das Erstgericht hat im Sinne des Klagebegehrens erkannt. Das Berufungsgericht hat der Berufung teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, soweit es auf Räumung eines zum Grundstück 291, Grundbuch E., gehörigen Grundstreifens erkannte, bestätigt, im übrigen aber dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig einzuwilligen, daß der Zaun vom Kläger auf die durch die Punkte B, C und D gekennzeichnete Linie gesetzt werde, abgewiesen werde.

Hinsichtlich der Abweisung führt das Berufungsgericht aus, der Erstrichter gehe von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung aus, wenn er dem Klagebegehren auch in dem Punkte stattgebe, als die Einwilligung der beklagten Partei zur Errichtung des Zaunes auf der Grenzlinie B, C, D, begehrt wird. Soweit der Kläger hiezu auf Grund seines Eigentums an dem Grundstück 269 berechtigt sei, erscheine das Klagebegehren überflüssig, weil er zu Handlungen, die einen Ausfluß seines Eigentumsrechtes darstellen, nicht der Zustimmung der beklagten Partei bedürfe. Soweit der Kläger aber damit in die Rechtssphäre der Beklagten eingreife, habe er keinerlei Prozeßbehauptungen aufgestellt, nach denen ein solcher Eingriff gerechtfertigt wäre.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Klagebegehren besteht aus zwei Teilen. Der eine Teil ist ein Räumungsbegehren auf Grund des Eigentumsrechtes an dem Grenzstreifen, der andere Teil bezieht sich auf die Erteilung der Zustimmung zur Versetzung des Zaunes.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels ist lediglich der zweite Teil des Klagebegehrens. Das Erstgericht hat sich mit diesem Teil des Klagebegehrens in seinen Gründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt; erst das Berufungsgericht, welches aus den obangeführten Gründen zur Abweisung desselben gelangt ist, hat dazu Stellung genommen.

Die Ausführungen der Revision sind nicht geeignet, die Grundlage der Entscheidung des Berufungsgerichtes zu erschüttern.

Im Sinne der §§ 854 ff. ABGB. in Verbindung mit § 362 ABGB. ist es dem Belieben jedes Gründeigentümers überlassen, wie er sein Eigentum gegen die benachbarten Grundstücke abschließen will. Stellt er eine solche Anlage auf seinem Grundstück her, dann steht sie in seinem Eigentum. Letzteres ist zufolge des rechtskräftigen Teiles des erstgerichtlichen Urteiles der Fall.

Ein Recht, auf der Grenzlinie, d. h. unter teilweiser Inanspruchnahme des Eigentums des Nachbarn, eine Abgrenzung, sei es in Form einer Mauer, Hecke, eines Zaunes oder dergleichen zu errichten, ist im Gesetze nicht vorgesehen. § 858 ABGB. enthält nur die Verpflichtung des Eigentümers von Grundstücken, bei welchen dies das Herkommen und das wirtschaftliche Bedürfnis erfordert, für die nötige Einschließung zu sorgen.

Zutreffend spricht daher das Berufungsgericht aus, daß im Hinblick darauf, daß die Versetzung des auf dem Grundstück des Klägers befindlichen Zaunes als solche einen Ausfluß des Eigentumsrechtes darstellt, der Kläger einer fremden Zustimmung hiezu nicht bedarf, das Klagebegehren dem Beklagten gegenüber daher überflüssig bzw. auch unbegrundet ist.

Soweit jedoch unterstellt wird, daß dem Kläger spezielle Rechte, etwa kraft Vereinbarung auf die Errichtung des Grenzzaunes auf der Grenzlinie selbst, also unter Mitbenützung des Grenzstückes des Beklagten, zustehen, fehlt es an erforderlichen Prozeßbehauptungen als Grundlage für den behaupteten Anspruch.

Es war daher das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem angefochtenen Teile zu bestätigen.

Anmerkung

Z23015

Schlagworte

Grenzlinie, Mauer auf der -, Grundstück, Mauer auf der Grenze, Mauer auf der Grenzlinie, Nachbarrecht Mauer auf der Grenzlinie, Zaun auf der Grenzlinie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0010OB00568.49.0201.000

Dokumentnummer

JJT_19500201_OGH0002_0010OB00568_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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