TE OGH 1953/6/5 2Ob406/53

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Veröffentlicht am 05.06.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1098
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1112
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1120

Kopf

SZ 26/149

Spruch

Durch die aus welchen Gründen immer eintretende Beendigung der Hauptmiete endet auch die Untermiete, selbst wenn sie auf längere Zeit abgeschlossen worden wäre.

Wird der Untervermieter Eigentümer des Bestandgegenstandes, so verwandelt sich das Untervermietverhältnis nicht in einen Hauptmietvertrag, es wird vielmehr hinfällig.

§ 1120 ABGB. ist auch für das Verhältnis zwischen Mieter und Untermieter anwendbar, wenn ein neuer Mieter an Stelle des alten in den Hauptmietvertrag eintritt.

Entscheidung vom 5. Juni 1953, 2 Ob 406/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Anfang November 1947 nahm Agnes K. den Ing. Karl B. als Untermieter ihrer Wohnung in Wien, XVIII., Sch.gasse 16 auf. Mit dem Vertrag vom 4. April 1950 verkaufte sie den ihr gehörenden Einviertelanteil an diesem Hause den Klägern und übertrug ihnen mit Zustimmung des Eigentümers der übrigen Dreiviertelanteile auch die Bestandrechte an ihrer Wohnung. Die Kläger wurden in der Folge Eigentümer des ganzen Hauses. Sie begehren nunmehr die Verurteilung der Beklagten zur Räumung der Wohnung mit der Begründung, daß diese lediglich als Mitbewohner des Ing. Karl B. die Wohnung benützten. Dieser sei inzwischen ausgezogen und habe auf seine Untermietrechte an der Wohnung verzichtet.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren ab. Es nahm an, daß Agnes K. die Beklagten als Mitmieter des Ing. Karl B. in die Wohnung aufgenommen habe. Sowohl sie als die Kläger hätten die Untermietrechte der Beklagten durch schlüssige Handlungen anerkannt. Anna K. habe die Beklagten in den Meldezetteln als Untermieter bezeichnet. Ihre Schwiegertochter habe in einer schriftlichen Bestätigung vom 31. März 1949 erklärt, daß die Beklagten als Untermieter die Wohnung benützten. Die Kläger hätten den Beklagten die Wohnung wegen dringenden Eigenbedarfes aufgekundigt und in der Kündigung, die später zurückgezogen worden sei, erklärt, daß die Beklagten Untermieter seien. Ing. Karl B. sei aus der Wohnung schon seit mehreren Jahren ausgezogen. Den Untermietzins habe Agnes K. von den Beklagten immer ohne Einwendung angenommen.

