Norm
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1266Kopf
SZ 26/171
Spruch
Scheidung ohne Verschuldensausspruch oder aus gleichteiligem Verschulden bewirkt Erlöschen der Ehepakte.
Entscheidung vom 26. Juni 1953, 2 Ob 467/53.
I. Instanz: Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Mit dem Urteile des Kreisgerichtes St. Pölten vom 13. Oktober 1951 ist die zwischen den Streitteilen am 3. Februar 1948 geschlossene Ehe geschieden und ausgesprochen worden, daß das Verschulden beide Ehegatten treffe. Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hat das von beiden Teilen angefochtene Urteil am 15. Februar 1952 bestätigt; der Oberste Gerichtshof hat mit dem Urteile vom 11. Juni 1952 der lediglich vom Ehemann erhobenen Revision nicht Folge gegeben. Dieses Urteil ist den Parteienvertretern am 30. Juli 1952 zugestellt worden.
Ehe noch das Berufungsurteil, das nach der Berufungsverhandlung verkundet worden war, den Parteien zugestellt worden war, begehrte die Klägerin: 1. den Ausspruch, daß die zwischen den Streitteilen am 13. Jänner 1948 abgeschlossenen Ehepakte aufgehoben werden und 2. die Verurteilung des Beklagten, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin auf die ihm infolge der Ehepakte zugeschriebene Hälfte der Liegenschaft EZ. X, Grundbuch Y, einzuwilligen und den von ihm im Haus Y Nr. 40 bewohnten Raum der Klägerin geräumt zu übergeben sowie die gesamte Liegenschaft EZ. X zu räumen. Nachdem das zunächst bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsprozesses unterbrochene Verfahren wieder aufgenommen worden war, anerkannte der Beklagte in der Streitverhandlung vom 28. Oktober 1952 seine Verpflichtung im Sinn des Punktes 2 des Klagebegehrens, worauf das Prozeßgericht einerseits ein Teilanerkenntnis verkundete, mit dem der Beklagte zur Einwilligung in die von der Klägerin beantragte grundbücherliche Einverleibung verpflichtet wurde, und anderseits die Endentscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehielt.
Mit dem Urteile vom 10. November 1952 hat das Erstgericht Punkt 1 des Klagebegehrens ab- und den verbliebenen Teil des Punktes 2 des Klagebegehrens zurückgewiesen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin, die sich sowohl gegen die Ab- als auch gegen die Zurückweisung ihres Klagebegehrens und außerdem gegen die Kostenentscheidung richtete, keine Folge und sprach aus, daß der Streitwert 10.000 S übersteige.
Der Oberste Gerichtshof wies die Revision der Klägerin, soweit sie die Bestätigung der Zurückweisung des Räumungsbegehrens bekämpfte, zurück und gab ihr im übrigen nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Prozeßgericht war der Ansicht, daß die Klägerin die Räumung des vom Beklagten bewohnten Raumes nur nach der 6. DVzEheG. und nur vor dem Bezirksgericht erwirken könne, das gemäß § 49 JN. auch für das übrige Räumungsbegehren, "sofern es nicht ebenfalls als Streit über die eheliche Wohnung aufgefaßt werden müsse", gemäß § 49 JN. ausschließlich zuständig sei, erachtete sich daher zur Entscheidung über das Räumungsbegehren nicht für zuständig und wies es zurück. Das Berufungsgericht bestätigte die Zurückweisung des Räumungsbegehrens mit der Begründung, daß das Verfahren hierüber, u. zw. sowohl hinsichtlich der Wohnung als auch hinsichtlich der Liegenschaft gemäß § 13 der 6. DVzEheG. eine Angelegenheit der außerstreitigen Gerichtsbarkeit und daß daher der Rechtsweg ausgeschlossen sei. Wenn auch das Prozeßgericht den Ausspruch, daß das Räumungsbegehren zurückgewiesen werde, in das Urteil aufgenommen hat, hat es damit doch nur eine Entscheidung im Sinne des § 43 JN. getroffen, die aber nach der Bestimmung des Abs. 2 lediglich Beschlußcharakter hat. Da das Berufungsgericht die Zurückweisung, wenn auch nicht wegen Unzuständigkeit, sondern wegen der Unzulässigkeit des Rechtsweges, bestätigt hat, kommt auch seiner Entscheidung in dieser Richtung nur Beschlußcharakter zu. Daraus folgt aber, daß sowohl nach § 519 als auch nach § 528 ZPO. eine weitere Anfechtung dieses Teiles der berufungsgerichtlichen Entscheidung ausgeschlossen ist; die in dieser Richtung ausgeführte Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Soweit jedoch in der Revision gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes Stellung genommen wird, daß es der Klägerin mit Rücksicht auf das im Scheidungsstreit ergangene Urteil verwehrt sei, eine gerichtliche Entscheidung darüber zu begehren, daß die Ehepakte aufgehoben seien (oder gar aufgehoben würden), entbehrt sie jeder Berechtigung. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß in dem Fall, als eine Ehe ohne Verschuldensausspruch oder aus dem gleichen Verschulden beider Teile geschieden worden ist, die Ehepakte von selbst erlöschen und daß in diesem Fall für eine Klage auf Aufhebung der Ehepakte kein Raum bleibt; diese Ansicht wird auch vomSchrifttum (Klang, Kommentar, 2. Aufl. zu § 1266 ABGB., V. Band, S. 980) unter Zitierung mehrerer Entscheidungen vertreten. Das Revisionsgericht hält an dieser Ansicht fest, die auch durch die von der Revisionswerberin bezogene Entscheidung 2 Ob 703/51 nicht entkräftet werden kann, zumal in der dieser Entscheidung zugrunde gelegenen Rechtssache ein primär auf Ehescheidung aus dem Verschulden der beklagten Partei gerichtetes Begehren mit einem auf Aufhebung der Ehepakte verbunden worden war. Aus welchen Gründen der Beklagte nach derWirksamkeit des Scheidungserkenntnisses mit der Abgabe der von ihm begehrten Erklärung zugewartet hat, steht mit der für die Entscheidung grundsätzlichen Frage in keinem Zusammenhang.
Anmerkung
Z26171Schlagworte
Ehepakte, Scheidung, Ehescheidung, Ehepakte, Erlöschen der Ehepakte, Scheidung, Scheidung, Aufhebung der Ehepakte, Verschuldensausspruch, Aufhebung der EhepakteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1953:0020OB00467.53.0626.000Dokumentnummer
JJT_19530626_OGH0002_0020OB00467_5300000_000