Das Berufungsgericht gab dem Räumungsbegehren nach Wiederholung des Beweisverfahrens statt. Es nahm als erwiesen an, daß Agnes K. nur mit Ing. Karl B. einen Untermietvertrag abgeschlossen und diesem auf sein Ersuchen gestattet habe, die Beklagten in die Wohnung aufzunehmen. Die Zweitbeklagte habe nach dem Wegzuge des Ing. Karl B. der Agnes K. erklärt, daß er wieder zurückkommen werde. Mit dem Schreiben vom 24. Feber 1950 habe er der Agnes K. bekanntgegeben, daß er sich nicht als Untermieter der Wohnung betrachte. Durch die Unterfertigung der Meldezettel habe Agnes K. lediglich ihrer Meldepflicht entsprechen wollen. Die Bestätigung vom 31. März 1949 habe der Vorlage an das Arbeitsgericht gedient. Aus der Annahme der Zinszahlungen könne eine Anerkennung der Beklagten als Untermieter nicht abgeleitet werden, da den Zins die Tochter der Beklagten lediglich mit der Erklärung überbracht habe, den Zins für ihre Mutter zu bringen. Agnes K. habe beim Verkauf der Liegenschaft das Benützungsverhältnis der Beklagten rechtsirrig als Untermietverhältnis bezeichnet. Die Erklärung der Kläger in der Aufkündigung stelle keine Anerkennung des Untermietverhältnisses dar. Die Beklagten könnten sich weder auf einen ausdrücklichen noch einen stillschweigenden Abschluß des Mietvertrages mit Agnes K. berufen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Recht des Untermieters bedeutet nicht die Beschränkung der Rechte des Hauptmieters, sondern ein abgesondert davon bestehendes Schuldverhältnis zwischen Hauptmieter und Untermieter (SZ. X/55). Begrifflich wäre es denkbar, daß der Bestandnehmer seine Rechte aus dem Mietvertrag einem Dritten überträgt, ohne diesem die Untermietrechte zu überbinden. Die Rechtslehre erklärt jedoch die Vorschrift des § 1120 ABGB. auch für den Fall anwendbar, daß ein neuer Hauptmieter an Stelle des alten in den Vertrag eintritt (Klang, ZBl. für juristische Praxis 44. Band, S. 354, und im Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Aufl., zu § 1120, S. 94 und 2. Aufl., zu § 1120, S. 132). Wird dieser Rechtsansicht gefolgt, so würde ein mit dem Beklagten abgeschlossener Untermietvertrag erst nach gehöriger Aufkündigung endigen. Das Berufungsgericht hat jedoch unanfechtbar festgestellt, daß Agnes K. mit dem Beklagten ausdrücklich einen Untermietvertrag nicht abgeschlossen hat. Aus der Bezeichnung der Beklagten als Untermieter in den Meldezetteln und in der Bestätigung vom 30. September 1949 und der Annahme des Untermietzinses kann ein stillschweigender Abschluß eines Untermietvertrages mit den Beklagten nicht abgeleitet werden. Diese Wirkung wäre nur dann eingetreten, wenn Agnes K. beabsichtigt hätte, mit diesen Erklärungen und Handlungen ein noch nicht bestehendes Untermietverhältnis mit den Beklagten zu begrunden. Für eine solche Annahme fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt, da der Meldezettel und die erwähnte Bestätigung zu anderen Zwecken ausgestellt wurden. Die Kläger wollten mit der gegen die Beklagten gerichteten Aufkündigung die Benützung der Wohnung durch diese beendigen. Es kann daher nicht angenommen werden, daß sie durch die Erklärung, die Beklagten seien Untermieter der Wohnung, ein nicht bestehendes Untermietverhältnis neu hätten begrunden wollen. Erklärungen der Kläger über die rechtliche Natur des Benützungsverhältnisses können allenfalls ein Rechtsgeständnis darstellen, das jedoch widerlegbar ist. Die Beklagten können sich lediglich darauf berufen, daß ihnen von Ing. Karl B. die Benützung der Wohnung gestattet wurde. Diesem wurde von Agnes K. mit dem Schreiben vom 2. Feber 1950 bekanntgegeben, daß eine gerichtliche Kündigung eingebracht werde, wenn er nicht die Erklärung abgebe, daß er die Wohnung bis März 1950 räume. Seine Erklärung vom 24. Februar 1950, daß er in der Wohnung nur einige Wochen als Untermieter gewohnt habe und keinen Wert darauf lege, sich in den Besitz der Wohnung zu setzen, kann nur als ein Verzicht auf seine Untermietrechte aufgefaßt werden. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Beklagten keinen Rechtsgrund zur Benützung der Wohnung nachweisen können.

Für die Beklagten wäre aber auch nichts gewonnen, wenn sie mit Agnes K. ausdrücklich oder stillschweigend einen Untermietvertrag abgeschlossen hätten. Die Abhängigkeit des Untermietvertrages vom Hauptmietvertrag zeigt sich darin, daß die wie immer und aus welchen Gründen immer eintretende Beendigung der Hauptmietrechte auch die Untermiete beendet, selbst wenn diese auf längere Zeit abgeschlossen worden wäre (Klang, ZBl., Band, S. 352, Krasnopolski, Obligationenrecht, S. 404). Da die Kläger Eigentümer des ganzen Hauses geworden sind, ist ihr Hauptmietverhältnis beendet. Der Afterbestandvertrag stellt eine Beziehung zwischen Haupt- und Untermieter dar. Er verwandelt sich nicht dadurch, daß der Untervermieter Eigentümer des Bestandgegenstandes wird, in einen Hauptmietvertrag. Ein mit den Beklagten abgeschlossener Unterbestandvertrag wäre daher durch den Eigentumserwerb der Kläger hinfällig geworden.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z26149

Schlagworte

Beendigung der Hauptmiete, Bestandvertrag, Haupt- und Untermiete, Eintritt in das Mietverhältnis, Hauptmiete, Untermiete, Mietvertrag, Erlöschen der Hauptmiete, Übernahme des Untermieters, Untermiete, Hauptmiete, Vereinigung zwischen Hauptmieter und Hauseigentümer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0020OB00406.53.0605.000

Dokumentnummer

JJT_19530605_OGH0002_0020OB00406_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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